Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Antworten
KristinaB
Beiträge: 113
Registriert: 25. Dez 2006, 11:00

Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von KristinaB »

Hallo Betroffene,

ich habe jetzt seit über 10 Jahren mit Depressionen zu tun. Seit dieser Zeit warte ich darauf, dass die Spezialisten sich eine andere Bezeichnung für die Krankheit "Depression" einfallen lassen, als nur Major "Depression" . Am liebsten würde ich das Wort "Depression" aus der Bezeichnung gestrichen haben. Es führt bloss zu Missverständnissen und macht den Betroffenen oft genug das Leben zusätzlich schwer. Aber seit Jahrzehnten passiert nichts ...

Vielleicht hilft es den Profis, wenn wir von der Basis ein paar Vorschläge machen. Eine Krankheit kann man nach berühmten Erkrankten benennen, nach physiologischen Vorgängen im Körper, nach großen Forschern auf dem Gebiet oder beschreibend in Initialen (z.B. wie ADHS).

Ich mache mal den Anfang mit:

Styron-Syndrom
nach dem bekennenden depressiven Autor William Styron)

Was fällt euch dazu ein?

Viele Grüße

Kristina
Sadness
Beiträge: 812
Registriert: 5. Apr 2003, 19:56

Re: Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von Sadness »

Hallo Kristina,

also ich finde den Begriff Depression einfach treffend und daher völlig richtig. Es kommt doch aus dem Lateinischen von "niedergeschlagen" oder "niedergedrückt" oder so ähnlich. Ich verstehe Dein Anliegen leider nicht. Wozu soll das gut sein?

Krankheiten werden, wenn sie nach Menschen benannt werden, wohl kaum nach einem Erkrankten benannt, sondern wenn, dann nach dem Entdecker (z.B. Bechterew, Basedow, Parkinson, Hodgkin u.v.m.). Das kann ich nachvollziehen und fnde es gut, aber die Depression umbenennen?? Sorry, dafür fehlt mir hier grade das Verständnis.

Gruß
Sadness
KristinaB
Beiträge: 113
Registriert: 25. Dez 2006, 11:00

Re: Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von KristinaB »

Hallo Sadness,

genau das ist das Problem. Niedergedrückt ist etwas anderes als das, was ich als Krankheit empfinde:
- riesige Ängste
- Schlaflosigket
- Grübeln
- Verzweiflung

Niedergedrückt hört sich nach "schlecht drauf" an. Viele sind niedergedrückt, ohne depressiv zu sein.

Viele Grüße

Kristina
Sadness
Beiträge: 812
Registriert: 5. Apr 2003, 19:56

Re: Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von Sadness »

Hm und wenn das "Kind" Styron heißt, weiß man, was alles an Symptomen dazu gehört???

Ich denke, der Begriff Depression ist weitläufig bekannt, auch wenn natürlich nicht jeder Mensch wissen kann, was die Krankheit alles umfasst. Das weiß man aber bei den wenigsten Krankheiten. Ich finde es auch wichtig, dass die Krankheit als solche mehr Anerkennung findet und nicht als "schlecht drauf sein" abgestempelt wird, aber dazu wird ein anderer, unbekannter Name sicher nicht beitragen. Mal abgesehen davon, dass es total unrealistisch ist.

Soweit meine Meinung dazu.
Gruß
Sadness
Dendrit
Beiträge: 4976
Registriert: 23. Mai 2003, 11:14
Wohnort: Oberbayern
Kontaktdaten:

Re: Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von Dendrit »

Hallo Kristina,

ist zwar schon ein paar Jahre her und ich war ziemlich "zu", aber was ich noch in Erinnerung habe (ich hoff, dass das stimmt), kann man zu einer Depri auch "affektive Störung" sagen. Und die wiederum teilt sich dann in die verschiedenen Richtungen. Und die enden (großteils) auch mit "Störung".

Was nun besser ist? "Störung" hört sich für mich mechanisch an, nicht irgendwas psychisches. Die Leute reagieren auch ganz anders, wenn man von einer bipolaren Störung redet, als von Manisch-Depressiv.

