Ist Heilung möglich?

gfb
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von gfb »

Hi Kormoranin,

"wir müssen uns sisyphos als glücklichen menschen vorstellen"

...wo mir hier grad Albert Camus (eine meiner prägenden Lektüreerfahrungen meiner Sturm&Drang-Jahre) über den Weg läuft, kann ich nicht umhin, den Nobelpreisträger meines Geburtsjahres (das hat bei den Püschoanalytikern vermutlich auch wieder etwas zu bedeuten) ebenfalls (aus dem von dir angeführten Werk) zu zitieren :


"Es gibt nur ein wirklich ernstes philosophisches Problem: den Selbstmord.
Sich entscheiden, ob das Leben es wert ist, gelebt zu werden oder nicht, heißt,
auf die Grundfrage der Philosophie antworten. Alles andere − ob die Welt
drei Dimensionen und der Geist neun oder zwölf Kategorien hat − kommt später.
Das sind Spielereien; erst muss man antworten."

Na ja...

Friedrich
------------

"Warum sind wir so kalt?

Warum? Das tut doch weh!"



Erika Mann, "Die Pfeffermühle"
kormoran
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von kormoran »

die antwort muss ja sein.
aber sie kommt nicht mit überzeugung.

leute, ich will aufhören hier meine resignative gestimmtheit zu verbreiten. ich bin nicht vom fach und bitte die threadöffnerin um nachsicht, dass ich so reingefunkt habe - ich kann doch die frage nicht beantworten. ich schließe mich, weil ich es doch weiß, xenia und maggy und holgi an. und bo wohl auch, das mit dem training.

ich nehme mich mit meinem bild vom huhn in der mauser an der nase. die federn wachsen wieder und auch wenn es momentan unvorstellbar scheint, ja, auch ich werde wieder im sand baden und gackern. nur eier legen nicht und vielleicht muss ich mich nochmal mausern. und weil ich eben doch kein huhn bin komme ich nicht gleich in die suppe, sondern kann wenn ich mich verdammt noch mal in den a. trete mich trotzdem weiter erhalten.

gute nacht,
möge statt tau vertrauen fallen
k.
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*** zurück ins leben!
Holgi
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von Holgi »

Hi ihr Lieben

Ich sehe meine "Depression" jetzt als ein Einigeln meiner selbst vor dem wahren Leben.

Ich bin genauso normal wie jeder andere Mensch.

Der einzige Unterschied ist der, das ich weiter denken kann, weiter fühlen kann und weiter vorauschauenend bin als der Rest der Gesellschafft.

Das soll jetzt nicht überheblich klingen, aber es ist so ein Gefühl, das mir meine Umwelt mehr am Herzen liegt als den "Gesunden".

Und ich schätze mal, das aus dieser Ohnmacht, nichts dagegen tun zu können, mein Rückzug aus dem Leben stattgefunden hat.

Holgi
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schatzi
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von schatzi »

@friedrich

Einfach klasse, wie man wieder über die Hintertüre mit Gedichten oder Prosa zu dem allseits belastenden S. Thema gelangen kann.

Kann unser Gehirn damit was anfangen und wir durch Übung eine Veränderung erreichen?

Ich finde es ist ein Suhlen, in einem negativ besetzten Zustand!

Nix für ungut!

bo.
Holgi
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von Holgi »

Noch mal eins zum Thema

Ich hab im Augenblick ein Lieblingslied.

-Vom selben Stern- von Ich und Ich.

"Steh auf zieh Dich an, jetzt sind andere Geister dran. Ich nehm den Schmerz von Dir."

Genau das ist meine Motivation.

Aufstehen, loslegen, was bewegen.

Los Leute - Gas geben -

Holgi
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@ kormoranin
Nichts ist unmöglich
schatzi
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von schatzi »

Hallo Holgi,

wenn es für Dich einfach ist und immer wieder gelingt, es hervor zu holen, Glückwünsch. Vielleicht ist es einfacher, wenn Du dir sagst: "Ich bin o.K.!"

