Wände, Wände, Wände

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lucifair
Beiträge: 19
Registriert: 25. Apr 2007, 14:36

Wände, Wände, Wände

Beitrag von lucifair »

Hi,

ich bin neu hier im Forum und muss mir einfach mal meinen Frust von der Seele schreiben.

Dass ich an einer Depression erkrankt sein könnte, habe ich schon lange befürchtet - ich wandte mich deshalb schon vor zwei Jahren an meinen Hausarzt, der aber fand, ich "sei nicht der Typ" für Depressionen. Er machte ein Labor (ich habe eine Autoimmunerkrankung und bin deshalb ohnehin immer mal wieder in ärztliche Behandlung), fand nichts Auffälliges, und das war´s dann.

Letzten November dann hatte ich einen Zusammenbruch - ich war physisch wie psychisch völlig überlastet, weinte nur noch, und versuchte, Hilfe zu bekommen. Ich telefonierte Psychiater und Therapeuten ab, um irgendwo einen Termin zu bekommen - nichts. Ich versuchte es bei meinem Hausarzt, wies extra darauf hin, dass es sich um eine akute Notsituation handelte, und bekam einen Termin zwei Wochen später.

Da hatte ich mich selbst zumindest ein bisschen stabilisiert - über geführte Trancen, hochdosiertes Johanniskraut und "Zähne zusammenbeissen" ging es "irgendwie".

Mein Hausarzt nannte mir ein paar Adressen, ich versuchte wieder, Termine zu bekommen - ohne Erfolg.

Inzwischen hatte ich ein weiteres Problem: Ich bekam aus heiterem Himmel Panikattacken beim Autofahren. Wieder versuchte ich auf eigene Faust, zumindest einen Termin bei einem Verhaltenstherapeuten zu bekommen und stiess wiederum nur auf Wände - Termine frühestens für April, eher aber August.

Super.

Erst im Februar bekam ich überhaupt einen Termin bei einer Ärztin für Psychiatrie und Neurologie. Sie diagnostizierte ein "depressives Erschöpfungssyndrom" und schlug vor, mich stationär zu einer Kur aufnehmen zu lassen. Ich war einverstanden, aber als privat Versicherte muss nun ja meine KV erst der Massnahme zustimmen. Inzwischen haben wir zum zweiten Mal Atteste eingereicht, die PKV schweigt.

Ich habe das Gefühl, nur vor Wände zu laufen. Ich bin selbst nicht fachfremd und mir gelingt es immer wieder, mich halbwegs selbst zu stabilsieren, aber allein schaffe ich das auf Dauer nicht. Ich brauche Hilfe, aber niemand scheint Zeit zu haben.

Mein Leben läuft weiter wie bisher, irgendwie beisse ich mich durch, aber manchmal überfordern mich die simpelsten Dinge.

Aufgrund meiner Autoimmunerkrankung bekomme ich eine Erwerbsminderungsrente - einerseits fehlen mir Struktur und die Bestätigung eines festen Arbeitsumfeldes, andererseits wüsste ich derzeit gar nicht, wie ich eine Arbeit bewältigen sollte, wäre ich ansonsten gesund. Ich habe einen Fernstudiengang begonnen und bin akademisch recht erfolgreich, aber auch das droht zunehmend wegzubrechen, da ich einfach den Stundenplan durch meine Antriebslosigkeit, Müdigkeit und Erschöpfung oft nicht durchhalte.

Das, was die Depression mit sich bringt, wird noch durch rein physische Erschöpfung durch die Autoimmunerkrankung verstärkt.

Ich MÖCHTE eine Therapie machen, es gibt Themen, die dringend bearbeitet werden möchten (u.a. Aufarbeitung eines Traumas) - aber ich kann mich ja schlecht selbst therapieren.

Wohin wenden, was tun? Wer ist da? Ich weiss nicht mehr weiter, fühle mich wie der letzte Versager, und ich habe das Gefühl, ich werde einfach nirgends in meiner Not wahrgenommen.

Hinzu kommt, dass ich durch die Panikattacken eingeschränkt werde - ich fahre zwar nach wie vor mit dem Auto, stelle mich also dieser Angst, aber ich vermeide Autobahnen, weil ich da wirklich eine Attacke nach der anderen bekomme.

Kurz: es ging mir in meinem Leben noch nie so gut wie gerade jetzt. (ironisch gemeint)

Natürlich gibt es auch schöne Aspekte, und die kann ich auch durchaus sehen - ich habe nur Angst, dass ich auch diese bald aus den Augen verliere, wenn es so weiter geht.

