Trauma

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sheep
Beiträge: 55
Registriert: 18. Apr 2007, 11:27

Trauma

Beitrag von sheep »

Hallo Leute,

gibts hier jemand der Erfahrung mit Trauma hat?

Am Wochenende war ich mit einem lieben Freund zusammen und bin von einem Moment auf den anderen in ein Trauma abgerutscht das schon 11 Jahre zurück liegt und das ich bis dahin völlig verdrängt hatte.
Ich hab die halbe Nacht vor mich hin geschluchtzt und am ganzen Körper gezittert. Ich war so froh dass jemand da war der mich einfach im Arm gehalten hat und mit mir geweint hat über das was da vor 11 Jahren passiert ist. Er hat mich am nächsten Tag noch zu meinem Therapeuten begleitet, ich glaub ich wäre nicht in der Lage gewesen Auto zu fahren.
Jetzt bin ich dabei mich zu stabilisieren. Ich zittere immer noch den ganzen Tag und die letzten drei Tage haben mich 2 Kilo gekostet. (nicht dass ich darüber böse wäre...)
Die Abende sind immer schlimm, da kostet es mich richtig viel Kraft die Bilder wegzuschliessen und nicht wieder abzurutschen.
Ich bin sehr froh über meinen engagierten Therapeuten, er hat mir diese Woche drei Termine gegeben und mir seine Privatnummer gegeben damit ich jederzeit anrufen kann. Das gibt mir ein Stück mehr Sicherheit.

Ich frage mich wie lange es dauert bis ich wieder Boden unter den Füssen bekomme, aber wahrscheinlich kann mir das niemand beantworten.

Ich habe große Angst vor der Nacht, vor meinen Träumen.

Seid alle lieb gegrüßt,
sheep
Anniroc
Beiträge: 42
Registriert: 30. Dez 2006, 15:08

Re: Trauma

Beitrag von Anniroc »

Liebe Silke,
ich selber habe vor fast genau einem Jahr so eine Erfahrung gemacht- ein Flashback!
Wie ein Blitz aus heiterem Himmel hat es mich ohne Vorwarnung erwischt! Und das direkt VOR meinem Theratermin!Mein Thera war/ist dann einfach super mit mir umgegangen! Hat mir am gleichen Tag noch eine zweite Sitzung etwas später angeboten,damit ich mich inzwischen erst mal wieder fangen konnte. Das klappte auch gut,allerdings erfolgte dann eine Woche später ein so massiver Zusammenbruch (in der Praxis),dass ich mich auf die Akutstation einweisen ließ! Dort erlebte ich dann leider gar kein Verständnis mehr, sondern eine Verstärkung der gesamten Problematik durch das Unwissen des behandelnden Psychiaters.Im Abschlussbericht heißt es sogar, ich "sei nicht bereit gewesen, von der belastenden Thematik Abstand zu nehmen"!ICH habe inzwischen eine Menge über Traumafolgen gelernt und weiß, dass auch gerade diese Intrusionen (sich immer wieder aufdrängende Bilder und Erinnerungen)nichts mit Bereitschaft (oder eben fehlender) zu tun haben!
Erst nachdem ich auf einer speziellen Station für Traumapatienten war und dort die erste Phase (Stabilisierung) durchlaufen konnte, komme ich etwas besser mit meinen Erfahrungen/Erlebnissen klar.
Und aus meiner Erfahrung möchte ich dich dringend bitten, such dir ganz schnell professionelle Hilfe bei speziell ausgebildeten Traumatherapeuten!!!

Drücke dir fest die Daumen!

> Lieber das kleinste Licht anzünden als über die Finsternis klagen (aus China)
ANOVA
Beiträge: 1137
Registriert: 22. Jul 2006, 21:27

Re: Trauma

Beitrag von ANOVA »

Hallo Silke,

ich denke auch, dass Du erst einmal schauen solltest, wieder einigermaßen stabil zu sein. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es absolut schädlich ist, wenn Du in dieser Phase tiefer in das Thema einsteigst. Dafür musst Du stabil sein und Unterstützung von jemandem haben, der sich mit der Bearbeitung von Traumata auskennt.

