Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

kormoran
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von kormoran »

tinus?

die diskussion ist rege, würde ich meinen.

was sagst du dazu? und wie verknüpft sich das mit deinem aktuellen anlass?

lass uns teilhaben.
alles liebe
kormoranin
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otterchen
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von otterchen »

Kormoranin,

Du bist keine Kämpfernatur? So siehst Du Dich vielleicht, aber ich habe hier ein anderes Bild gewonnen. Da steckt schon einiges an Energie in Deinen Postings, wenn Du auch von dieser Energie zunächst nichts hast.
Du wirkst nicht "jammerig", sondern wirklich fast schreiend in Deinen Worten (also nicht laut uns gegenüber, sondern... ich spüre fast, dass Du vor dem PC sitzt und innerlich laut bist... weiß grad nicht, wie ich es anders ausdrücken soll).
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kormoran
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von kormoran »

tja, da sitzt die kraft im inneren, die aufgestaute wut und so weiter... vielleicht ist es das, was sich manchmal sehr wohl in jammerei, oder eben in lauter anklage den weg bahnt.

und eines tages werde ich die kupplung einlegen und diese kraft nutzen. hoffentlich.

bisher aber war sehr viel resignation, runterschlucken, aufgeben, geschehenlassen. hab ich offenbar so gelernt. und vollkommen verinnerlicht. die gegenwehr ging nach innen und wurde zur machtvollen lähmung. so treibe ich und bin nicht einmal richtig ich selbst.... vorerst noch.

liebe grüße
kormoranin
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flora80
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von flora80 »

Hallo Kormoranin,


ich beneide euch (im positiven sinne) um euren, wie soll ich sagen, weisen, gereiften, standpunkt.



hui... na, so "weise" fühle ich mich ehrlich gesagt gar nicht, schon allein, weil das mit meinem Alter irgendwie nicht zusammenpasst

Und du kannst sicher sein, dass auch ich bei bestimmten Dingen noch sehr hadere. Aber ich bemühe mich darum, mein Leben nicht auf Katastrophendenken, Angst, Scham oder Schuldgefühle aufzubauen, indem ich versuche, genau zu sehen, was aus mir selbst kommt und was eben die auf mich abgeschobene Gefühlswelt der vorigen Generation ist. Für mich war ein ganz entscheidender Wendepunkt, als ich mich mit all meinem Leiden, meinen Ängsten, meiner Scham, meiner Schuld aus Kindertagen von meiner sehr empathischen Therapeutin angenommen und wahrgenommen fühlen durfte. Das hatte ich in der Form in meiner vorausgegangenen VT nicht erfahren. Es tat unglaublich gut, zu spüren, dass da jemand ist, der mit mir dieses Leiden aushält, der mir damit Sicherheit gibt und mit mir spürt, wie unglaublich schmerzvoll das alles war und auch teilweise noch ist. Dieses anerkennen von Leid hat mir geholfen, mir das auch selbst zugestehen zu können und nicht mehr zu versuchen das mit verhaltenstherapeutischem positiv Denken wegzudrücken. Das hat mir dann dabei geholfen, zu erkennen, dass die allermeisten dieser schlechten Gefühle von meiner Mutter auf mich übertragen wurden, damit sie sie nicht aushalten muss. Weil das aber ein unbewusster Prozess ist und sicherlich nicht von meiner Mutter absichtlich inszeniert, kann ich damit umgehen, ohne tatsächliche Schuldzuweisungen machen zu müssen. Natürlich gibt es immer wieder die Frage nach dem "Warum". Und natürlich habe auch ich viele Dinge "vorgeworfen". Aber letztlich ist das etwas, das MICH nicht verändern wird.

Und nachdem ich also weiß, dass ich ein kompletter Mensch bin, der es verdient, seine eigenen Gefühle zu entdecken und nicht nur die weitergereichten, lege ich mein Bemühen dort hinein. Das geschieht nicht ohne Schmerzen und nicht ohne wiederkehrende Katastrophen. Und gerade im Moment geht es mir weißgott nicht gut und ich leide daran, etwas aushalten zu müssen, was ich vielleicht mit einer anderen Geschichte nicht aushalten müsste. Aber letztendlich hat jeder Mensch eine Geschichte.

Und letztlich ist es doch so, dass Leben auch Veränderung und Entwicklung bedeutet. Und das heißt, etwas altes loszulassen, damit etwas neues wachsen kann. Und loslassen hat immer etwas mit Verlust zu tun. Und Verlust ist schmerzhaft. Und um irgendwelchen Phantasien darüber, dass ich vollkommen "Gesundet" sei vorzubeugen: Ich stecke gerade mitten in einer "Katastrophe" und muss täglich das Gefühl überwinden, ob ich nicht vielleicht doch besser von der nächsten Brücke springe. ABer wenn ich auf vergangene "Katastrophen" zurückblicke, dann auch mit einem gewachsenen Selbstvertrauen und -bewusstsein und mit Stolz, etwas erreicht und überwunden zu haben. Und ich fühle mich bereichert ob der Erfahrung, die manch anderer vielleicht nie in seinem ganzen Leben sammeln kann, dich ich aber bereits in 27 Jahren für mich gefunden habe.

