Was macht für euch einen guten Therapeuten aus?

[rowdys]

Hallo zusammen,

nachdem ich meine letzte Therapiestunde, vom Verhalten meiner Therapeutin mir gegenüber, einfach nicht einordnen kann, frage ich mich, was erwarte ich, als Patient von meiner Therapeutin?

Ich hatte vor meinem Klinikhaufenthalt, fünf Therapieeinheiten bei ihr. ich hatte Glück, bei ihr innerhalb von drei Wochen einen Therapieplatz zu bekommen und war einfach nur froh darüber.
Mir ging es sehr schlecht. Meine Therapeutin hat mir relativ schnell empfohlen in die Klinik zu gehen und hat mich ansonsten die ganze Zeit nur erzählen lassen hat, sie hat kaum etwas gesagt.
Aus der Klinik entlassen, bin ich nun wieder bei ihr. Aber nach der letzten Therapiestunde frage ich mich nun, hat sie mich bewußt provoziert oder hatte sie einen schlechten Tag (was ich nicht hoffe!).
Ich will sie auf jeden Fall in der nächsten Therapiestunde daraufhin anpsprechen, aber ich weiß noch nicht so genau, wie.

Vor allem stelle ich mir eben jetzt die Frage, was erwarte ich von einem Therapeuten?

Mich würde auch sehr interessieren, was für euch einen guten Therapeuten ausmacht?

Liebe Grüße - sonny

[Dendrit]

Hallo Sonny,

was erwarte ich, als Patient von meiner Therapeutin?

Zu dieser Frage kamen mir welche in den Sinn, die in Fragebögen standen. Vllt. sind sie Dir eine Hilfe oder Gedankenanstoß.

Welche Punkte kennzeichnen Ihrer Meinung nach am ehesten die therapeutische Beziehung bzw. Psychotherapie (Mehrfachnennungen möglich)

o Immer einen Ansprechpartner für meine Probleme haben
o Im Prinzip ein Ersatz für eine gute Freundin oder einen guten Freund
o Konfrontation mit eigenem Problemverhalten, um daraus neue Lösungsansätze abzuleiten
o Respekt, gegenseitiges Vertrauen und eine gewisse Distanz
o Genaue Anweisungen, was ich tun muss, um gesund zu werden
o Gemeinsames analysieren von Problemen und Unterstützung mir selbst zu helfen


LG, Manuela

[flocke]

die liste ist gut, allerdings würde ich "ergänzung" statt "ersatz" schreiben....

flocke

[BeAk]

Hallo zusammen,

als Ersatz für einen Freund würde ich einen Therapeuten nicht sehn. Es ist eine rein professionelle Beziehung.

Und ein tiefenpsychologisch arbeiteter Therapeut konfrontiert auch nicht, jedenfalls weigerte sich meiner das zutun.

Mit Sicherheit aber erhält man von einem tiefenpsychologisch arbeitenden Psychotherapeuten keine genauen Handlungsanweisungen.

Wer sich Verhaltensanweisungen und Konfrontation wünscht, sollte lieber einen Verhaltenstherapeuten aufsuchen.

[Dendrit]

Hallo Flocke!

Also, das sag mal demjenigen, der die Bögen erstellt (hat)! *grins* Das ist nur abgeschrieben.

Da die Bögen also Info für den Psy dient, nehm ich an, dass die Aussagen die Wünsche/Erwartungen vom Patienten wären. Manche mögen die hohe Erwartung haben, einen Freund im Therapeuten zu sehen wollen.

LG, Manuela

[rowdys]

Hallo zusammen,

hm - also was den Punkt Therapeut/Ersatz oder Ergänzung einer guten Freundin oder eines guten Freundes betrifft, so sehe ich das genau wie Bea.
Es sollte, aus meiner Sicht, auf jeden Fall eine rein therapeutische Beziehung sein.

Genauso wenig möchte ich eine genaue Gebrauchsanweisung für mein Leben.

Stöhn - es fällt mir immer viel leichter zu sagen, was ich nicht möchte bzw. was ich mir darunter nicht vorstelle.

Mit dem Punkt, Respekt, gegenseitiges Vertrauen und eine gewisse Distanz, stimme ich auf jeden Fall zu.
Und das ist wohl auch genau der Punkt, an dem es in meiner letzten Therapiestunde gehakt hat, nämlich beim gegenseitigem Vertrauen.
Meine Therapeutin hat mir, eine Verhaltensweise unterstellt, meinte zu wissen, wie ich mich in einer Situation, außerhalb der Therapie verhalten habe und ließ sich trotz, meines Widerspruches, dass es anders war, nicht davon abbringen.
Wie soll Therapie funktionieren, wenn meine Therapeutin mir nicht vertraut?

Dank eurer Liste, sehe ich jetzt schon mal klarer, was mir in der letzten Therapiestunde so gegen den Strich gegangen ist und werde den Punkt auch genau so ansprechen.

