Ausschleichen & Nebenwirkungen

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strudelbrain
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Ausschleichen & Nebenwirkungen

Beitrag von strudelbrain »

Moin Gemeinde,

Die Geschichte ist folgendermaßen: Ich habe jetzt fast ein Jahr lang Cymbalta genommen (60mg), bin in Therapie, es ging mir im großen und ganzen gut. Kleinere Ups & Downs, wer hat die nicht.
Verschiedene Umstände (der Hinweis meiner Therapeutin, andauernde Erektions- und Libidostörungen (hossa!) und meine Abneigung gegen Medikamente, wenns nicht sein muss) führten zu der Überlegung, Cymbalta auszuschleichen und abzusetzen. Ich hab mit meiner Hausärztin (die hats verschrieben) gesprochen, die hat zugestimmt. Der Plan war: 1 Woche 30mg täglich, 2 Woche 30mg jeden zweiten Tag und Schluss.

Das ist jetzt ca. zwei Wochen her.
Ebenfalls seit zwei Wochen plagen mich eine Reihe von Beschwerden, die mit minder starkem Schwindelgefühl begannen. Wenn ich mich bewege, ist mir schwindlig. Hinzu kamen ordentliche Kopfschmerzen und ein generelles Unwohlsein/Gliederschmerzen. Anfänglich hatte ich es ignoriert, weil ich es für die Nebenwirkungen einer Tetanus/Diphterie Impfung hielt - ich hatte vor zwei Wochen einen Zusammenstoß mit zwei Zecken. Es wurde schlimmer und die Ärztin vermutete in Richtung FSME oder Boreliose. Bluttest gemacht, auf Ergebnisse gewartet: Negativ (nur irgendwelche Monozy...irgendwas waren erhöht)

In Anbetracht, dass nun auch mein psychischer Zustand in den letzten 5-8 Tagen fern von unterhaltsam ist und unbemerkt und ungefragt die schwarze Dame Depression an meinem Tisch Platz genommen hat und dort mal lauter, mal weniger laut nach Aufmerksamkeit schreit frag ich mich nun langsam, ob diese körperlichen Symptome gar mit dem Ausschleichen von Cymbalta zu tun haben.
Ich bin etwas ratlos. Der Gedanke, an irgendwelchen Symptomen zu kranken deren einzige Therapie ein "warten wir mal bis es weg ist" zu sein scheint, amüsiert mich nicht wirklich.
powersofti2
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Re: Ausschleichen & Nebenwirkungen

Beitrag von powersofti2 »

Hallo strudelbrain

das was du gemacht hast war kein ausschleichen sondern ein ziemlich hartes Absetzen des Medikamentes und jetzt spürst du die Absetzphänomene. Du hast die Möglichkeit nochmals mit 30mg anzufangen und dann langsam über mehrere Wochen mit 15mg und 7,5mg abzusetzen. Die andere Möglickeit ist einfach durchzuhalten bist Absetzphönomene weg sind. Bei mir hat es ca 4 Wochen gedauert,allerdings nahm ich Citalopram.

Da du deine Depression wieder spürst könnte auch ein Anzeichen dafür sein das du zu früh abgesetzt hast. Im allgemeinen heisst es das man frühestens nach einer stabilen Phase von 6 Monaten, in letzter zeit heisst es öfters erst nach 12 Monaten, absetzen soll.
zweifler
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Re: Ausschleichen & Nebenwirkungen

Beitrag von zweifler »

hallo strudelbrain!

es ist schon bedenklich,wie wenig wissen mediziner haben wenn es um psychopharmaka geht.mehr als das was ihnen der vertreter erzählt und was im prospekt steht scheinen die oft nicht zu wissen.wenn du das nicht aushalten willst was dein körper zur zeit mit dir anstellt dann bleibt dir eigentlich nur die wiederaufnahme deiner medikation bis es dir wieder besser geht und dann ein erneutes aber deutlich langsameres ausschleichen.
mfg herbert
strudelbrain
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Re: Ausschleichen & Nebenwirkungen

Beitrag von strudelbrain »

Naja. Ich würde meiner Ärztin mal gern verteidigend zur Seite stehen - sie hat mich bisher gut behandelt, ich bin zufrieden mit ihr und ich kam mir nie vor, wie der anonyme "nächste Patient". Manchmal hab ich den Eindruck, dass ist in allgemeinmedizinischen Praxen mehr als der übliche Standard.
(Und, ich will nicht verheimlichen: Ich glaube, sie hatte noch von einer weiteren Woche mit jeden zweiten Tag 30mg gesprochen. Ich hatte da evtl. nicht ganz aufmerksam zugehört.)

Und ich bin auch verwundert: In der Packung ist nur von 60mg und 30mg verfügbare Größen die Reden. Ich weiss gar nicht, wie man bei diesen pulvergefüllten Kapseln die Dosis noch weiter reduzieren kann.
Im Begleitzettel steht von "mind. zwei Wochen" absetzen und "Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen" bei abruptem Absetzen. Ja, nein, ja. Hmmm. Verschwindet nach "einigen Tagen". Was sind "einige Tage"? (Blöde Frage, ich weiss.)