Das ist es, was mich bisher hat nicht von der Brücke springen lassen, auch wenn ich einige suizidale Krisen hinter mir habe. Und ich danke den Menschen, die mich dabei unterstützt haben und die mir diese Entwicklung durch ihre Liebe und ihre Empathie und ihr Wissen möglich gemacht haben. Allein hätte ich das so wohl auch nie hinbekommen. Und ich bin noch lange nicht so weit, komplett alleine laufen zu können. Meine Therapie wird verlängert und ich brauche auch weiterhin Unterstützung...


Grüße aus der Krise. Flora
otterchen
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von otterchen »

hab ich offenbar so gelernt

Hab ich auch so gelernt. Am besten ganz ruhig sein, keinen Willen zeigen, keine Bedürfnisse... klein machen, möglichst nicht bemerkt werden...

Wenn das schon in frühester Kindheit so erlernt wurde, dann ist es schwierig, das später abzuschütteln. Gerade was in der Kindheit eingeprägt wurde, bleibt am nachhaltigsten.
Aber Du kämpfst zumindest dafür, dass es Dir bald wieder besser geht - das zeigt doch, dass Dir was an Dir liegt. Du bist den Kampf wert!
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kormoran
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von kormoran »

liebe flora,

was du konkret für dich beschreibst, umfasst eigentlich alles was es zu diesem thread zu sagen gibt.

du kommst unglaublich stark rüber und vermittelst (so kommt es bei mir an) auch dieses berechtigte stolz sein über das, was du erreicht hast. und dabei gehst du gerade durch eine katastrophe ... ich wünsche dir auf jedem schritt die kraft die es braucht und das vertrauen.

respekt
kormoranin

p.s. dein motto / signatur gefällt mir total.
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flora80
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von flora80 »

Liebe Kormoranin,

danke für deine Worte!


Flora
gfb
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von gfb »

Hi Otterchen,

(gezielten Aggressionsabbaus?)

Mit derlei hab ich mich nun noch nie beschäftigt, da zu "unhirnlich"!

Aber vielleicht sollte ich DOCH mal...


(nötig, dass man das quasi mal über sich drüberschwappen lässt - nicht auf einmal, aber nach und nach.)
Interessanter Gedanke, dieses "nach und nach".
Kann man das steuern? Derzeit kommts mir vor, als könnte ich gar nichts steuern, schon gar nicht die Menge des Schlamassels, der da über mich schwappt.

(mit der Vorstellung des "inneren Kindes" vertraut?)
Leider überhaupt nicht; ich höre das zwar dauernd, habe mich aber noch nicht näher damit beschäftigt.Zur Strafe gehört ein Urteil, zum Urteil ein Vergehen, dessen man sich schuldig machte - und ich komm und komm nicht dahinter, wessen ich mich schuldig gemacht haben könnte, um mich seit drei Jahrzehnten immer mal wieder (und derzeit besonders heftig) mit Depressionen herum schlagen zu müssen.

(denkst Du doch irgendwie, Du musst was Schlechtes gemacht haben)
Natürlich denke ich das, weil es die einzige Möglichkeit ist mir zu erklären "Warum gerade ICH?"...
Ich komm und komm nur nicht dahinter, was meine Schuld denn sein könnte.


(ein Radar, das Dir was sagen will, und zwar ganz nachdrücklich.)
Das passt zum berühmten Zitat von C.G. Jung, dass die Dame in Schwarz vielleicht etwas zu sagen hat...

(Willst Du lieber verbogen und verfremdet durch diese Welt laufen, statt DU zu sein... statt Du zu SEIN?)
Natürlich NICHT, aber es wäre schon viel gewonnen, wenn die Reibereien zwischen der Welt und mir nicht ganz so schmerzhafter Natur wären...

(Für DIESEN Hinweis werde ich dir vermutlich ewig dankbar sein.)
Das meine ich schon ganz im Ernst, dein "... und es wächst etwas, es entsteht etwas, das ohne Depression sicher NIE entstanden wäre!" ist sehr nachdenkenswert.

(Welche Therapie machst Du denn??)
Analyse, drei Termine die Woche; wir sind immer noch dabei, im Keller herum zu sitfeln und heraus zu fionden, wo denn nun die Leichen versteckt sind, deren Gestank an die Oberfläche dringt. Bis zur Phase der Bestatung sind wir noch nicht vorgedrungen...

