Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

igel73
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von igel73 »

Data, selbstbezogen bin ich in dem Sinne, als dass ich mich selbst erkenne. Das scheinst Du ja noch nicht erreicht zu haben.

Muss man mich steinigen? So war es. Auch Du warst dabei. Bist Du eigentlich in der Lage, Mitgefühl für andere zu empfinden?

Wenn ja, dann könntest Du auch mich verstehen, dass es passiert ist. Mein Gott, Du bist mit weisser Weste geboren, oder wie? Echt, Deine Boniertheit ärgert mich.

Hättest Du den Mut, hier in aller Öffentlichkeit Deine Fehler zuzugeben? Ich glaube nicht. Darum geht es mir auch nicht. Ich wollte lediglich meine Erlebnisse dem gegenüber stellen, wie sich hier teilweise verhalten wird. Die "Weisheiten" stehen oft in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Handeln.

Keine Ahnung, ob Du weisst, was ich meine.

Du hast mir meine Frage noch nicht beantwortet. Bist Du in Deinem Leben bisher weiter gekommen?

Aber ich will dieses "Insidertum" an dieser Stelle auch gar nicht weiterführen.

Im Gegensatz zu Dir konnte ich meine Selbstbezogenheit offensichtlich durchbrechen.
igel73
igel73
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von igel73 »

...was ist eigentlich mit Chimera? Der war doch auch daran beteiligt und wusste um Xenias Gefühle, oder??

Ach ja, ich vergass....ist ein Mann.

Böse Igel, ich.
igel73
ANOVA
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von ANOVA »

Hallo Igel,

ehrlich gesagt finde ich es nicht so gut, wenn Du eine so alte Geschichte jetzt im Forum öffentlich diskutieren willst.

Warum klärst Du das nicht mit Thomas und Data persönlich per Mail? Ich denke, damit wäre es allen wohler.

Gruß
Xenia
Maria
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von Maria »

@ Friedrich: hab dir in einem Extra-Thread geantwortet.

LG Maria
igel73
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von igel73 »

Hallo Xenia,

ist mir klar, dass Du so reagierst. Ist mir auch klar, dass Du das nicht willst.

Können Data und Thomas für sich sprechen?

Du brauchst mich nicht in die Schranken weisen, echt nicht.

Ich sagte bereits, dass ich das Insidertum an dieser Stelle nicht weiterführen will. Mein Profil ist offen, ich kann aber auch gut damit leben, wenn keiner schreibt, weisst Du?

Du hast doch auch meine Entschuldigung nicht akzeptiert. Dann ist es eben so.

Ich mache die Kiste jetzt aus, Ihr lieben Forum-Junkies.
igel73
otterchen
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von otterchen »

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Data

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von Data »

>> selbstbezogen bin ich in dem Sinne, als dass ich mich selbst erkenne.
Hm... Dass ich mich selbst relativ gut erkennen kann, glaube ich von mir auch hin und wieder. Glücklicherweise gibt es aber auch immer wieder Menschen und Situationen, die mir zeigen, dass ich mit der Selbsterkenntnis noch nicht am Ende bin. Hast du auch dieses Glück?


>> Das scheinst Du ja noch nicht erreicht zu haben.
Der Weg ist das Ziel.


>> Muss man mich steinigen? So war es.
Zumindest hast du es wohl so empfunden. Und anscheinend bist du auch bis heute noch der Meinung, dir geschah vollkommen Unrecht. Oder?


>> Bist Du eigentlich in der Lage, Mitgefühl für andere zu empfinden?
Für andere schon, glaube ich. Mit dir in dem ganz speziellen Falle allerdings weniger.


>> Wenn ja, dann könntest Du auch mich verstehen, dass es passiert ist.
Trotz mangelnden Mitgefühls kann ich es verstehen, ja. Als echtem Selbsterkenner sind mir Abgründe schließlich nicht fremd.


>> Mein Gott, Du bist mit weisser Weste geboren, oder wie?
Nee, ich wurde nackt geboren, soviel ich weiß.