Aber wenn ich dann an "Persönlichkeitsstörung" denk ... hört sich für mich brutal an. Wenn ich zwar auf die Wurzelwörter zurück gehe, ist's nicht schlimm, sogar besser verständlich, aber das rückt durch's Alltagsleben auch wiederum in den Hintergrund. Egal jetzt welche Störung, aber wenn mir jemand sagt "Du bist ja g'stört" hört sich das auch nicht positiver an. Auch wenn derjenige vllt. die Begriffe gar nicht kennt, meint er es trotzdem negativ/herablassend. Da ist mir ein "Du bist ja depressiv" lieber - wenn dann im Volksmund zwischen diesen Wörtern ein haushoher Unterschied besteht.

Ich hoff, Du kannst verstehen, was ich mein.

LG, Manuela
Leander
Beiträge: 5
Registriert: 10. Sep 2007, 15:25

Re: Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von Leander »

Ich stimme Kristina in gewisser Weise zu. "Depression" wird oft als kurzer "trauriger" Zustand im täglichen Sprachgebrauch benützt und verliert damit etwas an Seriösität.

Aber diese Krankheit ist in ihren Symptomen so vielfältig, daß ich es als nicht möglich ansehe, einen bestimmten Begriff (Name eines Erkrankten etc.) dafür zu verwenden.

Ich bin jetzt auch schon 13 Jahre erkrankt und es hat sich auch in der Benennung sehr viel getan und je mehr die Forschung herausfindet, desto besser wird die Krankheit auch benannt werden.
Vor einigen Jahren war der Begriff "Hysterie" noch üblich, was ich wirklich schlimm finde.

Ich bin mit der Forschung sehr zufrieden (es hat sich ungemein viel getan in den vergangenen 20 Jahren) und so hab ich auch nicht wirklich ein Problem mit dem Wort "Depression" da sie ja jetzt besonders in den letzten Jahren auch genauer definiert wird.






Ich bin ein Lichtlein aus Nürnberg
cool
Beiträge: 2797
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von cool »

Manuela erinnert sich genau richtig !

Depressionen gehören zu den affektiven Störungen : (siehe F30-F39)
http://www.dimdi.de/static/de/klassi/di ... fr-icd.htm

Ich verwende verschiedene Begriffe, wenn es um meine Krankheit geht. Manchmal sage ich einfach ich habe eine Stoffwechselstörung oder Stimmungsschwankungen. Das ist sehr vage ausgedrückt und die Leute sind damit zufrieden.
Manisch-depressiv sage ich nicht so gerne, weil ich finde, dass es abschreckend wirkt.
Unter bipolare affektive Störung kann man sich landläufig nicht viel vorstellen, was mir ganz recht ist. Wenn nachgefragt wird, erkläre ich das mit bipolarer Depression oder bipolarer Erkrankung. Der Begriff ist zwar nicht korrekt (glaube ich), aber er gefällt mir besser wie "Störung".
Manchmal sage ich auch ich habe eine psychische Erkrankung, was mir besser gefällt wie "ich bin psychisch krank".

Es wird wohl immer Menschen geben, die mit der Erkrankung nichts anfangen können, weil sie sie nicht kennen und verstehen. Das hat sich aber in den letzten Jahren gebessert, nicht zuletzt durch die Öffentlichkeitsarbeit des Kompetenznetzes Depression und des Bündnisses gegen Depression.

Gut, ich verstecke mich auch ein wenig mit meinen Umschreibungen.
Aber wie auch immer wir die Krankheit nennen,
werden wir doch die depressionstypischen Symphtome haben, die von der Umwelt nicht immer verstanden werden.

Ein besserer Name fällt mir nicht ein.
Cookie
Beiträge: 290
Registriert: 26. Jun 2006, 17:55

Re: Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von Cookie »