(Kindheit als Trauma und Es war nicht mal hier was, mal da was, es war ALLES - entweder negativ oder nichts.)
Willkommen im Club!

(dass Deine Therapie nicht optimal für Dich läuft, kann das sein?)
Ich fühle mich bei meinem Thera eigentlich ganz gut aufgehoben (natürlich gibt es immer mal wieder Höhen und Tiefen)

(Traumabewältigung)

...sagt mir so auf die Schnelle wenig bis nichts.

LG von hier nach da

Friedrich

P.S.: es kann sein, dass ich ein paar Tage offline bin, weil der Rechner zickt.
------------

"Warum sind wir so kalt?

Warum? Das tut doch weh!"



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otterchen
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von otterchen »

Friedrich,

es gibt keine Schuld... vielleicht aber Opfer?
Was ist mit denen, die mit Kriminalität konfrontiert wurden, mit Unglücken, Todesfällen etc.? Ob die wohl auch meinen, sie wären daran irgendwie Schuld?

Wenn ich denke, ich bin schuldig, dann muss ich erdulden. Ich bin passiv, bin irgendwie ein Opfer.

Mit der für mich neu gewonnenen Einstellung (und ich habe lange dafür gebraucht) gelingt es mir, das Beste für mich aus dem Status Quo herauszuholen. Es war halt so. Herkunftsfamilie ungünstig (ha, gut beschönigt), Kindheitsprägung, Depression -> Leben lernen.

Ich hoffe, dass Du mit der Analyse weiterkommst; ich hatte dies 1998, und ich habe dort zwar ein wenig mitbekommen, aber insgesamt war das Ganze doch eher für die Katz'. Das Thema Trauma wurde überhaupt nicht angeschnitten - und ich merke in der jetzigen VT, wie wichtig das ist.

Von dem, was ich Dir bislang geschrieben habe, kam Dir bestimmt einiges seltsam vor, hm? Aggressionsabbau, Imaginationen, inneres Kind, Traumatherapie... DAS soll helfen? Sowas verschrobenes?
Bitte glaub mir: für MICH war das genau das Richtige! Und ich bezeichne mich eigentlich auch eher als Kopfmensch. Das Gefühlige ist erst im letzten Jahr hinzugekommen.

Solltest Du irgendwann doch mal neugierig werden, kannst Du mich anmailen. Muss ja nicht sofort sein.

Übrigens, noch mal zur Schuld: suchst Du womöglich die Schuld bei Dir, dass Du ein undankbares Kind warst, dass Du schon als Kind anders warst, dass Du das, was passiert ist, als Kind verdient hattest?
Kinder sind liebevolle, unverdorbene Wesen.
Aber auch ich spüre manchmal noch ganz tief in mir einen Zweifel, ob ich nicht doch ein schlimmes Kind war...
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tomroerich
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von tomroerich »

Hallo Kormoranin, hallo Friedrich, Otterchen und ihr anderen,

aber vor allem: jetzt übernehme ich.


Weißt du, was ich glaube, was Verantwortung sich selbst gegenüber bedeutet? Es bedeutet, an sich zu glauben und sich zu schützen, sich nicht selbst zu verletzen und niemals sich selbst abzulehnen. Meine Überzeugung ist es, dass wir das sind, was wir glauben. Wir haben buchstäblich die Macht, unser Leben selbst zu erschaffen durch das, was wir glauben. Nichts anderes zählt.

An was hast du seither geglaubt? Dass du nichts wert bist vielleicht? Das zu glauben kann tausend Formen annehmen und oft erkennt man es nicht. Wenn du fühlst, dass eine andere mehr ist als du, dann glaubst du, dass du wenig bist. Es scheint dir so klar zu sein, dass ganz objektiv jemand mehr ist als du, vielleicht eine Frau, die schöner ist als du? Wenn du das denkst, dann glaubst du schon nicht an dich, denn du bist jenseits aller Vergleiche. Oder ich könnte glauben (und habe es getan), dass jemand, der mehr leistet, auch mehr ist. Dadurch habe ich mich klein geglaubt.

Hand aufs Herz: Wie viele solche Gedanken hast du dir schon angetan und hast geglaubt, dass sie richtig sind? Wie oft hast du dich angeschaut und hast dir nicht gefallen? Hast du dein Leben als arm angesehen, als verdorben, wertlos? Hast du hässliche, abwertende Dinge über dich gesagt oder gedacht? Wie oft hast du dich nicht getraut, deine Fähigkeiten zu zeigen weil du meintest, andere könnten das besser? Wie oft warst du verzagt und ängstlich und hast gefühlt, dass du es verdienst? Wie oft hast du nicht gesehen, dass man dich liebt weil du gefühlt hast, dass du es nicht wert bist?