>> Echt, Deine Boniertheit ärgert mich.
In der Tat, irgendwo schwebt da ein Brett zwischen unseren Köpfen.


>> Hättest Du den Mut, hier in aller Öffentlichkeit Deine Fehler zuzugeben? Ich glaube nicht.
Ich glaube doch, sofern ich sie sehen kann.


>> Darum geht es mir auch nicht. Ich wollte lediglich meine Erlebnisse dem gegenüber stellen, wie sich hier teilweise verhalten wird. Die "Weisheiten" stehen oft in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Handeln.
Das ist nicht nur hier so, sondern gängige Praxis und weit verbreitet.


>> Keine Ahnung, ob Du weisst, was ich meine.
So ganz konkret nicht, muss ich gestehen.


>> Du hast mir meine Frage noch nicht beantwortet. Bist Du in Deinem Leben bisher weiter gekommen?
Ja, ich denke, das bin ich. Warum möchtest du das wissen? Interessierst du dich etwa für mich?


>> Aber ich will dieses "Insidertum" an dieser Stelle auch gar nicht weiterführen.
Das hoffe ich.


>> Im Gegensatz zu Dir konnte ich meine Selbstbezogenheit offensichtlich durchbrechen.
Möglicherweise bin ich diesbezüglich mit Blindheit geschlagen.


Gute Nacht!
Guinevere
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von Guinevere »

Hallo Otterchen,

>In irgendeinem uralten Tagebuch habe ich gelesen, dass ich mal ein Nordlicht gesehen habe. Ich habe damals eine sehr schöne Situation beschrieben, in der ich meinem Freund sehr nah war.
>Warum ist sowas irgendwann weg?
>Wie bleiben solche Erinnerungen lebendig?

sorry fürs "einmischen" - aber vielleicht - nur so ein Raten meinerseits , was ich an mir gerne so beobacht - ists ja so, dass Deine negativen Gefühle zu diesem überwiegen und Dir deshalb diese Erinnerung fehlt, in Dir nicht verinnerlicht wurde und sich dadurch nicht abrufen lässt (?).

War bei mir so, als ich mal mein Stammbuch aus der Schulzeit betrachtete und sich da ein recht liebevoller Eintrag von Nachbarsbub fand, den ich eigentlich nie richtig bemerkt hatte. Hm, meine Vorstellung von Liebe war damals aufgrund dessen, was ich im Elternhaus so sah eine ganz andere und somit konnte ich dies nicht in Verbindung zu diesem Gefühl bringen, irgendwie aus einer Ablehnung, Verdrängung aus mir heraus, auch um das, was ich jeden Tag so gesehn hab als nicht noch traumatischer zu sehn als es ohnehin schon war...

Lieben Gruß Dir,
manu
otterchen
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von otterchen »

Manu,

wieso "mischst Du Dich ein"? Das ist doch kein Einmischen!

Hm. Hab ich die Beziehung damals negativ abgespeichert? Eigentlich nicht. Aber ich habe sie insgesamt in einem anderen Licht gesehen. Anderes mag das also durchaus überschattet haben.

Nachdenkenswert...

Danke für die Anregung
LG
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Guinevere
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von Guinevere »

Gerne gschegn

>wieso "mischst Du Dich ein"? Das ist doch kein Einmischen!

Hmm, interessant ist! *grübel* Wohl meinerseits noch immer der alte Impuls, Reflex da ist, nämlich "einmischen", wenn sich zwei streiten und die Verunsicherung daraus.

Lieben Gruß, schlaf guad ,
manu
Guinevere
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von Guinevere »

p.s: an Otterchen, Danke für Deine Resonanz diesbezüglich!
otterchen
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von otterchen »

Ähm, ich war aber hier doch (mal) in keinen Streit verwickelt *confused*
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Guinevere
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von Guinevere »

Du nicht *lieb drück*, aber, na ja, hm, meine Wahrnehmung und daraus folgende Desorientierung, hmm mein Verhaltensschema aus meiner Kindheit dazu. Hm, wohl auch, da ich dann oft lange bei Streitigkeiten gerne mal als Anlaufstelle Nummer eins hinzugezogen wurde. Bis ich mich dann endlich mal davon distanzierte.
tomroerich
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von tomroerich »

Liebes Otterchen,

ein wenig klingt Dein Posting (vielleicht auch nur für mich) wie ein "Therapie ist überflüssig". Das wolltest Du aber bestimmt nicht zum Ausdruck bringen, oder?

