Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Dara1974
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Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von Dara1974 »

Hallo,

ich habe manchmal das Gefühl, die Depression will einfach nicht schwinden, egal was man macht und nachdem ich so viele Medikamente ausprobiert habe, habe ich manchmal das Gefühl, die Depression wehrt sich regelrecht dagegen, zu verschwinden. Kennt jemand das Gefühl? Meint ihr, das könnte echt so sein?

Viele Grüße

Dara
otterchen
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von otterchen »

Hallo Dara,

natürlich ist das so (für mich zumindest).
Eine Depression ist Ausdruck Deiner Seele
(und ich möchte an dieser Stelle Data zustimmen: ich kann auch keine Krankheit darin sehen, die man weg-kuriert).
Und je mehr Du Dich gegen die Depression - also den Ausdruck Deines Selbst - stemmst, desto mehr macht sie Dir zu schaffen.

Alles, wogegen wir anstrampeln, wogegen wir uns stemmen, werden wir nicht los. Wenn wir die Depression aber als zu uns gehörig annehmen können, sie integrieren können als positives Alarmsignal unserer Seele, auf das wir hören sollten, desto eher gelingt es uns, das Tief zu überwinden.

Wenn Du die Depression mit aller Macht loswerden willst, wird sie bleiben. Wenn Du sie aber annehmen kannst und das Gute in ihr siehst, wirst Du an ihr wachsen können.
Sie wird uns manchmal zur Verzweiflung bringen, uns mit der tiefsten Schwärze unserer Seele konfrontieren, uns Schmerzen bereiten - aber sie gibt uns die Chance, endlich zu uns selbst zu finden.
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cybolon
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von cybolon »

Hallo Otterchen,

"...Depression...als positives Alarmsignal unserer Seele, auf das wir hören sollten, desto eher gelingt es uns, das Tief zu überwinden."

So ganz kann ich das nicht akzeptieren.
Denn als ich die Depression bekam und dann merkte, daß es immer tiefer ging, endlos, bodenlos..., da dachte ich, sie will mich töten. Wäre sie tatsächlich "nur" ein Schutzmechanismus unserer Seele, würde sie uns nicht glauben machen, daß S... eine Alternative, ein möglicher Ausweg wäre. Aber genau das empfand ich damals. Ohne Hilfe von außen, wer weiß...

Aber, wie gesagt: ...nicht ganz akzeptieren.
Immerhin bin ich ja bereit, die Depression als einen zu mir gehörenden Teil anzunehmen.
Nur halt nicht positiv.
Wenn ich fleißig übe, vielleicht eines Tages "neutral".

Liebe Grüße
vom
cybolon
hey
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von hey »

Hallo Cybolon,

ich schließe mich voll und ganz dem an, was Otterchen sagt:
Die Depression ist der Aufschrei der Seele, des inneren Selbst, des Unbewußten des Unterbewußtseins: STOP, so wie du bisher gelebt hast, kann es nicht weitergehen; du musst in deinen Leben etwas ändern, um mit dir selbst, mit deinen Mitmenschen und mit deinen Lebensumständen klar zu kommen!

Liebe Grüße Heiner
cybolon
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von cybolon »

Hallo Heiner,

"STOP, so wie du bisher gelebt hast, kann es nicht weitergehen;"

Das bedeutet für mich: Die glücklichen Jahre, wo alles wie geschmiert lief, der schöne April des letzten Jahres, wo ich so oft Inline-Skaten durfte, mit Freunden gelacht habe, mich über die guten Noten meiner Tochter gefreut habe, die Liebe meiner Frau, mein Job, den ich richtig gerne machte, das alles kann so nicht weitergehen?

WARUM DENN SO ÜBERAUS PLÖTZLICH NICHT ???