Jedes Mal hast du dich gegen dich entschieden und hast nicht an dich geglaubt und jetzt fragst du dich, warum du keinen Glauben an dich hast, kein Selbstvertrauen? Was denkst du, woher sollte es denn kommen? Einen Glauben an dich selbst kann dir niemand geben außer du dir selbst. Was du erlebst in der Depression ist das, was schon immer so war. Das Gespenst deiner Selbstablehnung hat sich von dir selbst ernährt und ist groß und stark geworden. Es brüllt dir seine Macht ins Ohr und knechtet dich mit schlechten Gefühlen, es wirft dich nieder. Keine Selbstbewusstsein zu haben, das IST Krankheit.

Deine Verantwortung ist, an dich zu glauben. Darauf zu achten, was du denkst, wie du reagierst, wie du mit Situationen umgehst. Wenn du dich entschließt, von heute an an dich zu glauben, dann muss sich der neue Glaube so manifestieren, dass du entscheidest, welche Gedanken und Gefühle Glaube an dich ausdrücken und welche Unglaube ausdrücken. Du musst lernen, wodurch du dich ablehnst und wodurch du dich annimmst. Es muss zu deiner täglichen Übung werden, das immer wieder zu lernen und zu prüfen. Schon das Nachhängen an Vergangenes, das immer wieder Durchspielen des Schmerzes von früher und sich dem Leid hinzugeben, das damit verbunden war, drückt Unglauben an dich aus (nicht das Erkennen der Vergangenheit).

Das ist Verantwortung, wie ich sie verstehe. Wie gesagt, wir sind genau das, was wir glauben und unser Leben spiegelt vollkommen wieder, was wir glauben. Es wird sich so einrichten, wie du es willst, wie du es glaubst. Es kann garnicht anders, weil du es selbst baust.

Das folgende Zitat stammt von Nelson Mandela und es lässt ahnen, woher dieser Mann seine Kraft nimmt. Mir hat es einmal die Augen geöffnet, ich bin richtig erschrocken, als ich es las. Heute weiß ich genau, dass er Recht hat. Es gehört mehr Mut dazu, kraftvoll zu sein und an sich zu glauben, als elend zu sein. Und wenn jetzt jemand fühlen sollte, dass er das ja doch nicht kann, dass er es ja doch nie schafft, dann ist das wieder ein Glaube, der Wirkung haben wird. Das ist wirklich die einzige Entscheidung, die niemand treffen kann, als man selbst: An sich zu glauben.


Wir sind alle dazu bestimmt, zu leuchten !
Unsere tiefgreifendste Angst ist nicht, daß wir ungenügend sind.
Unsere tiefgreifendste Angst ist, über das Meßbare hinaus kraftvoll zu sein.
Es ist unser Licht, nicht unsere Dunkelheit, das uns am meisten Angst macht.
Wir fragen uns, wer bin ich, mich brillant, großartig, talentiert, phantastisch zu nennen!
Aber wer bist du, dich nicht so zu nennen? Dich selbst klein zu halten, dient nicht der Welt.
Es ist nichts Erleuchtetes daran, sich klein zu machen, daß andere um Dich herum sich nicht unsicher fühlen.
Wir sind alle bestimmt, zu leuchten, wie es die Kinder tun.
Wir sind geboren worden, um den Glanz Gottes, der in uns ist, zu manifestieren.
Er ist nicht nur in einigen von uns, er ist in jedem Einzelnen.
Und wenn wir unser Licht erscheinen lassen, geben wir unbewußt anderen Menschen die Erlaubnis, dasselbe zu tun.
Wenn wir von unserer eigenen Angst befreit sind, befreit unsere Gegenwart automatisch andere.

Viele Grüße von

Thomas
Betroffene für Betroffene

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otterchen
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von otterchen »

Hallo Thomas

das hast Du wunderbar geschrieben
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Clown
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von Clown »

*Feuerzeug schwenk*

Wieder was zum Abspeichern...