Bin auch weiterhin interessiert zu hören, was ihr als Patient von eurem Therapeuten erwartet.

Liebe Grüße - sonny

[Frauschlotterbeck]

Hallo möchte auch dazu was beitragen.

Zu finden in dem Buch "Trauma - Folgen erkennen,überwinden und an ihnen wachsen"

Fühle ich mich angenommen und ernst genommen?

Traue ich mich fragen und bekomme ich befriedigende Antworten?

Gibt mir die Therapeutin ein Gefühl von Sicherheit?

Fühle ich mich nach den ersten Gesprächen zuversichtlicher?

Konnte ich mich mit der Therapeutin auf klare Therapieziele einigen?

Habe ich die Vorgehensweise der geplanten Therapie verstanden?

Ich kann alles Fragen mit ja beantworten und ich fühle mich sehr wohl bei ihr.

Hat aber auch Jahre gedauert bis ich zu ihr kam.

GRüsse und alles Gute auf der Suche nach einer geeigneten Therapeutin

Juliane

[flora80]

Hallo

@ Bea,

"ein tiefenpsychologischer Therapeut konfontiert auch nicht"

ui... meine macht das ständig! *g* ich glaube, dass hat nicht zwangsläufig mit der Richtung zu tun, sondern ganz immens auch einfach mit dem persönlichen Stil des Therapeuten.

@ all,

für mich ist ein guter Therapeut

- jemand, der es schafft, mich ohne Fassade wahrzunehmen

- jemand, bei dem ich mich sicher fühle. das bedeutet konkret: jemand, dem ich vertraue und dem ich zutraue, aushalten zu können, was ich von mir preisgebe

- jemand, der für mich da ist, wenn ich ihn dringend benötige und der mir halt geben kann, wenn ich ihn selbst verliere, jemand, der mir nicht einen termin für in zwei wochen verpasst, wenn es mir akut schlecht geht

- jemand, bei dem ich ehrlich sein kann und der zu mir auch ehrlich ist

- jemand, der mich tröstet, wenn ich getröstet werden muss, der mich in den Hintern tritt, wenn ich in den Hintern getreten werden muss, der mich festhält, wenn ich gehalten werden muss, der mit mir wütend ist, wenn ich wütend sein muss, der mit mir trauert, wenn ich trauern muss, der sich mit mir freut, wenn ich mich freuen muss

- kurz: jemand, der mich in meiner Gefühlswelt unterstützt und mir hilft sie zugänglich und aushaltbar zu machen, weil er sie aushalten kann und mir damit zeigt, dass sie mich nicht zerstören wird.

- jemand, der mir intellektuell gewachsen ist und mich nicht mit Standardfloskeln abfertigt, sondern scharfsinniger als ich oder mindestens ebenso scharfsinnig die Situation zu durchdringen in der Lage ist (klingt jetzt überheblich, ist aber gar nicht so gemeint... ich finde es einfach wichtig, nicht das Gefühl zu haben, dass der Therapeut mir keine gewinnbringenden Reize geben kann und mir nicht viel entgegenzusetzen hätte, wenn ich etwas provozierte. Dann ist seine Kompetenz deutlich unter meiner und somit nicht hilfreich für mich)

Das Vertrauen, dass ich für eine funktionierende Therapie benötige, hat sich bei mir immer sehr direkt nach wenigen Sitzungen eingestellt und war eigentlich schon nach dem Erstgespräch zu erahnen. Therapeuten, bei denen ich dieses Gefühl nicht hatte, habe ich immer ein Chance gegeben, aber es hat sich immer herausgestellt, dass mein erstes Gefühl richtig war.

Meine jetzige Therapeutin ist der absolute Knaller! Und das war nach dem Erstgespräch sowas von klar!!!

Gruß von Flora

[Dendrit]

OK, ich schreibs nochmal rein.

Meine Ansprüche sind mittlerweile ziemlich gesunken - oder es ist der größte. Für mich ist neben der richtigen Therapie lediglich der Punkt Respekt, gegenseitiges Vertrauen und eine gewisse Distanz und keine Verletzungen mehr wichtig.

LG, Manuela

[rowdys]

Hallo zusammen,

oh - oh, ich merke schon, da gibt es für mich einiges an Klärungsbedarf, was mein Patienten/Therapeutenverhältnis angeht.

Es fehlt mir eine gewisse Klarheit.

Ich bin noch ziemlich aufgekratzt, von der Klinik, habe mehrere Baustellen, weiß nicht so recht, was zuerst, weiß nicht in welche Richtung ich gehen "soll".
Ich würde mir wünschen, das meine Therapeutin "mich hier an die Hand nimmt" mir einen möglichen Weg aufzeigt, mir ihre therapeutische Vorgehensweise erklärt und mit mir Ziele absteckt.
Oder ist es dafür noch zu früh? Ich hatte jetzt 9 Therapiestunden bei ihr.