Liebe Grüße
vom
cybolon
hey
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von hey »

Hallo Cybolon,

ich kann dir leider die Frage nicht beantworten, warum bei dir plötzlich die Krankheit ausgebrochen ist.
Ich für mich glaube einfach, dass die Depression nicht nur eine Stoffwechselstörung ist, sondern dass sie ein Signal dafür ist, dass mit der eigenen Persönlichkeit, dem Selbst, der Verarbeitung von Denkprozessen und Verhaltensweisen irgend etwas nicht in Ordnung ist.

Liebe Grüße Heiner
otterchen
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von otterchen »

Hi Horst,

Das bedeutet für mich: Die glücklichen Jahre, wo alles wie geschmiert lief, der schöne April des letzten Jahres, wo ich so oft Inline-Skaten durfte, mit Freunden gelacht habe ...

Lachen, gute Laune, obenauf sein: das widerspricht nicht unbedingt der Depression.

In der Klinik waren wir damals ein echt lustiger Haufen.

Lachen und Freude ist ja auch prima, solange man nicht das Negative verdrängt. Das können ganz uralte unverarbeitete Dinge sein oder auch nur das Wegschieben von Traurigkeit oder Schmerz ("komm, mach dir keine Gedanken, das wird schon wieder"... statt es rauszulassen). Das kann über viele Jahre gut gehen... und z.B. in reinem Hedonismus enden. Ob sowas gut für einen ist?

*mutmaß*

@ Heiner

vielen Dank für Deine Zustimmung. Irgendwie hab ich mich jetzt doch recht allein gefühlt, so auf verlorenem Posten
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cybolon
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von cybolon »

Hallo Heiner,

es ist bestimmt richtig, daß es nicht NUR eine reine Stoffwechselstörung ist.
Da spielen, wie ihr gesagt habt, ne Menge Faktoren eine Rolle.

Ich war heute etwas enttäuscht und sehe mal wieder alles reichlich negativ.
Mit Sicherheit wird im Laufe meiner (noch recht jungen) Therapie noch einiges von dem, was Du und Otterchen erörtet habt, emporgetragen.

*gutenachtwünsch*
cybolon
cybolon
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von cybolon »

Hallo Otterchen,

auch wenn wir mal nicht 100% einer Meinung sind, Du stehst nie alleine und schon garnicht auf verlorenem Posten. Da bin doch auch noch ich!!!

Und ja, Traurigkeit habe ich auch ab und zu mal weggeschoben. Aber manchmal auch 'rausgelassen.
War vielleicht nie genug...

Wonderful Night 2U
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gfb
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von gfb »

Hi Dara,

Die "Dame in Schwarz" (so nennt sie jedenfalls C.G.Jung in einem einschlägigen Zitat) gehört vielleicht als unangenehm-peinliches Familienmitglied einfach mit dazu?
Wie der +++-Opa, die Alkoholiker-Tante, der schizophrene Cousin?

Nach dem Motto: "Ich weiss zwar, dass es euch (dir) nicht passt, dass ich auftauche, aber ich gehöre AUCH hierher und ich habe euch was zu sagen! Also hört euch das gefälligst an!"

Ist grad so ein Gedanke, der mir in den Sinn kam...

Na ja...

Grüße von hier nach da

Friedrich
------------

"Warum sind wir so kalt?

Warum? Das tut doch weh!"



Erika Mann, "Die Pfeffermühle"
otterchen
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von otterchen »

Auch kein schlechter Ansatz, Friedrich

Da fällt mir die Geschichte von der Traurigkeit ein.
Hier zu lesen:
http://www.koschis-web.de/nachdenk19.htm

Und so, wie wir die Traurigkeit nicht in unserem Leben haben wollen, so wehren wir uns auch gegen die Depression. Dabei gehört es mit zum Leben - bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger. Who knows.
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Data

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von Data »

Hallo Horst,

im Nachbarthread schreibst du:

>> Vor 5 Jahren hatte ich deutlich mehr Stress, als wir meinen Dad 16 Monate in den Tod pflegten, den Professoren-Haushalt (80 Kartons nur Bücher) meiner Eltern auflösten und uns um meine Mutter kümmerten. 2002 war das schlimmste Jahr meines Lebens. Aber ne Depri bekam ich damals nicht. Wenn es in meinem Leben eine Zeit gab, wo meine Seele hätte um Hilfe schreien müssen, dann da. Dafür dann aber 2007, wegen einiger scheinbar kleinerer "Auslöser".
Welches waren denn die kleineren Auslöser?

