Der Defizitmensch

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urs.hardtfeld
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Der Defizitmensch

Beitrag von urs.hardtfeld »

Hallo!
Habe momentan, wohl auch angeregt durch wieder hochgekommene Erinnerungen an Ereignisse, die Jahre zurückliegen und offene Fragen hinterlassen haben, wieder so eine Phase, in der mir vor allem meine echten oder vermeintlichen "Defizite" durch den Kopf gehen:

* Keine abgeschlossene Ausbildung, und das mit bald 40;

* eine dauernd auf der Kippe stehende wirtschaftliche Existenz als selbständiger "MacGyver der Computerwelt", dessen Kenntnisse aber eher punktuell sind und den methodisch-theoretischen Überbau vermissen lassen;

* eine gewisse "Meisterschaft" darin, als lästig empfundene Dinge solange vor sich her zu schieben, bis sämtliche Termine x-fach überzogen sind;

* zwar momentan eine seit Jahren bestehende Beziehung zu einer sehr liebevollen Frau, die jedoch als Wochenend"ehe" geführt wird, während die Woche über (OK, auch weil die Arbeit es oft so erfordert) im "Hotel Mama" gehaust wird (das war schon mal eine Zeitlang anders, da war ich zumindest mal ganze Wochen lang bei der Freundin);

* auch diese Beziehung leidet darunter, daß ich immer wieder über eine Geschichte grüble, die für mich viele offene Fragen grüble hinterließ: zu Anfang meines Studiums habe ich eine damals von A bis Z als absolute "Traumfrau" wahrgenommene Kommilitonin kennengelernt und mich dann jahrelang nicht getraut, trotz (oder gerade wegen?) einer herzlichen Freundschaft zwischen uns, ihr meine Gefühle für sie offen zu zeigen, und eines Tages war sie dann weggezogen;

* es fällt mir schwer, in Konfliktsituationen auch mal klein beizugeben bzw. "vernünftigerweise" (z.B weil der andere am "längeren Hebel" sitzt, z.B. "Chef") auch mal einen als unsinnig empfundenen Standpunkt zumindest zum Schein zu akzeptieren;

* vor Jahren habe ich nach langer Suche eine Religion gefunden, deren Lehren mir "zusagen" und die mir damals viel Kraft gegeben hat, doch nach anfänglicher regelrechter Begeisterung köchelt auch das jetzt auf "Sparflamme" bzw. ist zeitweise nicht mal mehr "lauwarm";

* diverse Versäumnisse im gesundheitlichen Bereich, vor allem sicher einige zu erwartende Probleme infolge einer jahrzehntelang massiven und auch jetzt noch nicht so richtig überwundenen "Zahnarztphobie";

* eine seit der Schulzeit bestehende Art von "Konzentrationsschwäche", einhergehend mit dem Hang zur gebetsmühlenartigen innerlichen Wiederholung von eingängigen Melodien, mehr oder weniger rhythmischen Sätzen oder Satzfragmenten;


* meine momentane Haupt-tätigkeit (bin bei einem meiner Kunden inzwischen mehr oder weniger fest im Verkauf in der Multimedia-Abteilung) bringt zwar relativ gutes Geld (knappe 4000 brutto) und ist auch eigentlich nicht schwer, nimmt jedoch viel Zeit in Anspruch (jeden Tag von 10 Uhr vormittags bis halb sieben), und ich habe immer wieder die (viellecht völlig unbegründete) Angst, daß meine eigentlichen Fähigkeiten dort verkümmern.

Das zieht mich alles runter und blockiert mich; oft bleiben Versuche, an diesen Zuständen was zu ändern, deshalb auch im Ansatz stecken, und das wiederum macht das Empfinden der oben genannten "Defizite" nicht besser, ein regelrecher Teufelskreis.

Zwar scheint jetzt ein organischer Grund (ein gegenüber dem Durchschnitt extrem erhöhter Bedarf an B-Vitaminen) für meine oft alles dominierende Antriebslosigkeit gefunden worden zu sein, und es wir auch schon was dagegen unternommen, doch gerade das davon ausgelöste "Erwachen" führte nach anfänglicher "Aufbruchstimmung" auch zu einer verstärkten "Defizitwahrnehmung".

