Deutung von Traum durch meine Therapeutin

[Emriye2]

Hallo zusammen,

nachdem ich eine ziemlich lange Therapiepause hatte. Bin ich jetzt seit Mitte September wieder bei meiner Therapeutin.

Ich hatte sehr große Angst vor dem ersten Termin. Aber es war dann für mich ganz o.k und ich für mich spürte gleich wieder die Sympathie die ich ihr gegenüber habe.

Nur eins finde ich etwas komisch, als es mir so schlecht ging im Frühjahr, träumte ich von ihr, dass sie an mir vorbei fuhr und ich zu ihr hin wollte, sie dann anhielt und bevor ich das Auto erreichte, gab sie mit einem Grinsen immer wieder Gas. Ich war total verzweifelt, mein Fahrrad funktionierte nicht richtig, ich kam nicht voran und wenn ich es dann mal schaffte das Auto zu erreichen, gab sie wieder Gas....

Sie fragt mich nun schon zum 2. Mal warum ich damals so aggressiv träumte. Ich empfand den Traum für mich überhaupt nicht aggressiv, ich war total hilflos und verzweifelt. Und es kam noch nie vor, dass sie meine Träume, die ich ihr schon oft erzählte und die immer ähnliche Inhalte haben, mit den Worten aggressiv wertet.


Zumal diese Träume bei mir immer wieder vorkommen, wenn ich Depressionen bekomme.

Ich träume dann z.B dass ich ganz verzweifelt ein Kind das in großer Lebensgefahr ist, retten möchte. Und alle die ich um Hilfe bitte, lachen nur und glauben mir nicht....

Dann habe ich schon ganz oft geträumt, dass ich einen Termin bei meiner Therapeutin habe, mein Fahrrad ist kaputt, ich trete und trete, aber komme nicht von der Stelle, dann will ich sie anrufen und mein Handy funktioniert nicht und wenn dann ein Freizeichen mal kommt, stimmt die Nummer nicht....

Mir geht es seit meinem Klinikaufenthalt und die Umstellung auf Trevilor echt wieder richtig gut und solche Träume träume ich überhaupt nicht momentan. Aber ich mache mir Gedanken, warum sie meint, ich träume ihr gegenüber aggressiv...stehe ich auf dem Schlauch??? Warum blicke ich das nicht???
Und es verletzt mich ein bißchen, dass sie meine Träume als aggressiv wertet....bin ich zu empfindlich??? Hhhmm, komisch.

Vielleicht kann mir ja jemand auf die Sprünge helfen...

Liebe Grüße

emriye

[heike56]

Liebe emriye,

Du schriebst schon damals davon, dass sie deinen Traum als aggressiv wertete.
Ich frage mich, ob ihr die Rolle, die sie in deinem Traum spielt, unangenehm ist.

Stelle ihr doch mal die Frage, was sie an dem Traum als aggressiv empfindet?
Für mich spricht aus deinen Träumen eine große Verlassenheit und das Gefühl nicht ernstgenommen zu werden.

Aggressiv könnte auf mich evt. die Szene wirken, wo Du sie mit dem Fahrrad fast erreicht hast und sie wieder verschwindet. Wenn jemand in der Realität wie deine Therapeutin reagieren würde, wäre da natürlich ein extremes aggressives Potential dahinter.

Im übrigen besteht ja die Meinung, wir Depressiven würden unter verdrängten Aggressionen leiden. Aber mit dieser Meinung habe ich große Schwierigkeiten.

Ich denke, es wäre auch wichtig, ihr klarzumachen, dass diese Träume nur auftreten, wenn Du in der Depression drin bist.
Und wenn Du bei dem Traum keine Aggressionen spürst, dann ist es so. Denn nur DU weißt, wie Du empfindest. Und sie hat ihre andere Meinung dazu. Und manchmal müssen zwei so unterschiedliche Meinungen nebeneinander bestehen bleiben.

Ich freue mich, dass es dir mit dem Trevilor so gut geht. Und wünsche dir, dass sich der Punkt mit deiner Therapeutin klären lässt.

Liebe Grüße

Heike 47

[Trulla]

Hallo Emriye,
aus Deinem Text verstehe ich, dass Du es nicht magst, wenn jemand oder Deine Therapeutin etwas von Dir als agressiv bezeichnet?
Ich habe so ähnliche Träume, wo ich immer z. B. nicht an mein Ziel komme, wo ich einen Termin nicht einhalten kann, weil alles kaputt ist, dass ich auf einer Reise meinen Koffer verliere, dass das Schiff untergeht, alle Busse vor mir weg fahren, usw. Ich müh mich ab, das nächste Ziel zu erreichen und schon habe ich mich getäuscht, ich muß weiter. Und ich bin immer ganz allein.