Gruß, Data
cybolon
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von cybolon »

Hallo Data,

es begann im Mai 2007.
Es lief noch ein Prozess mit einem Onkel, der sich am Konto des gemeinsamen Hauses bereichert hatte.
Meine Mom ist alt, krank, einsam... ich kümmerte mich.

Meine Mitarbeiterin ging für 5 Wochen in Kur. Dann ging mein Chef, der Leiter der Verwaltung noch 2 Wochen innerhalb dieser in Urlaub, den ich dann auch noch vertreten musste. Er war kaum 2 Tage weg, da gab es einen Kühlhausvorfall.
Evakuierung, Feuerwehr, THW (Kühlmittelaustritt), halt Action mit allem drum und dran.

An diesem Tag bemerkte ich, daß ich das alles einfach nicht mehr richtig reflektieren konnte. Der Chef über meinem Chef hatte gekündigt.
In dieser Zeit vergrub ich mich abends am PC und hoffte, mich bald besser zu fühlen.
Da dies aber nicht eintrat, glaubte ich, mich anders "glücklich" machen zu müssen und bandelte mit einer anderen, jüngeren Frau an.

Ich wollte einfach nicht wahrhaben, daß ich keine 20 mehr bin und nicht, wie früher, mehrere Vollzeitkräfte gleichzeitig vertreten kann.

Kaum war "es" mit der Anderen passiert, saß ich auch schon heulend bei meiner Frau und beichtete.
Sie verzieh mir sofort, denn sie erkannte das als die FLUCHT AUS DEM ALLTAG, Flucht vor den eigenen Problemen.
Als sie sagte, ich hätte eine Depression und solle doch mal zum Arzt gehen, meinte ich nur:
"Ach, ich hab seit Oktober keinen Urlaub mehr gehabt, ich bin einfach "nur" ausgebrannt".

Damit setzte ich mich durch und wir fuhren für 2 Wochen nach Holland. Leider ging es mir dort aber nicht besser. Ich riss mich zusammen, um meiner Frau und meiner Tochter den Urlaub nicht zu verderben.

Außerdem dachte ich immer, dieses scheiss Gefühl wäre das "Vermissen der Anderen".

Kaum einen Tag aus dem Urlaub zurück, kam der große Zusammenbruch.
100 Gedanken pro Minute, Bilder, Bilder, Bilder...

Es dauerte dann noch 5 Wochen, bis ich freiwillig in die Klinik ging, da ich inzwischen auch noch die S...Gedanken dazubekommen hatte. Auf keinen Fall wollte ich, daß meine Frau das auch noch durchmachen muss und vor allem, daß meine Tochter diese Worte garnicht erst hört.
Sie hätte ein Trauma für's Leben davongetragen.

Als das alles sich zuspitzte, innerhalb weniger Tage, dachte ich, daß das eigentlich alles keine sooo großen Sachen sind, die mich beschäftigten.
Aber sicher ist, daß ich an zu vielen Fronten gleichzeitig kämpfte und mir dann auch noch welche dazu schuf.

Natürlich bin ich froh, daß sich die Depri mit solcher brachialen Gewalt deutlich gezeigt hat, denn sonst wäre ich, wie viele Menschen, erstmal jahrelang damit herumgeschlichen.
Es heißt ja immer, je eher erkannt, desto besser behandelbar...