Nein, das wollte ich auf keinen Fall damit sagen. Therapie ist eine Möglichkeit, sich selbst anzuschauen. Es gibt sehr viele Möglichkeiten, sich selbst anzuschauen und sehr viele Wege dazu. Es hängt einfach vieles davon ab, dass man die Notwendigkeit dafür meist nicht anerkennt, sonst könnte man es auch ohne Therapie machen. Der Therapeut verkörpert jemanden, der als Arzt (und das ist jemand, von dem man annimmt dasss er weiß, was für einen gut ist) diese Notwendigkeit zum Ausdruck bringt und die Authorität besitzt, es als Heilmittel darzustellen. wenn man einmal verstanden hat, dass dies tatsächlich ein Heilmittel ist, findet man den inneren Therapeuten, der den äußeren überflüssig macht.


Ich wollte zum Ausdruck bringen, dass man nicht die Macht hat, irgendetwas an der Substanz des Selbst zu ändern. Es geht immer nur um die Korrektur von Irrtümern, die man sich selbst gegenüber hat. Und Irrtum ist für mich gleichbedeutend mit "sich selbst nicht sehen können".

Gute Nacht,

Thomas
Betroffene für Betroffene

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otterchen
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von otterchen »

Huhu Thomas!

Hm, seltsam... bin vielleicht irgendwie auf Verteidigungsstellung, was das Thema Therapie generell betrifft? Komisch, dass ich das so gelesen habe (wo ich doch weiß, dass Du sonst nicht contra Thera bist).
Egal.

wenn man einmal verstanden hat, dass dies tatsächlich ein Heilmittel ist, findet man den inneren Therapeuten, der den äußeren überflüssig macht.

Hach... da bin ich noch nicht... es existieren noch zu viele Fragen in mir, zuviele Unsicherheiten.
Beispiel?
Ich bin antriebslos. Soll ich dem nachgeben? Ich fühl das ja gerade.
Aber Bewegung ist gesünder. Doch aufraffen? Ist ja gut gegen die Depression.

Naja, so langsam merke ich aber, dass sich da was tut, es löst sich anscheinend alles mit der Zeit von selbst auf. Da fehlt noch die Geduld, aber auch ein Gefühl dafür, was ok ist und was nicht.

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Emely
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von Emely »

Hi Otterchen,

nicht nur du hattest Thomas beim Thema Therapeuten vielleicht missverstanden. Er schrieb:

"Ich will irgendwie mitteilen, dass man durch eine Therapie nichts "machen" kann. ... Niemand, wirklich niemand weiß, warum Therapie überhaupt wirkt oder warum sie nicht wirkt. ... Auch der Therapeut kann nicht etwas "machen". ...
Um auf den Punkt zu kommen: Therapie wirkt dadurch, dass man sich selbst ansieht."

(man verzeihe mir die Kürzungen, die hoffentlich den Sinn nicht verstellen )

Mich hat diese Passage auch irritiert: "dass man durch eine Therapie nichts machen kann", könnte ja missverstanden werden, wenn man nicht aufmerksam weiterliest und dann sieht: "Therapie wirkt dadurch, dass man sich selbst ansieht".

