Ein Nichts

kowalski
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Re: Ein Nichts

Beitrag von kowalski »

Hallo Moonlight, hallo feuerfisch.

Danke für eure Antworten.

Es zeigen sich ja so manche Parallelen.


Gegen meine Angstattacken habe ich als Akutmedikation zunächst Diazepam bekommen. Das stoppte alles Herzrasen, Hyperventilation usw. Aufgrund des hohen Suchtpotenzials und des Knock-Down Effekts habe ich es nur wenige male genommen.

Jetzt nehme ich seit gut einem halben Jahr eine Insidon abends. Eine AD-Wirkung kann ich nicht feststellen. Eine anfängliche Verbesserung der Schlafqualität hat sich wieder verschlechtert.
Im Netz liest man auch von Studien, die Insidon Unwirksamkeit bzw. nur Placeboeffekte zuschreiben.

Als mein Therapeut zu mir sagte, ich sei recht schnell offen (ich glaube es war nicht wertend gemeint, sondern nur hinweisend auf mögl. Konsequenzen im Umgang mit anderen Menschen, die eine solche Offenheit auch überfordern oder zurückschrecken lassen kann, wenn ich so auch bei anderen sein sollte. Bin ich aber nicht, sondern eher zurückhaltend).
Insofern war ich nur überrascht, dass gerade ein Therapeut verwundert über Offenheit ist.

Er geht auf mich ein, i. d. R. soll ich zunächst erzählen. Ich greife dann meist Ereignisse aus der Woche auf, die wir besprechen.

Wenn du, Moonlight, Jahre zum Erkennen dieser Programmierungen gebraucht hast, so kann ich mit 6 Monaten Therapie sicher noch nicht von mangelnder Hilfe oder Unwirksamkeit sprechen. Ich bekomme zwar erklärt, wie es evtl. mit meiner Kindheit zusammenhängen kann, ich kann das in dem Moment auch nachvollziehen, jedoch fehlt mir der Bezug in mein aktuelles Leben. Kurz, ich kann diese Erkenntnis nicht in den Alltag einbauen/verwerten. Ich vergesse diese Erkenntnisse auch immer wieder. Manchmal weiß ich eine Woche später schon gar nicht mehr, was das Ergebnis der letzten Sitzung war. Es bleibt alles schlaglichtartig und diffus.


Ja, du hast natürlich recht, wenn du schreibst, dass alle Bewertung eine Frage der Wahrnehmung ist. Auch der Erfahrungen, die wir bisher gemacht haben und daraus Rückschlüsse für Bewertungen von Situationen ziehen.
Ein Leitsatz von mir lautet: "Die Dinge haben die Bedeutung, dich ich Ihnen gebe!"
Leider schaffe ich es nicht, meine Skala zur Bedeutungszuweisung von Situationen zu verändern.
Hauptsächlich beruflich macht sich dies bemerkbar. Kleinste Fehler zerstören alles Positive an einem Tag. Darüber hinaus stelle ich dann meine gesamte berufliche Existenzberechtigung in Frage.
Bsp.: An einem hektischen Tag sollen drei Dinge, die man zwischen Tür und Angel gesagt bekommen hat, erledigt werden. Zusätzlich zu anderen Aufgaben, die Tagesgeschäft sind. Eins davon vergesse ich und bekomme es am nächsten Tag vorgehalten. Es zerstört mich fast und das Denkschema: "Siehst du, du hast schon wieder nicht alles korrekt erledigt. Du hast schon wieder was vergessen. Immer vergesse ich was. Ich BIN vergeßlich. Ich bin sogar überfordert. Ich komme mit der Situation und dem Stress nicht mehr klar. ich bin der Einzige, dem so was immer wieder passiert. Ich bin gänzlich ungeeignet für den Beruf. Ich muß kündigen, ich muß mir einen anderen Job suchen. Am besten wandere ich aus und fange ganz von vorne an. Aber was soll ich bloß im Ausland arbeiten, ich kann doch nix wirklich gut .....!!??



Ich WEIß, dass alles was ich da ritualisiert , spiralförmig und verkettet gedacht habe, im wesentlichen Gefühle sind, deren Koppelung ich offenbar kaum noch stoppen kann. Leider hilft mir das Wissen darum, dass es sich um ein Programm handelt, welches abläuft nicht weiter. Auch hilft mir nicht, dass ich viele gute Dinge, ja, sogar überwältigend mehr gute Dinge an diesem Tag/Monat/Jahr erreicht habe.
Das Fazit ist: ich bin Minderwertig. Ich schaff es einfach nicht. Ich kann nichts. Ich bin ein Nichts. Von all dem bekommen Außenstehende nichts mit. Denke ich.

Ich mag Tiere, ja. Ich hatte bis vor 5 Jahren über 10 Jahre lang einen Hund. Vor einen halben Jahr habe ich wieder einen angeschafft. Und er hilft mir! Ich freue mich auf ihn und mag es draußen zu sein.
Ich sehe es schon so, dass Tiere ein Flucht vor Menschen sein können. Ich habe mich mittlerweile fast komplett isoliert. Es gibt noch ne handvoll Menschen, zu denen ich Kontakt habe. Ich bin die Verlogenheit, die Gehässigkeit, die Oberflächlichkeit und die ständigen Konflike einfach leid. Aber auch meine eigenes Scheitern mit diesen.

Du schreibst:"Obendrein habe ich die Angewohnheit mich schön niedrig zu halten, dann falle ich nicht so tief, wenn mal jemand mein wahres Ich erkennt."

Was ist dein wahres Ich? Kennst du es? Gibt es überhaupt ein WAHRES? Gint es dann auch ein UNWAHRES? Oder mehrere? ich denke, dem griechischen Konzept der personae entsprechend, gibt es viele Ich in dir/mir, die je nach Situation vollkommen anderes sein können. Auch gegensätzlich sein können. Die Suche oder der verzweifelte Wunsch, eine, reine Person zu sein. Ich glaube, diese Sehnsucht bleibt ewig unerfüllt.


Das Überhören von positiven Feedbacks geht mir in etwa auch so. Allerdings habe ich für den Moment schon ein gutes Gefühl dabei. Was mir fehlt, ist die langfristige Wirkung solcher positiven Aspekte, wie auch eine gewisse Nachhaltigkeit gegenüber Rückschlägen, die die positiven Erlebnisse puffern könnten.

Ich schrieb ja schon, dass positive Ereignisse auf dem Konto gutgeschrieben werden, also im Haben stehen (sollten!!). Das kann ich leider so nicht. Alle gute mir widerfahrende, kann ich nicht dauerhaft im Guthaben verbuchen. Es verschwindet oder wird gar abgewertet. Ich relativiere es.
habe ich beispielsweise die komplette Auspuffanlage am Auto geschweißt, die Werkstatt gespart, könnte ich mir das insbesondere als Akademiker gutheißen, auch andere, praktische Fähigkeiten zu haben. Ich nehme es aber als Selbstverständlich, nicht also als ein Geschenk von Fähigkeiten hin, die nicht jeder hat.
Anderes Beispiel: Beim Hausbau, ich mußte alleine ein Haus bauen, weil sich meine Frau kurz davor verabschiedet hat, stand ich als der Kreditangestellte zu Besuch kam, beim Mauern einer Garagenwand. "OH, meinte er, das sieht man in Ihrem Berufsumfeld nicht alle Tage, dass man selbst Hand anlegt."
Habe ich dagegen eine beruflichen Rückschlag, weil in einer beschissenen 200 Zahlen enthaltenen Liste eine Zahl fehlt oder falsch ist ---- haut's mich um.

Ist doch verrückt, oder??


Meine Elternhaben scheinbar solche Probleme nie gehabt. Ich erlebe meinen Vater heute noch als Mann, in dessen Leben alles glatt lief, der insbesondere mit sich selbst nie ein Problem hatte. Das, obwohl er keinen Vater hatte (Krieg) und seine Mutter recht früh verstorben ist. Probleme für die Eltern schien es nicht zu geben, wenn, dann Probleme der Eltern mit oder wegen uns Kindern.
Er hatet auch nie berufliche Zweifel oder Schwierigkeiten. Hat nie etwas hinterfragt, offenbar, sondern einfach gemacht.
Sie waren nicht erfolgreich, so, wie ich es für mich selbst sehe, sondern geradlinig gelebt, würde ich es ausdrücken.
Mein Geschwister ist etwas jünger. Ich weiß nicht ob wir Wunschkinder waren. Mir sagte man. Ich sei halt passiert ..., weder ungewollt noch gewollt.