Habe momentan wieder das Gefühl, auf der Stelle zu treten und keinerlei Fortschritte zu machen.
"das einzige was meine Situation von der von vor 5 Jahren unterscheidet, ist, daß mir diese 5 Jahre fehlen und das Auto vor der Tür 50cm länger ist als das von damals", so einer meiner Gedanken...
Sadness
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Re: Der Defizitmensch

Beitrag von Sadness »

Hallo Urs,

ach Mensch, wenn man sich so eine Liste erstellt (und verinnerlicht) ist es ja kein Wunder, dass es einem schlecht geht.

Schreib mal lieber 'ne Gegenliste mit Deinen positiven Eigenschaften, Deinen Stärken und Fähigkeiten. Denn die gibt es sicher auch! Und dann zerreiß die olle Negativ-Liste und die Positiv-Liste pinnste Dir an den Spiegel Vielleicht erweitert es Dein Selbstbild ein wenig..

Alles Gute
Sadness
Shy
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Re: Der Defizitmensch

Beitrag von Shy »

Hallo Urs,

zuerst dachte ich auch an eine Positiv-Liste. Dann dachte ich, dass ich mich in vielen von Dir beschriebenen Dingen wiederfinde.

Nur habe ich selten das Gefühl des Stillstandes gehabt.

Ich weiss nicht ob es Dir hilft, aber ich habe es damals so geschafft, indem ich mir das "Defizit", welches mich am Meisten belastete, vorgenommen habe und versucht habe, daran was zu ändern. Das war ein jahrelanger, kräftezehrender Kampf mit vielen Up and Downs, und ist eigentlich bis heut noch nicht abgeschlossen. Aber ich habe immer noch das Gefühl, dass ich was ändern kann. Dadurch werden meine anderen Mankos (zum Grössten Teil) erträglicher für mich.

Lieben Gruß
















Es kommt nicht darauf an, dem Leben mehr Jahre zu geben, sondern den Jahren mehr Leben zu geben.

Alexis Carrel
otterchen
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Re: Der Defizitmensch

Beitrag von otterchen »

Urs,

*kopfschüttel* hmmm... ich frage mich, ob ich mal aufzählen soll, was ich alles nicht bin und nicht kann?

*stirnrunzel* Deine Welt ist ja wirklich sehr negativ geprägt *kopfkratz*

*grübel* Du scheinst voller Selbstzweifel, Selbstvorwürfe und Selbstkritik zu sein; sehr unzufrieden mit dem Leben, das Du führst.
Möchtest Du das ändern?
Ja bestimmt - aber Du möchtest als ersten Impuls wohl all diese Dinge ändern, die Du aufgezählt hast. Das erinnert mich - bitte entschuldige den Vergleich - an diese Püppchen in den Medien, die nur eine neue Nase und neue Brüste brauchen, und schon sind sie glücklich. Glauben sie. Fehlanzeige.

Es ist die innere Einstellung zu den Dingen, zu seinem Leben, zu sich selbst. Es ist Liebe zu sich selbst.
Ich würde nicht sagen, dass Du einen Menschen beschreibst, den Du liebst.

Jetzt hänge ich gerade hier und frage mich, ob ich mich trauen darf, dieses Posting abzuschicken. Aber ich habe irgendwie gerade das Bedürfnis, Dich quasi wachzurütteln.
Sollte ich mit meinem Posting daneben liegen, möchte ich mich hiermit entschuldigen - ich möchte Dich gewiss nicht angreifen, sondern Dir etwas Unterstützung geben - von einem Depri zum anderen.
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ausdemEis
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Re: Der Defizitmensch

Beitrag von ausdemEis »

Hallo Urs,

ich würde Deiner langen Liste an Defiziten gerne etwas sehr Positives entgegenstellen: Ich finde, Du nimmst Dich sehr bewusst wahr!

Es sind zwar alles negative Dinge, die Du da aufzählst, aber immerhin kannst Du die Dinge konkret benennen. Verglichen mit meiner Situation in den letzten Tagen ist das enorm wie ich finde. Bei mir ist es im Moment eher so, dass ich zwar irgendwie alles Scheiße finde, aber so wirklich wahrnehmen tue ich nichts. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass ich auch nichts "greifen" und angehen kann.

