Warum weiterleben?

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Chiron
Beiträge: 2006
Registriert: 14. Feb 2005, 15:45

Warum weiterleben?

Beitrag von Chiron »

Guten Morgen liebe Forumsgemeinde,

...diese Frage stelle ich mir mal wieder nach einem recht heftigen Depri-Absturz.

Seit ich denken kann, bin ich nun am Kämpfen gegen Probleme, Krankheiten.....

In den Umzug nach Berlin steckte ich 1,5 Jahre Zeit, Kraft und Energie, weil ich dachte, hier wird alles gut. Das beste Krankenhaus für meine Krankheit vor Ort.....

Wie bei jeder Krankheit, dachte ich auch dieses Mal, man könne sie mit Medikamenten bei Seite schieben. Leider ist dem nicht so.
Nein, ich muss damit leben lernen. Mit diesen verdammten Auf und Abs.

Genau 4 Tage war ich nun stabil und wusste vor "Langeweile" nicht so recht was mit mir anfangen. Am 5. Tag dann der Wechsel, ein Schuss nach oben und nun sitze ich schon wieder seit 2 Tagen in der tiefsten Depression.
(Sorry, ich schreibe hier, weil vor allem die Depri mein Problem ist)

Mein Jüngster hatte Firmung am Samstag. Diese Info bekam ich über eine alte Bekannte, die es meiner Mutter mitteilte, da sie nicht wusste, wie es mir mit diesem Wissen gehen würde.

Es tut/tat immer noch schrecklich weh. Mein Kleiner wird erwachsen und mich gibt es in dieser Familie nicht mehr.
Für die bin ich tot(geschwiegen).

Ich soll mein Leben hier in die Hand nehmen, aber für was?

Für was lebe ich noch, wenn meine Kinder keinen Kontakt mehr zu mir haben dürfen?
Mir fehlt gerade der Sinn zum Weiterleben.
Um jedes bisschen Zuneigung muss ich kämpfen und kann und will nicht mehr.

Gestern hatte ich ein Erlebnis der besonderen Art.
Ich las in einem Buch vor einem Flohmarktstand.
Plötzlich: "Muss ich sie erst umbringen, oder gehen sie freiwillig zur Seite?"

Eine Touristin war total geschockt über dieses Berliner Urgetüm.

Ja, ich hätte stehenbleiben sollen, dann wäre mein Problem gelöst und der Typ hätte eines.

Bitte nennt mir Gründe für die es sich lohnt weiterzuleben.
Es dürfen auch Eure ureigensten sein.
Denn mir fehlt gerade jeglicher Halt.

Danke!

Liebe Grüße,

Chiron
"Was mich nicht umbringt, macht mich noch stärker."
AnnieimNEZT
Beiträge: 31
Registriert: 20. Apr 2007, 14:11

Re: Warum weiterleben?

Beitrag von AnnieimNEZT »

Hall chiron,

es lohnt sich immer weiterzuleben. Du bist momentan in einem tiefen Loch, aber pack dich am Schopf und versuch dich daraus zuziehen. Ich habe deine GEschichte nicht verfolgt und weiß nichts über deine Umstände. Schau nach draussen die Sonne scheint und auch bald wieder für dich! ich glaube an dich und ich schick dir jetzt mal ganz viel Trost und Durchhaltervermögen und ich drück dich mal...Gruß andrea
roed groed med flöde
sonnenwurm
Beiträge: 275
Registriert: 26. Jul 2006, 16:14

Re: Warum weiterleben?

Beitrag von sonnenwurm »

Liebe Chiron!

"Weil du nur dieses Leben hast. Du hast es geschenkt bekommen und solltest es nicht achtlos wegwerfen."

Das waren gerade so meine ersten Gedanken, die nicht speziell dir gelten, sondern die meine Einstellung zum Leben ausdrücken.

Vor ein paar Wochen hatte ich den schlimmsten Tag, den ich emotional je zu überstehen hatte, mir war alles egal. Ich wollte nicht sterben, nein, so war das nicht. Aber es war mir egal, ob ich lebe.