Unser Gehirn reagiert viel simpler und gar nicht so kompliziert.

bo.
maggy
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von maggy »

Hallo leloup,

Du schreibst:

>aber was ist, wenn jemand so tief verletzt und zerrissen ist, dass er sagt, dass er sein herz nicht mehr öffnen kann. einfach nicht kann! es geht ihm viel schlechter als mir und ich würde ihm dieses gedicht gerne zeigen, aber ich hätte angst, dass es sein herz nur noch mehr verschließt, weil er es als druck empfinden würde.<

Ja, das könnte ich mir gut vorstellen, ich hätte das früher auch als Druck empfunden. Ich hätte einfach wen gebraucht, der oder die mich in den Arm nimmt, ohne irgendwelche weisen Sprüche und sinnvolle Erfahrungen von anderen Menschen. Einfach jemanden, der mir sagt: Es ist o.k., aber da war niemand und selber konnte ich es nicht empfinden und mir somit auch nicht sagen. Also sagen hätte ich es schon können, aber ich hätte mir nicht geglaubt.

>er lehnt auch jegliche hilfe von außen ab - schlechte erfahrungen - und hofft auf selbstheilung durch rückzug von der welt.
so schlecht es mir selbst geht, würde ich ihm gerne helfen, weiß aber nicht wie.<

Ich habe damals fast 6 Monate nur in meinem Schlafzimmer verbracht. Ich glaube (ist aber nur eine Vermutung von mir) wenn da jemand gewesen wäre, der gesagt hätte: "Es ist in Ordnung, wenn du das jetzt brauchst." hätten sich meine Selbstheilungskräfte viel eher regen können. Ich kam nicht zur Ruhe und mußte mich und das was ich machte - bzw. was ich eben alles nicht machte - ständig verteidigen.

Alles Liebe
von
Maggy
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Depression ist die Fähigkeit mit tiefster Gefühlsbereitschaft auf Konflikte zu reagieren
j1090vdg
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von j1090vdg »

Hallo Xenia,

ja, dass ist es, was mich ausmacht. Ich möchte funktionieren, weil ich es muss. Das ist mein Leben.

Andere Menschen beurteile ich nicht so. Ganz im Gegenteil, ich habe für jede Disfunktion das grösste Verständnis und habe in der Vergangenheit immer versucht zu helfen und verstanden. Derzeit fehlt mir die Kraft zum helfen, aber ich verstehe sehr viel und es dauert lange, bis ich nicht mehr verstehe.

Hoffe die Frage ist beantwortet.
sd
j1090vdg
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von j1090vdg »

Hallo Horst,

das Traurige in mir annehmen. Ja.

Aber ich habe derzeit das Gefühl, dass das Traurige in mir, mich nicht annehmen möchte. Es will den Rest der sd vernichten und ich habe kein Mittel dagegen.

Ich würde gerne Frieden schließen und das Traurige und Verzweifelte in mir akzeptieren. Nur es will nicht. Es hasst mich und ich weiss nicht warum. Was habe ich ihm angetan. Was ist es, dass mich zerstören will.

Heute ist ein Tag, der schlimmer ist als schlimm und er ist noch lange nicht zu Ende. Wir haben jetzt 00.00 h und ich bin total aufgewuselt. Im Hintergrund läuft irgendein Sch... im Fernseh. Mein Mann schläft und ich schreibe hier gegen mein Inneres an.

Keine Sorge, ich bin stabil genug, um keinen Mist zu machen. Aber die Gedanken kommen und gehen und dass wiederum ist neu. Hoffentlich ist bald der 21.01. und hoffentlich sagt er dann die Worte, dass er noch etwas hat, was mir helfen kann. Nicht nur Medikamente, vielleicht ein wenig Schlaf oder ein Zaubertrick oder ein wenig von Irgendetwas. Ich wollte ich könnte gerade weinen.....

Oh mein G.... was habe ich getan. WARUM ICH ???