Die Erwartungen, die deren Eltern an meine Eltern hatten, sind mir nicht bekannt.


Interessant finde ich ja jetzt, dass du auch die Mimik deines Gegenübers so genau studierst!
Ich dachte immer, ich sei das einzig kranke Hirn, dass so genau hinsieht und jede interpretierbare Regung zu Ungunsten für sich selbst auslegt. Bemerkenswerterweise meine ich dann auch immer eine weitere verschlechterung des Dialoges zu beobachten, wenn ich ersteinmal angefangen habe, abwertende, irritierende oder lächerlich machende Regungen im Gesicht des Gesprächspartners zu finden, die vermeintlich eine Reaktion auf MICH darstellen, auf meine Person darstellen. Ich denke tatsächlich, ICH als Person sei durch mein Äußeres, durch mein Gesprochenes, durch meine ART, mein SEIN dafür verantwortlich, dass Gegenüber diese Mimik zeigt, was dann zur Folge hat, dass ich unsicher werde, mich abwerte mich in meiner negativen Sicht noch während des Gespäches bestätigt fühle, was wiederum Auswirkungen auf den tatsächlichen weiteren Gesprächsverlauf hat!!!

Wenn ich das so aufschreibe denke ich: der Typ ist vollkommen durchgeknallt.

Meine Schwierigkeiten in Gruppen resultieren im Wesentlich daraus, dass ich zunächst mit einer ja generalisierten Minderwertigkeit "a priori" zu den Gruppen stoße und jede Kleinigkeit (siehe was ich über Gesprächsmimiken geschrieben habe) mir zum Nachteil und Bestätigung der negativen Selbstsicht auslege.

Die zweite große Schwierigkeit ist, dass wenn ich zum Beispiel mit einem guten Freund, mit dem ich sehr viel zu zweit Unternommen habe, in einer Gruppe wegfahren muß, z. B. Ski, kann ich es nicht verkraften, wenn sich neue Beziehungen knüpfen. ich glaueb quasi ein Exclusivrecht bez. des Umgangen mit ihm zu haben. sehe ich, dass er sich auch anderen zuwendet und mich z. T. nicht an erster Stelle sieht, fange ich an mich zu distanzieren. Von der ganzen Gruppe und verbringe den Rest das Tages/der Woche als Einzelgänger.
Zunächst werte ich mich selbst dadurch auf " ich kann auch alleine den ganzen Tag verbringen", danach werte ich mich ab
"Siehst du, du bist unfähig mit Menschen umzugehen" und es beleib ein Scheiß gefühl, wieder alleine, wieder der Sonderling, wieder FALSCH zu sein.

So, das war viel.

Bis später

gruß
moonlight
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Guten Morgen Wilhelm

Beitrag von moonlight »

Nein, schreibe jetzt nicht viel. Bin nur kurz hier, weil ich arbeiten muss.
Aber mein Gedanke beschäftigt mich.

Du hattest von von Eurer Trennung erzählt.
Bin ein wenig locker darauf eingegangen. Und da ich manchmal das Talent habe mich krumm auszudrücken, hab ich jetzt Sorge, dass meine Worte den Anschein erwecken, ich sehe den Ernst darin nicht.
Meine Worte sollten aufmunternd wirken und dir deutlich machen, dass das nicht eine typische Eigenart von dir ist, für den Fall, dass du dich damit abwertest.

Ich würde gern wissen, was diese Trennung genau bei dir ausgelöst hat.

Alles Liebe, Moonlight
.

Es sind nicht die großen Feuden, die am meisten zählen. Es kommt darauf an, aus den kleinen viel zu machen. (J. Webster)
moonlight
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Guten Morgen Feuerfisch

Beitrag von moonlight »

Wollte dir nur einen ganz lieben Guten-Morgen-Gruß da lassen.

Aber auf deinen Beitrag möchte ich später unbedingt noch einmal eingehen.
Er hat mich sehr bewegt.

Alles Liebe
Moonlight
.

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Anne Blume
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Re: Ein Nichts

Beitrag von Anne Blume »

Ich möchte nochmal kurz an die Regeln zum Thema "Suizidalität" erinnern. Bitte etwas umsichtiger formulieren!

Herzliche Grüße
Anne Zink
feuerfisch
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Re: Ein Nichts

Beitrag von feuerfisch »

Hai Wilhelm

puh, du schreibst ja ne Menge

Ich geh erst einmal auf das ein wozu ich so spontan etwas schreiben kann, ok?

>>>Bsp.: An einem hektischen Tag sollen drei Dinge, die man zwischen Tür und Angel gesagt bekommen hat, erledigt werden. Zusätzlich zu anderen Aufgaben, die Tagesgeschäft sind. Eins davon vergesse ich und bekomme es am nächsten Tag vorgehalten. Es zerstört mich fast und das Denkschema: "Siehst du, du hast schon wieder nicht alles korrekt erledigt. Du hast schon wieder was vergessen. Immer vergesse ich was. Ich BIN vergeßlich. Ich bin sogar überfordert. Ich komme mit der Situation und dem Stress nicht mehr klar. ich bin der Einzige, dem so was immer wieder passiert. Ich bin gänzlich ungeeignet für den Beruf. Ich muß kündigen, ich muß mir einen anderen Job suchen. Am besten wandere ich aus und fange ganz von vorne an. Aber was soll ich bloß im Ausland arbeiten, ich kann doch nix wirklich gut .....!!??<<<

Dir ist ja schon klar, dass das genau die Gedankengänge sind die die Depri eher fördern. Diese und so ähnliche Schemata laufen bei mir auch ab. Tagsüber kann ich die auch schlecht ablenken, aber morgens früh, wenn der Stress noch nicht da ist, dann geht es:
Morgens früh, schon wenn ich in mein Auto steige bin ich total verkrampft und male mir schon aus was denn nun alles schief gehen kann, rufe mir in Erinnerung was in den vergangenen Zeiten schief gegangen ist....
darauf habe ich früher nie geachtet, aber in den Theras habe ich gelernt dagegen anzusteuern - ich mache mir inzwischen recht früh bewußt wie schädlich das ist. Anschließend tiefes Durchatmen und die Formulierung von positiven Sätzen: "Ich schaffe das!", "Ich kann das!", "Gestern/vergangene Woche habe ich das gut gemacht!", usw.
Formulierung von einfachen, kurzen Sätzen, die vor allem eine Positiv-Formulierung haben. Ich wiederhole sie auch immer wieder. Und auf dem Weg zur Arbeit werde ich schon ruhiger....
Klingt albern, aber funktioniert (selbst wenn man - wie ich anfangs - nicht so recht dran glaubt)

Von wegen Medis: ich nehme zwei AD´s, Abends eines von dem ich einschlafen kann, Morgens eines das mich ein wenig ruhiger werden läßt. Bei beiden spüre ich keine aufhellende Wirkung, aber ich bin um diese zwei Besserungen schon dankbar - vor allem für den Schlaf.

>>>meine mutter sagte als ich 13 war zu mir: dich hätte ich besser nicht bekommen!<<<

das ist ja eigentlich fast dasselbe wie meine Mutter zu mir sagte das ich unwertes Leben sei.
Zu dem Thema hatte ich mal einen Thread laufen, in dem ich diesem Satz von ihr quasi etwas dagegen setzte: ich BIN wert, ich DARF, ich KANN
Für mich ist dieser eine Satz sozusagen die Kernaussage meiner Kindheit. Ich konnte ihn identifizieren als den Teil dem ich etwas Starkes entgegensetzen muss.
Wenn dein `ich´ so niedergemacht und klein gehalten wurde wie meines, so ist das sozusagen in die `Grundprogrammierung´ über gegangen. Mach dir klar das es nichts ist was aus dir selber kommt, vergegenwärtige dir das es immer noch deine Mutter(Vater?) ist die(der) da spricht - und gehe ganz bewußt und vehement dagegen an.

Hast du eigentlich die Möglichkeit deiner Seele einen Ausdruck zu geben? Du sprachst an das du kaum mehr private Kontakte hast und auch keinen Vertrauten der dich versteht...
Ich kann mich inzwischen recht gut durch die Dinge die ich bastle ausdrücken, beim Malen kommt sogar manch unbewußtes zum Vorschein. Wie ists bei dir? Hast du so eine Möglichkeit?