Lieben Gruß,
Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
Guinevere
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von Guinevere »

Mich Otterchen und Clown anschließ´

Lieben Gruß allen,
manu
kormoran
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von kormoran »

lieber thomas, liebe alle,

ahm. ich hock hier vor dem schlepptop und bin eigentlich sprachlos und ziemlich viel 'innen laut' ((c) otterchen) und irgendwo blubbert auch etwas salzwasser...

thomas, bei den ersten absätzen sind mir fast die tränen gekommen vor lauter wahrheit aber auch wut: (und jetzt nicht missverstehen bitte, siehe unten):

ja glaubt einer denn ich hätte mir das alles einfallen lassen weil's bequem ist, ja kommt das alles auch aus mir allein, wie kommt ein mensch dazu sich selbst abzuwerten?! wer hat denn dieses gespenst gepflanzt, und ihm immer und immer wieder ein häppchen zugeworfen, bis es angefangen hat, sich von mir zu ernähren? bis ich es angenommen und seine fütterung übernommen habe...

aber natürlich muss ich euch nicht erzählen dass es nicht meine zickigkeit oder blödheit ist sondern dass ich eine geschichte habe in der das angelegt wurde, in der das mich funktionieren hat lassen; dass ich die erfahrung gemacht habe dass ich es scheint's nicht wert bin gefragt zu werden ob ich verletzt werden darf, nicht wert, wirklich hinzusehen was ein kind, eine jugendliche für ihre entwicklung braucht, ein eigenes leben zu leben statt das anderer fortzuschreiben ...

so hast du das nicht gemeint, es geht ja darum das anzunehmen und JETZT diese eingeprägte selbstabwertung zu ändern. trotz jüngster erfahrungen die sie laufend bestätigt haben. jene erfahrungen auszugraben die sie widerlegen...

und ganz toll: beim weiter lesen ist mir nelson mandelas inaugurationsrede eingefallen, die auf meiner pinnwand hängt! und zwei absätze später zitierst du genau diesen text!

ich habe immer eine hemmung, so kraftvolle positive bilder zu verwenden, weil da momentan so ein sog und eine welle entsteht, die man aber natürlich nicht durchhalten kann. aber vielleicht sollte ich mich doch öfter und immer wieder daran erinnern und einfach ganz fest dran glauben dass ich jetzt, trotz allem, mein leben von jetzt an selbst ("er")schaffen kann.

liebe grüße
kormoranin
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Majuha10
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von Majuha10 »

Liebe Kormoranin,

auch ich sitze jedes Mal atemlos vorm Schlepptop, wenn Thomas es so zugewandt formuliert.

Es ist ja nicht so, dass wir nicht mit den Umständen hadern dürfen, aber für mich ist es dann ganz wichtig und wesentlich die Perspektive zu wechseln und für mich und meine Entwicklung die Verantwortung zu übernehmen.

ich habe immer eine hemmung, so kraftvolle positive bilder zu verwenden,….

Vor Jahren habe ich mir mal bei einer Freundin stillschweigend etwas abgeguckt. Ich habe mir aufgeschrieben was ich an mir mag und schätze. Diese Zettel habe ich dann z.B. in die Innentür meines Kleiderschrankes geklebt. Jeden Morgen fielen sie mir ins Auge und ich begann mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass ich okay bin.

Einen schönen Tag


LG Maruschka
cybolon
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von cybolon »

Hallo miteinander,

"kraftvolle, positive Bilder"
Das ist zur Zeit meine "Hauptnahrung" (seelisch). Ich sauge ständig Gedichte, Bilder und Sprüche in mich hinein.
Daraus bilden sich meine Anker. Wenn die Grübelei in mir losgeht, antworte ich den miesen Gedanken manchmal schon in Reimen

Vielleicht suche ich Erleuchtung oder besser: Weisheit, weil ich mit derselben oft am Ende bin.

Diese Neigung habe ich wohl von meinem Dad "anerzogen" bekommen. Er war auch ein stark in Bildern denkender Mensch. Und er machte uns, wo immer er konnte, auf diese Dinge aufmerksam.
Möglicherweise sind mir diese Übungen zum Verhängnis geworden: Gewaltige, dramatische und ziemlich gemeine Bilder muss ich im Kopf erdulden. Meine Fantasie wendet sich mit den anerzogenen Boardmitteln gegen mich.

(Deshalb gefiel mir der Thread "Innere Bilder" so gut, weil ich dort aus positiven Boardmitteln schöpfen konnte.)

Und ich glaube, diese Wahrnehmung von anerzogenen Mustern ist nur der erste Schritt zur Verarbeitung bzw. Veränderung der Million von Sichtweisen, die es zu übrdenken gilt.
Deshalb glaube ich auch, daß das, was ich bis heute in der Depression erkannt habe, erst die winzige Spitze des Eisbergs ist.

Wir sind krank geworden und bekommen JETZT erzählt, daß wir anders denken sollen.
Ist das nicht irgendwie seltsam? Eine Krankheit, aus der man sich "herausdenken" muss...

Außerdem vermittelt es den Eindruck: "Du hast Jahrzehnte lang falsch gedacht, deshalb bist Du krank geworden!"
So einfach ist sie ja dann doch nicht, die Depression. Sie hat viele Gesichter und viele Ursachen. Davon liegen einige in der Erziehung, der Sozialisation, der Gesellschaft und einige in den Genen.