WRM WRM WRM WRM WRM WRM

Gruss und verzeiht
sd
Cookie
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von Cookie »

Hallo Silbermond,
ich verstehe dich gut....vor etwa eineinhalb Jahren ging es mir noch genauso. Und davor regelmässig mehrmals im Jahr. Es gab nichts, was ich angefangen habe, was nicht wieder von einer Depriphase zerstört wurde und mich zurück zum Start katapultiert hat. Ich war sehr verzweifelt und hasste mich. Ich konnte nicht dagegen an und hatte zeitweise gar keine Hoffnung mehr. Ich habe mich auch immer gefragt, womit ich das verdient habe und warum ich so leiden muss, während die anderen fröhlich ihr Leben genossen. Jetzt geht es mir seit langer Zeit gut und ich habe große Hoffnung, dass es so bleibt. Selbst wenn mal wieder eine Phase kommt, hab ich jetzt Luft geholt und erfahren, dass es geht, mal über ein Jahr Ruhe zu haben. Noch vor nicht allzu langer Zeit hab ich zu meinem Thera gesagt, zwei Monate Ruhe wären schon schön. Und jetzt sind es schon fast zwei Jahre!!! Jippieh! Ich weiß nicht, was Heilung ist und ich kann auch nicht "wie früher" werden, weil ich Depris hab, seit ich denken kann, aber ich glaube fest daran, dass es Linderung gibt, dass es sich lohnt zu leben, weil das Leben schön sein kann und dass es immer wieder aufwärts geht...(frag mich mal in meiner nächsten Phase, dann glaub ich das nicht)Von daher kann man, glaub ich, nicht von Heilung sprechen, ist wie bei einer Krankheit, wo du den Virus trägst, aber nicht erkrankst. Du kannst nie wissen, ob es wieder ausbricht, aber du kannst die guten Zeiten genießen...und du weißt auch nicht, ob du morgen von ´nem Bus überfahren wirst oder ´ne schlimme andere Krankheit kriegst oder so. Also, gib mal die Hoffnung nicht auf, bleib dran mit Therapie und Medis. Ich wünsche dir, dass es dir bald besser geht. Mir hat geholfen, von meinem Umfeld aggressiv zu fordern, dass sie meine Krankheit akzeptieren. Wenn jemand sagt, reiß dich zusammen, wehr dich! Mach dir selbst klar, wie absurd eine solche Forderung ist. Versuche zu akzeptieren, dass du eine Art Behinderung hast und vielleicht zeitweise mehr Ruhe, Schlaf, Zuwendung oder was auch immer brauchst als andere. Versuch nicht auf Teufel komm raus zu funktionieren, sondern teil dir deine Kräfte gut ein. Notfalls musst du mal eine Pause machen, dich krankschreiben lassen oder sogar in ´ne Klinik gehen. Ist halt so. Du bist krank. Je mehr du versuchst, dich dagegen zu wehren, desto schlechter wird es dir gehen. Beschäftige dich mit dir und deinem Dämon. Aber such dir Hilfe dafür. Heilung gibt es vielleicht nicht, aber mit Sicherheit gibt es eine Chance auf Besserung!
Alles Gute
Luna
j1090vdg
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von j1090vdg »

Liebe Luna,

danke für Deine Antwort. Ich werde sie wirken lassen und hoffe, dass sie da ankommt, wo sie hingehört - nicht nur in die rationale Hälfte, sondern auch in die kämpfende Anti-sd-Seite.

gruss
sd
cybolon
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von cybolon »

Liebe Silbermond,

da gibt es doch nix zu verzeihen.
LASS ES RAUS !!!