Therapie wirkt demnach durch die Arbeit des Klienten an sich selbst, durch Selbstbetrachtung, und nicht dadurch, dass da jemand kommt und mich heilt.
Wer also die Kraft hätte, sich ohne Therapie selbst zu sehen, könnte sich also auch selbst heilen, lautet das Fazit?
Eine Hürde könnte sein, dass vieles, was man betrachtet, ja schmerzt, und ein Reflex ist, dem Schmerz auszuweichen, ihn nicht sehen zu wollen. Es gehört also sehr viel persönliche Stärke dazu - ohne Druck von außen, zum Beispiel durch Therapie, dennoch anzuschauen, was weh tut.
Eine weitere Schwierigkeit könnte darin bestehen, dass man nicht alles, wohl aber vieles, selbst sehen kann, dass manches erst in Zusammenspiel und durch Spiegelung von anderen sichtbar werden kann? Ganz allein wird es daher meist nicht gehen?
Mein Fazit: heilen kann man nur sich selbst, und in letzter Konsequenz braucht man dazu einander.

liebe Grüße
und einen wunderbaren Sonntag

von Emely
chimera

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von chimera »

Kudos! Schrillement cooles Posting, Thomas. *immernochfettbewegtbin*
otterchen
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Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von otterchen »

Guten Morgen Emely

*kaffeeschlürf*

Danke für diese Rückmeldung
das hatte mich gestern nur etwas irritiert.

Wer also die Kraft hätte, sich ohne Therapie selbst zu sehen, könnte sich also auch selbst heilen, lautet das Fazit?

Das was Du schreibst, stimmt natürlich.
Aber weiterführend fällt mir dazu ein, dass wohl nicht nur die Kraft fehlt.
Was ist schlicht mit dem WISSEN um das "allgemeine Ziel"? Wo ist der Ratgeber "raus aus der Depression", den man in jeder Buchhandlung kaufen kann, der mit simplen Worten beschreibt, was man im Einzelnen zu tun hat? Das Standardwerk sozusagen, anerkannt und herausragend.
Es gibt sooo viele Bücher zum Thema, und ein paar davon hatte ich auch gelesen, aber es drang nicht zu mir durch. Es fehlte irgendwie die Eindringlichkeit von außen, das Finden einer Sprache, die mich anspricht, die zu mir durchdringt.

Dies übrigens ergänzt sich prima durch Forum und Therapie: was in der Therapie nicht zu mir durchdringt, kommt dann im Forum - und umgekehrt.

Es geht also für mich ergänzend zu Deinem Posting auch um das reine Wissen (deshalb fühle ich mich manchmal so blöd, weil ich das nicht schon viel früher erkannt habe) sowie um die Worte, die zu mir durchdringen.
Die Worte, die bestätigen: ja, das trifft auch bei mir zu. Denn woher weiß ich, was z.B. aus einem Lehrbuch für mich anwendbar ist und was nicht? Oder ich komme an einem Punkt nicht weiter, aber die Therapeutin bohrt und bohrt. --> Da MUSS ich ein Gegenüber haben, das die inneren Sperren überwindet.

"Ich lasse mich therapieren" ist natürlich zu passiv - DAVON wird nichts passieren. Und von ADs alleine sowieso nicht.

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Liber
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von Liber »

Liebe Emely und alle anderen hier

>Therapie wirkt demnach durch die Arbeit des Klienten an sich selbst, durch Selbstbetrachtung, und nicht dadurch, dass da jemand kommt und mich heilt. Wer also die Kraft hätte, sich ohne Therapie selbst zu sehen, könnte sich also auch selbst heilen, lautet das Fazit? Eine Hürde könnte sein, dass vieles, was man betrachtet, ja schmerzt, und ein Reflex ist, dem Schmerz auszuweichen, ihn nicht sehen zu wollen. Es gehört also sehr viel persönliche Stärke dazu - ohne Druck von außen, zum Beispiel durch Therapie, dennoch anzuschauen, was weh tut. Eine weitere Schwierigkeit könnte darin bestehen, dass man nicht alles, wohl aber vieles, selbst sehen kann, dass manches erst in Zusammenspiel und durch Spiegelung von anderen sichtbar werden kann? Ganz allein wird es daher meist nicht gehen? Mein Fazit: heilen kann man nur sich selbst, und in letzter Konsequenz braucht man dazu einander.

Da stimme ich dir zu!

