Umgang mit Wut

bee
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Re: Umgang mit Wut

Beitrag von bee »

Hallo Quentin,

ja genau, die Sachen ist dann vom Tisch.
Vorher kamen sie (zumindest bei mir) immer wieder hoch.

Ich wollte noch eine Erfahrung zu Wut in der Arztpraxis beisteuern:
Ich hab letzt trotz Termin zwei volle Stunden beim Nervenarzt gewartet.
Als ich dann endlich dran war, kam die Frage, wie es mir denn geht.
Ich hab geantwortet, dass ich ziemlich genervt von der endlosen Warterei bin, aber sonst ginge es ganz gut.

Es folgte dann eine Entschuldigung, ich wüsste doch, wie es manchmal bei ihm zugeht und normalerweise würde er darauf achten, dass die Wartezeit nicht länger als eine Stunde beträgt.

Alles ganz nett gesagt und ich hab's brav geschluckt. Zwei Minuten später war ich schon wieder draußen.

Auf dem Weg nach Hause, ging mir das Gespräch nochmal durch den Kopf:
zunächst einmal war ich stolz, dass ich meinen Unmut überhaupt geäußert habe, aber dann blieb ich an dem Satz hängen: ... dass die Wartezeit nicht länger als eine Stunde beträgt.
Warum eigentlich eine Stunde?

Dass es in einer Arztpraxis selten ganz genau auskommt mit den Terminen leuchtet mir ein, aber dass anscheinend grundsätzlich eine Stunde Wartezeit (mit Termin) einkalkuliert wird, brachte mich dann doch etwas auf die Palme.

Ich komm ja schließlich auch pünktlich und nicht eine Stunde zu spät.....

In dem Moment war ich wütend, aber die Wut ist mittlerweile verflogen, vielleicht ist noch ein bisschen Ärger da.
Ich denke, es ist nicht genug Ärger, um da beim nächsten Mal wieder von anzufangen, aber ich habe diesen Satz - diesmal mit der passenden Antwort - im Hinterkopf abgespeichert.
Sollte er mir noch mal so kommen, hab ich die Antwort parat.

LG bee
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ils_pixent9
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Re: Umgang mit Wut

Beitrag von ils_pixent9 »

Hallo bee,
für die Wartezeit bei Ärzten habe ich ein gewisses Verständnis weil immer Notfallpatienten dazwischen kommen können und ich selber ja auch einmal dieser Notfall sein könnte.

Beim Zahnarzt war ich es schon oft genug.

Gut ist es, wenn die Arztpraxis in der Stadt ist und ich noch Dinge erledigen kann.

Das Lesen fällt mir auch schwer in Wartezimmern, am besten geht Stricken.

Lieben Gruß Gret.
bee
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Re: Umgang mit Wut

Beitrag von bee »

Hallo Gret,

ja, ich habe Verständnis für Notfallpatienten, aber ich bin schon einige Jahre Patientin in dieser Praxis und die Wartezeit beträgt IMMER 1-2 Stunden.
Da stimmt einfach die Organisation nicht - daher mein Ärger!

LG bee
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ils_pixent9
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Re: Umgang mit Wut

Beitrag von ils_pixent9 »

Hi,
ja, das stimmt.Aber an der Organisation kann man nichts ändern, leider.

Ich kenne die Aggressivität die in einem hochsteigt wenn man warten muß auch, der Endpunkt ist dann ein dumpfes Gefühl im Kopf und Lethargie.

Lieben Gruß Gret.
Speranza
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Re: Umgang mit Wut

Beitrag von Speranza »

Hallo Gitte, hallo ihr alle,

>>>dass Wut ihre Berechtigung hat und gelebt werden muss. Nur der richtige Umgang damit ist so schwierig. Wie schicke ich meine Wut an meine Grenzverstärkung? Offenbar mache ich das instinktiv.<<<

Auf die Verletzung (?) folgt Wut (die Energie, etwas innerlich mit dir selbst oder mit anderen Personen zu klären) –

wenn ich das in Ruhe auseinander tüddeln kann, komme ich wieder an meine wichtigsten Bedürfnisse in diesem Moment:

Nehmen wir mal an, du hast das Bedürfnis nach Schutz, vielleicht nach der Freiheit vor Angst.
Wenn du Vertrauen in den anderen hast, kannst du ihm dein Gefühl und auch dein Bedürfnis mitteilen und ihn z.B. bitten, sanfter mit dir umzugehen und seine Kritik sachlich zu äußern.
Wenn du hm nicht traust, brauchst du ganz andere Strategien: du lässt es an dir abprallen, du überlegst, dir eine (sich selbst-auflösende) Elelfantenhaut zuzulegen, du gehst diesem Mensch ganz aus dem Weg, du vermeidest, mit ihm allein zu sein, du holst tief Luft – zählst bis drei – und antwortest nur auf das Sachliche seiner Kritik oder sagst, dass du in Ruhe überlegen musst, du lässt dich krankschreiben, wenn du dich zu instabil fühlst, du nimmst etwas zur Beruhigung, wenn du die Situation durchstehen musst, du holst dir Hilfe oder nimmst deine Wut und lässt ihn an deinen Grenzen abprallen, verbunden mit der konkreten Bitte, wie er mit dir umzugehen hat ....etc

Es gibt keine Patentlösungen, wenn man instinktiv reagieren kann, ist das doch gut.

Ich finde, Bee hat am 11.1. tolle Gedanken geschrieben, dass wir uns Zeit nehmen müssen und auch nach langer Zeit noch einiges gerade zurücken ist.
Zum Beispiel bin ich ärgerlich auf mich, weil mir in der richtigen Situation die Worte fehlten. Ich höre als laute Wut-Musik um runterzukommen und nach Tagen/Wochen kann ich mir meinen „Fehler“ selbst verzeihen und meinem Bedürfnis nach Annahme und Akzeptanz selbst nachkommen.

Ehrlich gesagt, funktioniert das bei mir halbwegs, ist aber sehr anstrengend und kostet viel Kraft. Ich sehe aber keine andere Möglichkeit, als diese Methode zu lernen, um besser leben zu können.

LG
Ursula

Nachtrag: ich muss noch sagen, dass die Therapie eine ganz wichtige Strategie für mich ist, fühlen, denken, reflektieren und mich schützen zu können!
Gabriele
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Re: Umgang mit Wut

Beitrag von Gabriele »

Liebe Ursula,

ich dachte immer etwas instinktiv zu tun, ist nicht ausreichend. Aber nach einem Bauchgefühl zu handeln hat sich als zumindest einen ersten Schritt gut bewährt.

Die Kraft die Wut nach einer Verletzung freisetzt, die denke ich muss in die richtige Bahn gelenkt werden. Deine Aufzählung zeigt mir eine ganze Reihe von guten Möglichkeiten, mit denen ich auch etwas anfangen kann. Ich muss es aber üben. Einiges tue ich schon aus dem Bauch heraus, das genügt mir aber nicht, solange ich mich dabei unsicher fühle.
Mir fällt gerade auf, dass ich, wenn ich wütend bin, oft singe. Wut-singen, nannte ich das einmal, weil die Töne dann mit Absicht etwas schräg sind.
Klären lässt sich mit dem Verursacher meiner Verletzungen leider fast nichts, egal ob neue oder alte Verletzungen. Denn es gibt nur einen Held!

Ich stehe auf einer Warteliste und werde in hoffentlich absehbarer Zeit eine Therap. machen können. Mir hilft es aber ungemein hier zu lesen. Ich habe schon vieles gefunden, dass mir weiter geholfen hat. Und wenn es nur Bestätigung war, die ist für mich ganz wichtig, oder das Richtigstellen einer Sache.

Vielen dank und lieben Gruß Gitte
Speranza
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Re: Umgang mit Wut

Beitrag von Speranza »

Oh ja, Singen ist toll, mir gibt es das Körpergefühl zurück - und ich kriege wieder Luft (im wahrsten Sinne des Wortes).