Vielleicht ist das ja ein Einstieg in eine Liste mit ein paar positiven Dingen über Dich selbst...?!
Das Otterchen meint es übrigens ganz sicher tatsächlich nicht böse, es ist nämlich weise

Ich wünsche Dir alles Gute!
Urmel
otterchen
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Re: Der Defizitmensch

Beitrag von otterchen »

sorry, doppelt
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otterchen
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Re: Der Defizitmensch

Beitrag von otterchen »

Quark Urmel,

ich bin nicht weise,
ich schreibe vielleicht hin und wieder mal was auf, was manch einer für weise hält
(warum gibts hier kein Smiley, das die Zunge rausstreckt????)

Mein Thema sind halt im Moment Eigenliebe, Selbstkritik, -vorwürfe, -ansprüche, bewusstes Wahrnehmen und BeWERTen... und darauf reagiere ich momentan recht emotional.

Ich finde es wichtig, sich seine positiven Seiten vor Augen zu halten und zu bedenken, dass jedes Ding zwei Seiten hat.
Beispiel: meine große Liebe (*seufz* ich denk gerade heute viel an ihn) hat eine große innere Ruhe ausgestrahlt.
Das hat mir sooo gut getan, ich hätte gerne etwas davon abgehabt (ja, und endlich bin ich ruhiger geworden) - er selbst hat sich aber hin und wieder als Schlaftablette bezeichnet.

Es kommt also auf die Bewertung an - ein und dieselbe Sache kann man positiv oder negativ auffassen:

Ich bin sehr lebhaft - das ist gut. Ist es das? Manche Leute nerve ich gewiss.
Ich mache meinen Haushalt nicht gewissenhaft - das ist schlecht. Ist es das wirklich? Mein Besuch findet es gemütlich hier und fühlt sich wohl.
Ich schäme mich, weil meine Zähne nicht ganz gerade sind. Was sagt meine Umwelt? Ich hätte so ein tolles Lachen.
Ich fahre sicher und unfallfrei Auto - das ist doch gut, oder? Für manche bin ich aber zu zögerlich, gebe auf der Autobahn nicht Vollgas, traue mich schon nicht viel mehr als 100 km/h.

Wie gesagt: alles hat 2 Seiten - und das liegt nur im Auge des Betrachters. Was habe ich davon, wenn ich alles - inclusive meiner eigenen Person - negativ bewerte? Ich fühle mich schlecht, es geht mir schlecht.
Will ich das? Nö.



Hmpf, ist doch noch zu früh für das Wort zum Sonntag
(es grüßt das sabbelige Otterchen)
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imagine
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Re: Der Defizitmensch

Beitrag von imagine »

Liebes Urmel,
für mich haben sie was, deine Beiträge..
Ich mag sie!!
Auch ich finde deine Beiträge klug und weise Otterchen und amusant zu lesen
Und last but not lesat hat fast jede Eigenschaft tatsächlich zwei Seiten, die man betrachten kann

Und nun geh ich wieder in die Heia schlaft noch alle gut

imagine
Schweigen ist die unerträglichste Art der Erwiderung (Chesterton)
otterchen
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Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Der Defizitmensch

Beitrag von otterchen »

Guten Morgen Imagine, Urmel, Urs und alle anderen!

Ja Imagine, die Beiträge von Urmel finde ich auch immer sehr schön und zutreffend. Oft finde ich Wärme und Verständnis, aber auch Humor und ein gewisses Augenzwinkern... eine ausgleichende Ader (Gerechtigkeitssinn?)...
Deine Beiträge sprechen mich aber auch an! (bitte verlang jetzt keine Stichpunkte von mir, bin noch zu müde)

Ich frage mich allerdings, warum Urs nichts mehr hierzu geschrieben hat, zumal er danach noch im Forum gepostet hat.
Urs, geht Dir das im Moment zu nah? Oder fühlst Du Dich nicht verstanden? Bitte melde Dich doch mal hierzu.


(das Otterchen ist noch müde, konnte erst um 2 Uhr einschlafen, hat aber gleich einen Massagetermin *freu*)
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ausdemEis
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Re: Der Defizitmensch

Beitrag von ausdemEis »

Hach, was seid Ihr alle nett zu mir am frühen Morgen

Ich wünsche mir... den Weltfrieden!