Und noch etwas zur Thera: etwa ein halbes Jahr lang habe ich keinerlei Wirkung bei mir wahrgenommen, trotzdem bin ich weiter hin gegangen. Nach etwa einem halben Jahr habe ich eine Rückschau gemacht und dabei festgestellt das sich sehr wohl etwas bei mir verändert hatte. Zwar nur in Kleinigkeiten, doch diese werden von mir sehr geschätzt - und auch geschützt! Dies kleine bißchen Selbstwertgefühl das sich bei mir eingestellt hatte, das ist mir so unendlich wertvoll!
Und es bildet auch den Grundstock für vieles das sich seither bei mir getan hat.
Aber manchmal ist es ja auch für einen selbst nicht unbedingt zu erkennen dass sich etwas getan hat - zu schleichend findet der Prozeß statt.

>>>Das Überhören von positiven Feedbacks geht mir in etwa auch so. Allerdings habe ich für den Moment schon ein gutes Gefühl dabei. Was mir fehlt, ist die langfristige Wirkung solcher positiven Aspekte, wie auch eine gewisse Nachhaltigkeit gegenüber Rückschlägen, die die positiven Erlebnisse puffern könnten.<<<

Ein Rat der dir vielleicht albern vorkommen mag, aber probiere es trotzdem mal aus: schreibs auf! Geschriebenes bleibt länger im Gedächnis haften, und wenns dir mal wieder ganz übel geht kannst du diese Zettel ja hervorkramen. (ich weiß, es klingt wirklich albern, aber versuchs einfach mal)

So, nun mach ich erst mal Schluß

Liebe Grüße

feuerfisch

.
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feuerfisch
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Re: Ein Nichts

Beitrag von feuerfisch »

@ Greteline

Ist ok, Entschuldigung angenommen - uns allen passiert es mal das wir `davongallopieren´

Grüße

feuerfisch
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moonlight
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Hallo Wilhelm - wie geht es dir heute?

Beitrag von moonlight »

Hallo Wilhelm,

da bin ich auch wieder. Hätte so gern eher geschrieben, hatte aber zu wenig Zeit und Ruhe.
Es ist schön, dass du ausführlich geschrieben hast.
Gestern war bei mir ein Chaos-Tag. Mir war auch wieder zum Heulen und Weglaufen zu Mute. Ich hatte angefangen zu schreiben, bin aber nicht fertig geworden.
Außerdem hatte ich Sorge, dass ich zu wirr schreibe und das Wichtigste auslasse.
Allerdings hab ich diese sorge heute auch noch.

Du schreibst, dass du seit gut einem halben Jahr eine Insidon am Abend nimmst.
Es dauert bei diesem Medikament wirklich eine ganze Weile bis es wirkt.
Vielleicht ist die Dosierung aber auch noch nicht die Richtige. Bitte, hake da unbedingt einmal nach.
Vielleicht magst du hier im Forum unter dem Punkt „Pharmakotherapie“ auch mal nachhören, welch Erfahrungen andere mit Insidon gesammelt haben.
Ich hatte seinerzeit eine höhere Dosierung. Nur es mag sich manches geändert haben. Bin ja auch keine Ärztin.

Meinst du, der Therapeut war verwundert über deine Offenheit? Kann sein, dass es einfach ein Ansatz-Punkt für ihn war. Vielleicht ist es ja auch so, dass andere nicht so schnell so offen sind.
Wie gesagt, ich war bzw. bin es ebenso, weil ich einfach auch meine Grenzen erreicht habe.
Bei anderen bin ich übrigens auch zurückhaltender.
Aber sieh deine Offenheit und seine Verwunderung positiv. Es ist gut so.
Beeinflusst dich eigentlich seine Aussage darüber in irgendeiner Form?
Oder hast du nun den Eindruck, dass du anders reden müsstest?

“Er geht auf mich ein, i. d. R. soll ich zunächst erzählen. Ich greife dann meist Ereignisse aus der Woche auf, die wir besprechen.“
Machst du dir Notizen? Oft geschehen wichtige Dinge, an die man grad in diesen Sitzungen nicht denkt.

Ich hoffe, es demotiviert dich nicht, dass es bei mir Jahre gedauert hat bis ich manches erkannt habe. Es soll dich ermutigen und nicht so schnell aufgeben lassen.
Jeder Mensch ist da auch anders. Bei dir geht es vielleicht schneller.

Kann ich gut verstehen, dass dir der Bezug fehlt zu deinem aktuellen Leben. Auch hier hilft es, wenn du ganz gezielt aufschreibst, was dich niederdrückt und was dir gut tut. Es kommt u. U. ganz genau auf den Wortlaut an.
Dass du diese Erkenntnisse immer wieder mal vergisst ist auch natürlich. Geht mir nicht anders.
Sieh es als Schule an. In der Schule wiederholen die Kids auch immer wieder bis es dann mal sitzt. Und wenn man nicht dran bleibt, ist wieder alles vergessen.

"Die Dinge haben die Bedeutung, dich ich Ihnen gebe!" – Stimmt genau.
Nimm dir Zeit für dich. Gehe liebevoll und geduldig mit dir um. Das hast du verdient.
Du konzentrierst dich jetzt auf manches sehr. Irgendwann kommt der Punkt, da klappt das Denken überhaupt nicht mehr.
Kennst du das aus Prüfungen? – Es gilt eine Frage zu beantworten, und du versuchst dich an Gelerntes zu erinnern oder eine Lösung zu den Prüfungsfragen zu finden. Je mehr du nachdenkst, desto weniger kannst du dich wirklich auf diesen Punkt konzentrieren.
Dann hilft es etwas anderes zu tun, zur nächsten Frage zu gehen, frische Luft zu schnappen oder die Augen zu schließen und die Seele sozusagen mal baumeln zu lassen.
Es ist nicht gut, wenn du unbedingt mit aller Kraft etwas ändern willst. Du tust dir damit Gewalt an. Körper und Seele wehren sich indem sie sich noch mehr verschließen.

„Hauptsächlich beruflich macht sich dies bemerkbar. Kleinste Fehler zerstören alles Positive an einem Tag. Darüber hinaus stelle ich dann meine gesamte berufliche Existenzberechtigung in Frage.“
Ja, auch das kenne ich. Gestern war auch so ein Tag. Im Job klappte etwas nicht. Konnte nur mühsam meine Tränen zurückhalten und wollte am liebsten alles schmeißen. Der Gedanke: „Ich schaffe eh nichts. Bin unfähig. Hat alles keinen Zweck.“
Allerdings ist es bei mir auch so in anderen Bereichen. So richtig nett rundum.

Beruflich macht es sich bei dir am meisten bemerkbar. – Das ist der Punkt, wo dich deine Eltern am meisten kritisiert haben, oder?
In deinen Augen bestätigt es sich dann was sie gesagt haben? Und Eltern haben immer Recht!?

Auch hier gilt – schreib es dir auf! Schreibe dir auf, was du geschafft hast!

Wenn du dich jetzt nicht so gut konzentrieren kannst, vergesslich bist, ist das auch ein Zeichen der Krankheit.

Dieser Gedankenstrudel, in den du dich dann begibst, ist ganz typisch. Aber du wirst lernen, dass es so nicht ist. Schau mal, wie viel du schon erreicht hast. Ich finde, du hast schon eine Menge erreicht. Auch so wirklich schöne Dinge und manches Wichtige.
Aber auch abgesehen von den vielen Dingen, die du erreicht hast, bist du liebenswert!
Es stimmt einfach nicht, was deine Mutter gesagt hat.
Dich hätte sie besser nicht bekommen. – Warum bzw. in welchem Zusammenhang hat sie das gesagt? Kannst du dich daran noch erinnern?
Dann hast du ein Formular zu einem Abtreibungsversuch gefunden. Inwiefern passt es nicht zu deinem Geburtstag? Meinst du, sie hat schon vor oder nach dir eine Abtreibung vornehmen lassen?

Meine Mutter hat mir mal gesagt (nein, eigentlich nicht nur einmal), dass ich daran schuld bin, dass ihr Leben zerstört ist, dass es besser wäre, wenn es mich nicht gäbe.
Dann hat sie mir ja regelmäßig aufgezählt, warum ich nichts tauge, nichts kann, eine Last bin.

