Beendet die Depression alle meine Freundschaften? Wieso kann ich nicht mehr lieben?

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Cornelia239
Beiträge: 10
Registriert: 12. Apr 2007, 21:00

Beendet die Depression alle meine Freundschaften? Wieso kann ich nicht mehr lieben?

Beitrag von Cornelia239 »

Hallo zusammen,

schon des öfteren habe ich mich auf dieser seite umgesehen und einige eurer Beiträge gelesen. Vielen Dank für eure offenheit! Es tut gut zu wissen, dass ich nicht die einzige mit dieser Krankheit bin.
Vorneweg mal ein paar details zu mir und der krankheit: bin noch ziemlich jung, 17 jahre; vor ca. 1,5 jahren wurde bei mir eine mittelschwere depression diagnostiziert, bin seit dem auch in psychiatrischer behandlung und nehme (logischerweise) antidepressiva.

aktuell gibt es bei mir ein großes problem: ich bin nicht mehr fähig, meine positiven gefühle im bezug auf zwischenmenschliche beziehungen zu zeigen. die menschen, die ich am meisten liebe und die mich in meiner schwierigen situation am meisten unterstütze, verletzt ich sehr oft. ich gebe unüberlegt gemeine und verletzende kommentare ab; teilweise komplett ohne grund, auslöser oder aktuellen bezug.
bewusst geworden ist mir das letztes wochenende: eine meiner freundinnen gab bei sich zu hause eine party, alle meine engeren freunde waren da; wie fast immer bei solchen anlässen fühlte ich mich unsicher und unwohl. der einzige grund für meine anwesenheit war das pflichtgefühl. ich wollte meinen freunden zeigen, wie sehr ich sie liebe und dass sie mir nicht egal sind.

so, muss mich sammeln. ich fürchte das alles scheint ein wenig chaotisch... liegt vermutlich dran, dass ich mit großen konzentrationsschwächen zu kämpfen habe, tut mir leid.

von meinem freundeskreis wissen insgesamt 6 leute (alles mädels) von meiner krankheit. meine 2 besten freunde (--> jungs) wissen nichts davon, zumindest nicht sicher. kann mir aber schon denken dass sie was ahnen (einer ist der sohn von nem psychiater). naja, auf jeden fall sind es genau diese 2 jungs, die ich ganz offensichtlich ständig beleidige und grundlos blöd anrede. (eine meiner freundinnen hat mich darauf aufmerksam gemacht, ich häts nicht gemerkt). komplett aus der luft gegriffen bezeichne ich sie als asozial, dumm, gemein... obwohl ich die beiden von ganzem herzen gern habe, bin ich so unfair und gemein zu ihnen. einer von ihnen ist dann im gegenzug wiederrum ziemlich böse zu mir (kann man ihm nicht verübeln), was ich wiederrum für völlig aus der luft gegriffen halte, da ich ihm ja nichts tue (glaubte ich bis samstag).
naja, auf jeden fall habe ich jetzt 2 tage lang wahnsinnig viel da drüber nachgedacht und würde gerne wissen, wie es euch damit geht? habt ihr solche probleme auch, dass ihr nicht imstande seid positive gefühle auszudrücken, bzw. diese dann als negativ ausdrückt?
Habe auch darüber nachgedacht, mich zu "outen", d.h. dass ich den 2 jungs erzähle was mit mir los ist. wie findet ihr das? ist es besser ehrlich zu sein und damit quasi meine "ausraster" zu erklären (ich will sie NICHT damit entschuldigen, ich möchte nur, dass sie mich verstehen)?

Wie ich hier lesen kann, habt ihr durch eure postings schon vielen menschen geholfen. Es würde mich unwahrscheinlich freuen, wenn ihr mir sagen könntet, wie ihr das seht mit meinem problem. Ich habe einfach wahnsinnige angst, dass ich über kurz oder lang alle meine freunde verjage, und dass wäre das schlimmste was ich mir vorstellen könnte...

machts gut!
Cornelia
FreestyleBrain
Beiträge: 2
Registriert: 30. Apr 2007, 21:53

Re: Beendet die Depression alle meine Freundschaften? Wieso kann ich nicht mehr lieben?