Jeder Mensch hat andere Bausteine in sich.
Jeder hat ein anderes Trauma oder andere Verluste. Manchmal denke ich, ich war nur zur falschen Zeit am falschen Ort und deshalb hat es mich erwischt.
Andere Male denke ich widerum, daß die Depri früher oder später sowieso gekommen wäre.
Außerdem frage ich mich, ob ich früher schon ab und zu depressiv gewesen bin, ohne es richtig wahrzunehmen bzw. zu erkennen.

Liebe Grüße
cybolon

"Niemand ist alleine krank aber nur der Symptomträger wird therapiert".
kormoran
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von kormoran »

hallo cybolon,

Außerdem vermittelt es den Eindruck: "Du hast Jahrzehnte lang falsch gedacht, deshalb bist Du krank geworden!"

nein, nein und nochmals nein.

wir haben uns da nicht selbst hineingebracht, und wir sind nicht schuld. vielleicht haben wir manche fehler gemacht, manches nicht beachtet. trotzdem.

aber: wir können uns da mit "denken" und an uns arbeiten wieder (teilweise) herausmanövrieren.

also es gilt jetzt verantwortung zu übernehmen,
es gilt NICHT der umkehrschluss dann hätten wir uns auch selbst krank gemacht.

das ist aber tatsächlich ein schwieriges terrain: wenn wir hier diskutieren, weiß eigentlich jedeR dass es so ist.

mensch sollte aber wohl vorsichtig sein mit außenstehenden darüber zu reden (etwa über den erfolg von psychotherapie), ohne aufzuklären, dass eben dieser umkehrschluss nicht gilt.

sonst sind wir ganz schnell wieder bei: depressive sind einfach solche die den a. nicht hochkriegen, zu faul, zu dumm zum leben, wollen halt nicht, und selber schuld. brauchen sich bloß zusammenreißen!

liebe grüße
kormoranin
edit: html tags
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gfb
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von gfb »

Hi Otterchen,

"Mit der für mich neu gewonnenen Einstellung (und ich habe lange dafür gebraucht) gelingt es mir, das Beste für mich aus dem Status Quo herauszuholen. Es war halt so. Herkunftsfamilie ungünstig (ha, gut beschönigt), Kindheitsprägung, Depression -> Leben lernen."

Leben lernen, damit umgehen lernen...
Deswegen schlage ich drei mal die Woche auf einem gewissen Möbelstück auf - und ich denke, ein paar wenige Fortschritte habe ich schon gemacht.
Ich schrieb neulich über die Leichen im Keller und heute fällt mir eine Zeile aus einem Hannes Wader-Song dazu ein:

"...und wenn ich erst den Namen kenne
bringt dies Gift mich nicht mehr um."

"Von dem, was ich Dir bislang geschrieben habe, kam Dir bestimmt einiges seltsam vor, hm? Aggressionsabbau, Imaginationen, inneres Kind, Traumatherapie... "
Klingt in der Tat erst einmal ein wenig "seltsam", da doch etwas "unhirnlich". Aber ich freunde mich langsam mit dem Gedanken an, dass das "Hirnliche" vielleicht doch nicht der Weisheit letzter Schluss ist.

"für MICH war das genau das Richtige!"
Glückwunsch! Ich wünschte, ich käme auch mal soweit...

"suchst Du womöglich die Schuld bei Dir, dass Du ein undankbares Kind warst, dass Du schon als Kind anders warst, dass Du das, was passiert ist, als Kind verdient hattest?"
Das geht durchaus in diese Richtung - und gleichzeitig weiss ich natürlich: "Kinder sind liebevolle, unverdorbene Wesen."
Dazu muss man wissen, dass ich eine solide klerikalfaschistoide Erziehung "genossen" habe:
im Monat Mai (der ist bei Katholens der Muttergottes gewidmet) wurden die Vorhänge zugezogen und stundenlang ein Rosenkranzgebet nach dem anderen zelebriert, im Kommunionsunterricht wurde dann auswendig gelernt:

"Ich bekenne, ich habe gesündigt
durch meine Schuld, durch meine Schuld
durch meine übergroße Schuld"

Das durften die 8-Jährigen dann am großen Tag der Hl. Kommunion vor versammelter Gemeinde aufsagen...
Da wurden Kinderseelen verbogen ohne Ende...

Kennst du die "Gottesvergiftung" von Tilman Moser?


"spüre manchmal noch ganz tief in mir einen Zweifel, ob ich nicht doch ein schlimmes Kind war..."

Die Erfahrungen der ersten paar Jahre wird man vermutlich sein ganzes Leben lang nicht mehr los.

LG

Friedrich
------------

"Warum sind wir so kalt?

Warum? Das tut doch weh!"