Ich denke, dass nur wenig Schlimmeres gibt, wenn Mütter ihren Kindern sagen, dass sie nicht liebens- (lebens-) wert und eine Last sind. Das schüttelt niemand so leicht ab.
Es stimmt schon, wir dürfen nicht ein Leben lang andere für unser Leben verantwortlich machen. Aber es ist wichtig, dass wir Zusammenhänge erkennen. Dann können wir uns daran machen etwas zu ändern.
Es ist auch nicht so, dass wir uns über unsere Eltern somit erheben, uns schuldig fühlen müssen.
Ich verstehe meine Mutter heute. Auch sie hat Schweres mitgemacht. War total allein gelassen damals.
Inzwischen bin ich schon etwas wütend, aber nicht wegen der Vergangenheit, sondern weil meine Mutter mich immer noch als schlechten Menschen sieht, ganz besonders auch jetzt, da ich Grenzen gezogen habe. Es macht mich auch ein wenig wütend, dass sie andere da mit hineinzieht.
Nun bin ich für alle Welt die Böse, während sie allen ganz schrecklich leid tut.
Ich habe versucht mit ihr zu reden, nicht nur einmal. Wollte so gern alles abhaken, ihr auch eine Chance zu einer normalen Beziehung mit mir geben.
Ihre Reaktion war recht übel. Auch das verstehe ich in gewisser Weise, aber ich muss mich endlich auch mal schützen.
Ich schreibe „ein bisschen wütend“, weil es immer nur kurze Momente sind, in denen ich einen Hauch Wut fühle, der aber schnell an mir vorüber gleitet.
Die Therapeutin meint, dass ich mal richtig wütend werden soll (nicht nur in Bezug auf meine Mutter), aber das kann ich nicht.

Wie ist es entstanden, dass deine Mutter mit einem Messer nach dir geworfen hat?
Obendrein sind deine Noten doch gut.

Es kann schon sein, dass Außenstehende davon nichts mitbekommen.
Mich halten die Menschen für total stark und selbstbewusst. Kaum einer weiß, wie es wirklich in mir aussieht.
Wir sind da perfekte Schauspieler.

Hey, ich finde es toll, dass du wieder einen Hund hast. Was ist es für ein Hund? Erzählst du mir von ihm? Ist er lieb, anhänglich, verschmust, vielleicht auch frech und verrückt?
Ich habe einen Jack Russel Terrier. Der ist total verrückt und stellt nur Unsinn an.
Ich liebe es, wenn er voller Lebensfreude alles beobachtet und untersucht. Ich liebe es auch, wenn er mal zur Ruhe kommt und dann ganz verschmust ist.
Wir wohnen sehr schön. Es ist schön mit ihm durch die Wiesen zu streifen, auch die anderen Tiere zu beobachten – Frösche, Fasane, alle möglichen Vogel, Hasen und auch einen Falken.
Konzentriere dich ruhig mal auf deinen Hund.
Kannst du auch mit ihm durch Wälder und Wiesen streifen? Oder wohnt ihr eher in der Stadt?
Magst du die Gespräche, die sich teilweise mit anderen Hundehaltern ergeben? Mir tun sie gut. Sie gehen nicht zu sehr in die Tiefe, aber ich verliere so nicht ganz den Kontakt zu den Menschen.

Tiere können eine Flucht sein – ja, das stimmt.
Es ist auch mal okay.
Eine Handvoll Menschen in die Nähe zu lassen reicht auch aus.
Zählst du die Menschen, mit denen du hier und da mal ein Wort wechselst, mit?

Vielleicht sind wir Menschen wirklich alle oberflächlich, alle nicht ganz ehrlich. Vielleicht ist es einfach ein Selbstschutz.
Und vielleicht geht es dir wie mir und wie vielen anderen, wir verstehen uns oft falsch.
Ich habe viele Jahre einen Konflikt mit einer Frau gehabt. Dachte, sie würde mich hassen. Sie dachte, ich hätte etwas gegen sie.
Jetzt haben wir uns ausgesprochen – und haben beide festgestellt, dass wir all die Jahre traurig waren und nichts gegeneinander haben.
Ich bin ein wenig stolz auf mich, weil ich es war, die um eine Aussprache gebeten hat.

Wenn ich daran denke und es noch schaffe, hänge ich gleich separat mal eine Geschichte an, die ich sehr mag.

Ich weiß nicht, ob ich mein wahres Ich kenne. Ich glaube aber, ich bin auf dem Weg mich kennen zu lernen. Inzwischen schaffe ich es sogar etwas zu mögen und dazu zu stehen, ja sogar zu laut zu bekennen, dass ich es mag.
Und inzwischen stehe ich auch ein wenig mehr zu dem, was ich an mir nicht so toll finde.

Du schreibst, dass deine Eltern scheinbar solch Probleme nicht gehabt haben.
Du schreibst „scheinbar“. Ich denke, so ist es auch. Glaubst du, dass jemand kein Problem hat, der keinen Vater hatte? Ihm fehlt auch etwas. Die Mutter ist früh verstorben. So war er doch ziemlich allein, oder? Denkst du, dass er damit leicht klar kam? Vielleicht hat er häufiger heimlich geweint als du ahnst.
Und ob er nie Zweifel hatte, weißt du auch nicht. Schau dich an, schau mich an – was wissen die anderen schon über uns. Wir können großartig verbergen.
Das können alle Menschen mehr oder weniger, und sie tun es auch.

Wie alt waren deine Eltern, als du geboren wurdest? Wo standen sie zu dem Zeitpunkt im Leben?

Oh ja, ich studiere Mimik und Gestik der anderen sehr genau. Ich denke, dass machen alle Menschen mehr oder weniger.
Was allerdings wohl nicht allgemein üblich ist – denke ich zumindest – dass man alles zu seinen Ungunsten auslegt.
Da kommen dann wieder unsere Programmierungen zum Zuge.

Das, was du von deinem Freund schreibst, kenne ich auch. Mir wurde auch gesagt, dass das natürlich ist. Inzwischen verstehe und akzeptiere ich es auch.
Jeder Mensch möchte gern für einen anderen Menschen etwas besonderes sein.
Normalerweise ist man für die Eltern etwas ganz besonderes. Das ist dann die Basis für das weitere Leben. Das fehlt uns.
Dann sucht man es bei dem Ehepartner oder bei Freunden. Allerdings haben diese dann eine schwere Aufgabe zu tragen, die sie praktisch gar nicht erfüllen können.
Wie gesagt, mir geht es da wie dir. Ich habe diese (unbewusste, inzwischen bewusstere) Hoffnung, dass Beziehungen mir das geben, was mir im Leben fehlt.
Und ggflls. ziehe ich mich dann zurück aus Angst vor Verletzungen.
Lange Zeit habe ich das als Überheblichkeit und Egoismus bei mir gewertet. Konnte mich deshalb überhaupt nicht leiden. Nun verstehe ich mich besser.
An anderer Stelle hier im Forum hab ich erzählt, dass ich vor einiger Zeit einen Freund verloren habe. Er hat mir unendlich viel bedeutet. Er war für mich da, verstand mich einfach rundum. Und er konnte das annehmen, was ich ihm gegeben hab. Es war eine Freundschaft, so wie ich sie mir gewünscht habe. Allerdings läuft das alles unbewusst ab.
Es ist jetzt schon eine ganze Weile her, dass ich ihn verloren habe, aber es tut immer noch weh.
Ich glaube, dass dieser Verlust meine derzeitige depressive Phase sehr verstärkt.

Du bist nicht falsch. Du bist auch nicht unfähig mit Menschen umzugehen. Du hast nur etwas sehr Wesentliches nicht mitbekommen auf deinem Weg - dir hat niemand gezeigt, als du noch Kind warst, dass du ein sehr liebenswerter Mensch und gut so bist wie du bist.

Übrigens finde ich, dass du eine sehr schöne und sehr klare Art hast zu schreiben.
Ich glaube, in den Phasen, in denen es dir gut oder besser geht (doch, ich bin sicher, es gibt bzw. gab sie), bist du ein sehr aufmerksamer, sehr sensibler und auch wissbegieriger Mensch mit einer Menge Humor.

Jetzt hab ich auch viel geschrieben. Ich hoffe, dass weder du es mir übel nimmst und dich vielleicht langweilst noch jemand anders.

Liebe Grüße, Moonlight
.

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Hallo Feuerfisch

Beitrag von moonlight »

Hab mit viel Interesse das gelesen, was du Wilhelm geschrieben hast und auch mal für mich drüber nachgedacht.

Dass du in dieses Haus gehen konntest, ist eine gute Sache. Stimmt, das hat leider nicht jeder. Könnte vielleicht auch nicht jeder.
Grad in den letzten Monaten hab ich drüber nachgedacht eine Auszeit von allem zu nehmen. Ich brauche Ruhe. Möchte weder zuhören, noch reden. Oder zumindest nur dann, wenn mir wirklich danach zu Mute ist.
Ständig ist etwas. Ich komme hier nicht wirklich zur Ruhe.
Hab über einen Urlaub nachgedacht, den ich ganz allein verbringe. Aber davor hab ich Angst. Dann wäre ich immer allein. Und ich hab Angst, dass mich das dann noch mehr runter zieht.
Es gibt sogenannte therapeutische Wohngruppen. Aber ich weiß nicht, wie viel Zeit dann wieder durch andere verplant wäre. Vielleicht müsse ich dann wieder reden oder zuhören, wenn mir nicht danach ist.
Dann ist da mein Kind, das ich nicht allein lassen möchte.