Ich lag in der Wanne, bin untergetaucht und wusste nicht, was ich machen soll. Bin wieder aufgetaucht, habe verzweifelt Luft geholt - DAS LEBEN in mir aufgesaugt. Mich ganz bewusst FÜR das Atmen entschieden.

Seitdem geht es mir Tag für Tag besser und ich mache mir jeden Tag bewusst, dass es sich für mich genau dafür lohnt, zu leben.

In deinem Text steckt soviel Traurigkeit, ich wünschte ich könnte dir davon etwas nehmen. Das kann ich nicht, möchte dir aber Mut zusprechen. Geh deiner Trauer ruhig nach, du hast ein Recht darauf. Und vielleicht kannst du dann auch wieder aufatmen. Ich wünsche es dir sehr!

Sonnenwurm
lucifair
Beiträge: 19
Registriert: 25. Apr 2007, 14:36

Re: Warum weiterleben?

Beitrag von lucifair »

Hallo Chiron,

Gründe weiterzuleben?

Die wunderbare Wärme der Bettdecke morgens auf meiner Haut. Der Sonnenstrahl, der meine Nase kitzelt. Die Vögel, die draussen singen, was die Kehle hergibt. Ein wunderbares Frühstück mit leckerem Brot, Butter, meinem Lieblingstee.

Das Gefühl, meinen Körper intensiv beim Yoga zu spüren. Die warme Dusche hinterher.

Mein Hund, der mich jeden Tag bei jedem Wetter etliche Kilometer durch die Pampa zerrt und mir vormacht, wie herrlich ganz einfache Dinge sind.

Wind auf meiner Haut, ein gutes Buch, eine heisse Tasse Tee. Ein Eis mit Sahne, in der Sonne genossen.

Eine fertig gestellte Arbeit - tiefe Befriedigung!

Die vielen Blumen, die ich im Hof gepflanzt habe, und die jetzt blühen und sich freuen, wenn ich sie abends giesse.

Anrufe von Freunden, ein Bummel mit meiner besten Freundin durch die Stadt, gekrönt von einer Tüte Pommes mit Mayo.

Neues entdecken: Lernen, arbeiten, denken.

Und vor allem auch dies:

Während ich lebe, kann ich aktiv Dinge tun, beeinflussen, verändern.

Bin ich tot, kann ich das nicht mehr. Ich existiere nicht mehr. Nicht nur Schmerz ist dann abwesend - alles ist abwesend. Ich bin dann nicht mehr.

Niemals kann das besser sein als mein Leben.

Vielleicht sehe ich das so krass, weil ich vor ein paar Jahren kurz davor war, aus Krankheitsgründen den Löffel abzugeben. Mir wurde dadurch bewusst, wie kostbar LEBEN ist.

Ich weiss, dass es schwer ist, Chiron, aber tu Dir selbst einen Gefallen und GREIF Dir dieses Leben. Fass es an. Zieh die Schuhe aus im Park, spür den Boden unter den Füssen. Lass Dich nicht wegschubsen, sieh den Leuten ins Gesicht. Geh DU auf andere zu und schau was passiert. Nimm Kontakt auf zu Deinen Kindern, lass Dich nicht zur Nonperson machen, sei hartnäckig.

Jeden Tag drei Dinge tun, die ich lieber vor mir herschieben würde - das ist meine Struktur. Ich habe so jeden Abend etwas, auf das ich mit Stolz und Befriedigung zurück blicken kann.

Alles Gute für Dich!
lucifair
Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen (Max Frisch)
nachteule
Beiträge: 126
Registriert: 2. Dez 2004, 09:02

Re: Warum weiterleben?