Naja, also in gewisser Weise stimme ich dir schon zu, mich ärgert es auch oft, wenn die Leute unter Depression eine depremierte Stimmung verstehen. Aber ich denke nicht, dass ein unbekannter Name das Verständnis verbessern würde. Eine psychische Erkrankung kann nur nachvollziehen, wer einmal eine erlebt hat. Gesunde Leute können das einfach nicht und das kann ich auch irgendwie verstehen. Ich bin da inzwischen etwas nachsichtiger geworden. Ich sag, wenn ich überhaupt was erzähle: "Ich hab Depressionen, aber so richtig, nicht nur so´n bißchen schlechte Laune, sondern so richtig heftig, mit mich nicht mehr raustrauen und immer heulen und nicht wissen warum und keine Kraft haben und so." Dann gucken sie immer erstaunt, weil sie sich das von mir gar nicht vorstellen können und dann sag ich "ja , geht mir genauso. Ist schon gruselig."
Ich glaub, wenn man das zu technisch macht, mit "Störung" und "Ängsten", dann versteht´s erst recht keiner. Damit will keiner was zu tun haben und schwupps, machen sie zu und du bist draußen.
Tja, ist nicht einfach.
Viele Grüße
cookie
KristinaB
Beiträge: 113
Registriert: 25. Dez 2006, 11:00

Re: Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von KristinaB »

Hallo,

ein unbekannter Name würde ja nicht unbekannt bleiben. Herbstdepression/SAD - Seasonal affective disorder musste z.B. ja auch erst einmal bekannt gemacht werden, und recht das Sissy-Syndrom.

Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-System-Störung nehme ich noch mal zur Liste hinzu.

Leider bin ich in Bezug auf die Forschung nicht ganz so optimistisch. Es gibt zwar neue Medikamente, aber nach dem Ausprobieren bin ich doch immer wieder bei den trizyklischen AD gelandet. Die Psychotherapieformen, die es heute gibt, gab es vor 10 Jahren auch schon.

1991/1993 gabe es schon ein Buch zur Psychoneuroimmunologie (v. Gaby Miketta). Damals fand ich das total interessant und war auf neue Ergebnisse und die Umsetzung in der Medizin gespannt. Viel nachgekommen ist nicht ... oder habe ich vielleicht erwas verpasst.

Dafür darf ich mich regelmäßig wieder über die "falsche" Verwendung des Begriffs "Depression" ärgern. Dass es bei diesem Begriff auch zur Vermischung von Tatsachen kommt (Herbstdepression mit 15% Suizide bei Betroffenen - jetzt wieder der schweren Depression).

Schlechte Voraussetzungen für klare und klärende Aussagen, die wir Betroffenen dringend brauchen

Bis bald

Kristina
KristinaB
Beiträge: 113
Registriert: 25. Dez 2006, 11:00

Re: Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von KristinaB »

Der Mensch kann nur erkennen, was er bennen kann.
Wie kann man eine Eiche von einem Baum unterscheiden?

Wie kann man eine Art Depression von einer anderen Art unterscheiden bzw. die Unterart benennen?
Indem man einen Begriff dafür hat.

Ich sollte vielleicht nicht soviel über Begriffe und Bedeutungen nachdenken

"Depression" wird hoffentlich auch mal so eine verblichene Krankheit wie "Hysterie" sein. Dumm nur, dass ich noch unbestimmt lange warten muss.

Was denkt ihr?

Viele Grüße

Kristina
Caroline1
Beiträge: 831
Registriert: 19. Mär 2003, 16:48

Re: Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von Caroline1 »

Hallo Kristina,

Ich denke, dass du in der Tat viel zu viel Energie in diese von dir angestellten Überlegungen investierst; Energie, die du viel besser für einen konstruktiven und hilfreichen Umgang mit DEINEN Depressionen, ein Integrieren davon in DEIN Leben gebrauchen könntest.

Du scheinst mir viel zu sehr gefangen in Überlegungen, welche andere Menschen eventuell über dich anstellen. Noch viel unwichtiger scheint mir doch, welches Wort denn nun genau für deine Krankheit benutzt wird. Das drückt doch eine totale Abhängigkeit deinerseits irgendwelchen Begrifflichkeiten gegenüber aus, findest du nicht?

Mein Rat lautet ganz klar: befreie dich aus diesen Abhängigkeiten und schaue, was DIR hilft.

Grüße von Caroline
kaitain
Beiträge: 819
Registriert: 13. Jan 2007, 23:31

Re: Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von kaitain »

KristinaB
Beiträge: 113
Registriert: 25. Dez 2006, 11:00

Re: Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von KristinaB »

Hallo Caroline,

danke, dass Du mir die Gelegenheit gibst, das Thema näher zu erläutern.