Ja, irgendwann hat man immerwieder die Schnauze voll. Gestrichen voll.
Aber eine Antwort auf das "Warum" werden wir nie bekommen.
Ein Krebskranker fragt ja auch: "Warum ich?"
Was können wir ihm dazu sagen?

cybolon

Goldhamster unterscheiden sich von uns nur dadurch, daß sie FREIWILLIG ins Laufrad gehen.
cybolon
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von cybolon »

Hallo Luna,

>Mir hat geholfen, von meinem Umfeld aggressiv zu fordern, dass sie meine Krankheit akzeptieren.<
So geht es mir jetzt im Moment auch.
Als ich vorgestern mit zwei Mitpatienten von der Gruppe kam, sprachen wir darüber, daß Depressive sich nicht öffentlich outen.
Einer fragte: "warum denn eigentlich nicht?"

Da rief ich laut über den Platz: "Ich bin depressiv!" Die beiden Anderen riefen: "Ich auch!"

Die Leute drehten sich zu uns um.
Niemand machte den Anschein, uns verurteilen zu wollen.

Das möchte ich gerne wiederholen. Es tut gut, es zu zeigen. Als Kind waren wir doch auch ganz stolz mit unserem Verband oder Gips aufgetreten. Die Depri sieht man halt nicht äußerlich. Allerdings habe ich keine Hemmungen, es den Leuten zu sagen.

Liebe Grüße
vom
cybolon
RoadToNowhere
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von RoadToNowhere »

Irgendwelchen Wildfremden das mitzuteilen ist eine Sache, mit meinem Arbeitsumfeld und selbst Teilen meiner Familie und meines Freundeskreises würde ich mich da sehr viel schwerer tun weil ich fürchte auf dumme Sprüche und wenig Verständnis zu stoßen.

Aber vielleicht ist es eine gute Übung mit den Fremden anzufangen und es dann da zu probieren wo man es schwieriger findet...
cybolon
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von cybolon »

Das mit den Fremden geschah in diesem Fall teils aus Gaudi und teils dafür, daß der eine Mitpatient seine Hemmung hierzu ablegt.

Natürlich gibt es auch Leute, denen ich es nicht sagen will.
Nur gab es bisher sehr Wenige, die erschrocken sind oder sich gar abwandten.
RoadToNowhere
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von RoadToNowhere »

Wenn man in einem Arbeitsumfeld unterwegs ist in dem psychische Erkrankungen noch immer sehr stark mit dem Negativ-Klischee von der Klappse verbunden sind wie es bei mir der Fall ist kommt outen nicht in Frage, und als Frau in einem Männerberuf falle ich auch noch auf, auch über die Grenzen einer Firma hinaus.
cybolon
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von cybolon »

Hallo Road,

das sehe ich ein!
In Deinem speziellen Fall ist es bestimmt besser, nichts darüber zu erzählen.

cybolon
frettchen
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von frettchen »

hallo maggy,

danke für deine antwort. es gibt mir die hoffnung, dass auch bei ihm alles besser werden kann, wenn ich ihn einfach lasse. er weiß, dass ich nicht weggehe und ihn in den arm nehmen würde, aber auch das ist schon zuviel nähe im moment.
das geht nur, wenn er sieht, wie schlecht es mir selbst geht. wenn ich wieder einen dieser tage habe - und das ist im moment oft - ,an denen ich dauernd weinen muss, ohne zu wissen warum, kann ER aus sich herausgehen und gefühle zeigen.
und deinen satz, ich soll ihm sagen, dass es in ordnung ist, was er jetzt macht, werde ich mir noch mal besonders zu herzen nehmen. ich habe am rückzug nie kritik geäußert, der druck, den er empfindet, kommt aus ihm selbst heraus und es ist schwer zu loten, was man darf und was nicht, wenn man selbst in einer schlechten phase steckt.
ich bin grade erst dabei, mich mit depris auseinanderzusetzen. rückblickend weiß ich, dass ich seit meiner jugend welche habe. nur jetzt bin ich zum ersten mal bereit, nicht nur zu funktionieren sondern mich damit auseinanderzusetzen, was in meinem leben falsch gelaufen ist.
deshalb ist es für mich umso schwerer, einen stark depressiven freund zu haben. und ich werde mir hier im forum wohl noch manchen gedanken holen müssen, um zu begreifen, was mit und in uns passiert.