Die Seele muss nicht "geheilt" werden, sie IST schon heil und ganz und vollkommen. Aber der Mensch kann das nicht sehen und nicht erkennen. Und um dieses Erkennen geht es wohl in den Therapien.

Man könnte den Reflex auszuweichen, auch Widerstand nennen - Widerstand dagegen, sich selbst anzuschauen. Und auch dieser Widerstand ist einem ja meist nicht mal bewusst. Man glaubt ja wirklich, dass all das "im Außen" ist, von außen kommt : die Krankheiten, die Symptome, die vermeintliche Ablehnung durch andere usw. Man kann nicht erkennen, dass man sich weigert, all dies als Teile seiner selbst anzuschauen.

Und da ist ein Therapeut nötig, um auf diese Widerstände hinzuweisen, sie erkennbar zu machen.

Aber nicht nur dafür.

Wie es der "Zufall" will , lese ich gerade das Buch "Die Wunde der Ungeliebten" von Peter Schellenbaum. Das Buch lässt mir teilweise den Atem stocken, SO sehr trifft es den wunden und wahren Punkt.

@ Friedrich: dies Buch möchte ich Dir gern empfehlen (ich dachte beim Lesen deiner Beiträge hier schon die ganze Zeit daran, dass dies Buch etwas für dich sein könnte!).

Darin heißt es u.a.:

>der Mensch als Beziehungswesen braucht zu seiner Befreiung einen anderen Menschen, dem er sich zu zeigen wagt.

Das kann der Therapeut sein (ist es auch meistens), muss es aber nicht. Auch ein Freund/eine Freundin könnte das sein.

Entscheidend ist die heilende Beziehung.

Ob jemand sich wirklich allein befreien kann? Ob Stärke dafür ausreicht? Ich weiß es nicht ....

Liebe Grüße

Brittka
otterchen
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von otterchen »

Hallo Brittka,

danke für den Buchtipp; habe es mir direkt angesehen und bestellt.

mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
flora80
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von flora80 »

Hallo ihr Lieben,

nach gestriger Internetabwesenheit, melde ich mich heute zurück.

"Es wagen, sich jemandem zu zeigen..."

Oh ja... ein ganz schwieriges Thema, dessen Schwierigkeit meines Erachtens darin liegt, dass es eines der zentralen Themen überhaupt ist.

Ich glaube, dass ich mich nur zeigen kann, wenn ich erfahren habe, wie wohltuend es sein kann, sein zu dürfen, wie man eben ist. Und das lerne ich unter anderem dadurch, dass ich Menschen begegne, denen das bereits gelungen ist und die offensichtlich nicht daran gestorben sind.

Mir gehen dazu noch mehr Gedanken durch den Kopf, aber irgendwie habe ich jetzt eine Weile daran herumformuliert und finde keine wirklich passenden Worte. Also schicke ich jetzt erst mal ab.

Lieber Gruß von Flora
tomroerich
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von tomroerich »

Liebe Emely,

Therapie wirkt demnach durch die Arbeit des Klienten an sich selbst, durch Selbstbetrachtung, und nicht dadurch, dass da jemand kommt und mich heilt.
Wer also die Kraft hätte, sich ohne Therapie selbst zu sehen, könnte sich also auch selbst heilen, lautet das Fazit?
Eine Hürde könnte sein, dass vieles, was man betrachtet, ja schmerzt, und ein Reflex ist, dem Schmerz auszuweichen, ihn nicht sehen zu wollen. Es gehört also sehr viel persönliche Stärke dazu - ohne Druck von außen, zum Beispiel durch Therapie, dennoch anzuschauen, was weh tut.
Eine weitere Schwierigkeit könnte darin bestehen, dass man nicht alles, wohl aber vieles, selbst sehen kann, dass manches erst in Zusammenspiel und durch Spiegelung von anderen sichtbar werden kann? Ganz allein wird es daher meist nicht gehen?
Mein Fazit: heilen kann man nur sich selbst, und in letzter Konsequenz braucht man dazu einander.