Im Augenblick bin ich mir nicht so ganz sicher, wie von hier aus weiter. Wenn sowohl die körperlichen Symptome als auch meine gegenwärtige Episode auf das Absetzen zurückzuführen sind, dann bin ich gern bereit, das noch etwas auszusitzen.
Höre ich allerdings einzig auf meinen seelischen Zustand, dann würde ich just in diesem Augenblick am liebsten auf allen vieren zu meiner Ärztin krauchen und sie um ein neues Rezept bitten.
Tiara
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Re: Ausschleichen & Nebenwirkungen

Beitrag von Tiara »

Hallo Strudelbrain,

diesen Tips auf dem Beipackzettel bin ich auch erlegen und habe abrupt abgesetzt. Ich habe ein Jahr mit "prolongierten Absetzerscheinungen" zu kämpfen gehabt. Das ist natürlich extrem, aber dass diese Erscheinungen länger als einige Tage anhalten ist möglich. Auch die mögliche Intensität der Absetzerscheinungen wird im Beipackzettel verharmlost.

Gegen Absetzerscheinungen hilft tatsächlich nur entweder aushalten und hoffen, dass es weggeht, oder was Herbert vorschlägt: das Medikament wieder einnehmen und langsam ausschleichen.
Die "jeden zweiten Tag nur eine Tablette nehmen" Variante ist nicht zu empfehlen, da dabei der Serumspiegel zu stark schwankt. Die Pharmafirmen vertreten oft eine "one day one pill" Politik, sodaß es die Tabletten häufig nur in wenigen verschiedenen Dosiseinheiten gibt, was Ein- und Ausschleichen erschwert. Darum der Tipp: In der Apotheke können die Kapseln geöffnet werden, das Pulver abgewogen und in kleineren Einheiten in neue Leerkapseln gefüllt werden. Ich weiß nicht, ob jede Apotheke dazu bereit ist, aber fragen kostet nichts. Manche Medikamente gibt es als Tropfen, bei Cymbalta bin ich mir nicht sicher.
Wie groß die Schritte beim Absetzen sein dürfen ist individuell sehr verschieden und muss ausprobiert werden. Es ist möglich, dass die Schritte, gerade am Ende, nur ganz klein sein können und sich das Ausschleichen über Monate hinzieht.

LG, Tiara
Anniroc
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Registriert: 30. Dez 2006, 15:08

Re: Ausschleichen & Nebenwirkungen

Beitrag von Anniroc »

Hallo Strudelbrain,
wenn du noch die Möglichkeit hast,das Cymbalta wieder verordnet zu bekommen, kann ich dir nach deiner Zustandsbeschreibung nur dringend dazu raten!
Ich selbst habe Cymbalta 60mg 7 Monate genommen-es ging mir nachher richtig gut! Zu gut! Ich habe es leichtsinnig und eigenmächtig abgesetzt,ausschleichen ging nicht,da ich ja nur die 60er Kapseln hatte und den Kontakt zu meinem vorigen Psychiater enigestellt hatte. Nach den überaus heftigen Absetzproblemen (fast 6 Wochen!) hat mich die verdammte Depression inzwischen auch wieder voll im Griff! Jetzt suche ich verzweifelt (SEHR verzweifelt...) einen neuen Psych., der mit mir eine neue AD-Einstellung angeht. Mein Thera kennt sich mit ADs nicht aus, steht mir aber immerhin trotz berechtigter Verärgerung über meinen Alleingang voll zur Seite.
Drücke dir die Daumen, dass deine "Dame" nicht wieder so mächtig wird!

>Lieber das kleinste Licht anzünden,als über die Finsternis klagen. (aus China)
strudelbrain
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Re: Ausschleichen & Nebenwirkungen

Beitrag von strudelbrain »

Moin zusammen,
Danke für Eure Antworten.
Ich war heute morgen bei meiner Therapeutin und da war das natürlich Thema des Tages. Unterm Strich ist rausgekommen, dass die Idee von drug holidays ne doofe Idee zum doofen Zeitpunkt war und doof durchgeführt wurde. Sie gab mir ne Überweisung zum Psychiater, wo das Thema Medikamentierung noch einmal neu aufgerollt wird und dann schauen wir weiter.

War eben 15km joggen. Jetzt ist zwar der Kopf einigermaßen frei, dafür tun mir die Beine weh. Aber damit kann ich leben.

LG,
Stefan
Anniroc
Beiträge: 42
Registriert: 30. Dez 2006, 15:08

Re: Ausschleichen & Nebenwirkungen

Beitrag von Anniroc »

Hallo strudelbrain,
find ich klasse,dass du eingelenkt hast !
Alles Gute!!

> Lieber das kleinste Licht anzünden, als über die Finsternis klagen (aus China)
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