Hugh, habe gesprochen.
cybolon

P.S. Bis zu besagtem Tag (Kühlhaus) fühlte ich mich eigentlich glücklich, trotz mancher Anstrengung.
cybolon
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von cybolon »

Hey Otterchen,

die Geschichte mit der kleinen alten Frau ist wunderschön und sehr passend.
Danke für Link!

cybolon
Tina0510
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Registriert: 15. Okt 2007, 13:21

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von Tina0510 »

Zitat von Horst:

>>WARUM DENN SO ÜBERAUS PLÖTZLICH NICHT ???<<

Genau!
Warum ist man plötzlich depressiv?
In den schlimmsten, stressigsten Momenten meines Leben hab ich "meinen Mann gestanden" war Topfit.

Als mein Vater starb habe ICH seine Eltern informiert, Beerdigung organisiert, nebenbei Freund und seine 3 Kinder samt Haus und Garten gehabt und im Job warn ne Megastressige Zeit. Das war Ende 2005

Meine erste, damals leichte, Depression kam erst im Mai 2006. Zu der Zeit war ich aber dennoch in der Lage zur Arbeit zu gehn und Familie zu versorgen.

2007 war eigentlich ein gutes Jahr, trotz Trennung von meinem Partner Anfang des Jahres.
Bis Oktober kletterte ich die Karriereleiter eine Sprosse rauf, hatte viel spass mit Freunden, schönen langen Urlaub und tolle Kurztrips (Wien und Berlin) auch ein Flirt war vorhanden... es war perfekt.

Dann nachdem ich vom Tripp nach Berlin zurückkam viel ich ins Bodelose.
Vielleicht weil ich nach meiner Rückkehr erfahren musste, dass mein Onkel sich umbringen wollte?
Aber wenn das der Grund wäre, müsste es mir zwischenzeitlich doch wieder gut oder zumindest besser gehn... Onkel ist nämlich wieder "voll da" (ja, genau der "Hinterntretonkel)


Vielleicht ist es mit der Depresion so ähnlich wie mit meiner Migräne?
Die kommt nicht an anstrengenden Tagen auf, sondern wenn ich mich danach wieder entspanne....
Vielleicht steht man in solchen Zeiten so unter Strom, dass die Seele sobald man zur Ruhe kommt endlich mal/erst dann zu Wort kommen kann?
Man sie vorher schlicht nicht hören kann, weil der Kopf mit zig anderen Dingen beschäftigt ist?
Grüßle

Tina
hey
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Registriert: 11. Nov 2007, 22:30

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von hey »

Hallo zusammen,

ich glaube schon, dass es so ist, dass in stressigen Momenten der Organismus tatsächlich sämtliche Kräfte und Kraftreserven freisetzt, um die Situation zu meistern. "Man steht unter Strom", "man steht seinen Mann".

Erst wenn man zur Ruhe kommt, meldet sich die Seele und verlangt danach, zu Wort zu kommen.

Beim Lesen der Beiträge von Tina und Cybolon ist mir spontan eine Geschichte eingefallen:

Ein Indianerhäuptling wird vom Präsident eingeladen, um einen Friedensvertrag zu unterzeichnen. Der Häuptling setzt sich in den Zug und fährt durch das halbe Amerika nach Washington zum Präsidenten. In der Hauptstadt angekommen, steigt er aus dem Zug und setzt sich auf dem Bahnsteig nieder. Von der Deligation, die ihn zum Präsidenten begleiten soll, wird er gefragt. "Warum setzt du dich hierhin, der Präsident wartet auf dich."
Der Häuptling antwortet:

Ich warte auf meine Seele, der Zug ist so schnell gefahren, da ist meine Seele nicht mitgekommen.

Liebe Grüße Heiner
Tina0510
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Registriert: 15. Okt 2007, 13:21

Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von Tina0510 »

Sehr treffend die Indianergeschichte!

Fazinierend ist ja, dass es grade in letzter zeit eine wahre Explosion an Depressionsdiagnosen gibt.