Sehe ich ganz genau so. Mir kommt es nur darauf an klarzustellen, dass das, was heilt, nicht der Therapeut ist, sondern die Kraft des sich Erkennens, die durch den Therapeuten als Mittler kommen kann. Der Glaube, es wäre der Therapeut der heilt, wäre ein magischer Glaube, der dem Therapeut die Macht zuschreibt, an der eigenen Seele Veränderungen vornehmen zu können. Das würde bedeuten, dass man niemals authentisch sein könnte und dass man so, wie man ist, nicht vollkommen ist.
Ich denke, dass dieser Glaube, diese Vorstellung, die Angst vor Therapeuten begründet und auch die Angst vor Medikamenten. Aber dass ein andere Mensch oder auch nur ein Ereignis an der eigenen Identität irgendetwas ändern kann, ist völlig unmöglich. Alles was passieren kann ist, dass man selbst glaubt, diese Veränderung habe es wirklich gegeben.


Ein Mensch ist deshalb prinzipiell (und daher theoretisch) in der Lage, sich aus sich selbst heraus zu heilen, weil er eigentlich "nur" diesen Glauben aufgeben muss. Manchmal passiert so etwas auch durch Schock, schwere Krisen, Unfall mit Beihnahetod o.ä. Solche Ereignisse können den Effekt haben, das eingefahrene Leben (den Glauben an die Wirklichkeit der Veränderung)plötzlich zum Stillstand zu bringen, so dass die wirkliche Individualität plötzlich zum Durchbruch kommt. In aller Regel wird jemand aber nicht von sich aus auf die Idee kommen, dass er eine tiefgreifende Wandlung benötigt sondern wird seinen momentanen Seinszustand erbittert verteidigen selbst dann, wenn er nur Leid bringt. Deshalb könnte man sagen, dass er eine "Liebesbeziehung" zu seinem eigenen Leid hat, das für ihn eine Art Ersatzidentität ist. Es ist unmöglich, ohne Identität zu sein und lieber wird jemand schwer leiden, als ohne Identität zu sein. Eine Krise wie die Depression ist eine Erschütterung des Glaubens an diese Leid-Identifikation und eröffnet die Chance, sich von ihr zu lösen. Aber das wird, wie du sagst, in aller Regel nicht ohne eine äußere Person gehen, die Führung und Hilfe bietet.

Dabei sehe ich die Methode "nur" als Bezugsrahmen für den Therapeuten an, die ihn wiederum führt. Wirkung hat er aber durch seine Zugewandtheit, die wie ein vorläufiger Ersatz für die Selbstzugewandtheit wirkt. Er nimmt quasi voraus, was sich im Patienten entwickeln soll und bietet einen Bezugspunkt außerhalb der Leid-Identifikation an. Seine Hilfe heißt: "Du kannst alle deine Bindungen loslassen und dir wird nichts dabei passieren. Du bleibst immer du selbst." Denkbar ist auch jede andere Person, die "Liebe" anbietet, nur muss es eine selbstlose Liebe sein, die ohne eigene egoistische Interessen an der Beziehung kommt (Bedingungslosigkeit). Denn letzten Endes muss man in sich selbst dieses Vertrauen finden, dass man sich verändern darf und doch immer man selbst bleibt (ich selbst bin ohne Bedingungen). Wenn man dieses Vertrauen in sich gefunden hat, hat man sich schon selbst gefunden und dann kann einen niemanden mehr daran hindern, selbst zum Gestalter des eigenen Lebens zu werden. Wer tiefgreifende Veränderungen an sich selbst erlebt hat, weiß dies auch ganz genau. Man weiß, dass Gedanken, Gefühle nur Inhalte sind und dass sie verschwinden können, ohne dass dabei Identität verloren geht. Die allein wichtige Größe ist derjenige, der diese Gedanken und Gefühle hat - der Denker und Fühler. Nur der ist unveränderlich und vollkommen. Gedanken und Gefühle aber kommen und gehen und solange man glaubt, dass man mit ihnen identisch sei, ist man ihren völlig ausgeliefert und ist selbst das, was in ihnen steckt.