Was Dir vielleicht jetzt helfen könnte ist ein Gedankenstopp: wenn Erinnerungen hochkommen, sagst Du Dir laut oder leise ganz deutlich "Stopp!". Das hilft vielleicht nicht gleich auf Anhieb, aber wenn Du es übst, kann das schon einmal helfen.

Wichtig war für mich in solchen Momenten auch Ablenkung. Raus aus der Situation gehen, sich mit etwas anderem beschäftigen. Und wenn es nur Geschirrspülen ist, Hauptsache Du konzentrierst Dich auf etwas ganz anderes.

Eher auf einer abstrakteren Ebene hilfreich war und ist für mich, dass ich mir ganz bewusst sage, dass ich demjenigen heute einfach nicht mehr diese Macht über mein Leben geben will. Denn in dem Moment, wo ich wieder viel darüber nachdenke, gebe ich dem anderen Macht über mich. Ich bin zwar vor langer Zeit Opfer geworden, aber heute bin ich kein Opfer mehr und kann mich wehren... Aber eben, das hat mir geholfen, vielleicht können andere damit gar nichts anfangen.

Was die Nächte betrifft: es ist ganz wichtig, dass Du Dich von Deiner Angst vor der Nacht nicht beherrschen lässt! Denn durch die Angst vor der Angst in der Nacht bringst Du Dich selbst so unter Druck, dass kaum eine ruhige Nacht möglich sein wird. Vielleicht kannst Du Dir fürs Einschlafen ein festes Ritual überlegen, z.B. indem Du ganz bewusst an etwas Schönes denkst, es Dir bildlich vorstellst und so.

Ich drücke Dir die Daumen!

Gruß

Xenia
sheep
Beiträge: 55
Registriert: 18. Apr 2007, 11:27

Re: Trauma

Beitrag von sheep »

Hallo nochmal,

danke für eure Beiträge.
Ich hab das Glück schon bei einem Traumaspezialisten gelandet zu sein, ich bin also schon an der richtigen Adresse.
Bei ihm fühle ich mich auch sicher.
Er hat mir Übungen zur Stabilisierung gezeigt, den Tresor in dem ich die Filme verschließen kann. So sind sie weg, ich muss mich nicht damit auseinandersetzen aber sie sind für irgendwann wieder greifbar. Sie sind schließlich Teil meiner Vergangenheit, wenn auch kein guter.
Den inneren sicheren Ort zu dem ich immer flüchten kann. Dort bin ich sicher und kann mich erholen.
Ich hab eine stündlich piepsende Uhr von ihm bekommen damit ich mindestens einmal pro Stunde meinen inneren sicheren Ort aufsuche. Beides hat mir schon sehr viel mehr Stabilität gegeben.
Zur Nacht hab ich zu den Trimipramin noch Atosil Tropfen bekommen. Ich stell mir vor dass neben meinem Bett ein Engel postiert ist. Ich bin mir sicher dass diese Vorstellung auch der Realität entspricht.
Manchmal hab ich den Eindruck meine ganze Wahrnehmung hat sich verändert, es ist nichts mehr so wie es mal war und ich hab Angst dass es nie wieder so wird.

Jetzt geh ich jedenfalls ins Bett, ich wünsche allen eine gute Nacht.
sheep
Anniroc
Beiträge: 42
Registriert: 30. Dez 2006, 15:08

Re: Trauma

Beitrag von Anniroc »

Liebe Silke,
ich freue mich sehr für dich, dass du so kompetente Unterstützung hast!
Ich wünsche dir gute Träume!

Herzliche Grüße!

> Lieber das kleinste Licht anzünden als über die Finsternis klagen (aus China)

P.S. Und gute Träume auch allen anderen !
flocke
Beiträge: 3603
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Trauma

Beitrag von flocke »

das ist wirklich gut, dass du bei einem spezialisten bist. diese übungen helfen sehr gut, es gibt noch ne menge mehr...manch sind allerdings bei manchen etwas riskant, die trasorübung funktioniert bei mir nämlich nicht so wwie sie soll, sondern macht alles schlimmer...


es ist wirklich schön zu hören dass du deinem thera vertraust, das ist sehr hilfreich.

mehr kann ich dazu gerade nicht schreiben.

lg, flocke
Pessimisten sind Optimisten mit Erfahrung
sheep
Beiträge: 55
Registriert: 18. Apr 2007, 11:27

Re: Trauma

Beitrag von sheep »

Pessimisten sind Optimisten mit Erfahrung... Klasse!
Kennst du den:
Optimist: Ein Mensch, der die Dinge nicht so tragisch nimmt, wie sie sind.