Urs, lieber Defizitmensch, der sich so bewusst wahrnimmt, wo bist Du? Sag doch etwas. Kannst auch sagen, dass Du unsere Beiträge doof findest
Lee
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Registriert: 5. Jul 2004, 16:42

Re: Der Defizitmensch

Beitrag von Lee »

Defizitmensch??? Negativliste???

Ich glaube, ich habe deine Liste nicht verstanden - denn auf mich wirkt sie äußerst positiv. Von einem geschrieben, der erfolgreich - trotz Widrigkeiten - sein Leben meistert:

1. Haarscharf am Rande der Existenz: vielen Menschen geht es heutzutage so. Du meisterst deine Schwierigkeiten immer wieder. Hut ab!

2. EUR 4000 Einkommen. Ohne "Ausbildung". Ich habe mehrere Ausbildungen und verdiene nicht halb soviel.

3. Beziehung, eine liebe Freundin. Nicht jeder hat das Glück, einen lieben Menschen kennenlernen und halten zu dürfen.

4. Aufschieberitis. Wer hat die nicht?

5. In Gedanken-Singen oder Rhythmen aufsagen = hängt vielleicht mit Depri zusammen, ist vielleicht ein Mini-Zwangsgedanke. Vielleicht aber auch nicht. Auf jeden Fall nichts, was du dir vorwerfen solltest, denn dafür kannst du nix.

6. Self-Made-Man = Selbst-Ausbildung. Hut ab Nr. 2.

7. Anfänglich von etwas begeistert (Religion z.B.) oder supergut in einem Fach sein und dann nachlassen, ist sowas von "normal", dass es dafür sogar ein Wort gibt: "Regression" (s. Statistik).

8. Eine weitgehend überwundende Zahnarzt-Phobie? Toll! Nochmals Hut ab. Geh deine gesundheitlichen Probleme an, die vergangen fünf Jahre sind - vergangen.

9. Stillstand ist schlimm? Warum? Manchmal muss man innehalten und sich neu ausrichten. Auch das ist menschlich.


Kurz, eine Erfolgsliste. Da steht jemand im Leben und meistert es.
Aequitas
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Registriert: 2. Sep 2007, 12:09

Re: Der Defizitmensch

Beitrag von Aequitas »

Durch diesen Beitrag, noch mehr durch die Antworten, drängt sich eine Frage auf, die zwar leicht neben dem Thema liegt, mir aber doch wichtig ist.

Ist es in diesem Forum Usus "verständnisvoll" und "aufbauend" zu sein, oder ist es auch durchaus erwünscht, vielleicht etwas nüchterner und analytischer gewisse Beiträge zu betrachten?
---

"Kenntnisse kann jedermann haben, doch die Kunst zu denken ist die seltenste Gabe der Natur." Friedrich II. der Große
Lee
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Registriert: 5. Jul 2004, 16:42

Re: Der Defizitmensch

Beitrag von Lee »

@Aequitas

Jeder, wie er kann? Die Welt ist bunt und ebenso ihre Bewohner. Viele unterschiedliche Antworten erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass etwas Hilfreiches dabei ist. Wobei auch "nüchterne" Beiträge durchaus von Verständnis getragen sein und aufbauen können. Wichtig ist für mich "nur", dass der Respekt nicht auf der Strecke bleibt.

Ich fand in diesem Thread, dass Urs den Wald vor lauter Depression nicht sieht - und habe mich gewundert, dass kein Poster seine Perspektive (lange Negativliste) hinterfragt hat.

@ Urs:

Ich wollte dich keinesfalls kritisieren oder son Schmonzes sagen wie: "Ach, du hast doch so viel, sieh mal, die Menschen in der dritten Welt ..." Mein Beitrag war einer aus einer anderen Perspektive. Ein Denkanstoß ohne Wertung. Mehr nicht. Aber auch nicht weniger. Ich habe echt Respekt vor deiner bisherigen Lebens-Leistung.