Die Ärztin, die die Diagnose gestellt hat, hat mir Cipralex verordnet - kann mir jemand aus dem Forum vielleicht ein bisschen was Praktisches / Erfahrungswerte zu diesem Medikament nennen? Bisher zögere ich es zu nehmen, da ich bezüglich der Autoimmunerkrankung (plus Migräne) vorsichtig sein muss.

Ich würde mich über Erfahrungen oder einfach Anregungen sehr freuen und bedanke mich ansonsten einfach für das "offene Ohr", das ich hier finde.

Liebe Grüsse
lucifair
Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen (Max Frisch)
BeAk

Re: Wände, Wände, Wände

Beitrag von BeAk »

Lieber Lucifer,

gibt es jehmand in deinem Verwannten- oder Bekanntenkeise dem Du vertraust?
Laß denjehnigen bei seiner gesetzlichen Krankenkasse anrufen und um eine Psychotherapeutenliste bitten. Lange Wartezeiten sind leider normal, aber wer suchet der findet.

Deine Medikamentenfrage stellst Du am besten unter Pharamkotherapie ein.

Ich selber leide an Asthma und habe die Erfahrung gemacht, je besser es mir seelisch geht und so weniger spüre ich von meinem Asthma.

Da Du im bezug auf Medikamente vorsichtig bist und Nebenwirkungen ja nun wirklich nicht erstrebenwert sind, solltest Du Dein Antidepressiva einschleichen.
Das heißt mit einem Bruchteil der Dosis anfangen und diese langsam über viele Tage steigern, z.B. mit einer 1/4 Tabette beginnen, 3-4 Tage bei der Dosis bleiben und dann für 3-4 Tage eine halbe Tablette einnehmen usw. bis Du die volle Dosis erreicht hast.

Trau Dich, es kann nur besser werden.
Sieglinde1964
Beiträge: 1267
Registriert: 30. Dez 2006, 19:31

Re: Wände, Wände, Wände

Beitrag von Sieglinde1964 »

Erstmal herzlich willkommen hier bei "uns".

Ich habe auch Cipralex bekommen, bei mir ist es eine mittelgradige bis schwere Depression, die bei mir im September auch ganz plötzlich aufkam. Nach IMAP-Spritezn, die ich nicht vertragen habe, bekam ich bis Ende Januar Cipralex, was bei mir vom Schweregrad der Depression auf Dauer nicht ausreichend war mit 20 mg. Cipralex ist ein Selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer und ich habe es ohne Nebenwirkungen gut vertragen. Ist allgemein sehr gut verträglich und stimmungsaufhellend. Der Wirkstoff ist Escitalopram.

Ich musste deshalb auf ein schlafanstoßendes Medikamnet wechseln, weil ich Ein- und Durchschlafprobleme hatte, sonst hätte ich Cipralex noch weiter (evtl. höher dosiert) bekommen. Ja, mit den privaten Krankenversicherungen ist das so eine leidige Sache. Ich bin auch privat versichert und muss am 3. Mai in die Psychiatrie. Ich hoffe die schießen da bei der Krankenkasse bei mir nicht noch auch quer. Für 15 Tage im Voraus muss ich für den Aufenthalt zahlen. Das ist für die Krankenkasse fast 800,-Euro. Ich hatte auch keinen ambulanten Therapieplatz gefunden und habe daher vor einiger Zeit in der "Hohe Mark" wegen einer stationären Aufnahme angefragt.
lucifair
Beiträge: 19
Registriert: 25. Apr 2007, 14:36

Re: Wände, Wände, Wände

Beitrag von lucifair »

Hallo Ihr beiden,

herzlichen Dank für Eure lieben Worte.

Ich habe eben bei meiner PKV angerufen und nochmal nachgehakt - man teilte mir mit, dass ein 28-tägiger Aufenthalt heute bewilligt worden sei. Das ist endlich mal ein Licht am Ende des Tunnels, ich bin erleichtert!

Bezüglich des Cipralex habe ich hier schon mal ein bisschen nachgelesen - die Wirkweisen sind mir gut bekannt, aber Theorie und Praxis sind ja immer zwei Paar Schuhe, daher meine Nachfrage.

Ich werde es jetzt einfach mal probieren und, wie vorgeschlagen, einschleichend verfahren. Meine Ärztin hat mir ohnehin Tropfen verordnet, ich kann also ganz behutsam dosieren.

Ach ja - ich bin übrigens ein Fraumensch .

War schon mal jemand von Euch in der Klinik Roseneck/Prien?

Liebe Grüsse
lucifair
Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen (Max Frisch)
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