Beitrag von FreestyleBrain »

Hallo an alle,

ich schreibe das erste Mal in das Forum nachdem ich schon tagelang hier rumsurfe. Vielfach habe ich schon Parralelen zu meinem eigenen Leben ziehen können. Die Angst das mein Leben ebenso richtungslos verläuft, wie bei vielen anderen hier, die trage ich schon sehr lange in mir rum.

Heute Abend sitze ich hier und bin sehr verzweifelt. Morgen ist frei und jeder macht heute Abend irgenwas. Und sei es nur in eine Bar gehen und sich nett unterhalten. Nicht mal zu so etwas kann ich mich mehr aufraffen. Ich hatte die Möglichkeit heute und hab' wieder mal gekniffen. mein bester Kumpel fragte mich vorhin. Es kotzt mich so an. Mein eigenes Verhalten. Ich weiß das es das Beste für mich wäre, weg zu gehen und mal wieder das Leben in vollen Zügen auszukosten und was mach ich dagegen? SItze den ganzen Tag vor dem PC und suche nach Lösungen für meinen derzeitigen Zustand.

Beiträge in denen Leute von jahrelangen Depressionen schreiben erschrecken mich. Ich möchte das nicht! Nur ein normales Leben führen mit allem was dazu gehört. Ich dachte das gibt sich irgendwann mal, dass mich manchmal jemand in den Arsch treten muss, damit ich hochkomme. Ich mach mir solche Selbstvorwürfe! Ich bin es der z.Z. jede Partyeinladung oder Bareinladung in den Wind schlägt!

Meine Freundin vergnügt sich heute Abend in der Strandbar in Mainz. Und was mach ich? Sitze sinnlos und nutzlos vor dem Internet und grabe mich noch tiefer in mich hinein. Ich halte das nicht mehr aus.

Freunde suchen Kontakt zu mir, wollen mit mir auf Konzerte, aber ich hab' überhaupt keine Lust dazu. WO bin ich geblieben? WO ist mein ICH geblieben, das früher so gerne unter Leute gegangen ist.

Ich fliege nun bald für ein Jahr nach AUstralien und habe z.Z. einfach nur Angst davor. Werde ich ANschluss und einen Job finden?

Ich liebe meine Freunde, sehe welchen Spass sie gemeinsam haben (StudiVZ und ICQ sei dank) und will wieder in so ein Leben zurück. es geht aber im Moment nicht.

Und wenn ich mich aufraffe endet es in einer halben Katastrophe. Letztens habe ich eine Panikattacke am Essenstisch meiner Schwiegereltern bekommen und kein Wort mehr rausbekommen. Trotzdem haben sich alle solche Mühe mit mir gemacht und mir ihr Liebe gezeigt. Nur ich konnte und kann dem nichts erwidern obwohl ich es doch so gerne täte.

Was ist nur los mit mir?!
Ich fühle mich so hilflos. WIll wieder ungezwungen mit Freunden und Bekannten weggehen, das Leben spüren.
Gibt es etwas Schlimmeres als das hier?
Manchmal hab ich mir eine sichtbare Krankheit gewünscht, damit jeder sehen kann warum ich, die Sachen die ich gerne mache, z.Z. nicht machen kann.

Tut mir leid, wegen diesem Text hier, aber ich habe heute so eine Wut in mir. AUf meine Mutter, meinen Vater. Warum habt ihr mir das angetan? Warum muss ich so leiden? Warum ich?
klappi
Beiträge: 34
Registriert: 30. Nov 2006, 14:56

Re: Beendet die Depression alle meine Freundschaften? Wieso kann ich nicht mehr liebe

Beitrag von klappi »

Ich kann euch beide sehr gut verstehen!
Insbesondere im Text von Cornelia habe ich mich zu 100% wiedergefunden. Ich verletze auch sehr oft Menschen grundlos, die mir eigentlich sehr viel bedeuten. Auch Gefühle wie Liebe kann ich nicht wie gewohnt fühlen. Zur Zeit habe ich wieder so etwas wie eine Beziehung am laufen, merke aber, dass ich nicht in der Lage dazu bin Gefühle zu erwidern.

Auf der einen Seite suche ich nähe und dann plötzlich möchte ich den Menschen dem ich mich angenähert habe wieder wegschubsen. Wenn ich ihn dann weggeschubst habe, will ich wieder seine nähe. Und so weiter...