Wie hast du das mit deinem Kind gemacht? Wie kamst du damit klar?
Lebt dein Kind heute bei dir? Verrätst du mir, wie alt es ist?

Ist ganz enorm, was du bewältigt hast. Alle Achtung.
Ich freue mich für dich.

Was Vergangenheit und Bewältigung angeht, stimme ich dir zu. Es gilt, die Zusammenhänge zu erkennen. Dann können wir verändern.
Heute weiß ich auch, dass ich mich – unter anderem auch von meinem Mann – zurückgezogen hatte (ja, immer noch habe), weil sie bzw. mein Mann manches gesagt bzw. gezeigt haben, was mich an das aus der Vergangenheit erinnert hat.
Daraus habe ich dann gefolgert, dass ich nicht geliebt, nicht gemocht werde, eine Last bin usw. Halt das ganze Programm, was so in der Vergangenheit in mich hinein gelegt wurde.
Heute weiß ich es und kann dagegen angehen. Allerdings ist das Schwerstarbeit. Ich strecke immer wieder die Flügel. Falle immer wieder ins gleiche Verhalten bzw. Denkmuster zurück.

Dass du keine Wut, keinen Hass gegenüber deiner Mutter empfinden kannst, verstehe ich gut. Mir geht es ebenso. Es sind immer nur kurze Momente, in denen ich Wut wie einen leichten Windhauch, der an mir vorüberzieht, spüre.
Ich mag solch Gefühle nicht. Vielleicht auch, weil ich meine Mutter oft sehr, sehr wütend erlebt hab – das war total abschreckend und hat mir Angst gemacht.

Die Therapeutin „übt“ manches mit mir. Wird wohl noch eine Weile dauern, bis ich auch andere legitime Gefühle zulasse.

So wie du, möchte auch ich lernen, Gefühle zu empfinden, die angebracht, gerechtfertigt und echt sind.

Was meine Gedankengänge angeht, ist es bei mir auch so, dass ich morgens in den Tag gehe und daran denke, was alles schief gehen kann. Dann bin ich verkrampft und voreingenommen.
Wichtige Gespräche führe ich abends nicht mehr. Abends kann ich Positives nicht mehr erkennen, sehe alles negativ. Wenn ich abends über meine Beziehungen zu anderen Menschen nachdenke, komme ich immer an den Punkt, dass niemand mich wirklich mag usw. Das ist tagsüber etwas besser.
Oft frage ich mich aber, was der Realität entspricht – meine abendlichen Gedanken und meine Träume oder das, was ich in besseren oder guten Momenten wahrnehme.
Ich mag mich nicht, weil ich oft so zwiespältig bin.

Ich BIN wert, ich KANN, ich DARF.
Hat mir sehr geholfen, dass du das gesagt hast.
Daran muss ich noch sehr arbeiten.
Ich weiß, dass in mir eine Menge Programmierungen sind, die immer noch perfekt funktionieren.
Aber es läuft schon besser als früher.

Wie geht es dir heute? Denkst du, dass es viel besser ist als früher?
Meinst du, dass Depressionen für immer verschwinden können?

Liebe Grüße
Moonlight
.

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Re: Ein Nichts

Beitrag von moonlight »

Hier ist die Geschichte, die ich in meiner letzten Antwort erwähnt habe:

Bitte höre, was ich nicht sage!
"Bitte höre, was ich nicht sage! Lass Dich nicht von mir narren. Lass Dich nicht durch mein Gesicht täuschen, denn ich trage tausend Masken. Masken, die ich fürchte abzulegen. Und keine davon bin ich. So zu tun als ob ist eine Kunst, die mir zur zweiten Natur wurde. Aber lass Dich um Gottes Willen dadurch nicht täuschen.

Ich mache den Eindruck, als sei ich umgänglich, als sei alles sonnig und heiter in mir, innen wie außen. Als sei mein Wesen Vertrauen und Kühle, so als könnte ich über alles bestimmen und bräuchte niemanden.
Aber glaub mir nicht. Mein Äußeres mag sicher erscheinen, aber es ist meine Maske. Darunter ist nichts Entsprechendes. Darunter bin ich wie ich wirklich bin: verwirrt, in Angst und alleine.
Aber ich verberge das, weil ich nicht möchte, dass es irgendjemand merkt. Beim bloßen Gedanken an meine Schwäche bekomme ich Panik und fürchte mich davor, mich anderen überhaupt auszusetzen. Gerade deshalb erfinde ich verzweifelte Masken, hinter denen ich mich verbergen kann: eine lässige, kluge Fassade, die mir hilft, etwas vorzutäuschen, die mich vor dem wissenden Blick sichert, der mich erkennen würde.
Dabei wäre gerade dieser Blick meine Rettung. Und ich weiß es. Wenn er doch verbunden wäre mit Angenommenwerden, mit Liebe. Das würde mir die Sicherheit geben, die ich mir selbst nicht geben kann, die Sicherheit, dass ich etwas wert bin.

Aber das sage ich Dir nicht. Ich wage es nicht. Ich habe Angst davor. Ich habe Angst, dass Dein Blick nicht von Annahme und Liebe begleitet wird. Dein Lachen würde mich umbringen. Ich habe Angst, dass ich tief drin in mir selbst nichts bin und dass Du das siehst und mich abweisen wirst.
So spiele ich mein verzweifeltes Spiel: eine sichere Fassade außen und ein unsicheres Kind innen.

Ich rede daher im gängigen Ton oberflächlichen Geschwätzes.
Ich erzähle Dir alles, das in Wirklichkeit nichtssagend ist und nichts von alledem, was wirklich ist, was in mir schreit. Deshalb lass Dich nicht täuschen von dem, was ich aus Gewohnheit daherrede!
Höre sorgfältig hin und versuche zu hören, was ich um des Überlebens willen rede und was ich nicht sagen kann.

Ich hasse Versteckenspielen. Ehrlich! Ich verabscheue dieses oberflächliche Spiel, das ich da aufführe. Ein unechtes Spiel. Ich möchte wirklich echt und spontan sein können. Einfach ich selbst, aber Du musst mir helfen. Du musst Deine Hand ausstrecken, selbst wenn es gerade das Letzte zu sein scheint, das ich mir wünsche.

Jedes mal wenn Du freundlich bist und mir Mut machst, wenn Du mich zu verstehen suchst, weil Du Dich wirklich um mich sorgst, bekommt mein Herz Flügel, sehr kleine, brüchige Schwingen - aber Flügel.
Dein Mitgefühl und die Kraft Deines Verstehens machen mich lebendig. Ich möchte, dass Du das weißt, wie wichtig Du für mich bist, wie sehr Du aus mir den Menschen machen kannst, der ich wirklich bin... wenn Du willst... ich wünsche, Du wolltest es.
Du allein kannst die Wand niederreißen, hinter der ich mich ängstige. Du allein kannst mir die Maske abnehmen und mich aus meiner Schattenwelt befreien, aus Angst und Unsicherheit; aus meiner Einsamkeit.
Übersieh mich nicht. Bitte, übergeh mich nicht.
Es wird nicht leicht für Dich sein. Die lang andauernde Überzeugung, wertlos zu sein, schafft dicke Schutzmauern. Je näher Du mir kommst, desto blinder schlage ich zurück. Ich wehre mich gegen das, wonach ich schreie. Meine Hoffnung liegt darin, dass Liebe stärker ist als jeder Schutzwall. Versuche diese Mauern einzureißen, mit sicheren, behutsamen Händen. das Kind in mir ist verletzlich.
Wer bin ich, fragst Du? Ich bin jemand, denn Du sehr gut kennst. Ich bin jedermann, den du triffst. jeder Mann und jede Frau, die Dir begegnen.
(Tobias Brocher)
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Es sind nicht die großen Feuden, die am meisten zählen. Es kommt darauf an, aus den kleinen viel zu machen. (J. Webster)
kowalski
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Re: Ein Nichts

Beitrag von kowalski »

hallo moonlight, hallo feuerfisch!

danke für eure antworten.
bei dir, moonlight, hatte ich fast schon nicht mehr damit gerechnet,

um so schöner.


du schreibst heute anders als die anderen tage. deine semantik hat sich verändert: kurzer, knapper, sachlicher.