Viele Grüße an alle
ausdemEis
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Registriert: 18. Mär 2007, 22:11

Re: Der Defizitmensch

Beitrag von ausdemEis »

Hallo Aequitas,

ich schließe mich Lee an. Solange es nicht verletztend wirkt, etwas analytisch und nüchtern an die Sache ranzugehen, finde ich das überhaupt nicht schlimm. Eher sogar gut!

Urmel
otterchen
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Re: Der Defizitmensch

Beitrag von otterchen »

*räusper*
kein Poster hat seine Perspektive hinterfragt? *hüstel*

wenn man ein Ding von 2 Seiten betrachten kann, muss man doch seine Perspektive ändern - oder?

Allerdings - Du hast Dich ganz direkt auf seine Aussagen bezogen, was ich nicht getan habe.

Ansonsten: Zustimmung zu Deinem letzten Posting. Ich fand eigentlich alle Antworten hier respektvoll.

Ein wenig missgestimmt bin ich aber schon, wenn ich mir ansehe, dass wir uns hier alle Mühe geben, und Urs nicht weiter darauf eingeht. @ Urs: Hat es Dir geholfen? Behagt Dir irgendwas nicht? Brauchst Du jetzt irgendwas anderes? Fühlst Du Dich nicht ernst genommen oder verstanden?
Wir schreiben hier Deinetwegen, wir wollen Dir helfen, Dich unterstützen. Magst Du uns sagen, wie es Dir mit unseren Postings geht?

Ansonsten tröste mich derzeit nur damit, dass vielleicht irgendjemand anderes einen kleinen Funken für sich mitnehmen kann, einen kleinen Schubs bekommt, seine Gedanken mal in eine andere Richtung zu lenken.
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urs.hardtfeld
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Re: Der Defizitmensch

Beitrag von urs.hardtfeld »

HAllo! War eine Zeitlang nur lesend hier.

BTW: irgendwie scheint das mit dem Zitieren hier nicht zu klappen, ich bekomme immer die Ursprungsnachricht.

Danke für die aufmunternden Antworten. Habe sie zum Anlaß genommen, mal den "Minus"- ein paar Pluspkunkte gegenüberzustellen.
Sehe es jetzt schon etwas lockerer.

* keine Ausbildung - OK, nichts was man nicht ändern könnte. Muß ja keine "klassische" Lehre, Studium oder so sein, auch ein Fernkurs ist schon mal ein Schritt nach vorn.

* die vermeintliche "verpaßte Chance", der ich jahrelang nachtrauerte... OK, wer weiß ob wir wirklich miteinander glücklich geworden wären. JETZT nach der Antwort von IHR ist wenigstens klar, daß da nie mehr was sein wird, und damit ist ein Punkt weg, der die Beziehung zu meiner derzeitigen Freundin unterschwellig immer belastete. ENDLICH FREI!


*Versäumnisse im gesundheitlichen Bereich: auch nichts, was man nicht in den Griff kriegen könnte.
Eine Ursache wurde immerhin schon gefunden und angegangen.


*vom "MacGyver der Computerwelt" zum scheinselbständigen Verkäufer in einem miefigen Provinzkaffladen... OK, muß ja nicht fpr immer so sein, die Bezahlung ist akzeptabel, und die Dumpfbackenkunden (incl. der Oberdumpfbacke von Chef) taugen immerhin zur Abhärtung. Wer DAS einige Zeit durchhält, den schreckt kein Problemkunde mehr.

Oder wie es mir einer meiner Vorgänger dort riet: "Melk´ die Kuh solange sie noch Milch gibt, und dann hau´ sie in die Pfanne!"

schau´n mer mal...
Aequitas
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Re: Der Defizitmensch

Beitrag von Aequitas »

Urs, ich sage dir mal wie das ganze für mich klingt. Und ja, es ist bewusst überspitzt.

„Ich bin der Urs, und alle gleich von mir aufgezählten Defizite sind nur vermeintliche.