Ich weiß, dass das alles vor meiner Krankheit anders war und habe daher die begründete Hoffnung, dass sich das wieder gibt!
So solltet ihr das auch sehen! Ich vermute mal, dass ihr im "Normalfall" auch nicht so drauf seid und die Krankheit der konkrete Auslöser für dieses Empfinden und Verhalten ist. Insofern wird es wohl irgendwann auch wieder besser gehen.

Ansonsten: Herzlich Willkommen im Forum!
FreestyleBrain
Beiträge: 2
Registriert: 30. Apr 2007, 21:53

Re: Beendet die Depression alle meine Freundschaften? Wieso kann ich nicht mehr lieben?

Beitrag von FreestyleBrain »

Ja genau wie du es sagst war es letztes Jahr.
Wir hatten beide viel Stress (meine Freundin und Ich)
Wir haben z.B. fast alleine die Jahrgangszeitung rausgebracht, währendessen haben wir uns zur Aufgabe gemacht nen ABI Song zu komponieren, weil wir beide sehr musikalisch sind, dazu kam noch das ich den letzten Schultag mitorganisierte und dann auch moderiert habe (wahrscheinlich deshalb, weil ich ungern nein sage; kann diese selbstdarstellung auch was mit narzismus zu tun haben? beschäftige mich z.Z. mit der narzistischen depressiven neurose und sehe da Parallelen)
und natürlich das liebe Wirtschaftsabi, wleches eines der Schwersten in Deutschland ist.

Wegen der ABizeitung hatten wir uns ganz schön gezofft und fast auseinander "Gearbeitet". Ich will es mal so nennen, da sie sich gegen ENde der Erstellungsarbeit von mir alleingelassen gefühlt hat.

Daraufhin hat es noch ca. nen Monat nach dem Abiball gedauert und "Zack" von einem Tag auf den anderen waren meine Ängste, etc. wie weggeblasen. Wie happy ich damals war! Endlich wieder leben! Fühlen, meiner Freundin das geben was sie sehnlichst erwartet hat in den letzten Monaten. Ich war der glücklichste Mensch den es gab. Stand der längste Sommer meines Lebens und bevor! Von Ende Mai bis Anfang September keine Verpflichtungen mehr. Es war eine wunderschöne Zeit. Der gemeinsame Campingurlaub in Italien der Schönste den ich jemals gemacht habe.

Letztes Jahr sagte ich mir: "Wenn ich mal wieder in so eine Phase gerate, muss ich mich einfach an die schönen Momente hier erinnern und es geht schon wieder!" Wenn das so einfach wäre!
ich war der MEinung, soetwas würde mich nicht nochmal treffen. Hab' dann meinen Zivildienst im September angefangen. Was sollte da schon schief gehen? Stupide Arbeiten, kein großer Druck wie beim Abi, einfach nur funktionieren, morgens schon mit einem Lächeln zur Arbeit kommen.

Tjy, was soll ich sagen? Es kam ganz anderst. Ich merkte am Anfang schon, das meine Kollegen mir nicht besonderst freundlich gestimmt waren. Ich habe mir am Anfang extrem Mühe gegeben es ihnen recht zu machen. Heute weiß ich dass das wahrscheinlich der genau falsche Weg war. Denn wenn man versucht es allen recht zu machen, dann kann man nur scheitern. Das ist leider ein Problem, welches sich auch shcon durch meine Schullaufbahn zieht. Irgendwann weiß man nämlich selbst nicht mehr, welche Meinung man überhaupt hat, da man sich von so vielen bewusst/unbewusst beeinflussen lässt.
Um wieder zurück zu kommen. Ich stecke gerade durch die anhaltenden Konflikte mit meinen Kollegen und meinem Vorgestzten in einem Loch. Bin gerade seit letzten Mittwoch krankgeschrieben, weil ich morgens Null Antrieb mehr hatte, mich den ganzen Tag wieder mit "ICh weiß doch nicht." oder purem Schwiegen/IGnorieren abfertigen zu lassen.
Ich warte also bis ich mich wieder da rausziehen und endlich wieder mit fühlen anfangen kann, um so meiner Freundin das zu geben, was ich ihr jetzt schon gerne geben würde. Das habe ich ihr vorhin ebenso erzählt und mir ist damit etwas Last von den Schultern gefallen. Ich habe das Glück eine sehr verständnisvolle Freundin zu haben.
ALso, das mit dem vermuteten "ENtlieben" gehört zu den Symptomen der Depression und ist bei dir nicht nur ein EInzelfall!
MAch dir bitte keine Sorgen. Die kannst du jetzt nicht gebrauchen!