bei meinem therapeuten rede ich nach wie vor so, wie es meine art ist. ich bleibe weiterhin bei meiner offenheit, weil ich glaube, dass dies der einzige weg ist, der zum ziel führt.
ich wäge nicht ab, verstelle mich nicht. mir ist zunächst einmal egal, was er von mir denkt, wenn ich was sage.
na gut, es gibt schon dinge, die ich bisher noch gar nicht angesprochen habe (sexuelles, z. b.) oder nur am rande. aber ich denke "kommt zeit kommt rat."

wie hälst du das während deiner sitzungen?

ich fühle mich etwas unter druck gesetzt, weil ich, wie ich schon schrieb, immer erst einmal erzählen "muß". ich denke dann auf der fahrt dorthin schon daran, was ich zu sagen habe. gleube ich nichts zu sagen zu haben, fühle ich mich unter druck gesetzt und fange an, krampfhaft zu überlegen, ob es denn nichts gibt, was wohl erzählenswert wäre. das stört mich etwas. es gab auch schon sitzungen, in denen ich glaubte, nichts zu erzählen zu haben und die wurden dann super interessant.
dennoch empfinde ich diesen druck und das stört mich.

relativ häufig habe ich gedanken wie. deine probleme sind lächerlich. du übertreibst maßloß. reiß dich zusammen. andere tun das auch. du bist es nicht wert bzw. deine probleme nicht wichtig genug um therapie in anspruch zu nehmen. dann kommen auch solche phantasien auf, gar nicht niederdrückendes zu haben. bzw. ist dieser zustand, alles negativ zu sehen ja alltäglich geworde, weil schon ab der pubertät persistierend.
dann schiebe ich die probleme weg und glaube allen ernstes, dass es "ab jetzt" wieder bergauf geht und alles nur ein spuk war. das hält dann ein weilchen an und dann fange ich wieder an mich selbst gedanklich zu zerstören.

ja, ja, ja. meine vergeßlichkeit. ich vergesse soviel. ich könnte heulen darüber.in meinem umfeld bemerkt man das auch.
insbesondere in momenten, in denen ich mich überfordert fühle, es droht mir zu entgleiten habe ich solche vergeßlichkeiten oder unkonzentriertheiten.
ich hasse mich dafür. kann mir auch nicht eingestehen, dass ich so bin. ich bin schon ewig so vergeßlich, kann es aber nicht als ein merkmal meiner person neutral werten oder mit einem augenzwinkern drüber wegsehen. nein, ich zerstöre mich lieber selbst, wenn es mir mal wieder bewußt wird bzw. von anderen gemacht wird. sofort sind die gedanken wieder da, diemeine eltern mir implantiert haben: aus dir wird nie was!
jetzt ist aus mir was geworden, vergesse ich ne kleinigkeit auf der arbeit, erniedrige ich mich und stelle mich als person ganz in frage. wie gehabt.
das scheint bei dir ja ähnlich zu sein. ich fange dann nicht an zu heulen, sondern werde aggressiv. meist mir selbst gegenüber oder aber fluchtgedanken stellen sich ein. eine typisch männliches verhaltensmuster.

das formular der abtreibung ist datiert nach meinem geburtstag. d. h. ich war es nicht, der es sein sollte. aber vielleicht war ich eben auch schon nicht gewollt, zum zeitpunkt meiner zeugung.
daher traf man vorsorge für den nächsten fall.
in welchem zusammenhang meine mutter gesagt hat, dass sie mich besser nicht bekommen hätte, weiß ich nicht mehr so genau. ich denke es war im zusammenhang mit schulischen leistungen, die sich häufig so im 3er und 4er bereich bewegten. von versager also keine spur, eher durchschnittsschüler, ich passte mich immer, auch später, meist an das mittlere niveau an.

hattest du keinen zeitpunkt in der beziehung mit deiner mutter, in der du ihr beweisen konntest, dass du etwas taugst? in welchem zusammenhang hat deine mutter das gesagt? gab es konkrete anlässe, die sich immer weiderholten? oder war es nur auf den vermeintlich "falschen" geburtszeitpunkt zurückzuführen?

ich habe meine mutter, die mit ende 50 an kreb gestorben ist, vor 3 jahren, auch gepflegt, als sie bettlägerig wurde. ich habe alles gemacht, auch an den intimsten stellen. ich weiß nicht, ob das alle söhne/töchter könnten. ich habe meine vater einfach darin unterstützt., so gut es ging.
in einem gespräch, als sie noch bei sinnen war, habe ich einmal gefragt, ob sie alles nochmal so machen würde mit mir und der kindererziehung. sie konnte oder wollte darauf nicht antworten, sie brach nur in tränen aus.

ich fühle heute keine wut auf sie. als sie noch lebte schon. heute habe ich mehr mitleid und verständnis, sehe sie mehr aus der elternrolle. sie war besorgt dass es uns gut gehen sollte später und hat das getan, was in ihren möglichkeiten stand, bzw. was sie als richtig empfunden hat.
das messer flog im übrigen auch, wegen einem 4er in einer mathearbeit. mein eltern waren 18/21 als ich geboren wurde.


woher weißt du, dass andere menschen dich für selbstbewußt und stark halten? ist es eine vermutung? siehst du dich selbst nach außen so?

ich denke auch häufig so über mich, frage mich aber gleichzeitig, ob mich andere tatsächlich überhaupt so sehen KÖNNEN?
ich denke ja, ich bin selbstbewußt und stark, weil ich daran glaube, um überleben zu können, muß ich es SEIN. mindestens nach außen hin eben so SEIN oder scheinen.

die realität kann durchaus anders sein. und wenn ich hundertmal denke du bist stark oder du SPIELST stark und beginne dann auch daran selbst zu glauben, kann es untrügliche merkmale geben, die geradezu darauf zeigen, dass ich schwach und wenig selbstbewußt bin. sprache, mimik, haltung, stimme ....


was, wenn man mir vielleicht schon ansieht, ein wenig selbstbewußtermensch zu sein. was, wenn ich nur eine witzfigur meiner selbst bin, die noch nicht erkannt hat, dass das theaterspiel vorbei ist und die maske abgenommen werden kann?
und was dann zum vorschein kommt wird abgerechnet ...

weißt du wieviel energie das ganze frißt? wieviel aufwand man betreibt um die rolle bloß nicht bröckeln zu lassen?

cut


mein hund ist ein jagdhund, ein weimaraner. und mit besorgnis stelle ich fest, dass du auch einen jagdhund hast. warum suchen sich unsichere menschen wesensfeste hunde aus, die eine harte und konsequente hand brauchen?
schon merkwürdig. aber ich habe meine "alte" gut im griff und es macht spaß mit ihr zu arbeiten.
sein wesen ist sehr ambivalent. einerseits sehr sensibel und lange geknickt, wenn ich sie ungerecht oder hart behandele. andererseits sucht sie die konfrontation, will immer wieder mal das rudel übernehmen. ist stark, kann auch einiges dann wegstecken.
ist typisch für die rasse, vielleicht auch typisch für jadghunde.
schmusen will sie jedenfalls auch sehr häufig, aber bitte nur dann, wenn es ihr paßt!

wir wohnen auch sehr schön auf dem land. habe mal in köln gewohnt und fand es ätzend nach 2 jahren, weil überall viele menschen. und sei es auf ner öffentliche toilette.
allerdings finde ich keinen rechten zugang zu den eingeborenen im dorf. ich schätze, man denkt ich bin ein sonderling mit verrückten hobbies, freunden und beruf.

menschen, mit denen ich nur mal ein wort wechsele, zähle ich nicht dazu. im gegenteil, ich nehme sie fast nicht wahr. als mensch, als freund zählen für mich nur personen, die ein mindestmaß an tiefe undinteresse mit mir teilen. das scheint aber auch nicht der richtige weg zu sein, sagt mein therapeut jedenfalls. ich soll menschen eine chance geben und nicht durch zu hohe erwartungen an soziale beziehungen schon von vorne herein alles verhindern.

du merktst ja auch von den texten hier, dass ich fordere. würdest du oder feuerfisch nicht angemessen antworten wollen oder können oder dies auf einem ganz anderen intellektuellen/emotionalen level tun, würde ich mich lange zurück gezogen haben.