liebe grüße

Leloup
Nico Niedermeier
Moderator
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von Nico Niedermeier »

Verzeihen Sie, dass ich mich in diese Diskussion einmische, inhaltlich wäre es nicht nötig.......
nach all den Jahren würde ich trotzdem gerne etwas dazu schreiben. Also: Das Forum ist leider kein Ort für represäntative Studien zum Thema Depression.
Grundsätzlich: Egal ob von Naturheikundlern, Ärzten, ob in Neuseeland oder Oberbayern untersucht...50% aller Menschen die an Depressionen erkranken haben nur einmal im Leben ne depressive Phase.Und auch von denen die öfter erkranken werden die meisten nur 2-3mal krank. Auch Dysthymien haben behandelt ein ziemlich gutes Outcome.
Depressionen sind gut behandelbar.

Ich selbst bin an Schuppenflechte erkrankt. Die Idee zu diesem Forum hier hatte ich, als ich wieder einmal auf www. psoriasis-netz.de gelesen habe. Das war die Initialzündung. Ich selbst habe "relativ" viel Glück mit der Psoriasis. Die meiste Zeit habe ich nichts, aber wenn ich was hab, bin ich immer dankbar für die Tipps der Leute dieser Seite. Aber auch auf dieser Seite gibt es einen harten Kern von Leuten die über Jahre hinweg dort schreiben und das sind zwei Gruppen. Erstens die wirklich engagierten, denen es besser geht und die anderen helfen wollen und zweitens die, die einfach ziemlich stark betroffen sind und deshalb im Forum hängen bleiben, weil dort Solidarität und Verständnis herrscht.Die letztgenannte Gruppe ist ziemlich groß. Ergänzt werden diese Gruppen durch ständig dazukommende und bei Besserung wieder verschwindene "leichter Betroffene" wie mich, die in schwierigen Phasen da sind unn sobald es besser geht wieder weg sind.

Unserer langjährigen Beobachtung nach läuft es hier bei uns auch so. Das muss sich immer jeder hier klar machen, insbesondere die "Neuhinzugekommenen"
einen schönen Sonntag für Sie alle
Dr. Niedermeier Nico
otterchen
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von otterchen »

Hallo Doc,

das klingt doch wirklich gut.
Ich denke auch, dass ich das irgendwann hinbekommen werde.
Aber ich sehe die Depression auch als Teil meiner Persönlichkeit an (mach dir die Depression zu eigen, dann kann sie dich nicht mehr beherrschen). Insofern werde ich wohl nie als "geheilt" sondern als "erfolgreich behandelt" bezeichnet werden. Kommt vielleicht daher, dass ich meine Depression nicht als Krankheit ansehe... eher eine (normale?) Reaktion auf meine Lebensgeschichte.

und einen schönen -tag
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Cookie
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von Cookie »

Hallo Horst,
ich meinte nicht, dass ich Hinz und Kunz unter die Nase schmieren muss: "Hallo, ich bin Luna und ich bin depressiv", sondern dass ich mich bei den Leuten, die es wissen, gegen gewisse Sprüche und "gute Ratschläge" wehre, indem ich ihnen ganz deutlich sage, es ist eine Krankheit und keine Laune! Nicht Können ist ein Symptom und keine Faulheit.

Das bedeutet nicht, dass ich jedem davon erzählt habe. Das möchte ich nochmal in aller Deutlichkeit sagen, ich bin kein Befürworter von totaler Offenheit bei diesem Thema. Meinem Arbeitgeber würde ich es z.B. ums Verrecken nicht sagen, denn dann wär ich meinen Job vermutlich bald los. Ist ja auch verständlich, wer will schon das Risiko eingehen, dass ein Mitarbeiter vielleicht über Monate nicht einsatzbereit ist. Ein kleines Unternehmen kann da arg dran knabbern.

Und wenn ich jemand neu kennenlerne muss der es auch nicht gleich wissen, soll sich erstmal so ein Bild von mir machen....