LG
Free
alaska
Beiträge: 3
Registriert: 23. Nov 2005, 14:26

Re: Beendet die Depression alle meine Freundschaften? Wieso kann ich nicht mehr liebe

Beitrag von alaska »

Liebe Cornelia,

es ist schön, dass Du so offen schreiben kannst. Ich kenne das Problem sehr gut! Ich bin zwar schon ein paar "Tage" älter als Du (44J) aber ich hab die letzten zwei Jahre enorm unter einem ähnlichen Problem gelitten.

Ich konnte die Nähe des Menschen, den ich am meisten liebte nicht mehr ertragen. Ich hab ihn oft abgewiesen und mich dadurch mehr und mehr isoliert. Mein Glück war, dass er nicht aufgab. Wir konnten wieder ganz sacht einen gemeinsamen Weg finden. Doch kaum war klar, dass es ganz langsam wieder gehen würde, dass ich mich ohne diese tiefen Ängste ganz vorsichtig wieder auf ihn einlassen konnte, starb er. Noch immer leide ich darunter, dass ich in den letzten zwei Jahren vor seinem Tod ihm nicht das geben konnte, was ich fühlte - zu sehr war ich in meiner Krankheit gefangen. Langsam lerne ich und versuche zu akzeptieren, dass diese Verhaltensweise ein Teil meiner Erkrankung ist. So schlimm und ungerecht es ist, bin ich auch froh darüber, dass in den letzten Wochen vor seinem Tod die Nähe wieder möglich war.

Sicher, ich hab auch andere Freunde und Bekannte vor den Kopf gestoßen. Bei mir war das oft der innere Stress, die innere Unruhe, die es mir nicht möglich machte "normal" zu reagieren. Meist spürte ich die innere Anspannung gar nicht. Es war nur an meinen Reaktionen zu erkennen. Mit Hilfe meiner Therapeutin lerne ich, meine innere Anspannung zu registrieren, und schließlich bewußter und anders damit umzugehen.

Oft bringen mich Situationen in Stress und Anspannung, die ich vor meiner Erkrankung niemals als anstrengend empfunden hätte. Durch ein achtsames "In-mich-hören" kann ich besser für Entspannung sorgen und mich selbst entlasten. Das ist ein schwerer Weg. Ich bin noch lange nicht perfekt darin und habe noch viel zu üben.

Hast Du eine/n Therapeut/in mit der Du darüber reden kannst? Vielleicht kann er/sie Dir dabei helfen, herauszufinden, weshalb Deine Reaktion ist wie sie ist. Ich kann Dir nur sagen: Du bist nicht allein mit dem Problem. Ich habe in meiner Krankheit auch Freunde verloren, aber auch neue Freunde gefunden.

Vergiss nicht, in das Leben zu vertrauen.

Liebe Grüße
Sonnenstern
Cornelia239
Beiträge: 10
Registriert: 12. Apr 2007, 21:00

Re: Beendet die Depression alle meine Freundschaften? Wieso kann ich nicht mehr lieben?

Beitrag von Cornelia239 »

Lieber Sonnenstern,

dass dein Freund gestorben ist tut mir sehr leid. Ich kann mir denken wie du dich gefühlt hast bzw. wie du dich fühlst. Ich hab mal sowas ähnliches erlebt...
Aus deinen Worten schließe ich, dass er von deiner Krankheit gewusst hat, liege ich da richtig?
Das ist eben genau das Problem bei mir: die 2 "Opfer" meiner verbalen Attacken wissen nicht, dass ich krank bin. Es gibt so viele gute Gründe, warum ich es ihnen erzählen sollte, aber es spricht auch so verdammt viel dagegen. z.B. dass ich angst habe, dass sich unsere Beziehungen dadurch verändern... wie war das bei dir/euch??

Zur Zeit bin ich bei einer anderen Psychiaterin in Therapie und ich fühle mich dort auch sehr wohl. Bis jetzt hatten wir aber noch keine zeit für ein ausführliches Gespräch, da es in letzter Zeit sehr viele gesundheitliche (--> körperliche) Probleme gab, über die wir sprachen. Ich habe aber vor, dieses Thema beim nächsten Termin anzuschneiden.
Aber wie gesagt, mich würde interessieren was ihr als experten darüber denkt.

