Schuldgefühle in der Partnerschaft

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strubbel30
Beiträge: 9
Registriert: 15. Dez 2007, 16:29

Schuldgefühle in der Partnerschaft

Beitrag von strubbel30 »

Hallo, ich bin neu hier, habe aber schon öfter mal im Forum gelesen.
Ich stelle mich vielleicht mal kurz vor: bin 30 Jahre alt und seit Mai 2007 in therapeutischer Behandlung (Mittelgradige depressive Episode; Dysthymia). Irgendwie ging es mir schon immer seit der Jugend phasenweise schlechter oder besser. Doch so in den 1,5 Jahren hat es sich immer mehr zugespitzt: während der Woche und in meinen Lebensumfeldern (Job, Eltern, Freunde)konnte ich meine Schwierigkeiten gut überspielen, dafür bin ich dann regelmäßig an den Wochenenden mit meinem Partner "ausgerastet" und hab mich gehenlassen. Naja, und Ende 2006/Frühjahr 2007 hatte ich dann das Gefühl, es geht gar nichts mehr, war auch kurz krankgeschrieben.
Seit Beginn der Therapie ging es mir nach und nach besser, doch in den letzten ca. 2 Wochen mache ich mir wieder soviele Schuldgefühle und schlechtes Gewissen.

Das ist auch der Grund, warum ich mich an Euch wende: in meiner 2jährigen Partnerschaft gab es aufgrund meiner Stimmungen und Verhaltensweisen bereits 2-3 Mal die Situation, dass mein Partner sich trennen wollte (was ich im übrigen gut verstehen kann). Er hat mich jedoch nie fallen lassen und kümmert sich immer um mich (leider sehen wir uns nur am WE), besonders seit klar ist, woran es liegt. Er versucht immer, mir zu helfen, mich aufzumuntern, was an schlechten Tagen aber eben nicht immer wirklich klappt. Und dann sehe ich seine Hilflosigkeit, seine Bemühungen, seine Geduld, seine Verzweiflung und seine Liebe und dass ich ihn mit runterziehe und seinen ohnehin schon stressigen Alltag zusätzlich belaste. Ich hasse mich so sehr dafür, und kann ihm dann kaum in die Augen schauen, weil es mir so unendlich leid tut!!!!! Ohne mich könnte er glücklicher sein und könnte mit einer Anderen eine erfüllte Partnerschaft haben. Dann frage ich mich wieder, ob es besser wäre, wenn ich die Beziehung beende und denke ständig darüber nach. Dann komme ich mir wieder schlecht vor, so als ob ich ihn nicht lieben würde. Ich will doch nur, dass es ihm gut geht!

Kennt ihr solche Gefühle auch und wie geht ihr damit um? Ich weiß im Moment nicht weiter.

Und noch eine zweite Frage: Hat jemand anstatt dem typischen Gewichtsverlust auch zugenommen (ohne Medis)? Wenn ja, wie habt ihrs wieder runterbekommen? Ich habe in den letzten 11 Monaten gut 20 kg zugenommen, besonders tw. 1 kg pro Woche. Dafür hasse ich mich und meinen Körper noch mehr!!!

So, jetzt habe ich fürchterlich viel geschrieben und euch zugetextet, aber das mußte jetzt irgendwie einfach raus. Sorry!

Noch ein schönes Wochenende,
Silke
DYS-
Beiträge: 1838
Registriert: 19. Mär 2003, 17:28
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Re: Schuldgefühle in der Partnerschaft

Beitrag von DYS- »

Liebe Silke

Ich kann dich sehr gut verstehen. Auch ich habe oft das Gefühl anderen nur lästig zu sein. Ein winzig hilft mir da der Gedanke meines Therapeuten (dem ich sicher auch lästig bin . Er ist der Meinung, manche Last trägt man gerne. So wie ein Baby im Leib eine „Last“ ist. Ich habe drei Kinder und Keins war mir zu irgendeinem Zeitpunkt wirklich lästig.
Mir waren auch die Patienten, die ich pflegte keine Last (mit einer Hand voller Ausnahmen Ich habe meine Arbeit immer gerne gemacht. Vielleicht sind wir doch weniger lästig als wie wir glauben?