Aber meine alten Freunde, meine Verwandschaft und natürlich mein Freund wissen Bescheid. Falls da mal ein Spruch kommt, meistens aus Unwissenheit, wehre ich mich sofort. Man kann ihnen auch diese Seite zum lesen geben, dann sind sie meist nachhaltig beeindruckt:)

Viele Grüße
Luna
Grenzgängerin
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von Grenzgängerin »

>Grundsätzlich: Egal ob von Naturheikundlern, Ärzten, ob in Neuseeland oder Oberbayern untersucht...50% aller Menschen die an Depressionen erkranken haben nur einmal im Leben ne depressive Phase.Und auch von denen die öfter erkranken werden die meisten nur 2-3mal krank. Auch Dysthymien haben behandelt ein ziemlich gutes Outcome.

Hallo Dr. Niedermeier,

das höre ich auch immer wieder und mag auch statistisch betrachtet stimmen. Wenn man langjährig betroffen ist und weit mehr als 5 schwere depressive Episoden hinter sich hat, mehrere Klinikaufenthalte, ambulante Therapie und einige Versuche mit verschiedenen Medikamenten, dann ist die subjektive Wahrnehmung leider eine andere. In der Klinik begegnet man auch immer wieder Menschen, die dort bereits ihren x-ten Aufenthalt haben und immer wieder einbrechen, da übersieht man schnell mal die, die wirklich "nur" einmal sowas durchmachen.

Und klar ist das Forum und insgesamt das Internet zu solchen Themen vorwiegend ein Sammelbecken derer, die (anhaltend) Probleme haben. Deshalb findet man wohl auch im Verhältnis gesehen eher selten positive Berichte über Antidepressiva. Weil diejenigen, denen sie helfen eher selten das Bedürfnis haben, sich darüber auszutauschen, ganz im Gegensatz zu denen, die trotz AD verzweifelt daheim sitzen.


Zur Augsgangsfrage kann ich kein pauschale Antwort geben und ich glaube das ist auch einfach nicht möglich. Jeder Mensch mit Depressionen ist anders, es gibt sehr verschiedene Lebengeschichten, verschiedene Anlagen zu Kompetenzen, die helfen, mit der Depression umzugehen und ich glaube auch, dass Depressionen sehr vielfältige Ursachen haben.

Deshalb glaube ich, dass der Weg, der für eine Person das Non-Plus-Ultra auf dem Weg raus aus der Depression ist, für einen anderen absolut nicht der richtige sein muss.

Meine Depression, so habe ich mal geglaubt, hatte viel mit meinen (teils traumatischen) Erlebnissen und mit meiner Erziehung ("schlechte" Gefühle nicht zulassen dürfen, unauffällig und pflegeleicht sein sollen, strebsam und fleißig, gut in der Schule) zu tun. Ich hatte sehr perfektionistische Ansprüche an mich, war eine Einserschülerin, habe mich in vielerlei Hinsicht extrem unter Druck gesetzt und sehr viel von mir und meinem Körper abverlangt. Es hat lange gedauert, bis ich mal sehen konnte, dass ich wirklich viel mache, dass meine Müdigkeit und Erschöpfung gerechtfertigt sind und dass ich etwas in meinem Leben ändern muss, wenn es mir insgesamt besser gehen soll.
Ich habe Therapie gemacht, meine Traumata bearbeitet, mein innerstes nach außen gekehrt.

Ich habe enorm viel an meinen Lebensumständen und an meiner inneren Einstellung geändert. Ich bin viel Rücksichtsvoller mit mir, nicht mehr so extrem perfektionistisch und meine (seelische) Gesundheit geht mir über alles, dafür verzichte ich auf mein Karrierestreben.

Ich habe mein Ansprüche enorm zurückgeschraubt und gelernt, mir Gutes zu tun.