Ich wünsch dir, dass es schnell klappt mit dem Therpieplatz!!
LG Ursula
frettchen
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Re: Umgang mit Wut

Beitrag von frettchen »

wut hat für mich vor allem etwas mit persönlicher ohnmacht zu tun und hilflosigkeit. die daraus entstehende kraft finde ich schwer zu nutzen, weil sie bei mir dann oft in die falsche richtung geht.

da ich schon als kind unter wutanfällen meiner mutter leiden musste und diese dann leider als erwachsene auch übernommen habe, versuche ich jetzt für mich einen anderen weg: ich ziehe mich zurück und rede mit mir selbst, bis alles raus ist. wenn es ganz schlimm ist, schieße ich die für die wut (ohnmacht) zuständige person aus meinem leben. hat auch den vorteil, dass sich langsam die spreu vom weizen trennt.

das hat mir geholfen - zumindest in den meisten fällen - später einigermaßen ruhig situationen zu klären. klappt nicht immer, aber immer besser.

Leloup
otterchen
Beiträge: 5118
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Re: Umgang mit Wut

Beitrag von otterchen »

Hallo zusammen,

diesen Thread möchte ich wieder hervorholen...

Ich war letztens wütend, so richtig zornig und sauer, mir fiel immer mehr ein, was mich in dieser Wut bestärkte.
Und obwohl ich das Schema "wahrnehmen - zulasssen - annehmen - loslassen" anwendete, blieb diese Wut beharrlich, sie wurde nicht weniger...

... bis ich erkannte, dass das in diesem Fall wirklich nur ein Sekundärgefühl war.
Dahinter verbargen sich Schmerz und Enttäuschung. Und erst als ich diesen beiden Gefühlen genug Raum gegeben habe, alle Facetten dieser schmerzlichen Gefühle habe kommen lassen, verebbte auch die Wut.

Es ist wichtig, dass man ganz genau hinschaut, was da für einen ganz kurzen Moment in uns aufflackert, bevor die Wut beginnt.
Tut das weh?
Fühlt man sich hilflos?
Ist man enttäuscht?
Fühlt man sich ungerecht behandelt?
Spürt man Angst?

Die Wut ist dafür da, dass wir diese Gefühle nicht aushalten müssen, denn sie sind schmerzhaft, unangenehm, "negativ". Die Wut bietet uns die Möglichkeit, dies nach außen abzugeben (wobei wir dies oft nicht nutzen, sondern die Wut in uns reinfressen oder gar gegen uns selbst richten).

Ich erinnere mich gerade an eine sehr depressive Phase in meinem Leben, in der vieles sich in Wut äußerte. Statt "alles wird gut" bemerkte ich an mir "alles wird Wut", und ich fragte mich verzweifelt, welche Gefühle ich außer der Wut sonst noch so an mir kenne... es waren nicht viele. Die Wut hatte seinerzeit sehr vieles in mir einfach überdeckt, und ich habe sie in mich hineingefressen.

Die Wut verdrängt das, was wir nicht zulassen können. Erst wenn wir uns diesen Gefühlen, Gedanken, falschen Glaubenssätzen und Verstrickungen zu unseren früheren (negativen) Erfahrungen stellen, können wir uns aus dieser Wut lösen.

Ich für mich habe festgestellt, dass da oft noch das Kind in mir aufbrüllt. Das sind ganz alte Themen, die da berührt werden, z.B. das Gefühl, als Kind unerwünscht gewesen zu sein oder ähnliches. Das hat damals sehr weh getan, und dieses Gefühl schmerzt auch heute noch sehr.

Und ich als Erwachsene sehe jetzt für mich die Aufgabe, mich liebevoll diesem kindlichen Anteil in mir zuzuwenden, statt mein heulendes Kind nur kurz wahrzunehmen und stellvertretend für dieses Kind wütend zu werden.
Dies hilft dem inneren Kind nämlich nicht. Was es wohl eher braucht, ist jemand, der es tröstet, sich ihm zuwendet, ihm die positiven Gefühle gibt, die es jetzt braucht. Was hat es davon, wenn es einen wütenden Erwachsenen an seiner Seite hat?