In der letzten Therapiestunde hatte ich irgendwie nur den Eindruck, dass sie mir irgendetwas "überstülpen" wollte, etwas, was gar nicht "meins" war bzw. ist.

Flora,
du bist ja echt zu beneiden , dein Therapeut scheint ja ein echter Glücksgriff zu sein!

Juliane,
du scheinst auch ganz zufrieden zu sein. Oh man, du hast Jahre gebraucht, um "deine" Therapeutin zu finden.
Das ermutigt nicht gerade. Finde es auch sehr schwierig, nach 5 Therapieeinheiten entscheiden zu müssen, ob es passt.

Liebe Grüße - sonny

[BeAk]

Hallo zusammen,

ein guter Therapeut muß offen mir gegenüber sein. Es darf für ihn kein Tabubereich geben, über den er nicht mir mir sprechen würde, z.b. Diagnosen, Therapieziel, (Problem-)Verhalten.

Ich wünsche mir für das nächste mal einen Therapeuten mit einem Gedächtniss für Charakter, Wesen und Persönlichkeit.

Ich wünsche mir einen Therapeuten der Diagnosen nicht intuitiv vergibt, sondern sich an die Diagnoserichtlinien hält.

Ich wünsche mir einen Therapeuten dem ich vertrauen kann, auf den ich nicht aufpassen muß.

[rowdys]

Hallo,

hallo Manuela,
ich hatte vorhin deinen Eintrag gelesen, komm aber jetzt erst dazu, was dazu zu schreiben.

Hm - jetzt hast du den Beitrag gelöscht.

Ich finde es auf jeden Fall sehr traurig, dass du anscheinend auch negative Erfahrungen mit Therapeuten gemacht hast!
Dafür brauchst du dich nicht zu entschuldigen!

Ich finde dieses Thema auch ziemlich schwierig, deshalb habe ich diesen Thread eröffnet - um neue Denkanstöße zu bekommen, um mir klarer darüber zu werden, was ich von einem Therapeuten erwarte, aber auch was ich zu einer guten Therapeuten/Patientenbeziehung beitragen kann/will/sollte?

Dazu gehört für mich auf jeden Fall auch, nicht einfach alles hinzunehmen. Okay - brauche halt mal ein wenig länger, bis ich reagiere - so von einer Therapiestunde bis zur nächsten Therastunde , aber ich nehme es nicht einfach so hin!
Bin jetzt schon ziemlich gespannt darauf, was meine Therapeutin sagen wird!

Liebe Grüße - sonny

[Nico Niedermeier]

Liebe Bea,
das finde ich klasse geschrieben.....Ihren letzten Beitrag (wenn ich das so ungefragt anmerken darf:-))
Beste Grüße
Dr. Niedermeier

[BeAk]

Danke, Dr. Niedermeier.

[Liber]

Hallo Sunny,

eine gute Therapeutin ist für mich:

Sie gibt mir das Gefühl, dass sie mich wertschätzt (als Depressive schätze ich mich selbst nicht wert, daher umso wichtiger).

Sie gibt mir das Gefühl, dass sie mich und meine Gefühle ernst nimmt (s.o.)

Sie bezeugt als Spiegel all das, was mir geschehen ist und meine Gefühle, die davon ausgelöst worden sind (und was ich selbst so lange Zeit nicht wahrhaben konnte).

Ihre wertschätzende Gegenwart ermöglicht mir, mich selbst wahrzunehmen - auch die Schattenseiten und die "Dämonen" im Keller.

Sie ermöglicht mir, Mutter-Kind-Erfahrungen nachzuholen, setzt aber gleichzeitig meinem maßlosen Bedürfnis nach Zuwendung gesunde Grenzen.

Sie weist mich immer wieder auf mich selbst zurück - ohne mir damit das Gefühl zu geben, mich zu verlassen.

Sie vertraut mir und meinen Ressourcen (dann kann ich ihnen auch selbst vertrauen).

Sie hat auch Fehler und steht zu ihnen - denn sie ist auch ein Mensch genau wie ich.


Viele Grüße

Brittka

PS: Ich habe eine Psychoanalyse gemacht.

[rajo1]

Hallo an alle,

eine interessante Frage.

Im Moment bewegt mich auch dieses Thema oder besser, ich bin soweit, dass ich darüber nachdenken muss und irgendwelche "objektive" Kriterien heranziehen muss.

Ich lese nach und kann selbst meine Wertung gegenüber meiner Therapeutin abgeben.
Welche..?

Danke für Eure Hilfe.

rajo1

[Murmelina]

Hallo Bea,

alle Achtung, Du hast es auf den Punkt gebracht!!!!!!

Gibt es solche Therapeuten? Bitte eine Adressensliste mitteilen

Liebe Grüße
murmelina

[BeAk]

Gute Idee, Murmelina.

Eine Adressenliste mit den Eigenschaften meines Wunschtherapeuten für das gesammte Bundesgebiet muß her, damit jeder was davon hat.