Und trotzdem bin ich vor ein paar Monaten nach etwa 6 Monaten symptomfreier Zeit in ein erneutes Loch gefallen. Obwohl ich nicht arbeitsmäßig überlastet war, es keine äußeren Auslöser gab, einfach so. Ich habe es gemerkt, als wenn ich neben mir gestanden hätte als fremder Beobachter. Meine Gedanken verfinsterten sich, mein Selbstbewusstsein schwand dahin, ich weinte wieder ständig. Und ich konnte nichts tun, es passierte einfach, auch wenn ich daneben stand und genau sah, was da passiert und die Gedanken, die mir im Kopf herumgingen teilweise unsinnig waren.

Da war so ein Punkt gekommen, wo ich glaub ich das erste Mal meinen Kampf aufgegeben habe. Weil ich spürte, dass ich auch mit noch so viel Willen und Kraftaufwand oder gar Therapie (die ich im Sommer beendet hatte)diesmal nicht weiterkommen würde. Ich habe mit meiner Psychiaterin gesprochen und mich erneut auf ein Medikament eingelassen. Diesmal hat es geholfen eine deutliche Stabilisierung herzustellen. Ich fühle mich aber alles andere als geheilt. Dieser jetzige Zustand ist nicht vergleichbar mit dem, was ich im vergangenen Sommer hatte.

Für mich persönlich glaube ich auch, dass ich immer wieder in meinem Leben Depressionen haben werde. Wenn nicht durch äußere Umstände begünstigt, dann eben so wie diesmal aus heiterem Himmel, weil ich wohl auch die Veranlagung dazu habe. Da gibt es ja noch diese nette kleine Theorie mit dem Hirnstoffwechsel und so langsam fange ich an, daran zu glauben.

LG,

Alex
cybolon
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von cybolon »

Hallo Luna,

ich hatte ja auch bei RoadToNowhere bereits eingestanden, daß auch ich nicht jedem von meiner Krankheit erzähle.

Sie soll ja auch nicht zum primären Merkmal meiner Persönlichkeit werden.
Ich nehme diese Krankheit an, ale eine Eigenschaft unter vielen.

Auch vertehe ich, daß ein kleines Unternehmen, z.B. mit 5 Leuten, durch den Ausfall einer Person schon 20% der Belegschaft vermisst.

Mir ging es lediglich darum, daß ich mich gegen dieses "Versteckspiel" wehre.
Wenn ich das Bedürfnis habe, es jemandem zu sagen, tue ich das auch.

Warum tabuisiert man diese Krankheit eigentlich noch so sehr in der Gesellschaft?
Ist sie etwa peinlich?
Man rät uns doch, um unserer "Genesung" Willen zu lernen, unsere Selbstachtung zu stärken.
- Indem wir uns annonym treffen?
Etwa, wie die Christen vor den Römern, in den Katakomben?

Liebe Grüße
vom
cybolon
kormoran
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von kormoran »

liebe ihr,

erstmal jenen die sich gestern durch mein gejammere gelesen oder sogar mir zugesprochen haben: danke. wenn schon niemand da ist, nicht nur gestern abend, sondern grundsätzlich nicht, wo eine einmal einfach nur in den arm nehmen würde ohne groß zu räsonieren wie und was zu tun sei, einfach nur da sein und morgen sehen wir weiter; wenn schon das nicht und einfach einmal die verzweiflung ausbricht dann darf ausnahmsweise auch einmal das forum dazu da sein, oder. vorwiegend wird ja eh diskutiert.

"Aufstehen, loslegen, was bewegen.
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Holgi
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@ kormoranin
Nichts ist unmöglich "

tja, jetzt wo ich bei tageslicht zwischen dem duft der gebügelten wäsche und etwas majoran von der küche her, also wieder zurück in betrieb, darüber nachdenke wie ich nur wieder in diese totale ablehnung fallen kann, dann scheint mir: ich bin genau da! genau das mache ich nämlich seit es mir ja grundsätzlich seit anfang vom winter wieder recht gut geht:
ich stelle mir aufgaben, stelle mich herausforderungen, nehme das leben in die hand. und das ist mit frustration, scheitern, verletzungen verbunden. manche dieser erfahrungen des scheiterns sind leider mit ganz zentralen themen von mir verknüpft, an denen ich noch länger arbeiten muss. naturgemäß, würde ich sagen, wirft mich das weiter zurück als von außen gesehen nötig wäre.
mit harter arbeit, geduld und vertrauen kann ich also schon mit einer normalisierung rechnen, und:
ja, einiges wird noch möglich sein. manches ist allerdings endgültig begraben und vorbei, und für eine die hart nach ihrem selbstwert sucht ist es noch schwerer dann auch draußen zu mir zu stehen.