Und auch durch das Einschlagen auf Kissen, durch das Brüllen in den Wald, durch Tanzen oder sonstiges werden wir der Wut nicht beikommen. Die Wut verebbt zwar für diesen Moment, aber sie kommt wieder... weil wir uns um die eigentlichen Verletzungen nicht gekümmert haben.
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Clown
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Re: Umgang mit Wut

Beitrag von Clown »

Hallo Otterchen,

«Und ich als Erwachsene sehe jetzt für mich die Aufgabe, mich liebevoll diesem kindlichen Anteil in mir zuzuwenden, statt mein heulendes Kind nur kurz wahrzunehmen und stellvertretend für dieses Kind wütend zu werden.
Dies hilft dem inneren Kind nämlich nicht. Was es wohl eher braucht, ist jemand, der es tröstet, sich ihm zuwendet, ihm die positiven Gefühle gibt, die es jetzt braucht. Was hat es davon, wenn es einen wütenden Erwachsenen an seiner Seite hat?»

Passend dazu: "Aussöhnung mit dem inneren Kind" von Chopich/Paul

Bei mir ist es zwar nicht Wut, sondern Gefühle von Überfordertsein im Umgang mit meinen eigenen Bedürfnissen - ich denke aber, was du oben schreibst, trifft auch dafür zu.

Grüße,
Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
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Speranza
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Re: Umgang mit Wut

Beitrag von Speranza »

Gelöscht, weil es mir heute so unwichtig vorkommt.
UferdN
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Re: Umgang mit Wut

Beitrag von UferdN »

Hallo, da ich neu und nicht so wissend bin wie ihr, habe ich eine Frage.

Bisher ging ich davon aus, dass Depression die Unfähigkeit zu fühlen und Gefühlskälte beinhaltet. Das "Wut"-Thema zeigt mir jedoch, dass es scheinbar doch geht. Wer kann mir diesen Zus.hang erklären.

Kann es auch sein, dass man bei dem Versuch im Kollegenkreis sein Gesicht, seinen Schein über lange Zeit zu wahren, bevor die Krankheit diagnostiziert wurde, jedoch schon unerkannt da war, zu übermäßigem Gelächter/Albernheiten neigt und auf der anderen Seite, direkt nah am Wasser gebaut haben kann, vor allem bei Sachen, die einen direkt nicht betreffen.

Müde Grüße, UdN
otterchen
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Re: Umgang mit Wut

Beitrag von otterchen »

Hallo Ufer,

vielleicht trifft es nicht gerade das, was Du meinst, aber mir fällt dazu gerade eines ein:

Wut ist oft ein Sekundärgefühl, welches das ursprüngliche (verdrängte?) Gefühl verschleiert bzw. erträglicher macht.

Und es gibt außerdem so viele verschiedene Arten von Depressionen... manche sind ganz, ganz dunkel, manche leer (durch Verdrängung) etc.

dass Depression die Unfähigkeit zu fühlen und Gefühlskälte beinhaltet
kann sein - aber viele Depressive fühlen, und wie! Allerdings wirklich nur das Schmerzhafte, Unangenehme, Dunkle etc.

Kann es auch sein, dass man bei dem Versuch im Kollegenkreis sein Gesicht, seinen Schein über lange Zeit zu wahren, bevor die Krankheit diagnostiziert wurde, jedoch schon unerkannt da war, zu übermäßigem Gelächter/Albernheiten neigt und auf der anderen Seite, direkt nah am Wasser gebaut haben kann, vor allem bei Sachen, die einen direkt nicht betreffen.

Klar, warum nicht? Und woher willst Du wissen, ob sie denjenigen nicht betreffen? Ich glaube, Du sprichst da nicht von Dir, sondern von "jemandem", hm?

Weißt Du, mir kamen immer die Tränen bei bestimmten Situationen, und ich konnte das jahrelang gar nicht einordnen. Beispiel: ich fahre auf ein Stauende zu, die Autos vor mir machen ihre Warnblinkanlagen an, weil sie den nachfolgenden Verkehr warnen wollen.
Da kamen mir die Tränen.

Betrifft mich nicht?