Erika Mann, "Die Pfeffermühle"
gfb
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von gfb »

Hi Thomas,


"Hand aufs Herz: Wie viele solche Gedanken hast du dir schon angetan und hast geglaubt, dass sie richtig sind? Wie oft hast du dich angeschaut und hast dir nicht gefallen? Hast du dein Leben als arm angesehen, als verdorben, wertlos? Hast du hässliche, abwertende Dinge über dich gesagt oder gedacht? Wie oft hast du dich nicht getraut, deine Fähigkeiten zu zeigen weil du meintest, andere könnten das besser? Wie oft warst du verzagt und ängstlich und hast gefühlt, dass du es verdienst? Wie oft hast du nicht gesehen, dass man dich liebt weil du gefühlt hast, dass du es nicht wert bist?"

Das haut jetzt wieder mal so richtig rein!

LG

Friedrich
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"Warum sind wir so kalt?

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Erika Mann, "Die Pfeffermühle"
Maria
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von Maria »

Lieber Friedrich,

"klerikalfaschistoid" - das werde ich in meinen Wortschatz aufnehmen.
Ich glaub sowas kommt im Schwarzen Wald öfter vor...

Dir alles Gute!

Gruß von Maria
Majuha10
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von Majuha10 »

Lieber Friedrich,

darf ich mich hier mal einmischen?

Die Erfahrungen der ersten paar Jahre wird man vermutlich sein ganzes Leben lang nicht mehr los.

Wie wahr, selbstverständlich werden wir die Erfahrungen nicht los, aber es liegt in unserer Hand, wie wir diese Erfahrungen in unser Leben integrieren. Wir können durch achtsamen Umgang mit uns selbst Einfluss nehmen, ob diese Erfahrungen unser jetziges Denken und Handeln stets und ständig bestimmt.

Lieben Gruß in die Hauptstadt

Maruschka
RA
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von RA »

Hallo ihr Lieben,

da frag ich doch mal dagegen - wer ist überhaupt verantwortlich für irgendeine Krankheit???
Klar gibt es in jedem Fall begünstigende Umstände, aber verantwortlich machen kann man wohl niemanden, vor allem sollte man - wie in dem Fall der Depression - nicht den Fehler machen und eine Schuld bei sich suchen.
Aber ich weiß, es dauert ewig bevor man soweit ist es überhaupt als Krankheit zu akzeptieren.

Gruß, die Maus
cybolon
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von cybolon »

Stimmt!

Hallo Maus,

es dauert wirklich sehr lange, bis man die Krankheit akzeptiert hat.
Ich bin seit Mai 2007 "dabei" und habe auch heute noch immerwieder Abwehrhaltungen.
Allerdings habe ich damit begonnen, die Schuld nicht mehr bei mir zu suchen.
Bin da aber noch Anfänger. Echt nicht easy!

Liebe Grüße
cybolon
tomroerich
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von tomroerich »

Hi Kormoranin,

ja glaubt einer denn ich hätte mir das alles einfallen lassen weil's bequem ist, ja kommt das alles auch aus mir allein, wie kommt ein mensch dazu sich selbst abzuwerten?! wer hat denn dieses gespenst gepflanzt, und ihm immer und immer wieder ein häppchen zugeworfen, bis es angefangen hat, sich von mir zu ernähren? bis ich es angenommen und seine fütterung übernommen habe...


Genau! Niemand ist Schuld, bitte immer daran denken. Wir verstehen das einfach nicht, wie es dazu kommen konnte. Sich selbst abzuwerten ist ein Wahnsinn, buchstäblicher Wahnsinn und die Folgen sind ebenso wahnsinnig. Warum ist der Mensch zu einem solchen Wahnsinn denn fähig? Ich denke, nur deshalb, weil er frei ist für alles. Kein Tier kann das, nur der Mensch kann sich selbst ablehnen.

Aber ist das alles so gewollt und von wem denn? Niemand will es, es geschieht aber trotzdem. Wer hat am falschen Seelenrädchen gedreht vor vielen vielen Jahren? Bei mir wurde ja auch in der Seelenmechanik herumgepfuscht - aber halt, es geschah Pfusch, aber niemand wollte es. Meine Mutter sagte mir erst gegen ihr Lebensende, wie Leid ihr alles tut und sie sei erst jetzt, mit etwa 60 Jahren überhaupt in der Lage zu erkennen, was damals geschah! Soll ichs glauben? Natürlich glaub ichs, weil es mir nicht anders geht. Auch ich kann jetzt erst, mit über 50, einen immer größer werdenenden Teil meiner Vergangenheit verstehen und dass ich oft im besten Wissen gehandelt habe und es war dennoch Mist. Deshalb ist ja die ganze Schuldfrage obsolet und man kann nur akzeptieren, dass für uns Menschen aus jetzt nicht unbedingt nachvollziehbaren Gründen ein seltsames Gesetz gilt: Sich zu entwickeln dadurch, dass man sich übel und schmerzhaft verwickelt und alle Mitwirkenden der ganzen Verwicklung sind nicht frei darin, es "richtig" zu machen, weil sie ebenfalls verwickelt sind. Entwicklung aus Verwicklung also und das Ergebnis ist Selbsterkenntnis. Das ist kaum zu bestreiten. Vielleicht steckt ja ein raffinierter Plan dahinter der Evolution dahinter? Wären wir ohne diese Verwicklungen, wir würden ja doch nur faul im Liegestuhl herumflätzen und uns gegenüber nie was leisten. Freiwillig entwickelt sich kein Mensch, man muss ihn antreiben.