Ist man heutzutage einfach mehr auf diese Problematik sensibilisiert und wurde früher nicht erkannt?
Oder macht unsere schnelllebige (mit 3 l???) Zeit depressiv?
Grüßle

Tina
Wander
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von Wander »

Hallo Dara, die Depression ist eine Krankheit, die auch chronisch oder zumindest häufiger wiederkehrend sein kann.
An den Aufschrei der Seele glaube ich persönlich nicht.
Und unsere schnelllebige Zeit macht gerade uns Depressiven viel Druck. Die riesige Mehrzahl der Menschen wird aber dadurch nicht depressiv und schließlich schaffen wir ja alle miteinander unsere Gesellschaft und wollen also diese Schnelllebigkeit im Grunde auch. Genauso wie die meisten Menschen u.a. schwere Zeiten in Kindheit und später haben, aber die meisten nicht depressiv werden. Es ist einfach eine Krankheit, mehr nicht und leider auch nicht weniger.

Wie eine Sendung auf ARTE neulich zum Thema Depression zeigte, lässt sich nicht beweisen, wenn auch oft behauptet, dass Schnellebigkeit mehr depressiv macht. Man weiss ja nicht mal, ob früher weniger Menschen depressiv waren. Man weiss nur, dass sich heute mehr Menschen damit zum Arzt trauen.

Wenn ich Diabetes hätte, würde ich das ja auch nicht psychologisieren, sondern die Verhaltensregeln anpassen. Die Depression zu dämonisieren als ein "Wesen", das sich sperrt gegen das Verschwinden oder sich auf dem Umweg der Krankheit als Seelenalarm zeigt, damit gebe ich einer Krankheit zuviel macht nach meinem Geschmack. Mir hilft eine solche Sichtweise nicht weiter.

Lieber Gruß! Düne
deary
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von deary »

Hallo!

Natürlich "wehrt " sich die Depression.
Ich denke, das spüren wir alle, wenn wir wieder und wieder in die "alten Depressionsmuster " zurückfallen. (trotz Therapie, das sind eben die vielzitierten Rückschritte.)

Mein Arzt hat es mir mal so erklärt, dass die angesteuerten Areale im Gehirn durch die Depression weit und breit wie Autobahnen sind.
( Dort wo negative Gefühle etc. gespeichert sind)
Wir können auf ihnen "leicht " fahren und tun es daher immer wieder, es ist eine Gewohnheit.

Die Areale im Gehirn, die wir jahrelang durch die Depression NICHT angesteuert haben, sind höchstens noch Trampelpfade.
Man kann auf ihnen schlecht gehen. Deshalb tun wir es nicht.
Durch stetes Üben können wir sie erst wieder "nutzbar " machen. Dann können wir auch unseren Erfindungsreichtum, unsere Kreativität, und alles , was uns während der Depression vonnüzte sein könnte, aber einfach nicht mehr verfügbar ist, wieder nutzen, und wir gesunden.

Liebe Grüße
deary
Wander
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von Wander »

Hallo Deary, das erfahre ich bei mir ganz anders. Wenn ich nicht depressiv bin, habe ich gar keine großen negativen Gedanken. Wenn ich depressiv bin, werde ich also erst zu einem negativ-grüblerischen Menschen.

Jahrzehntelang habe ich für meine immer wiederkehrenden depressiven Störungen nach dem inneren seelischen Grund gemäss der damaligen Mode gesucht. Nachdem ich das alles durch hatte, sah ich erstens, dass ich viele viele Menschen kenne, die auch solche Themen verarbeiten müssen, darüber aber nicht depressiv werden. Und zweitens sah ich, dass ich mir das hätte sparen können, denn für mich persönlich ist es ein Irrweg.

Heute lebe ich zufrieden und harmonisch, bis mal wieder depressive Stimmungen anklopfen. Dann reagiere ich medikamentös und mit entspannendem Verhalten und irgendwann ist es wieder weg. Und mehr ist meiner persönlichen Meinung auch nicht dahinter.