Ich eigentlich voll der super Typ, da ich es schaffe ohne „methodisch-theoretischen“ „Überbau“ (falsch!) einen Computerladen zu betreiben, läuft nicht so gut, aber ich habe ja auch keine Ausbildung. Aber weil ich so geil bin, verdiene ich 4.000 € im Monat. Erwähnte ich schon, dass ich das alles ohne Ausbildung geschafft habe? Aber trotz all dieser beachtlichen Leistungen hatte ich leider damals nicht die Eier in der Hose meine große Jugendliebe anzusprechen. Und obwohl ich ihr nachtrauere, hab ich ne Freundin. Ist klar, ich bin der Urs. Ich bin so toll, dass ich eigentlich zu toll bin. Generell. Vor allem verkümmert mein Talent bei meiner jetzigen Arbeit.
Sagt mir bitte eure Meinung mit viel Puderzucker, stellt heraus, dass meine „Defizite“ tatsächlich keine sind, überschüttet mich mit Aufmerksamkeit. Ich brauch das, ich bin der Urs.“

So, Butter bei de Fische. Was sollen das für Fähigkeiten sein, die verkümmern? Fähigkeiten sind grds. angeboren. „Sehen“ ist eine Fähigkeit. Eine Ausbildung hätte wohl deine derzeitige Arbeitssituation nicht verändert. 4.000 € sind ne Menge Holz. Ein WISSENSCHAFTLICHER Mitarbeiter im Landtag eines großen Bundeslandes verdient 3.500 €. Und ob dein Leben sinnentleert ist?

Falls ich zu drastisch gewesen sein sollte, bitte ich um Entschuldigung, ich will hier niemanden wirklich persönlich derart angreifen, dass es verletzend wirkt. Ich sollte am besten mal ins Bett gehen und um diese Zeit nichts mehr schreiben.

Dennoch,
Aequitas

Edit: Echt etwas hart.
---

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otterchen
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Re: Der Defizitmensch

Beitrag von otterchen »

hmmm...

ich wundere mich auch gerade über Urs' Posting - aber dennoch schön, dass Du Dich hier wieder zu Wort meldest.

Urs, irgendwas fehlt mir bei Deinen Worten, und das ist GEFÜHL. Ich hab den Eindruck, Du hast einfach ZUGEMACHT. Verdrängt, übertüncht, weggeschoben.

Was mich interessieren würde: bist Du in Behandlung? Seit wann? Welche Diagnose wurde bei Dir gestellt?
Oder hast Du gerade eine depressive Stimmung und brauchst etwas Aufbau - was wir Dir leider nicht vermitteln können?
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
urs.hardtfeld
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Re: Der Defizitmensch

Beitrag von urs.hardtfeld »

> Urs, irgendwas fehlt mir bei Deinen Worten,
> und das ist GEFÜHL. Ich hab den Eindruck, Du
> hast einfach ZUGEMACHT. Verdrängt, übertüncht, weggeschoben.

Da ist womöglich was dran.

Neige momentan zu extremen Schwankungen in meinem Selbstbild.

Eben noch "king of the road", Sekunden später dann: arme Sau, die jahrzehntelang alles kpl. falsch gemacht hat und sich in jeglicher Hinsicht in einer Sackgasse sieht.

Irgendwas sagt mir, daß die Wahrheit irgendwo dazwischen liegt, aber wo?
urs.hardtfeld
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Re: Der Defizitmensch

Beitrag von urs.hardtfeld »

Lee schrieb:

>Von einem geschrieben, der erfolgreich - trotz Widrigkeiten -
>sein Leben meistert:

Wenn dem nur so wäre. Die "Widrigkeiten" sind halt größtenteils selbstgemacht.

> 2. EUR 4000 Einkommen.
Naja, das ist das was bei meiner derzeitigen Haupttätigkeit brutto gezahlt wird, vor allen Steuern, und laufenden Kosten.
Dazu noch sporadisch andere Aufträge, bei denen noch ein wenig ´reinkommt, aber meine "Haupttätigkeit" läßt mir dazu nicht viel Zeit. Mache ich eigentlich nur, um noch "am Ball zu bleiben" und die Kontakte zu Stammkunden von früher nicht ganz abreißen zu lassen.

Kann trotzdem eigentlich zufrieden sein, da hast Du schon recht.

> 3. Beziehung, eine liebe Freundin. Nicht jeder hat das Glück,
> einen lieben Menschen kennenlernen und halten zu dürfen.

Ist schon wahr.