Viele liebe grüße und einen schönen feiertag,
cornelia
Cornelia239
Beiträge: 10
Registriert: 12. Apr 2007, 21:00

Re: Beendet die Depression alle meine Freundschaften? Wieso kann ich nicht mehr lieben?

Beitrag von Cornelia239 »

hallo klappi,

das mit dem wegschubbsen ist ein guter vergleich. genau so geht es mir auch, nur eben dass es bei mir rein freundschaftlich ist...
weiß dein partner/deine partnerin von deiner krankheit? wenn ja, wie hat er/sie reagiert??

würd mich freuen von dir zu hören
cornelia
Ronja_R
Beiträge: 55
Registriert: 28. Mär 2006, 17:45

Re: Beendet die Depression alle meine Freundschaften? Wieso kann ich nicht mehr lieben?

Beitrag von Ronja_R »

Hallo Cornelia,

nach meinem Gefühl solltest Du den beiden Jungs erzählen, was mit Dir los ist. Etwas in Dir will es, und es würde der Beziehung vielleicht auch gut tun. Was würde denn dagegen sprechen? Du schreibst, dass Du Angst hast, dass sich die Beziehung ändert. Das ist gut möglich. Aber wenn Du Dein Verhalten durch die Depression geändert hast, dann könnte das die Beziehung ja auch verändern, allerdings eher zum Negativen hin. Insofern hast Du nicht viel zu verlieren, wenn Du es ihnen erzählst, oder?

Ich habe überwiegend positive Erfahrungen gemacht, wenn ich Leuten von meiner Krankheit erzählt habe. Ich erzähle es nur Leuten, zu denen ich genug Vertrauen habe. Wenn jemand es herumerzählen würde, wäre mir das nicht recht. Aber die meisten sind sehr verständnisvoll. Wenn einer sich abwendet, weil er damit nicht umgehen kann, war er es eh nicht wert, oder? Und wenn einer das Thema meidet, weil er mit dem Thema nicht umgehen kann, aber sich ansonsten normal verhält, ist es auch ok, oder?
Einen Fehler habe ich allerdings gemacht: Ich habe es jemandem erzählt, der mir sehr wichtig war. Und ich habe erwartet, dass er mir mit entsprechendem Verständnis begegnet. Dass er sich meine emotionalen Wechselduschen gefallen lässt, und für mich da ist, wann immer ich ihn brauche. Letztlich habe ich ihn damit überfordert, und zu viel verlangt, glaube ich.

Wenn Du aber die Jungs verletzt, dann beobachte Dich erst mal selbst, damit Du es überhaupt spürst. Und wenn Du ihnen erzählst, wie es Dir geht, erfährst Du vielleicht auch, wie Deine Attacken bei ihnen ankommen. Vielleicht sind sie auch verletzt? Dann ist es höchste Zeit, darüber zu reden. Vielleicht ist es eine Art Flirt (was sich liebt, das neckt sich), dann könnte die Beziehung vielleicht durch zu viel Offenheit abkühlen?

Die Entscheidung musst Du selbst treffen! Alles Gute dabei!
Räubertochter
alaska
Beiträge: 3
Registriert: 23. Nov 2005, 14:26

Re: Beendet die Depression alle meine Freundschaften? Wieso kann ich nicht mehr liebe

Beitrag von alaska »

Liebe Cornelia,

ja, selbstverständlich wußte mein Liebster von der Krankheit. Doch es war auch für ihn sehr schwierig damit umzugehen. Ich war nicht mehr so wie früher. Oft konnte er es verstehen und gut damit umgehen. Doch es gab auch viele Momente, da war er auch einfach nur Mensch und selbst verletzt. Es erleichterte uns aber auch immer wieder aus der augenblicklichen Situation raus zu gehen und wieder zu schauen, was letztlich dahinter steckt. Es war ja viel zu oft meine Krankheit und nicht eine "Abneigung" gegen ihn. Noch immer schmerzt es mich sehr, zu wissen er mußte mit mir so viel aushalten. Gerade in seinen letzten zwei Lebensjahren.