insgesamt, heute deutlich distanzierter und rationaler betrachtet, auch im vergleich mit den erfahrungen von anderen die es noch viel schwerer haben, schätze ich für mich selbst: ich werde das mein leben lang als muster oder gefahr beibehalten. und es wird - wie alex schildert - vielleicht nicht ausschließlich in meiner gewalt sein, ob ich neuerliche einbrüche verhindern kann.

ich denke nicht an "heilung" und seit ich einfach nur schritt für schritt mein leben wieder gestalte, weitergehe, statt bei jeder besserung zu denken: so! geheilt! jetzt wieder weiter, BAU!; seit ich dieses muster als teil von meinem leben sehe (den ich freilich nicht vollständig benennen und einschätzen kann), fühlt sich das auch etwas weniger belastend an. offenbar gehe ich leichter mit dem sichtbaren gezähmten tier an meiner seite durchs leben als es wegzusperren und dann unter großem druck weiterzuarbeiten bis es seinen käfig wieder sprengt und mich hungrig anfällt.

von dem selbstbewusstsein, in der gesellschaft zu dem zu stehen was ich bin - weit weg von den ansprüchen und erwartungen die einmal waren,
von einer sicherheit darüber was ich denn wirklich kann, den fähigkeiten die natürlich in guten zeiten wieder vollständig zur verfügung stehen, zu trauen,
davon bin ich noch weit entfernt.

und weil die depression u.a. genau da ansetzt (siehe die schilderung von alex) wird der grad an "heilung" wohl daran zu messen sein, wie gut ich diese einbrüche mit vertrauen vorbei ziehen lassen kann ohne mich selbst grundsätzlich in frage zu stellen...

aber ich glaub das war jetzt mehr ein selbstgespräch um die jüngsten einbrüche zu verarbeiten als ein sinnvoller diskussionsbeitrag...
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schatzi
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Re: Ist Heilung möglich?

Beitrag von schatzi »

Wie schon hier von einer Mitforistin und dem ärztlichen Moderator hervorgehoben wurde, ist es ein großer Unterschied im Schweregrad von Dysthymie zu schwerer Depression.

Die gleichförmig verlaufenden Wellen der Dysthymie beeinhalten seltener schwere Schübe der Depression. Diese Patienten befinden viel seltener in fachärztlicher oder klinischer Behandlung, da sie sich meist in einem Zustand befinden, den viele Menschen schon als völlig normal ansehen.
Mürrisch, launisch, aggressiv, antriebslos, etc.

Ich kenne so viele Leute, die deswegen niemals einen Facharzt aufsuchen würden und sich auch somit viel seltener in psychiatrischen Einrichtungen aufhalten werden.
Auf Grund dieser Tatsache kommt es zu einem sehr verschwommen und nicht repräsentativen Durchschnittsbild.
Die meisten Patienten dort, sehr schwere Abstürze schon hinter sich hatten, Medikamente fehlschlugen oder Psychotherapie nicht den erwünschten Erfolg haben konnte.
Deswegen halte ich den genannten Prozentsatz von 50% für sehr realistisch. Also von 1000 haben 500 eine Chance da wieder rauszukommen, die anderen hängen dann so zwischen mittel und schwerer Ausprägung.

Da kann ich auch von mir selber sprechen, ich nicht genau wüsste, was ich in einer Psychiatrie zu suchen hätte, außer mein Leben durch bestimmte Absichten gefährdet wäre und davor geschützt werden müsste.

bo.
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