Klinik oder nicht?

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comeundone
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Klinik oder nicht?

Beitrag von comeundone »

Hallo, ich bin neu. Meine Gedanken kreisen zwar die ganze Zeit um mich, aber jetzt wo ich sie aufschreiben möchte fällt es mir schwer. Ich werde mal versuchen von vorne anzufangen.
Mir scheint, als wäre ich 15 gewesen als es mir das erste mal sehr schlecht ging; ich war wochenlang sehr verzweifelt und vielleicht hatte ich damals zum ersten mal so etwas, wie eine Panikattacke. Irgendwann dachte ich, dass ich es nicht mehr aushalten würde, aber meine Mutter hat Psychiater schon immer abgelehnt und deshalb lies sie mich nie einen aufsuchen. Einmal fragte sie mich, ob ich schon einmal an Selbstmord gedacht hätte. Sie sagte, dass sie sich auch umbringen würde, wenn ich es täte. Seitdem habe ich ihr nie wieder von meinen Problemen erzählt und ich denke für sie waren sie damit nicht mehr existent.
Jetzt bin ich achtzehn und dachte ich könnte selbst etwas unternehmen, denn Mitte Juni fing ich wieder an schlecht zu schlafen und hatte Angstzustände, ich fehlte in der Schule, obwohl ich es mir jetzt, wo ich es in die zwölfte Klasse geschafft hatte wirklich nicht ruinieren wollte.
Deshalb machte ich einen Termin mit meiner jetzigen Psychiaterin und sie gab mir wirklich Hoffnung, weil sie die erste zu sein schein, die verstand, wovon ich redete. Sie sagte, dass ihrer Meinung nach in meine Fall eine behandlungsbedürftige Angststörung mit Depression vorliegt. Dann erwähnte ich, dass ein Arzt einmal geäußert hätte, ich könnte vielleicht eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung haben und sie kam zu dem Schluss, dass man das erst klären müsste weil es die Wahl des Antidepressivums beeinflussen würde und schickte mich dafür zur Psychiatrie einer Klinik. In der Klinik bekam ich einen Termin von da an in einigen Wochen, was dann heute gewesen ist. Leider hatte ich in dieser Zeit stimmungsmäßig einen ziemlichen Absturz. Es ging mir wirklich extrem grauenvoll und ich wusste nicht, ob es das noch wert war. Aber vor etwa zwei Wochen hatte ich das Gefühl es ginge mir langsam wieder besser und ich klammerte mich an die Hoffnung, dass nach der Untersuchung in der Klinik sicher alles gut werden würde, nach all den Jahren, in denen ich mir wie ein Verrückter vorgekommen war. Meine Stimmung war etwas unbeständig, aber als dann der Termin näher rückte, war ich mir sicher, dass Schlimmste wäre vorbei. Heute morgen war es dann soweit. Jedoch war ich vielleicht nicht nachdrücklich genug, aber nachdem ich die ADS Fragebögen ausgefüllt und mit einer Ärztin auch bezüglich Depression geredet hatte, sagte sie Abschließend, die Ergebnisse lägen meiner Psychiaterin dann also ab Ende nächster Woche vor und was meine restliche Situation angeht wäre sie der Meinung ich sei stabil genug um erst mal klar zu kommen; ich dachte selbst auch ich wäre stabil genug, immerhin schien die Woche vorher alles besser zu werden. Dann konnte ich gehen und war enttäuscht, weil ich gehofft hatte das Ergebnis des ADS Tests gleich zu bekommen, sodass ich mit meiner Psychiaterin eine medikamentöse Therapie beginnen könnte. Nachdem ich das Gebäude verlassen hatte merkte ich allerdings schon, dass ich mich absolut nicht stabil fühlte. Es kam mir vor als müsste ich etwas tun, weil es ansonsten wieder steil bergab gehen würde. Deshalb fuhr ich ohne Termin zu meiner Psychiaterin. Währenddessen fühlte ich mich wieder so ausgeliefert gegenüber dieser stechenden Traurigkeit, die alles was ich sah und hörte in mir hervorrufen konnte, obwohl es noch so harmlos war. Es war als wäre die Besserung nur ein Aufschub gewesen und nun fing alles wieder an.
Meine Ärztin teilte mir dann mit, dass sie ohne das Ergebnis nach wie vor nichts tun könnte, und dass sie ab nächster Woche im Urlaub wäre, womit das Testergebnis Ende nächster Woche natürlich zu spät ist. Dann Empfahl sie mir mich stationär in der Klinik behandeln zu lassen. Sie rief auch da an und sägte ab Donnerstag nächster Woche wären Plätze frei.