Ein Freund ist schwer manisch-depressiv. Er besuchte uns mit seiner Lebensgefährtin über ein verlängertes Wochenende. Den Umgang mit ihm und seiner Erkrankung hat er uns dadurch erleichtert, dass er uns geschildert hat, was er braucht und wie er im zweifelsfall reagiert. Er hat klar gesagt, dass es passieren kann, dass es ihm zuviel wird und er ohne weitere Worte abreist, dass er sich mitten im Gespräch einfach zurückzieht usw. Wir sollten das dann nicht persönlich nehmen. Mir hat es die Tage erleichtert, weil ich von vornherein wußte, es hat nichts mit mir zu tun und ich muss mich nicht fragen, ob ich etwas falsch gemacht habe.

Ich selbst bin mit meiner Erkrankung auch im Büro sehr offen umgegangen (alle Kolleg/innen wissen Bescheid), habe erzählt was ich habe, unter welchen Symptomen ich litt usw. Insgesamt habe ich damit sehr positive Erfahrungen gemacht. Ja, auch ich hatte Angst darüber zu reden! Doch mein Mut darüber zu reden, hat sich bezahlt gemacht.

Nun aber zu Deiner besonderen Situation. Ich kann mir schon vorstellen, dass die Jungs damit erst einmal überfordert sind. Vielleicht wäre der erste Schritt, für Dich herauszufinden, in welchen Situationen und emotionalen Befindlichkeiten Du "verbal um Dich schlägst". Du tust es ja nicht, weil Du die anderen nicht magst, sondern weil Du mit Dir nicht zurecht kommst (so vermute ich). Im ersten Schritt ist die Selbstbeobachtung ganz wichtig - aber auch anstrengend. Hilfreich für Dich kann es sein, dass Menschen, die Dir wohlwollend zugewandt sind. Dir in den "kritischen" Situationen sagen können: Stopp, Du bist wieder "schlecht drauf". Dann hast Du leichter die Möglichkeit in Dich zu hören und versuchen herauszufinden, wie Du Dich fühlst und was nun gerade mit Dir passiert war. Mir ging es am Anfang so, dass ich es selbst nicht bemerkt habe.

Was meiner Ansicht nach auch sehr wichtig ist, sich und seine Krankheit selbst gut zu kennen. Das Umfeld ist zumeist total verunsichert und weiß nicht wie sie mit dir und deiner Erkrankung umgehen soll. Hier hilft meiner Meinung nach schlicht: Information. Ein Buchtipp: Depression von der Stiftung Warentest.

Mein Tipp für Dich: erst mit der Therapeutin sprechen - Sie kennt Dich gut und kann Dir sicher viel aus ihrem Erfahrungsschatz mitteilen. Bis zum Therapeutentermin kannst Du versuchen, Dich selbst zu beobachten und vielleicht schon die kritischen Situationen erkennen.

Ganz viel Erfolg wünscht Dir von Herzen
Sonnenstern
Gena
Beiträge: 99
Registriert: 2. Mai 2007, 20:25

Re: Beendet die Depression alle meine Freundschaften? Wieso kann ich nicht mehr liebe

Beitrag von Gena »

Ich lese gerade hier im Forum davon, daß viele Menschen unter Depris nicht mehr "fähig" sind die Liebe, die sie empfinden, auch zu zeigen. Gibt es nicht auch ein Gegenteil davon? Ich würde es am liebsten haben wenn mein Freund 24/7 um mich rum wäre damit dieses Gefühl der Einsamkeit endlich wieder weg geht. Wir leben leider nicht zusammen und sehen uns relativ selten. Die Sehnsucht ihm meine Liebe zeigen und geben, seine Liebe spüren zu dürfen treibt mich fast in den Wahnsinn; geht beinahe so weit, daß ich ihn eher von mir weg treibe als ihn näher an mich heran zu ziehen... Stehe ich mit diesen Gefühlen alleine da? Ist das möglich trotz Depris? Ich vermute sogar einen Grund meiner Depris in der Tatsache, daß ich ihn für mich viel zu selten sehe ... Ich habe sogar Angst, daß er nur noch deswegen mit mir zusammen ist weil er um die Krankheit weiss und mich nicht noch weiter "runter" bringen will wenn er sich von mir trennt ...
Liebe Grüße

Gena
Cornelia239
Beiträge: 10
Registriert: 12. Apr 2007, 21:00

Re: Beendet die Depression alle meine Freundschaften? Wieso kann ich nicht mehr lieben?