Die Nacht war ganz gut, die Tropfen tun das Ihre dazu.
Heut morgen war ich wie gerädert, ein richtig schönes Depri-Loch. Mir fehlt einfach die Kraft mich auf meine Stabilisierungsübungen zu konzentrieren und entsprechend holen mich die Filme wieder ein.
Ich glaub jetzt ist es erst mal dran mich aus meiner Wohnung zu bewegen. Das Wetter ist schön, warum sollte ich das nicht versuchen zu genießen.
Ich wünsch euch allen einen wunderschönen Tag.
sheep
flocke
Beiträge: 3603
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Trauma

Beitrag von flocke »

mir hat eine erklärung meiner thera mal sehr geholfen (immernoch)

weiß gerade nicht wie viel du über selbstschutzmechanismen der psyche weißt.... berdrängung unter anderem...

sie meinte, dass erinnerungen immer nur so stark auftauchen wie man vertragen kann.


gut, bei mir war es oft heikel und in der situation habe ich es anders gesehen, aber im nachhinein muss ich sagen dass es doch stimmt.

habe angefangen mir und auch meinem seelchen zu vetrauen.alsom dahingehens, dass ich mir die stärke zutraue es zu packen und darauf vertraue mich nicht zu sehr zu belasten.


verstehst du was ich meine?

mir hats geholfen, hat allerdings ne weile gedauert.



flocke
Pessimisten sind Optimisten mit Erfahrung
sheep
Beiträge: 55
Registriert: 18. Apr 2007, 11:27

Re: Trauma

Beitrag von sheep »

Hallo Flocke,

ja, ich glaub ich verstehe was du meinst. Mein Therapeut sagte mir auch dass sich meine Erlebnisse jetzt in den Vordergrund drängen ist ein Zeichen dafür dass ich soweit gefestigt bin um damit umgehen zu können.
Mir kam auch schon der Gedanke dass ich mich eigentlich glücklich schätzen kann die Chance zu haben das alles aufzuarbeiten. Andere laufen ihr Leben lang mit einem unbewältigten Trauma herum, haben Probleme und wissen nicht warum.
Der Freund der für mich da war als ich meinen Flashback hatte sagte mir, wenn er nicht so geplättet wäre würde er sich jetzt für mich freuen. Das hat mir schon zu denken gegeben...
Trotzdem ist es schon frustrierend wenn die Liste an Diagnosen auf der Krankschreibung immer länger wird... Da denkt man, jetzt geht es aber langsam aufwärts und schon kommt der nächste Hammer. Ich hoffe diesmal wars der letzte.

In diesem Sinne, seid alle lieb gegrüßt,
sheep
lucifair
Beiträge: 19
Registriert: 25. Apr 2007, 14:36

Re: Trauma

Beitrag von lucifair »

Hallo sheep,

ich kann Dich gut verstehen - zwar habe ich keine Flashbacks, aber da kocht ganz gehörig was. Ich kann bestimmte Aspekte erinnern, aber es liegt unheimlich viel im Dunklen, und ich habe das Gefühl, dass das nach oben will.

Ich drücke uns allen hier die Daumen, dass wir einen guten Weg für den Umgang finden.

Liebe Grüsse
lucifair
Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen (Max Frisch)
sheep
Beiträge: 55
Registriert: 18. Apr 2007, 11:27

Re: Trauma

Beitrag von sheep »

Hallo Lucifair,

ich wünsch uns allen hier auch dass wir lernen mit dem umzugehen was tief drinnen schlummert und sich einen Weg nach draußen bahnen will.
Mit kam neulich der Gedanke dass Täler viel fruchtbarer sind als Berge.
Das gibt mir die Hoffnung gestärkt aus diesem Tal herauszugehen. Auch wenns ziemlich tief und dunkel ist.

Liebe Grüße an alle,
sheep
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