"Du bist nicht falsch. Du bist auch nicht unfähig mit Menschen umzugehen. Du hast nur etwas sehr Wesentliches nicht mitbekommen auf deinem Weg - dir hat niemand gezeigt, als du noch Kind warst, dass du ein sehr liebenswerter Mensch und gut so bist wie du bist."

das hast du geschrieben. und es hat mich fast zu tränen gerührt.
ich spüre dass du recht hast, weil ich selbst dieses defizit spüre in mir.
danke

gruß
wilhelm
moonlight
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Re: Ein Nichts

Beitrag von moonlight »

Hallo Wilhelm,
doch, ich schreibe zurück. Hat nur gedauert, weil ich mir für eine Antwort Zeit und Ruhe nehmen wollte. Es fällt mir oft auch schwer mich zu konzentrieren.
Es wäre nicht schön gewesen, dir „mal eben“ zu antworten. Dafür ist es mir auch zu wichtig.

Ist ein Ding, dass es dir auffällt, dass ich anders geschrieben habe. Auf einmal waren Gedanken da, dass es ein öffentliches Forum ist, ich zwar dir schreibe, aber doch auch der Öffentlichkeit. Ich hatte Sorge, zu viel zu schreiben, zu langweilen oder am Thema vorbei zu gehen. Das hat mich wohl unbewusst auch beeinflusst im Schreiben.

Es ist gut, dass du bei deinem Th. nach wie vor so redest wie es deine Art ist. Ist wichtig, dass es auch so bleibt. Das siehst du vollkommen richtig.
Ist auch normal, dass du noch nicht alles angesprochen hast in den „wenigen“ Monaten.

Ich würde am liebsten auch alles auf einmal abhaken, aber das funktioniert nicht.
Nach wie vor bin ich auch offen. Manchmal muss ich schon ganz tief Luft holen, weil mir ein Thema sehr schwer fällt. Aber es ist ja ein Schmerz in mir, und gegen den will ich anreden. Ich möchte ja, dass mir geholfen wird.
Mir geht es wie dir, manchmal fühle ich mich unter Druck gesetzt, weil ich auch erst einmal erzählen muss. Manchmal fällt mir nichts ein, dann überlege ich auf der ganzen Fahrt dorthin. (Bin recht lange unterwegs.) Dann frage ich mich, ob ich mir alles einbilde, meine Welt eigentlich ganz okay ist, ich mich vielleicht zu wichtig nehme.
Und manchmal gibt es so viel zu erzählen, so viele Fragen, dass die Zeit kaum ausreicht.

Es gab Sitzungen, die waren einfach nur gut und interessant. Habe mich dann in deren Verlauf auch total entspannt. Es gab sogar Sitzungen, in denen ich gelacht habe. Aber es gab auch Tage, an denen ich anschließend nur geweint habe, weil ich mich mit etwas konfrontiert gefühlt gesehen habe, was ich nicht wahrhaben wollte.
Einmal z. B. wurde mir folgende Worte mit auf den Weg gegeben: „Nur er sich selbst liebt, kann anderen Liebe schenken und auch Liebe empfangen.“ Das hat mich total umgehauen, weil ich mich nun mal nicht selbst liebe. Ich war nicht in der Lage in dieser Stunde dazu etwas zu sagen, erst einige Stunden später. Nun verstehe ich auch besser was damit gemeint ist. An dem besagten Tag habe ich nur alle Menschen, die mich umgeben und mir etwas bedeuten vor mir gesehen, dachte, sie mögen bzw. lieben mich nicht und ich sei ganz allein. Ist auch wieder typisch – alles negativ sehen.

Oh ja, diese Gedanken kenne ich zu gut – du übertreibst, siehst alles falsch, nimmst dich zu wichtig, andere haben echte Problem im Gegensatz zu dir usw.
Aber wenn ich jetzt recht überlege, dann ist es genau das, was meine Mutter mir einprogrammiert hat – immer und immer wieder und auch dann, wenn ich versuchen wollte mit ihr über etwas zu reden. So habe ich immer weniger geredet und zugesehen, dass ich immer locker bzw. lächelnd schaue, damit sie es mir nicht mehr so oft sagt.
Diese Angst hab ich auch immer wieder mal bei der Th., bei den mich umgebenden Menschen sowieso. So trage ich eine Maske.
Oft hab ich auch die Angst, dass ich mir wirklich alles einbilde, dass auch alles gar nicht so war wie es in meiner Erinnerung ist. Es wäre schrecklich, wo ich doch inzwischen darüber rede. Dann würde ich u. a. meine Mutter schlecht darstellen, wo sie doch, im Gegensatz zu mir, ein guter Mensch ist.

Dass es bergauf geht, glaube ich auch oft bis ich dann wieder abstürze.
Aber ich denke, wir sollten es auch so sehen – es geht bergauf. Wir stolpern nur manchmal, weil der Weg nun mal steinig ist.
Es geht bergauf, weil wir drüber reden und sogar schon manches erkannt haben.
Und es gibt immer wieder mal helle Momente. Wann hast du das letzte Mal gelacht, etwas mit Interesse wahrgenommen, dich gefreut? Bitte, hake es jetzt nicht ganz schnell ab. Ich bin mir sicher, dass es wenigstens klitzekleine Momente gab. Und wenn du von ihnen erzählst, bedeutet das nicht, dass deine Probleme deshalb weniger werden.
Du schreibst zum Beispiel auch total schön von deinem Hund. Du hast einen Weimaraner? Ich werde jetzt nicht mit Wissen über diese Hunderasse prahlen, weil kein Wissen vorhanden ist, aber es sind wunderschöne Tiere. Einfach toll.
Ein junger Weimaraner kam vor einiger Zeit mal auf mich zu gerannt. War – glaube ich – knapp ein Jahr alt. Ehe ich Luft holen konnte, hatte er seine Vorderpfoten auf meine Schultern gelegt. Hat ein Weilchen gedauert bis mir klar wurde, dass er nicht mich, sondern mein Eis fressen wollte.
Dass wir uns Jagdhunde ausgesucht haben, solltest du nicht mit Befremden sehen bzw. im Zusammenhang mit unserer Psyche.
Es sind einfach wunderschöne Tiere. Ich habe einen Riesenspaß mit diesem störrischen Dickschädel, der übrigens gerne schmust, aber ebenfalls nur dann, wenn er will. Ansonsten dreht sich dieser fellige Wirbelwind einfach weg.
Mein Durchsetzungsvermögen bzw. Selbstbewusstsein will ich nicht an ihm trainieren. Obwohl das um des Hundes und des Friedens innerhalb und außerhalb des Hauses schon sein muss.

Versuche die guten Momente anzunehmen.
Klar, dass auch die dunklen Phasen immer wieder kommen, so wie auch die hellen immer wieder kommen.
Es gibt Tag und Nacht, Sonne und Regen, die vier Jahreszeiten usw.
Und vieles kommt wieder. Wenn wir Unkraut im Garten jäten, kommt es doch an anderer Stelle wieder usw.
Es hält uns in Bewegung.
Vielleicht sollten wir das so sehen.
Wenn es mir immer gut gehen würde, wäre ich nicht so dankbar für die guten Momente. Wenn es mir immer gut gehen würde, wüsste ich jetzt auch nicht, wer meine echten Freunde sind bzw. dass ich überhaupt welche habe.
Wenn es mir immer gut gehen würde, wäre ich für manches Schöne, Wertvolle gar nicht offen und auch für manchen Menschen nicht. Das wäre nicht nur schade.

Dass dir deine Vergesslichkeit zu schaffen macht, verstehe ich gut. Mich quält meine ebenso und dass ich mich so schwer konzentrieren kann. Das passt einfach nicht zu meinem Wunsch perfekt zu sein. Und nur wenn ich perfekt bin, achtet man mich ein wenig. – Der letzte Satz ist provozierend gemeint. So ist es nicht. Wir werden nicht nur geachtet und geliebt, wenn wir perfekt sind.
Inwiefern merkt dein Umfeld das? Wie sind die Reaktionen darauf?
Übrigens kann Vergesslichkeit doch total liebenswert sein.

Fällt mir grad ein – Wie viele Stunden schläfst du pro Nacht? Wie ist deine Nachtruhe?

Du hasst dich dafür – liebst dich nicht….. und führst fort, was deine Mutter programmiert hat……..
Du weißt, dass es falsch ist und kannst nichts dagegen tun.
Aber das stimmt nicht so ganz, du bist dabei etwas dagegen zu tun. Und ich bin mir ganz sicher, dass der Moment kommen wird, da du dich mit anderen Augen siehst.
So krass, wie ich mich immer gesehen habe, ist es inzwischen nicht mehr, auch wenn es immer wieder totale Ausreißer gibt. Das hab ich letztens mit Verwunderung festgestellt.
Es gibt tatsächlich inzwischen Dinge, die ich an mir mag. Klar, ich schaffe es natürlich immer wieder sie als nebensächlich, unwichtig abzutun oder in der Form, dass ich sage, dass das bei anderen viel herausragender ist.
Aber immerhin…. Früher hab ich das überhaupt nicht so gesehen. Da hätte ich überhaupt nichts gefunden, was ich an mir mag.