Mir kam kürzlich ein Bild, als ich die Lottoziehung anschaute. Da rennen Kugeln in einer Glaskugel herum und ich dachte, ja, so ist es, wenn man sich vorstellt, die Nummern-Kugeln sind die Gedanken und Gefühle und man selbst ist die Glaskugel. Immer wieder kommt ein äußerer Reiz (der Greifarm holt eine Kugel raus) und man fühlt die 7 oder denkt die 19. So geht das immer weiter. Wenn man sich nicht die Glaskugel von außen anschaut, wird man niemals verstehen, was da passiert.



Thomas
Betroffene für Betroffene

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kormoran
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von kormoran »

liebe ihr,

jetzt hätte ich beinahe kapituliert vor der vielzahl der beiträge inzwischen... zumal der föhnsturm mein hirn seit tagen elektrisch auflädt ohne dass die migräneattacke einsetzen würde...

folgender gedanke ist mir zu thomas', emelys, manus, floras, otterchens, brittkas beiträgen (hoffe niemand übersehen zu haben)
gekommen, der es mir evtl. erleichtern könnte, anzunehmen dass ich geworden bin wie ich bin (mit den blockierenden glaubenssätzen etc) und doch heute etwas ändern kann - mit hilfe der therapie! - ohne mir gleichzeitig vorwerfen zu müssen, ich hätte doch früher schon ganz anders leben/denken können:

wir sind so geworden IN BEZIEHUNG. wer hat diese gespenster in uns gepflanzt und ihnen immer wieder ein häppchen zugeworfen, bis wir selbst begonnen haben sie zu füttern (ich wiederhole mich zwecks anschaulichkeit ): wir sind ja als kinder nicht ALLEIN und aus ganz eigenem ermessen gewachsen und gereift, sondern in beziehung, IM VERTRAUEN, das auch lebensnotwendig war - gleichzeitig oft so schädlich.

dann ist es doch nur logisch dass wir heute eben auch IN BEZIEHUNG und mit VERTRAUEN in der lage sind, zu verstehen und uns an veränderung zu wagen? erst wenn ich vertrauen gewinne zb in meine therapeutin, die mich wohlwollend, ehrlich betrachtet und begleitet, in sicherer umgebung, und mir glaubhaft vermittelt dass es jetzt OK ist, gewisse glaubenssätze zu ändern, wird das für mich umsetzbar.

es ganz von alleine zu schaffen, hieße ja, ich alleine maße mir an, mich gegen all die kräfte meiner kindheit, jugend und verständnislosen gesellschaftlichen gegenwart durchzusetzen. das braucht unmengen mut und kraft.

ich hab aber immer noch schiss mir "mein leben zu nehmen" - nämlich, es in die hand zu nehmen, meinen eltern weg, den gesellschaftlichen internalisierten erwartungen und zwängen, es von den eigenen ängsten zu befreien, aus der resignation aufzustehen. aber denkbar wird es.

danke, ihr alle für die bewegende diskussion!
kormoranin
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*** zurück ins leben!
kormoran
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von kormoran »

und noch ein nachtrag
@ thomas, friedrich, data insbesondere...

ich hatte beim nachlesen von thomas' bewegendem posting, das data so treffend als "predigt" tituliert, und dem text von friedrich zum zerstörerischen einfluss des katholizismus ein ganz verrücktes bild im kopf:

dass nämlich eineR dereinst vor seinen/ihren schöpfer tritt, gebeugten hauptes, und ihm verschämt das dicke buch mit den schulden und dem versagen hin hält. und da sitzt nicht der zürnende strafende gott sondern ein gütiges wesen, blickt entsetzt auf das werk und aus seinem gütigen mund kommen:

die worte von thomas oben

die zornesröte steigt ihm ins gesicht und er brüllt: verdammt, wie oft muss ich meinen nachfolgern auf erden noch sagen, sie sollen meine botschaft nicht für machterhalt und unterdrückung missbrauchen. kaum dreht man sich 2000 jahre um, treiben sie wieder ihr menschliches unwesen. du ärmster, und du hast diesen sch... geglaubt! was haben sie an dir verbrochen. lass dich umarmen, lieber mensch, geh zurück und lebe ein freudvolles leben voll liebe. du hast mein vollstes vertrauen...