Beitrag von Cornelia239 »

Liebe Räubertocher, lieber Sonnenstern,

danke dass ihr mir von euren Erfahrungen erzählt; das tut mir wahnsinnig gut, da ich noch nie mit anderen Betroffenen über die Krankheit und ihre Symptome gesprochen habe. Weiß (leider?) niemand in meinem Bekanntenkreis, der das selbe durchmacht. Obwohl, wenn man den Statistiken glauben schenken darf, müssten da ja noch einige drunter sein...
Räubertochter, du schreibst ich hätte nichts zu verlieren und sollte mich ihnen deshalb öffnen. Da gebe ich dir vollkommen recht, doch ich habe wahnsinnige Angst mich vor Menschen zu öffnen. Dadurch biete ich nur Angriffsfläche. Obwohl ich weiß, dass die beiden dass nie gegen mich verwenden würden, habe ich Angst davor.
Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass ich von einer sehr engen Freundin nach meinem "Outing" als Psycho angesehen wurde, dass sie mich nicht mehr ernst nahm. Egal was ich sagte, es wurde als Hirngespinst eingestufft und ich wurde belächelt. Das verletzt mich sehr...
Gena, das was du schreibst, dass du das Gegenteil empfindest, dass du am liebsten 24 Stunden täglich mit deinem Freund zusammen wärst, kann ich sehr gut nachvollziehen. So fühle ich mich auch manchmal, nur ist bei mir dann das Problem, dass wenn ich dann die Nähe habe, sie mir unglaublich schnell zu viel wird und ich flüchte oder die anderen durch eben diese gemeinen und verletztenden Bemerkungen zur Flucht bewege...

Danke für Eure Hilfe!
Liebe Grüße
Cornelia
Paulinchen2601
Beiträge: 190
Registriert: 18. Feb 2005, 18:24

Re: Beendet die Depression alle meine Freundschaften? Wieso kann ich nicht mehr lieben?

Beitrag von Paulinchen2601 »

Hallo Cornelia, hallo zusammen,

ich schließe mich der Riege an...bei mir ist es ähnlich, nur dass ich keinerlei Gefühle mehr zulasse(n) (kann)!
Ich fühle mich im Moment eigentlich Symptomfrei -nehme seit einiger Zeit Antidepressiva und vermute den Grund dahinter...denn mir geht es seitdem zwar besser - soll heißen - ich kenne diesen schwarzen Löcher nicht mehr, gehe weg - habe meinen Spaß und sehe wieder Zukunft vor mir. Allerdings habe ich meine sämtlichen wirklichen Freunde aus meinem Leben gestrichen - soll heißen - ich ignoriere sie einfach! Nehme Telefonate von Ihnen nicht an, treffe keine Verabredungen mit ihnen, wenn ich sie zufällig treffe - grüße ich kurz und höflich - aber mehr nicht - blocke von vornherein ab. Selbst meine Familie - habe ich hinter mir gelassen - Streit vom Zaun gebrochen und bocke nun seit Monaten wegen Dingen, wegen denen ich mich früher keine 2 Tage geärgert hätte.

Ich gehe noch weg mit Bekannten, mit denen ich Spaß haben kann und wenn ich boshafte und gemeine Bemerkungen loslasse - müssen sie eben damit klar kommen - oder eben nicht. D.h. es ist mir egal - ob ich sie damit verletze oder nicht.
Ich entschuldige mich zwar mal, wenn ich sehe, dass ich sie verletzt habe - aber nicht weil es mir ein Bedürfnis ist, sondern weil es halt so erwartet wird und es mir eigentlich egal ist - ob ich mich entschuldige oder nicht - weil es berührt mich nicht.

Denke wirklich, dass es an den Medi´s liegt - denn dieses "gefühllose" kenn ich nicht an mir! Aber ich will die Medi´s auch nicht absetzen oder andere ausprobieren - bin froh darüber - nicht mehr in diesen schwarzen Löchern zu sitzen und meinen Alltag meistern zu können (und das sogar irgendwie mit Spaß - wenn auch mit anderem als früher - aber es macht Spaß, trotzallem)

Ich habe nur manchmal das Gefühl, dass es nicht richtig ist, dass ich so lebe wie ich jetzt lebe...ohne wirkliche Vertraute...ohne Familie....ohne tiefen Gefühle...aber eben auch ohne diesen Schmerz!
Paulinchen2601
klappi
Beiträge: 34
Registriert: 30. Nov 2006, 14:56