Was meinst du damit – du wirst aggressiv, meist dir selbst gegenüber? Wie äußert sich das?
Die Fluchtgedanken kenne ich auch. Und es gibt auch unzählige Momente, in denen ich weggelaufen bin.

Mit dem Formular warst also nicht du gemeint. Und es ist auch nicht so, dass deine Mutter dein Leben, dich als so negativ prägend und abschreckend gesehen hat. Bitte, sieh das nicht so.
Vielleicht hat sie erkannt, dass SIE einem Kind nicht genug geben kann…..
Vielleicht gab es finanzielle Probleme.
Vielleicht war sie krank – eine Krankheit, von der du nichts wusstest.
Vielleicht hatte sie in der Schwangerschaft oder bei der Geburt große Angst um dich und wollte das nicht noch mal mitmachen.

Vielleicht hat sie selbst nie Liebe erfahren und wusste nicht, wie sie ihre Liebe zu dir ausdrücken konnte.
Vielleicht war ihr Verhalten eine Form von Liebe.

Aber ganz egal – DU bist NICHT schuld!!

Ich hatte nicht wirklich eine Chance ihr zu zeigen, was in mir steckt, dass ich etwas tauge, weil sie es nicht sehen wollte, heute noch nicht sehen will.
Eine schlechte Schülerin war ich nicht. Hab meinen Weg gemacht.

Es gab keine konkrete Situation, in der sie mir das gesagt hat. Es gab ständig Situationen. Vielleicht hatte sie dann Krach mit meinem Vater, war mit irgendetwas anderem überfordert oder, oder…..
Ich bin ihr dann grad einfach über den Weg gelaufen, ahnungslos.
Manchmal ging es um Banalitäten, dass ich z. B. den Boden nicht richtig gefegt hätte usw.
Meine Eltern haben sich scheiden lassen. Es gibt einen Stiefvater. Aber mit ihm ist sie wohl auch nicht wirklich glücklich.
Dann hat sie viel gearbeitet und war wohl auch oft müde. Denke ich zumindest.
Dass du deine Mutter in der Form gepflegt hast, ist schon eine enorme Leistung.
Was meinst du – hast du sie gepflegt, um ihr doch noch zu zeigen, was in dir steckt, um sie doch noch ein wenig stolz auf dich zu machen?
Bitte, lies diese Frage nun richtig. Sie ist ganz, ganz liebevoll und überhaupt nicht skeptisch, kritisch gemeint.
Ich möchte dir nur helfen, dir manches bewusst zu machen.
Schau darauf. Du hättest allen Grund gehabt, sie und auch deinen Vater hängen zu lassen. Und du dürftest durchaus wütend sein.

Sie brach in Tränen aus….. Was mag in ihr vorgegangen sein? Welche Selbstvorwürfe mögen sie gequält haben? Was hätte sie dir gern noch gesagt und hat es nicht gekonnt?
Es ist schlimm, wenn ein Mensch stirbt und hat für sich noch nicht alles erledigt bzw. bereinigt. Ich glaube daran, dass unser Leben mit dem Tod noch nicht zu Ende ist, deshalb beschäftigt mich das.

Deine Eltern waren ebenfalls sehr jung, als du geboren wurdest. Wer weiß, was sie im Leben vermisst haben. Wer weiß, was sie noch aufbauen wollten.
Diese Wünsche sind legitim, schließen eine Liebe zu dir nicht aus.
Und nochmals – DU bist NICHT schuld!

Dass andere mich für selbstbewusst halten, weiß ich, weil mir das viele schon gesagt haben.
Ich selbst sehe mich nicht so. Ich sehe, dass ich mich aufrecht halte, die Zähne zusammen beiße, so oft am liebsten zusammen sinken, mich anlehnen möchte.
Nein, selbstbewusst sehe ich mich überhaupt nicht.
Stark bin ich, wenn es um mein Kind geht.
Wenn ich allerdings länger nachdenke, dann glaube ich, dass schon Stärke dazu gehört, um alles zu überstehen, die Flügel nicht gänzlich zu strecken, was ich schon so überstanden habe.
Ein Freund sagte mir mal, ebenso wie die Th., dass ich überlebt habe zeugt schon von Stärke.
Vielleicht (wahrscheinlich…) ist es ja bei dir ebenso.

Wir haben viel ausgehalten. Wir strecken uns, halten den Kopf aufrecht. Das strengt an, braucht eine Menge Kraft.

Du bist ganz bestimmt keine Witzfigur. Bist ein kluger und in seiner Weise starker Mann. Wenn es anders wäre, könntest du nicht so schreiben, wie du schreibst.

Ich weiß wie viel Energie alles frisst. Mauern hochziehen, Masken tragen, bloß nicht noch mal verletzt werden.

In Köln hast du gewohnt. Ich mag den Rhein. Zumindest das, was ich kenne.
Viele Menschen sind dort, das ist wahr.

Lebt ihr noch irgendwo in NRW, halt ländlich, oder seid ihr ganz raus aus diesem Gebiet?

Warum meinst du, dass man dich für verrückt hält? Wurde es dir schon mal gesagt?

Menschen, mit denen ich nur hin und wieder ein Wort wechsel, zähle ich nicht zu den Freunden, aber ich nehme sie wahr. Sie sind es wert. Ich möchte ja auch von ihnen wahrgenommen werden.
Und es ist schön auch mal lockere Worte zu wechseln, obwohl ich es brauche, in die Tiefe zu gehen.

Bist du fordernd? …. Hmmm…. Es ist kein small talk, das ist gut.
Ich mag unsere „Gespräche“. Es ist schön, den Menschen „Wilhelm“ kennen zu lernen.

Alles Liebe, Moonlight
.

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Re:

Beitrag von KristinaB »

moonlight
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Re: Ein Nichts

Beitrag von moonlight »

Guten Morgen Wilhelm,
danke für deine lieben Worte. Sie tun mir gut.

Ich höre gerne anderen Menschen zu und wünsche mir immer, dass ich ihnen wenigstens ein winzig bisschen helfen kann.
Ich weiß, wie es ist, wenn man reden möchte und niemand hört zu.

Wie geht es dir heute? Hab heute schon viel an dich gedacht.

Ich wünsche dir auch ein schönes, hoffentlich entspanntes Wochenende.
Hast du heute schon einen Spaziergang mit deinem Hund gemacht (oder auch allein)?
Hier ist es recht windig. Ich liebe den Wind. Hat etwas so lebendiges. Tut total gut.
Versuchs mal - bleib einfach einen Moment stehen, schließe die Augen und genieße.

Ich werde manches zu tun haben. Nächste Woche geht es in den Urlaub. Leider ist zur Zeit keine Freude darauf vorhanden.

Alles Liebe
Moonlight

PS: Blinde haben - so denke ich - andere Sinne geschult, nehmen manches viel intensiver wahr als sogenannte "Sehende". Sehen die Nicht-Blinden wirklich mehr? Sie sehen anders, vermute ich.
Ja, ich bin überzeugt davon, dass zwei Blinde sich gegenseitig helfen können.
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moonlight
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Re: Ein Nichts

Beitrag von moonlight »

Hallo Wilhelm,
mir ist grad so danach, deshalb möchte ich dir einen ganz lieben Gruß da lassen.
Alles Liebe, Moonlight
.

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kowalski
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Re: Ein Nichts

Beitrag von kowalski »

Guten Morgen allerseits,


heute geht es mir sehr schlecht. Folgende Gedanken quälen mich.

Ich bin seit einer Woche krank geschrieben von meinem Therapeuten. Im Prinzip könnte es dadurch besser gehen.

Leider wurde ich krnak, als man mich in der Firma gebraucht hätte. Andere haben nun Mherarbeit. Ich fühle mich schuldig und schäme mich.

Ich bin mehrere Wochen krank geschrieben. Ich habe regelrecht Angst, zurück in den Betrieb zu kommen. Angst vor Anfeindungen aber auch Angst davor, dass alle nun wissen, welcher Arit mich behandelt (Psychiater). Das ist mittlerweile wohl bekannt dort.

Ich gehe kaum aus dem Haus. Sitze nur drinnen, verhalte mich als ob ich mich verstecken müsste.

Ich leide zusätzlich zu meiner Depression.


Gruß
Antworten