@ friedrich noch eins: ich lebe in einem land in dem einander kathol-faschismus und nationalsozialismus nahtlos abgelöst haben, und keines von beiden ist wirklich überwunden ... wenn es dir besser geht und du dir ein saugutes und auch sehr vergnügliches buch zumuten magst, lege ich dir die auslöschung von thomas bernhard ans herz; falls es nicht schon in deinem regal steht.

ich schätze mich glücklich dass diese form der verbiegung weitestgehend an mir vorüber gegangen ist. obwohl die überzeugung, dass ein guter mensch ist, der fest und ordentlich leidet, schon auch in mir steckt

liebe grüße
kormoranin

edit: es war data nicht chimera mit der preditg. korrigiert
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*** zurück ins leben!
Data

Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von Data »

Hallo Thomas,

haben sich deine Ansichten bzgl. Therapeut und Therapie etwas verändert, oder sind es die meinigen, die sich verschoben haben? Denn dem, was du jetzt schreibst, kann ich zu 100% zustimmen, es ist genau mein Denken und Fühlen! Es geht im Prinzip nicht um Therapeut und Therapie, sondern es geht um Spiegelung und Anleitung zur Selbsterkenntnis, in der Tat! Und dass man dafür in den allermeisten Fällen ein "wissendes" und vor allem selbstloses Gegenüber braucht, dem es nicht um die Verwirklichung eigener (Therapie-)Konzepte und Seinsvorstellungen, sondern ums Freilegen des inneren Kerns seines Klienten geht, sehe ich absolut genau so! (Nur sind solche Exemplare eben sehr rar gesät, meiner Wahrnehmung nach.)


Dabei sehe ich die Methode "nur" als Bezugsrahmen für den Therapeuten an, die ihn wiederum führt. Wirkung hat er aber durch seine Zugewandtheit, die wie ein vorläufiger Ersatz für die Selbstzugewandtheit wirkt. Er nimmt quasi voraus, was sich im Patienten entwickeln soll und bietet einen Bezugspunkt außerhalb der Leid-Identifikation an. Seine Hilfe heißt: "Du kannst alle deine Bindungen loslassen und dir wird nichts dabei passieren. Du bleibst immer du selbst." Denkbar ist auch jede andere Person, die "Liebe" anbietet, nur muss es eine selbstlose Liebe sein, die ohne eigene egoistische Interessen an der Beziehung kommt (Bedingungslosigkeit). Denn letzten Endes muss man in sich selbst dieses Vertrauen finden, dass man sich verändern darf und doch immer man selbst bleibt.

Wo muss ich unterschreiben?

Durch deinen gestrigen Beitrag wurde mir plötzlich auch sonnenklar, dass die Ursache seelischen Leidens tatsächlich entweder in der fehlenden Verbindung zu sich selbst und/oder in dem (Irr-)Glauben begründet liegt, man sei irgendwie nicht okay. Aufgrund dieser Annahme wird nämlich auch Ablehnung durch andere nahezu als vernichtend empfunden, und entsprechend groß ist die Angst davor. Diese Angst wiederum führt zur Flucht in die falsche Richtung (bzw. zum Rückzug) oder zur Lähmung und somit zum Verharren im Leid.

Insgesamt erschließt sich die überaus große Tragweite dieser Annahme bzw. Erkenntnis jedoch erst mit der Zeit, und es bedarf – zumindest anfangs – auch ihrer fortwährenden inneren Bewusstmachung (meiner Meinung nach ist genau das unter der vielzitierten Achtsamkeit zu verstehen), damit sie Wirkung entfalten kann – und das gewohnheitsmäßige Selbstvergessen ist das Problem an der Geschichte, nicht wahr.

Heil dir, mein Guru!

Data
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