Lieber Gruß! Düne
deary
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von deary »

Hallo Düne,

*verwirrt bin*


Inwiefern widerspricht Deine Erfahrung dem von mir Geschriebenen.?

Natürlich hat man nur entsprechend negative Gefühle , wenn man gerade depressiv ist.

Nur gibt es ja , wie du weißt, verschiedene Arten von Depression.
Du hast sie phasenweise, andere, -wie ich zb.- haben sie permanent, nur eben nicht in gleicher Intensität.

Nenn es endogene, oder manifeste Depression, wie du willst.
In jedem Fachbuch stehen dafür andere Namen.

Liebe Grüße
deary
Tina0510
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von Tina0510 »

@ Diary und Düne


wenn ich einen schlechten Tag habe hab ich eigentlich weder gute noch schlechte Gedanken in mir... auch keine Freude oder Wut...
An diesen Tagen läuft alles irgendwie an mir "vorbei".

Denke somit, dass bei jedem die Depression sich anders zu erkennen gibt? *grübel*
Grüßle

Tina
deary
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von deary »

Hallo Tina,

ja, ist sicher bei jedem anders.

Allerdings ist es häufig so, dass Depressive ein " Gefühl der Gefühllosigkeit" haben.
Wenn ich richtig depressiv bin, habe ich das auch. Ich kann dann zb nicht lachen oder weinen.

Kann ich das wieder, geht es mir schon wieder besser.

Liebe Grüße
deary
Wander
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von Wander »

Hallo Deary, schönes Verwirrt-Smily in deiner letzten Antwort an mich, *lach*.

Wenn nur die Depression die negative und pessimistische Orientierung auslöst, dann passt es für mich nicht, was dein Thera sagte, dass das Negativdenken ein Verfallen in eingefahrene Gedanken-Autobahnen ist, denn ohne die Depression würde man halt gar nicht drauf fahren.

Die Gefühllosigkeit kenne ich aus schlimmsten Zeiten auch. Schlimm ist daran vor allem auch gewesen, dass es viel schrecklicher war als Gefühllosigkeit, denn es war parallel ein intensives Leiden dabei. Es war halt, wie ihr es gut beschreibt, ein Gefühl der Gefühllosigkeit. Da halfen nur Medikamente, weil ich mich da auch gedanklich im Nebel fühlte und mich im Alltag immer im Kreis drehte, solch starke Konzentrationsprobleme hatte, dass ich z.B. allein zum Tischdecken xmal wieder in die Küche musste, weil ich mir quasi nur ein Teil merken konnte und wegen jedem also einzeln lief. Furchtbar.

Also macht die Depression keine Autobahnen bzw. wird man nicht depressiv, weil man da wieder drauf verfällt, sondern Depressionen machen negativ oder sogar denkunfähig.

Die Psychologen verdienen gut daran, so zu tun, als ob wir da selber heilend drauf einwirken könnten, dabei geht das nur bei leichteren Depressionen.

Liebe Grüße! Düne
otterchen
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Re: Kann es sein, daß sich eine Depression "wehrt"?

Beitrag von otterchen »

Hallo Düne,

Die Psychologen verdienen gut daran, so zu tun, als ob wir da selber heilend drauf einwirken könnten, dabei geht das nur bei leichteren Depressionen.



Sorry, aber da kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Meiner Meinung nach bist Du da heftig auf dem Holzweg.
ICH hätte ohne therapeutische Hilfe NIE aus meiner schweren Depression herausgefunden, und ich denke, dass es FAST ALLEN so geht. Nur mit Medikamenten oder rein mit Entspannungsübungen ist das NICHT möglich.

Wenn dies bei DIR der Fall war: gratuliere.

Aber bitte schließe nicht von Dir auf die anderen. Dies könnte schwer Depressive hier nämlich dazu verleiten, sich einer Therapie zu verschließen, was fatale Folgen haben könnte.
Die Depression hat viele, sehr viele Gesichter.
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