Gruß Dys
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
strubbel30
Beiträge: 9
Registriert: 15. Dez 2007, 16:29

Re: Schuldgefühle in der Partnerschaft

Beitrag von strubbel30 »

Danke Dys für Deine Antwort. Wahrscheinlich hast Du recht. Ich arbeite selbst auch in einem sozialen Beruf mit behinderten Menschen und ihren Familien, die mir eigentlich auch keine Last sind, aber ich habe immer das Gefühl "Das ist ja sowieso was Anderes" (über diesen meinen Standardsatz können sowohl meine Therapeutin als auch mein Partner dann immer nur milde grinsen .
Mir fällt es immer noch schwer, die Depression und die damit verbundenen Symptome als Krankheit anzuerkennen, denn für mich persönlich heißt Kranksein halt irgendein körperliches Gebrechen zu haben. Das könnte ich dann wahrscheinlich besser akzeptieren und würde es nicht als Bestandteil meiner Persönlichkeit sehen.
Cieloazul
Beiträge: 90
Registriert: 6. Dez 2006, 18:06

Re: Schuldgefühle in der Partnerschaft

Beitrag von Cieloazul »

Hallo Silke

Haben wir (Frau, Partnerin, Ehefrau, Mutter) nicht zu oft das Gefühl, wir dürften nur dann geliebt werden, wenn wir lieb, nett, zugewandt, usw. sind?

Viele machten als Mädchen die Erfahrung, dass man für das Geliebt und Angenommen werden, zu erst eine Leistung vollbringen muss (die Erfahrung machen Knaben natürlich auch).

Oft genug, kann mans dann nicht fassen, dass frau trotz "schlechtem Benehmen", trotz Krankheit, trotz nicht erfüllter Pflichten geliebt wird. So schlecht können wir diese Liebe, dieses Angenommen sein, annehmen. Wir stehen fassungslos da, ungläubig und müssen ev. noch einmal Testen, obs wirklich wahr ist.

Glaub mir Silke, du bist es wert u. du darfst diese, deine Liebe entgegennehmen, sie halten.

Wenn es dir passiert, dass du deinen Partner verletzt, dich unpassend verhältst, dann wird er nicht dich be-/verurteilen, sondern alleine dein Verhalten, deine Handlung. Nicht dich als Person! Die liebt er mit allen Facetten.

Wichtig dünkt mich, im Gespräch bleiben, Gefühle u. Befindlichkeiten mitteilen, zu erklären versuchen, damit du u. er deine Reaktionen einordnen können. Nur so, werdet ihr einander verstehen u. auch Verhalten ändern können, neues einüben.

In den Anfängen meiner Ehe ist mir das glaube ich auch oft passiert. Unsicherheit, wenig Selbstwert, Eifersucht, Kränkungen usw. waren Gründe u. Auslöser. Mit der Zeit lernt man einander besser kennen, wird der Zuneigung u. der LIebe des Partners (hoffentlich) sicherer u. so auch gelassener.

Du bist ja in Therapie u. da hast du ja auch immer wieder die Gelegenheit genau solche Vorfälle, Verhaltensweisen anszusprechen u. ev. auch einmal ein Paargespräch zu führen...

Mich begleiten auch immer wieder Schuldgefühle dem Mann, den Kindern, dem Sozialenumfeld gegenüber. Scham vieles nicht mehr auf die Reihe zu kriegen. Aber niemand macht mir Vorwürfe. Das sind alles meine Gefühle, das sind meine hohen Anforderungen u. Werte. Doch denen muss ich - u. auch du - nicht recht geben. Man kann sie über Bord werfen! Also, machens wir, dann leben wir besser.
Herzliche Grüsse

Cieloazul



“Malen ist eine Sprache der Empfindung, die da anhebt, wo der Ausdruck mit Worten aufhört.” Asmus Jakob Carstens (1754-1798, Maler)

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