Doch... denn das hatte für mich mit dem Thema Nächstenliebe zu tun. Und damit hat diese Situation irgendwas in mir angerührt, was mich sehr bewegt hat.
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Clown
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Re: Umgang mit Wut

Beitrag von Clown »

Hallo Otterchen,

«ich fahre auf ein Stauende zu, die Autos vor mir machen ihre Warnblinkanlagen an, weil sie den nachfolgenden Verkehr warnen wollen.»

Aus Nächstenliebe?

Also, ich hab da nur die Sorge, dass mir jemand hinten reinrauscht, ich will MICH vor allem schützen!



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RoadToNowhere
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Re: Umgang mit Wut

Beitrag von RoadToNowhere »

Wut...ist bei mir definitiv ein "heißes" Thema, ich erlebe öfter als ich es für gut halte, Situationen in denen ich sehr unterschiedliche Formen von Wut habe.

Da gibts diese Wut auf mich selber, wenn ich mir von Kollegen, Kunden, Leuten denen ich zufällig begegne "die Butter vom Brot nehmen lasse" und mich nicht wehre wenn sich jemand vordrängelt, mich beim Chef anschwärzt oder mich nur als Brust und Po statt als Mensch mit Fachkompetenz wahrnimmt.

die Wut auf Leute die mir nahe stehen und mir auf den Kopf zusagen, was ich tun müßte/sollte/könnte, aber nicht zu tun in der Lage bin zusätzlich dazu daß ich mich vorher schon darüber geärgert habe, daß ich es nicht kann. Ich will da dann nicht mit der Nase draufgeschubst werden.

Den größten Teil dieser Wut schlucke ich - vielleicht weil man mir immer beigebracht hat daß Aggression, und besonders körperliche Gewalt "schlecht", böse, nicht ok...ist

Als Kind habe ich mich manchmal wie eine Wilde mit meinem zwei Jahre jüngeren Bruder gerauft und gekabbelt um ein bestimmtes Spielzeug, um meine Dinge durchzusetzen, und wenn unsere Eltern nicht eingriffen hatte ich lange Zeit auch jederzeit den Sieg dabei, durch einfache körperliche Überlegenheit. Bis ich gelernt hatte daß meine Eltern mit so netten Strafmaßnahmen wie ohne Gutenachtgeschichte ins Bett schicken, nicht mit den Nachbarskindern spielen gehen oder Süßigkeitenverbot (die gabs bei uns ohnehin nicht im Übermaß) reagierten. Auseinandersetzungen in der Schule, wo die Fähigkeit meinem Kontrahenten einfach mal eine zu knallen sehr nützlich gewesen wäre, stand ich dann hilflos gegenüber. Ich kam knatschend nach Haus weil mir als vermeintlicher Streberin (viel zu gute Noten, für die ich aber bis zu meinem Abi fast gar nicht pauken mußte)die Sitzenbleiber die neu in meine Klasse gekommen waren das Leben schwer machten - von Hänseleien mit unsäglichen Spitznamen bis zum Schultasche beim Heimfahren vom Fahrrad reißen und den Inhalt quer über die Straße verstreuen. Anstatt mich in einen Judokurs gehen zu lassen (Das ist Gewalt, das geht gar nicht) kam mich meine Mutter einige Zeit von der Schule abholen, was mich natürlich noch lächerlicher machte. In solchen Situationen, wo eine gut bemessene handgreifliche Gegenwehr gut wäre, kriege ich sie nicht hin. Selbst im Gedränge meine Ellenbogen zu benutzen wenn mich jemand beabsichtigt oder unbeabsichtigt unangenehm berührt ist eine kaum mögliche Aktion.

Stattdessen fliegen in lächerlichen Situationen Werkzeuge an die Wand, zum Fenster raus, bis zu 20 Meter quer über den Hof im Freien, wenn ich das was ich tun will nicht hinkriege. Auf diese Art habe ich auch schon mal versehentlich jemanden verletzt, der gerade als ich nicht achtgebend wer da alles rumläuft einen Hammer in die Ecke geworfen habe. Nicht gefährlich, dicker blauer Fleck halt - aber immerhin. Ergebnis: Schlechtes Gewissen hoch sieben. Und noch mehr Angst und Unfähigkeit ein "richtiges" Verhältnis zu dieser Aggression zu finden.
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