Beitrag von nachteule »

Liebe Chiron,

bitte unterscheide die berechtigte Trauer, die an Tagen hochkommt, wenn eines Deiner Kinder einen besonderen Tag hat von der Depri. Diese Trauer, auch wenn sie dauert ist berechtigt. Lass sie zu.
Wozu lohnt es sich zu leben? Ich denke erstens, weil Du einen Platz in dieser Welt hast, selbst wenn Du meinst ihn nicht gefunden zu haben, der sonst leer wäre. Und zweitens, weil Du nicht weißt, was in einem, in fünf, in zehn Jahren sein wird. Niemand von uns weiß das und niemand weiß, ob er dann nicht vielleicht sehr glücklich ist.
Ich verstehe und kenne es auch sehr gut, das man, wenn der Schmerz schon so lang anhält, man meint, er hört eh nicht auf, also wozu das alles.
Ich will auch gar nicht behaupten, das er ganz sicher aufhört, ich behaupte nur wir wissen es nicht. Das ist übrigens völlig depriunabhängig. Wir wissen nicht was kommt, von daher könnten wir wichtiges versäumen, wären wir nicht mehr in dieser Welt.

In der Welt Deiner Kinder bist Du MOMENTAN nicht vorhanden. Aber selbst das weißt Du nicht, Du nimmst es an. Du kannst nicht wissen, ob und wie oft sie vielleicht doch an Dich denken. Zum anderen ist das Leben ein dynamisches Etwas. Deine Kinder entwickeln sich weiter und es ist gut möglich, das sie irgendwann vor Dir stehen und Deine Version der Geschichte hören möchten um verstehen zu können. Dann solltest Du da sein.

Zu all dem gehört ungeheuer viel Kraft und die wünsche ich Dir von ganzem Herzen.

Liebe Grüße
Tina
Wycombe1
Beiträge: 278
Registriert: 7. Dez 2006, 15:22

Re: Warum weiterleben?

Beitrag von Wycombe1 »

Liebe Chiron,

es tut mir in der seele weh zu lesen wie es dir geht. Auch ich kenne deine geschichte/umstände nicht, aber deine trauer, dieser tiefe schmerz war so sehr zu spüren, das ich dir auch gern etwas trost geben möchte!

ich habe 2 kinder (7+3) und ziehe sie allein gross, ohne unterstützung des vaters oder sonstigem, die verantwortung für meine kinder trag ich allein. das ist manchmal sehr schwer, aber sie sind der grund das leben zu leben und das beste daraus zu machen!

auch wenn deine kinder nicht bei dir leben, sind sie ein teil von dir. du nimmst an das du nicht mehr zu ihrem leben gehörst, aber das glaub ich nicht. kinder werden älter, machen sich ihre eigenen gedanken und wollen dann, wenn sie soweit sind, ihre antworten. dafür allein lohnt es sich schon, oder? du möchtest doch für deine kinder, wenn sie dich brauchen, da sein, oder??

liebe chiron, auch wenn ich dich nicht kenne, möchte ich dich jetzt gern mal ganz doll in den arm nehmen und dich drücken und dir ganz viel halt geben.

liebe grüsse,
silke
Ich weiß freilich nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird.

Aber soviel weiß ich sehr wohl, es muß anders werden,

wenn es besser werden soll.



(G. C. Lichtenberg)
Nico Niedermeier
Moderator
Beiträge: 2865
Registriert: 21. Mär 2003, 11:10

Re: Warum weiterleben?

Beitrag von Nico Niedermeier »

STOPP!!
Dieser Thread ist uns zu doppeldeutig...das assoziiert bei jedem der Ihn liest: Ich weiß nicht warum ich noch weiterleben soll...
Und diese Aussage nimmt alle anderen in die Verantwortung und macht Angst. Hier gilt wie so oft schon gesagt: DAS FORUM IST KEINE KRISENINTERVENTION: Das kann hier nicht geleistet werden.
Chiron: Wenn es so schlecht steht müssen Sie schnell reale Hilfe in Anspruch nehmen. Notfallnummern siehe rechts oben. UND BITTE: Fünf Tage Forumspause, bis Sie sich wieder besser fühlen. Es geht nicht anders....
Viele Grüße an Alle und gute Besserung an Chiron
Dr. Niedermeier
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