Jetzt weis ich nicht was ich tun soll. Einerseits scheinen meine Befürchtungen war zu werden; jetzt gerade fühle ich mich fast wieder so schlecht wie vor vier Wochen und vermutlich wird es eher schlimmer werden, weswegen ich denke die Klinik wäre wahrscheinlich die beste Lösung. Andererseits würde meine Mutter wahrscheinlich total die Fassung verlieren, wenn ich plötzlich sagen würde, dass ich jetzt in eine psychiatrische Klinik gehe. Das wäre so als hätte sie mich unwiederbringlich an die Quelle alles Bösen verloren. In Anbetracht dessen, dass in unserer Familie persönliche Probleme ausgeblendet werden ist sie wahrscheinlich der Meinung, mir ginge es die ganze Zeit super. Wenn sie die Wahrheit jetzt endgültig nicht mehr verdrängen könnte wäre das also bestimmt ein ziemlicher Schock für sie. Hinzu kommt noch, dass ich in den jetzigen Sommerferien eigentlich meine Facharbeit schreiben wollte und soweit erst zwei Seiten geschafft habe. Wenn ich jetzt in diese Klinik gehe und deshalb dann mit meiner Arbeit wahnsinnig in Verzug gerate wäre das natürlich verdammt schlecht.

Alle die Erfahrung damit haben, würdet ihr sagen ein Klinikaufenthalt lohnt sich? Und wie lange sollte man bleiben? Was würdet ihr an meiner Stelle tun?
DasAndereKind
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Re: Klinik oder nicht?

Beitrag von DasAndereKind »

Hallo Markus!
Ich bin zwar sicher nicht die Kompetenteste in Sachen Depri, Klinik usw., aber ich möchte Dich doch gern ein wenig "entstressen"! Es ist für uns alle wahrscheinlich schwierig gewesen, unser Umfeld über unsere Krankheit aufzuklären. Aber, sorry, wenn ich jetzt überdeutlich werde, es ist Dein Problem, bei dem DU Hilfe benötigst. Das kann Deiner Mom jetzt schmecken, oder halt nicht. Soll sie sich halt von ihrer rosa Brille verabschieden!
Zum Thema Klinik kann ich Dir sagen, dass es mir sehr gut gegangen ist, als ich in einer Psychosomatischen war. Ich war dort für 9 Wochen; wie lange Du bleiben musst, kann Dir dann nur der Dich behandelnde Doc sagen. Ich war für 6 Wochen angemeldet, wurde dann aber als zu instabil beurteilt und bin dann halt noch um 3 Wochen verlängert worden. Aber es ging mir GUT dabei. Natürlich ist es erstmal klischeebehaftet und auch irgendwie beängstigend sagen (und denken) zu müssen, dass man in eine solche Klinik geht. Aber alle, die ich dort getroffen habe, haben die schöne Erfahrung teilen dürfen: ich bin nicht allein damit; andere Menschen haben auch Probleme! Das war ein Aha-Erlebnis, das ich hier im Forum übrigens wieder hatte!
Ich wünsche Dir jetzt erstmal Mut und Kraft!
Alles Liebe
GL
Keken
Beiträge: 338
Registriert: 26. Aug 2005, 14:34

Re: Klinik oder nicht?

Beitrag von Keken »

Hallo Markus,

schön, dass Du den Weg ins Forum gefunden hast. Danke auch für Deinen ausführlichen Beitrag, der für mich sehr interessant zu lesen war. Deine Gefühlslage und Empfindungen konnte ich gut nachvollziehen - mir ging es im Leben oft schon ähnlich. Ich finde es mutig und erwachsen von Dir, dass Du Dir auf eigene Faust Hilfe gesucht hast! Und Deine Hoffnung auf Besserung wird ganz bestimmt erfüllt!

Die Klinikfrage ist allerdings eine schwierige. Als Außenstehende/r, ohne Dich persönlich zu kennen, ist es natürlich nicht einfach, Dir etwas zu raten. Darum kann ich Dir bloß sagen, was ich (wahrscheinlich) machen würde.

Für die Klinik spricht m.E.: Du bekommst sofort Hilfe, es sind immer Leute da, denen Du Dich mitteilen kannst, es gibt kein gezwungenes Versteckspiel mehr. Auch würde Deine Mutter, wenn auch auf unsanfte Art, wachgerüttelt. Darin verbirgt sich für sie und Eure Beziehung die Chance auf Veränderung und mehr gegenseitiges Verständnis. In der Klinik triffst Du Menschen in ähnlichen Lebenssituationen und bekommst einen strukturierten Tagesablauf (ist ja selbst für mich als Referendarin schwer, den in den Sommerferien aufrecht zu halten ). Zudem kann man in der Klinik schon etwas mit Medikation probieren. Die Klinik ist ein Schutzraum, in der Du die Zeit für Dich und Deine Probleme nutzen kannst.

Stichwort Facharbeit: Es gibt Kliniken, in denen kannst Du nebenher Deine Arbeit schreiben. Erkundige Dich vorher. Wenn Du über die Ferien krank geschrieben warst, muss die Schule Dir eine Fristverlängerung gewähren (das gilt auch dann, wenn Du nicht in die Klinik gehst und "nur so" krank geschrieben bist).