Den Umgang mit meinen Depressionen habe ich in den ersten Jahren genug geübt und darüber nachgedacht habe ich auch. Ich bin in dieser Hinsicht sehr weit gekommen.

Mir geht es darum, welche Überlegungen andere Menschen grundsätzlich zum Thema Depression anstellen.

Ich selbst bin von den Begrifflichkeiten nicht abhängig, unsere gesamte Gesellschaft ist davon abhängig. Wie Depressionen genannt werden und ihr Umgang damit ist, wie über sie gedacht wird, ist extrem von der jeweiligen Kultur abhängig.

Aus den Abhängigkeiten, die auf meiner Seite bestanden, habe ich mich soweit wie möglich lösen können. Ich lebe aber weiterhin in dieser Gesellschaft und ihrer Kultur und sehe, dass hier etwas besser laufen könnte.


Hallo Kaitain,

Ärger kann auch ein Motivator sein ...

-------------------------------------------------------
Ich erwarte nicht von jedem Depri, dass er hier mitdiskutieren kann, aber ich weiss, dass es unter Depressiven viele sehr intelligente Menschen gibt und außerdem macht Denken, wenn der Kopf wieder halbwegs klar ist, doch Spaß, oder?

Viele Grüße

Kristina
kaitain
Beiträge: 819
Registriert: 13. Jan 2007, 23:31

Re: Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von kaitain »

KristinaB
Beiträge: 113
Registriert: 25. Dez 2006, 11:00

Re: Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von KristinaB »

???
Hallo Kaitain,

ich glaube, ich habe etwas nicht mitbekommen.

Was hast Du persönlich genommen?

Dich betraf eigentlich nur der Satz mit dem Ärger als Motivation. Ich kann ja noch einmal einen Strich ziehen, damit das deutlich wird.

Kristina
Edeltraud
Beiträge: 1495
Registriert: 22. Mai 2003, 16:49

Re: Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von Edeltraud »

Hallo Kristina,
es gab vor Jahren schon mal einen ähnlichen Thread.
Vielleicht findest da einen passenden Namen für das Kind.

LG,
Edeltraud

http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1119961800
ghana
Beiträge: 686
Registriert: 6. Feb 2006, 20:22

Re: Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von ghana »

Ich habe jetzt nur überflogen, aber der Begriff

"Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-System-Störung" ist mir gerade ins Auge gefallen.

Den werde ich jetzt auswendig lernen und damit Leute "zufrieden stellen", die meiner Meinung nach zu penetrant und zu indiskret nachfragen, was ich denn für eine Erkrankung habe und bei denen ich aus irgendeinem Grund der Meinung bin, es gehe sie nix an, dass ich depressive Episoden habe!

Mit dem Wortgetüm oben kann nämlich garantiert niemand etwas anfangen, aber es hört sich beeindruckend an .

LG,
Stefanie
"Am dunkelsten ist es immer vor der Dämmerung." (Eoin Colfer)
KristinaB
Beiträge: 113
Registriert: 25. Dez 2006, 11:00

Re: Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von KristinaB »

Hallo Edeltraut,

den Beitrag von Wanda fand ich gut.

Schade, dass Wanda seit ca. 2 Jahren nichts mehr geschrieben hat ...

Kristina
Billa
Beiträge: 8
Registriert: 12. Okt 2007, 21:22

Re: Der Begriff "Depression" - Krankheit "Depression"

Beitrag von Billa »

hallo Kristina

ich möchte auf deinen Beitrag vom 12. zurückkommen

Zitat: "Mir geht es darum, welche Überlegungen andere Menschen grundsätzlich zum Thema Depression anstellen."

und denke, dass sich die meisten Menschen k e i n e Gedanken über das Thema Depression machen, einfach, weil sie nicht davon betroffen sind. über bestimmte Themen macht man sich erst Gedanken, wenn man direkt od. indirekt davon betroffen ist.
Man weiß zwar, dass es das gibt, aber wirkliche Gedanken macht man sich nicht.

ich weiß z.B. dass es viele kranke Kinder gibt, aber was es wirklich für die betroffenen Kinder u. Familien bedeutet wurde mir erst klar, als es uns selbst betraf. und so ist es auch mit Depressionen.

aber es ist sicher nicht verkehrt, sich darüber Gedanken zu machen.

Gruß
Billa
Antworten