Was sie bedeuten, weiß ich auch nicht. Aber mir wäre nie der Gedanke gekommen, irgendwas daran als agressiv zu bezeichnen. Und wenn in Deinem Traum Deine Therapeutin immer vor dir weggefahren ist und dabei grinst, ist doch sie aggressiv, oder?
Frag sie doch mal.
Alles Gute
Trulla

[Regenwolke]

Liebe Emriye,

ich könnte mir vorstellen, daß Deine Therapeutin den Traum deshalb als aggressiv deutet, weil sie sich als "Traumperson" (die ja nicht unbedingt für sie als reale Person stehen muß, sondern auch für einen Teil in Dir selbst stehen kann) aggressiv verhält. Dich immer wieder abzuhängen, wenn du sie erreicht hast, ist ja eine aggressive Handlung.

Ich nehme an, Deine Therapeutin ist Analytikerin, d.h. sie geht wahrscheinlich von der Annahme aus, daß bei Depressionen unbewußte Aggressionen eine große Rolle spielen, auch das könnte ein Grund dafür sein, wieso sie den Traum so auffaßt.

Wie reagiert sie denn darauf, daß Du den Traum ganz anders empfindest? Für mich steht bei deinen Schilderungen auch viel mehr das Gefühl von Verlassenheit, das vergebliche Bemühen, in Kontakt zu kommen, gehört zu werden, im Vordergrund. Kannst Du Dir denn bei Deiner Therapeutin mit Deiner Sicht der Dinge Gehör verschaffen? Vielleicht ist das ja das Thema, um das es geht?

Lieben Gruß,
Regenwolke

[Emriye2]

Liebe Heike,

eigentlich wollte ich Euch schon gestern Abend antworten, war dann aber zu müde. Durch das Schreiben hier im Forum und euren Antworten wurde mir einiges klarer. Ich könnte ganz bestimmt das Thema in der Therapie ansprechen, aber ich merke, ich habe Angst, Angst vor den Gefühlen die hinter den Träumen stecken. Es sind keine Aggressionen, es ist die Verlassenheit, das Nicht wahrgenommen werden und alleine dazustehen...

Mir geht es grad richtig gut und diese Gefühle spielen überhaupt keine Rolle in meinem Erleben. Ich habe ehrlich gesagt, Angst, tiefer in diese Gefühle zu gehen. Ich will einfach grade das Jetzt genießen und nicht in meinen alten Gefühlen wühlen.

Herbst war ja bisher immer meine schwierige Zeit, in der ich anfällig bin für Depressionen. Und ich möchte auf garkeinen Fall nochmal so heftig in eine Depri rutschen wie dieses Frühjahr.

Vielleicht sollte ich eine Therapiepause machen, weil ich mich innerlich auf diese schmerzlichen Gefühle nicht einlassen möchte.

Ich danke Dir für Deine Antwort und wenn ich was von Dir lese, denke ich auch gleichzeitig an Dein Buchtipp(L.Reddemann) von Dir, der mir sehr geholfen hat...

Nun wünsche ich Dir, dass Du auch so einen schönen Spätsommertag vor der Tür hast. Ich liebe dieses Licht, diese Klarheit in der Luft und den Geruch in der Natur.

Liebe Grüße
emriye

[Emriye2]

Liebe Trulla,

Du hast es auch richtig erkannt, ich habe Probleme damit, wenn jemand was von mir als aggressiv hinstellt, wobei ich dieses Gefühl überhaupt nicht empfunden habe. Ich habe große Probleme mit aggressiven Menschen, sie machen mir große Angst.

Interessant finde ich ja, dass Du ähnliche Träume hast. Ich könnte hier auch ein Sammelsurium von unterschiedlichen Traumgeschichten mit immer der gleichen Botschaft und Inhalten aufschreiben...

Ich denke schon, dass bei mir dabei die Gefühle aus meiner Kindheit wieder hochkommen...

Dir alles Liebe und auch Dir einen wunderschönen Tag

emriye

[Emriye2]

Liebe Regenwolke,

ja meine Therapeutin ist auch Analytikerin und wahrscheinlich spielt das auch eine Rolle mit der Deutung. Der Traum entsteht ja in mir und sie ist der Statist.

Ich glaube schon, dass ich das ansprechen kann, aber wie ich oben geschrieben habe, habe ich große Angst in Gefühle zu gehen die momentan nicht mein Leben bestimmen.

Aber andererseits wäre es ja schon wichtig zu wissen, ob sie mich mit meiner Wahrnehmung ernstnimmt und mir meine Gefühle nicht abspricht.