Was könnte für eine zunächst ambulante Behandlung sprechen? Oftmals geht es bei Patienten, die vorher noch nicht in Behandlung waren, nach den ersten ambulanten Sitzungen bereits viel besser. Vielleicht kann Dich Dein Psychiater zu einem Kollegen überweisen - langfristig oder für die Zeit seines Urlaubs. Du kannst auch selber, wenn es Dir angenehmer ist mit Unterstützung von Beratungsstellen oder der Klinik, die die ADS-Tests mit Dir gemacht hat, einen Psychotherapeuten suchen, der noch Platz hat. Zwar sind einige im Urlaub oder haben Wartezeiten - ich hatte aber bisher meist Glück. Es gibt auch caritative Beratungsstellen, die Dich auch erst mal kostenlos bzw. gegen einen kleinen Obolos behandeln, bis der Psych. wieder da ist oder Du den passenden Therapeuten gefunden hast.

Gibt es Freunde / Vertraute, mit denen Du darüber sprechen kannst?

Leider kann Dir niemand die Entscheidung abnehmen. Du scheinst mir aber sehr reflektiert und vernünftig. M.E. verlierst Du bei keiner der Entscheidungen: Eigentlich kannst Du nur gewinnen.

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft und Erfolg bei allem!

Alles Gute,
Keken

PS: Nochmals Stichwort Klinik: Solltest Du Dich dafür entscheiden, musst Du WIRKLICH null Angst haben. Das sind nicht so fiese Psychoschuppen, sondern ähneln Hotels, viele haben Wellnessbereiche dabei, es gibt diverse Sportangebote, ganz unterschiedliche Freizeitangebote, Meditationsangebote.... die Palette ist sehr vielseitig. Wenn Du aber zunächst mal gar nichts tun willst, dann geht das auch - immer in Absprache mit Deinem Therapeuten / Bezugspfleger. (Ist sicher von Klinik zu Klinik auch unterschiedlich, aber immer am Patienten orientiert!)
Fear NOT, for I'm with you, says the LORD.
Keken
Beiträge: 338
Registriert: 26. Aug 2005, 14:34

Re: Klinik oder nicht?

Beitrag von Keken »

Hallo Markus,

habe ich Dich durch die lange Antwort erschlagen?

Mich würde interessieren, wie es mit Dir weiter gegangen ist, wie es Dir geht.

Freue mich über eine kurze Nachricht!

Alles Gute,
Keken
Fear NOT, for I'm with you, says the LORD.
comeundone
Beiträge: 2
Registriert: 15. Jul 2007, 19:09

Re: Klinik oder nicht?

Beitrag von comeundone »

Erst mal danke für alle Antworten, die Informationen waren wirklich sehr aufschlussreich. Leider fühle ich mich nicht sehr gut, es ist so geworden, wie ich gedacht hatte, so wie es vor drei Wochen war und vor 12 Monaten und das Jahr davor. Ich hoffe Du bist nicht Referendarin im Fach Deutsch, Keken, sonst dürfte dieses fehlerbehaftete Geschreibsel ein Graus für Dich sein, aber ich kann mich einfach nicht richtig konzentrieren. Auch wenn ich mal länger schlafe bin ich danach genauso fertig und schwindelig wie in der Nacht davor. Der Morgen ist ohnehin irgendwie die schlimmste Zeit des Tages. Aber eigentlich habe ich weniger Angst als sonst. Die meiste Zeit bin ich kaum zu einer Empfindung fähig, bis auf die zerrüttende Kälte in meinem Inneren; die Außenwelt scheint so auf Distanz.
Was die Klinik angeht, ich denke ich werde mit meiner Entscheidung bis zu diesem Termin am Donnerstag warten. Allerdings habe ich so die unbestimmte Vermutung, dass diese Klinik nicht besonders viel helfen würde, schon gar nicht in den wenigen Wochen, in denen noch Ferien sind. Es kommt mir vor, als hätte ich einfach zu lange gewartet, als würde ich mich diesmal nicht wieder erholen, vielleicht nie wieder. Mehr sportliche Betätigung scheint nicht genug zu sein.
Möglicherweise schreibe ich noch mal etwas konkreteres wenn mir eventuell wieder einfallen sollte, wie man Wörter richtig zusammensetzt, sodass sie sinnvolle Sätze ergeben.
Keken
Beiträge: 338
Registriert: 26. Aug 2005, 14:34

Re: Klinik oder nicht?

Beitrag von Keken »

hallo markus,

schön, dass du dich gemeldet hast!

bitte verzweifele nicht: das gefühl, dass es niemals besser wird, gehört zur depression. das stimmt aber nicht!!! es gibt immer hilfe für dich!

was sind deine pläne bis donnerstag? vielleicht magst du erzählen?

alles gute, sorry, kann nicht so viel schreiben, bin auf dem sprung
keken
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