Anders als es bei Friedrich anklingt, glaube ich, weiß ich, dass nichts verloren ist. Ja, was war, ist vergangen. Nur ist die Wirkung der Vergangenheit innerhalb unseres Seelenraums NICHT festgelegt sondern dynamisch und wandelbar. Vergangenheit kann in der Gegenwart wirkungslos gemacht werden. Darauf kommt es uns ja an - wirkungslos, nicht ungeschehen. Und es hängt von dem ab, was wir wollen und glauben und das wiedrum hängt davon ab, wo wir mit unserer Aufmerksamkeit sind. Wir haben nicht die Macht, uns selbst zu ändern, aber wir können in uns Freiraum schaffen für Veränderung, indem wir dem Schmerz und dem Negativen unsere Aufmerksamkeit entziehen. Denn nur davon kann das Negative leben, dadurch beleben wir das Gespenst mit unserer eigenen Kraft. Alle Therapie wird nicht viel helfen, wenn wir nicht fest entschlossen sind, die Vergangenheit loszulassen und uns voll und ganz auf die Gegenwart einzulassen.

Du lieber Schmerz, wie gerne würde ich dich ziehen lassen! Viele Jahre hast du mir Identität gegeben und ich hab mich wirklich sehr an dich gewöhnt. Wie wird die Welt ohne dich sein? Ich habe Angst davor, fühle mich unsicher ohne dich, auch wenn ich dich hasse. Aber lieber bin ich mit dir zusammen, als ohne alles zu sein. Viele Jahre lang hast du dafür gesorgt, dass ich mich fühlen konnte, dass ich nicht alleine war. All die negativen Gedanken haben mich begleitet und haben mir das gezeigt, was man mir angetan hat, kann ich ohne sie sein? Bin ich das nicht selbst, was ich da weggeben soll?

Ja, es ist schon eine Herausforderung.



Thomas
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Re: Wer ist verantwortlich für eine psychische Erkrankung?

Beitrag von gfb »

Hi Thomas,

"Anders als es bei Friedrich anklingt, glaube ich, weiß ich, dass nichts verloren ist. Ja, was war, ist vergangen. Nur ist die Wirkung der Vergangenheit innerhalb unseres Seelenraums NICHT festgelegt sondern dynamisch und wandelbar. Vergangenheit kann in der Gegenwart wirkungslos gemacht werden. Darauf kommt es uns ja an - wirkungslos, nicht ungeschehen. Und es hängt von dem ab, was wir wollen und glauben und das wiedrum hängt davon ab, wo wir mit unserer Aufmerksamkeit sind. Wir haben nicht die Macht, uns selbst zu ändern, aber wir können in uns Freiraum schaffen für Veränderung, indem wir dem Schmerz und dem Negativen unsere Aufmerksamkeit entziehen."

Ich wünschte, ich hätte diese Abgeklärtheit!

Wie lange muss man bzw. hast DU daran gearbeitet?

Hättest du das (z.B. "ist die Wirkung der Vergangenheit innerhalb unseres Seelenraums NICHT festgelegt sondern dynamisch und wandelbar") auch schon nach 115 Stunden Couch sagen können oder brauchts dazu doch einiges mehr an "Liegungen"?)

Ob ich es jemals bis an diesen Punkt schaffe?

Wie auch immer: ich finde deine Beiträge überaus nachdenkenswert (nicht immer, aber immer öfter)...

Verzeih bitte mir und den Nachgeborenen, dass wir noch nicht ganz so weit sind; ich wünschte, ich käme auch mal an einen Punkt wie "Vergangenheit kann in der Gegenwart wirkungslos gemacht werden. Darauf kommt es uns ja an - wirkungslos, nicht ungeschehen".

Nachdenkliche Grüße aus B. nach E von

Friedrich
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"Warum sind wir so kalt?

Warum? Das tut doch weh!"



Erika Mann, "Die Pfeffermühle"
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