Dir auch herzlichen Dank und auch Dir wünsche ich, dass Du ein Momentchen Zeit findest, den herrlichen Tag zu genießen.

liebe Grüße

emriye

[flora80]

Hallo Emriye,

ich finde Regenwolkes Erklärung ganz plausibel. Was mir außerdem noch dazu eingefallen ist: Vielleicht meint sie (deine Therapeutin) mit "aggressiv träumen" gar nicht, dass der Inhalt aggressiv wäre, sondern viel eher, dass die Art und Weise, wie du den Traum erlebt hast, aggressiv ist. Der Traum hat dich ja nun einmal im übertragenen Sinne tatsächlich "angegriffen". Sozusagen der Traum als Aggressor dir gegenüber.?

Lieber Gruß von Flora

[sonnenwurm]

Hallo Emriye!

Sehr gut kann ich nachempfinden, dass du im Moment nicht die Motivation und vielleicht auch nicht die Kraft hast, in den alten Gefühlen herumzuwühlen. Hast dich ja gerade eben erst stabilisiert.

So würde ich es der Therapeutin sagen...statt einer Pause zu machen könnte sie dir ja auch zunächst bei der weiteren Sabilisierung helfen. Und wenn du dich stark genug fühlst, dann kann es wieder in die Tiefe gehen.

Wäre das eine Möglichkeit? Ich wünsche dir eine gute Zeit,

Sonnenwurm

[Emriye2]

Liebe Flora,

ja so kann es auch sein und mein Traum stand da wirklich als Bild für meine Gefühle, die ich da hatte. Aber es waren eben keine aggressiven Gefühle....

Sodele, jetzt muß ich endlich mit meinem Langschläferhundili raus in die Sonne.

Auch Dir einen schönen Tag
emriye

[Emriye2]

Liebe Sonnenwurm,

genau das ist es, ich will nicht in alten Gefühlen rumwühlen (hihi reimt sich) und ich muß mich trauen das anzusprechen. Ich weiß ja nicht, ob sie nur ein Plauderstündchen mit mir halten möchte. Mir wäre es echt am liebsten nur über alltägliche Dinge zu sprechen, aber vielleicht denkt sie dann, das kann ich ja auch mit meinen Freundinnen tun..

Dir liebe Grüße und einen sonnewurmigen Tag
emriye

[sonnenwurm]

Hihi, sonnenwurmiger Tag....den ganzen Tag im Sand rumkringeln - da kommt Laune auf!!

Ich kann ja nur von mir und meiner Therapeutin berichten: sie arbeitet so, dass erst einmal stabilisiert wird und dann "ran an die Probleme".

An manchen Tagen hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich auch dachte:"Jetzt plaudern wir hier rum und wälzen gar keine Probleme".

Meine Thera meinte dazu, dass es ein ganz wichtiger Schritt zur Gesundung ist zu merken, dass es auch gut und schön sein kann und dass man diesen Zustand erlebt, geniesst, ausbaut und zur Kraftaufnahme ausschöpft. Weiterhin meinte sie, dass sie sehr gut mit mir arbeiten kann und auch viel von mir sieht, wenn ich mich freue, wenn es mir gut geht...

Also, nur Mut, sprich es an!

[Liber]

Liebe Emriye,

mal andersherum gefragt: wäre es nicht auch eine Möglichkeit, gerade jetzt in der stabileren Phase die Unstimmigkeiten mit deiner Therapeutin anzusprechen?

Wenn du dich sowieso schon labil fühlst, ist die Gefahr ja viel größer, davon noch weiter heruntergezogen zu werden.


Zur Aggression fällt mir noch ein: Ich könnte mir vorstellen, dass du - ohne es selbst wahrzunehmen - damals eine riesige Wut auf deine Therapeutin gehabt hast, als sie dich mit dem Geschenk damals so hat abblitzen lassen. Wut ist bei einer solchen Reaktion, wie der deiner Therapeutin damals, völlig normal!

Und es stimmt freilich, dass Depressive ihre eigene Wut oft nicht wahrnehmen können. Statt der Reaktion "sie lehnt mich und mein Geschenk ab, ich bin es nicht wert, von ihr beachtet zu werden" wäre auch ein wütendes "eine Unverschämtheit, mich so abblitzen zu lassen, was denkt sich die blöde Gans!" denkbar gewesen.

In deinem Traum verhält sich die Therapeutin zwar nicht so offen, aber doch unübersehbar aggressiv. Und jede Traumfigur kann auch als Teil von einem selbst interpretiert werden, hier vielleicht dein aggressiver Anteil, den du selbst noch gar nicht wahrnehmen kannst?