> 4. Aufschieberitis. Wer hat die nicht?
Klar. Doch man kann alles treiben und übertreiben. eine um 2 Jahre überzogene Stuererklärung dürfte eher unter letztere Kategorie fallen.
OK, ich versuche zumindest, daraus nicht auch noch 3 Jahre werden zu lassen,

> 5. In Gedanken-Singen oder Rhythmen aufsagen = hängt vielleicht mit Depri zusammen,
> ist vielleicht ein Mini-Zwangsgedanke.

Tippe mal auf Letzteres. Habe mich inzwischen immerhin dazu aufraffen können, (auch) darüber demnächst mit einem Therapeuten zu sprechen.

> Auf jeden Fall nichts, was du dir vorwerfen solltest, denn dafür kannst du nix.

Da war halt immer die Angst, wegen sowas nicht "normal" zu sein.

> 6. Self-Made-Man = Selbst-Ausbildung. Hut ab Nr. 2.

Wie man´s nimmt. Habe halt in viele Dinge reingeschnuppert, aber doch immer wieder das Gefühl, ausgerechnet in meinem "Hauptbetätigungsfeld" (EDV, Telekommuunikation, Multimedia) nur "an der Oberfläche zu kratzen".

> 7. Anfänglich von etwas begeistert (Religion z.B.) oder supergut in einem Fach
> sein und dann nachlassen, ist sowas von "normal", dass es dafür sogar ein Wort gibt: "Regression" (s. Statistik).

Gerade gestern, als ich mich ziemlich down fühlte, stellte ich erstaunt fest, was doch ein Gebet einem an "Kraft" (oder sollte ich besser "Zuversicht" sagen?) geben kann.

> 8. Eine weitgehend überwundende Zahnarzt-Phobie? Toll!
Mal sehen wie weit sie überwunden ist.
Früher wurde mir schon schlecht, wenn ich nur ein Praxisschild sah.
Konnte neulich immerhin meine Freundin zum ZA begleiten, und hatte dort dann den Eindruck, bald auch den nächsten Schritt gehen zu können. NOCH ist es nicht ganz soweit.

> 9. Stillstand ist schlimm? Warum?

"Stillstand" ist vielleicht nicht das richtige Wort.
eher der Eindruck, sich zwar irgendwie voranbewegen zu wollen, aber immer wieder nach vermeintlichem "Erfolg" festzustellen, daß ich nicht vorankam oder wieder zum Ausgangspunkt zurückgekehrt bin. - und daß die Fortschritte nur marginal sind.

OK, momentan brauche ich jedenfalls nicht mehr pausenlos neue Löcher aufzureißen, um die vorhandenen zu stopfen.

Stellt sich nur die Frage, wie lange das noch so läuft. Mein "Hauptkunde" ist selbst nicht gerade in bester Verfassung, und die Art und Weise, in der der eine Chef (sind 2 Brüder) dort seine Belegschaft mobbt, läßt mich meine Bezahlung oft weniger als Lohn denn als Schmerzensgeld empfinden.
Den anderen Chef (Bruder des "Oberchefs") habe ich hingegen jahrzehntelang für einen väterlichen Freund gehalten...
...bis ich neulich mal ein Gespräch zwischen den beiden mitbekommen hatte, in dem er sich in einer nie für möglich gehaltenen Art über mich äußerte und mein Vertrauen aufs gröbste mißbraucht hat.
DIE haben davon zwar nichts mitbekommen, aber ich kochte vor Wut und war unmittelbar davor, mit Kopien diverser Unterlagen (habe in dieser Klitsche unkontrollierten Vollzugriff nicht nur als Admin sondern auch auf praktisch alle handschriftlichen Dokumente) über krumme Geschäfte dieses Ladens zum Finanzamt zu gehen und diesen feinen Familienclan hochgehen zu lassen.

Hätte meine Freundin mir nicht davon abgeraten, dann wäre das auch passiert.

Inzwischen sehe ich es so, wie einer meiner Vorgänger mir geraten hat: "Melk die Kuh, solange sie noch Milch gibt!"
Fand den Spruch damals etwas deplaziert, doch inzwischen habe ich ihn verstanden.

> Kurz, eine Erfolgsliste. Da steht jemand im Leben und meistert es.

Danke für die aufmunternden Worte.
Hoffe ich kann es irgendwann (bald?) auch mal so sehen.
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