Andere Menschen

undercover
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Andere Menschen

Beitrag von undercover »

Ich würde gern erfahren, wie es Euch ergeht in Bezug auf andere Menschen.

In den vergangenen Jahren habe ich Kontakte beendet, die ich früher weggesteckt hätte. Ich kann es heute absolut nicht mehr vertragen, wenn mich jemand bewertet. Sprüche wie "Du bist einfach etwas zu faul." oder "Dir fehlt Selbstdisziplin." Ich weiß einfach nicht, was solche Sprüche sollen. Dabei gibt es Menschen, die so etwas bleiben lassen können. Ich hab zwei gute Freundinnen, die mich einfach lassen, wo ich nicht das Gefühl habe, ich muss deren Vorstellungen entsprechen.

Einerseits hat mich dies in eine tiefere Isolation geführt, zugleich bin ich lieber alleine, als solche Kontakte fortzusetzen.

Wie ist das bei Euch?

Liebe Grüße
undercover
danideng
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Re: Andere Menschen

Beitrag von danideng »

Liebe Undercover,

jetzt bin schon wieder ich es, die dir antwortet . Aber ich denke, du wirst hier mehrere Antworten bekommen. Also Sprüche wie "Du bist zu faul", "dir fehlt Selbstdisziplin" erinnern mich an das berühmte "Nun reiß dich doch mal zusammen". Dagegen hilft nur ein Rezept: Sag deinen Freunden, dass du krank bist, sag ihnen, was mit dir los ist, erklär ihnen die Krankheit. Du wirst sehen, man wird dir Verständnis entgegen bringen. Eine Freundin von mir sagt z.B. nur noch, wenn ich wieder mit meinem Gedankenkarussell anfang "Vorsicht! Depri!". So hatten wir es mal ausgemacht, sprich ich hatte sie darum gebeten, und dann müssen wir beide grinsen und ich weiß ok, ich "spinn" mal wieder.

Außerdem ist es für die Depri normal sich zurückzuziehen, ich kenn das von mir, das war auch das, was ich unter anderem in deinem anderen Thread als "mich über mich wundern" beschrieb. Ich, ein offener, kontaktfreudiger Mensch, zieh mich immer mehr zurück. Hinzu kommt bei dir jetzt noch der Stress mit dem Unverständnis. Aber das kannst du ja nun ändern, siehe oben.

Das andere: Mach immer soviel, wie du schaffst, nicht zuviel, aber auch nicht zuwenig, mit anderen. Anders gesagt: Isolier dich nicht völlig, aber übertreibs auch nicht.

2 gute Freundinnen ist doch schon ne ganze Menge, findest du nicht?

Liebe Grüße
Dani1112
undercover
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Re: Andere Menschen

Beitrag von undercover »

Hihi, liebe Dani,

soll ich sagen, Du folgst meinen Fußstapfen?

Hm, ja ich bin durchaus froh über zwei gute Freundinnen, finde es eigentlich auch okay, dass ich selektiert habe. Nur denke ich auch, dass ich zu viel alleine bin.

Vielleicht kriege ich mich aber aufgerafft, einmal nach Kursen hinsichtlich Stein- oder Holzbearbeitung zu schauen (Handwerk), darüber vielleicht auch neue Menschen kennenlernen, sich über ein gemeinsames Interesse austauschen können. Ich fürchte in dieser Hinsicht die "schwarzen Tage", wo ich dann auch einen Kurs schmeißen kann, weil ich nur meine Ruhe will.

Zwei abgebrochenen Kontakten hatte ich gesagt, dass ich Depri-Phasen habe, wird doch von einigen als Vorwand interpretiert. Da ziehe ich dann einen Schlussstrich. Tut mir nicht gut. Ich wünsche keinen Rechtfertigungszwang, wer's nicht nehmen kann, wie es für mich ist, braucht sich mit mir nicht abgeben.

Es gibt so einen schönen indianischen Spruch "Grosser Geist, bewahre mich davor,
über einen Menschen zu urteilen,
ehe ich eine Meile in seinen Mokassins gegangen bin." Unbekannter Apachenkrieger

Ich lass das mal wirken mit einem Kurs.

Liebe Grüße
undercover
danideng
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Re: Andere Menschen

Beitrag von danideng »

Liebe Undercover,

mir wars auch schon direkt peinlich, dir hier schon wieder zu antworten , fühle mich schon wie ein "Verfolger". Aber ich äußere mich grundsätzlich nur zu Themen, die mich ansprechen, und dieses tut es halt nun mal auch.

Ich finds übrigens toll, was du dir für Gedanken machst, Undercover!!!!!

Die zwei Menschen, die Depri für einen Vorwand halten, hätte ich an deiner Stelle auch "entsorgt", sowas können wir nun wirklich nicht brauchen!

Mir sagt man auch nach, ich wäre zuviel alleine und ich sollte mehr unter Menschen gehen. Meine Idee war ein Tischtennisverein, weil mir das Spaß macht. Auch ich kann mich nicht aufraffen, weil ich Angst vor dem Zwang hab, quasi, bäh, heut ich schon wieder Mittwoch und ich MUSS dahin, dabei möchte ich viel lieber meine Ruhe haben. Tja, was da richtig ist, keine Ahnung. Es war nur in deinem Fall eine Idee, weil du so die Möglichkeit hast, in "dein" Handwerk reinzuschnuppern, ehe du eine berufliche Veränderung in Erwägung ziehst. Klar, der weitere Vorteil wäre, Menschen kennen zu lernen, die die gleichen Interessen teilen.