Liebe Grüße

Brittka

[Emriye2]

Liebe Brittka,

ich hatte Träume dieser Art auch schon sehr oft von Ihr und zu der Zeit, gabs keine Probleme. Ich habe schon ganz oft geträumt, dass ich einen Termin bei ihr habe, ich dort unbedingt hinwill. Nichts funktioniert, ich komme nicht von der Stelle und sie fährt dann - komischerweise -immer grinsend an mir vorbei....

Aber ganz klar, die Gefühle die dahinter stecken, können auch Wut bedeuten. Aber ich fühle das nie, komisch.

Als es mir damals dann in der Klinik besser ging und ich so über das Geschenk und ihre Reaktion nachdachte. Kam mir auch schon mal in den Sinn, "diese arrogante Tante" hmm, weil sie doch sagte, dass sie eh keine Zeit hat zum CD hören.

Sie bohrte auch letzte Stunde ziemlich rum und konnte nicht verstehen, dass ich keine Wut empfand.

Dann sagte ich ihr, dass ich als es mir besser ging, schon mal dachte, dass die Aussage etwas arrogant war.

Dann meinte sie, der Gedanke kommt wahrscheinlich daher, weil wir so zwei unterschiedliche Leben führen. Und es war nicht arrogant gemeint, sondern eher, dass sie eben keine Zeit hat um das Geschenk wert zu schätzen.

Naja, ich weiß, ich sollte wirklich an diese Gefühle gehen, die da waren. Aber ganz ehrlich, ich habe Angst. Mir geht es sehr gut. Aber die Angst sitzt mir sehr im Nacken, dass ich immer im Herbst schwere Derpris bekomme. Und ich möchte jetzt auf garkeinen Fall irgendwelche Gefühle hochholen, die auch was mit meiner Kindheit zu tun haben.

Echt vielen Dank nochmals an alle, dass Ihr Euch alle so sehr Mühe gebt, meine Gedanken zu ordnen. Vielleicht schaffe ich es ja dann doch durch das Nachdenken durch Euch.

Dir liebe Grüße

emriye

P.S und wenn es zuviel wird, sagt es mir bitte.....

[Cookie]

Hallo Emriye,
hast du schon mal darüber nachgedacht, warum du es so negativ findest, dass sie deinen Traum als aggressiv bezeichnet. Es ist ja fast so, als würde es dich beleidigen. Aggression ist doch das Gegenteil von Depression, vielleicht ist sie ja sogar das Gegengift. Das wär doch toll für uns. Ich hab jedenfalls gute Erfahrungen damit gemacht, Aggressionen nicht mehr als negativ zu sehn, sondern als ganz normales Gefühl wie Freude, Trauer, Stolz, Liebe, Wut usw. Und vielleicht hat sie ja wirklich gemeint, dass der Traum aggressiv gegen dich war. Frag sie doch einfach und bessprich doch mal mit ihr deine Einstellung zu Aggressionen. Also ich fand die Auseinandersetzung mit diesem Wort sehr aufschlussreich.
Viel Glück und einen deprifreien Herbst wünscht
cookie

[Emriye2]

Liebe Cookie,

ganz bestimmt habe ich ein Problem mit Aggressionen und wenn ich bei dem Traum Aggessionen gefühlt hätte oder als ich ihr was schenkte und sie mich abblitzen ließ, dann könnte ich es ja auch annehmen. Aber ich fühlte keine Aggression, als es mir später besser ging, kamen schon so Gedanken wie diese arrogante Tante... das sagte ich ihr dann auch nach langen Bohren von ihr, aber dieses Gefühl hat sie ja dann abgetan damit, dass wir in zwei unterschiedlichen Welten leben.

Ich weiß ich sollte das schon angehen, aber meine Angst davor, von ihr nicht richtig aufgefangen zu werden, ist zu groß. Mein Vertrauen hat doch schon ein Dämpfer abbekommen und mir hängt diese heftige Depression noch sehr nach. Ich will nichts, aber auch garnichts tun, was mich nochmals in eine solche Lage bringen könnte. Auch wenn ich jetzt stabil bin und es mir gut geht.

Aber so richtig kann ich dem Frieden und meinem Körper nicht trauen, weil wenn eine Depression bei mir kommt, kommt sie schlagartig, von einem auf den anderen Tag. Egal wie gut es mir geht und das eben immer vorwiegend im Herbst.

Deshalb ist meine Angst sehr groß und ich hoffe, dass mich mein Trevilor auch diesmal vor diesem schrecklichen Zustand über den Herbst rettet.

Dir nochmals viele Grüße und Dankeschön

emriye