Re: Beendet die Depression alle meine Freundschaften? Wieso kann ich nicht mehr liebe

Beitrag von klappi »

Hallo liebe Cornelia,

zu deinen Fragen, ob meine Freundin von meiner Krankheit wusste und wie sie damit umgegangen ist: Zunächst mal bin ich seit nem halben Jahr Single. Zuvor hatte ich eine dreijährige Beziehung, die letztlich wegen meiner Erkrankung zerbrochen ist. Ich war von Anfang an offen zu ihr, was meine Krankheit angeht und sie hat eigentlich gut darauf reagiert und konnte damit auch ganz ordentlich umgehen. Das Problem war wohl, dass sie sich nie so 100% mit meiner Krankheit auseinandergesetzt hat und deshalb einiges missverstanden hat. Vor allem als ich wieder in ein tiefes depressives Loch abgerutscht bin vor einem Jahr, konnte sie das nicht so recht verstehen und ich hab vermutlich zu wenig darüber geredet, aus Angst, sie zu verlieren, weil sie mit der Krankheit in dieser Form nicht umgehen kann. Deshalb kann ich dir aus meiner eigenen Erfahrung nur empfehlen: Wenn du in einer Beziehung bist, dann kauf deinem Partner einfach mal ein Buch für Angehörige von depressiv Erkrankten. Das hätte rückblickend in meiner Beziehung einiges retten können.
Dieses Gefühl, sie immer wieder innerlich wegschubsen zu müssen habe ich versucht sie nie spüren zu lassen und habe auch nicht mit ihr darüber geredet. Ich wollte die Beziehung dadurch nicht noch mehr belasten.

Liebe Grüße

Klappi
Cornelia239
Beiträge: 10
Registriert: 12. Apr 2007, 21:00

Re: Beendet die Depression alle meine Freundschaften? Wieso kann ich nicht mehr lieben?

Beitrag von Cornelia239 »

Liebes Paulinchen,

scheinbar haben wir wirklich die selben Symptome; Gott sei Dank sind sie bei mir (noch?) nicht so krass. Obwohl ich oft keine Lust auf meine Freunde haben, zwinge ich mich quasi dazu, sie trotzdem zu treffen und trotzdem Zeit mit ihnen zu verbringen. Die Angst sie zu verlieren ist einfach zu groß. Teilweise fühle ich mich auch sehr unwohl und innerlich aufgewühlt und unruhig, wenn ich mit ihnen zusammen bin. Das macht mir wahnsinnige Angst, denn eigentlich sind sie für mich das Wichtigste! Aus diesen Situationen der Unsicherheit und des Unwohlseins mit meinem eigenen Befinden resultieren dann die Beleidigungen und bösen Kommentare. Ich verletze damit nicht nur sie, sondeern auf lange Sicht auch mich. 5 Minuten später hasse ich mich für dieses Verhalten selbst, bin wieder unzufrieden und verletzt sie wieder --> ein Teufelskreis!! Zur Zeit weiß ich nicht wie ich da rauskommen soll...
Ich weiß nicht inwieweit da die AD eine Rolle spielen, aber meine Fähigkeit Gefühle zu zeigen, positive oder negative, hat sehr stark abgenommen. Das macht mir Angst...
Was mich zur Zeit aber zum Durchhalten animiert, ist der Termin bei meiner Ärztin nächsten Montag. Ich hoffe so sehr, dass ich mich ihr öffnen kann.

Liebe Grüße an alle Leidensgenossen!
Cornelia
Paulinchen2601
Beiträge: 190
Registriert: 18. Feb 2005, 18:24

Re: Beendet die Depression alle meine Freundschaften? Wieso kann ich nicht mehr lieben?

Beitrag von Paulinchen2601 »

Hallo Cornelia,
hoffe Dein Termin morgen bringt Dich weiter und die Ärztin kann Dir weiterhelfen bzw. Dir dieses Verhalten erklären und Dir helfen es wieder in richtige Bahnen zu lenken.
Ich merke an mir, dass es nicht richtig ist so zu handeln und vor allem so wenig Gefühle zuzulassen - mittlerweile bin ich wieder einen Schritt weiter gekommen - zu erkennen - dass ich es nicht mehr zulassen möchte.
Paulinchen2601
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