So hast du also auch diesen immerwährenden Kampf: Einerseits das Gefühl, zuviel alleine zu sein, andererseits das Gefühl, ich WILL ja meine Ruhe haben....

Den Spruch des Apachenkriegers find ich klasse!

Liebe Grüße
Dani1112
undercover
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Re: Andere Menschen

Beitrag von undercover »

Liebe Dani,

keine Sorge, ich fühle mich nicht verfolgt, musste eher schmunzeln

Vermutlich erleben und erfahren wir vieles ähnlich und das tut halt gut.

Du bringst es auf den Punkt: ich will keinen Zwang, vielleicht einfach: noch nicht? Vielleicht ist wirklich noch Schonung angesagt? Es ist ja nicht so, dass ich nichts tue, ich komme meinen Pflichten nach (bis auf ein paar Felder, wie Post öffnen und bearbeiten).

Vergangenen Donnerstag beispielsweise war ich mit der Freundin, deren Mann Krebs hat, verabredet. Ich war jedoch so ausgelutscht, hab ihr das gesagt, kein Problem, wir treffen uns kommenden Mittwoch. Es ist so, dass ich schon das Gefühl habe, ich brauche das wohl derzeit auch so.

Weißt Du, bei den abgebrochenen Kontakt kam ja noch ein Körpergefühl dazu: ich spürte wie mir im Gespräch die Brust eng wird. Dieses Gefühl interpretiere ich inzwischen als Überforderung und dann hab ich das Bedürfnis, mich davor zu schützen. Ich glaube auch, dass es okay ist, weil ich dieses Gefühl ja nicht allen Menschen gegenüber verspüre.

Liebe Grüße
undercover
AvantGarden
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Re: Andere Menschen

Beitrag von AvantGarden »

Hallo Undercover und Dani1 ,

ich hab eigentlich nur sehr sehr positive Erfahrungen mit meinem Umfeld gemacht. Als ich den Zusammenbruch bei der Firma hatte und von einer Kollegin zum Arzt gebracht wurde, hat sie sich gleich bereit erklärt, mit zu mir nach Hause zu kommen. Ich wollte sie aber nicht noch länger aufhalten und hab sie weggeschickt. Als ich dann zu Hause war, habe ich sofort bei meiner Mutter angerufen, die auch sofort kam. Sie hat sogar am nächsten Morgen mit meiner Ärztin telefoniert und sozusagen seitdem das "Kommando übernommen". Meine gesamte Familie inkl. Tanten und Onkel und meine Freunde stehen hinter mir und alle versuchen, abwechselnd mich aufzumuntern und bei mir zu sein. Ich muss sagen, dass mich das sehr überrascht hat und eine total positive Erfahrung für mich war und ist. Ich bin einigen Leuten dadurch wieder sehr nahe gekommen.
Ich weiss nicht, wie das in der Firma aussieht, da ich mit meinen Kollegen seitdem ich krankgeschrieben bin nicht so viel Kontakt habe. Nächste Woche kommt mich aber meine Lieblingsarbeitskollegin besuchen.

Ich habe mich auch dazu entschlossen, mich so lange weiter krankschreiben zu lassen, bis ich wieder gesund bin. Ich hatte lange Angst davor, weil ich befürchtet habe, dass mich die Grübelei zu Hause endgültig niederstreckt, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Mir tut die Auszeit sehr gut und ich habe viele Leute, die hinter mir stehen und zu mir halten.

Liebe Grüsse
** Jeder Tag ohne Lachen ist ein verlorener Tag (Charlie Chaplin) ""
danideng
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Re: Andere Menschen

Beitrag von danideng »

Liebe Undercover,

ich denke, mit Zwang kann keiner in der Depri umgehen. Ich auch nicht. Schon Zwang, den ich mir selber mache, kann eine unüberwindliche Hürde werden. Teilweise muss man ihn sich machen, klar, sonst passiert gar nix, teilweise ist es aber auch einfach zuviel. Und wenn ich es dann nicht schaffe, habe ich ein schlechtes Gewissen - mir gegenüber.

Heute z.B. wollte ich meine Terrasse frühlingsflott machen, bin auch schon 2 x rausgegangen, hab mir das Ganze angeschaut, dachte mir "Bäh" und bin wieder reingegangen. Was mach ich stattdessen? Sitze hier und tausche mich mit dir aus . Ein Freund hat angerufen, ob wir heute abend was machen. Vielleicht essen gehen, vielleicht kommen sie schon heute nachmittag und wir grillen oder gehen in den Biergarten.... Völlige Überforderung: Ich weiß, er wartet auf meinen Rückruf, aber soviele Möglichkeiten.... - Stress pur!!!

Das ist eine wahre Freundin, die Verständnis hat, wenn du dich nicht aufraffen kannst, Untercover.

Und übrigens - dieses Gefühl der Enge in der Brust kenn ich verdammt gut, ich interpretiere es als Stress, wenn mich etwas überfordert, ich etwas tun muss, wozu ich wahnsinnige Überwindung brauche!

Ach, das mit deinem Job gehört zwar in den anderen Thread, aber egal: Du sagst, für die Firma ist die Arbeit sinnvoll. Ist sie das dann nicht zwangsläufig auch für dich???

Ja, wir erleben wirklich ähnliches

Liebe Grüße
Dani1112
undercover
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Re: Andere Menschen

Beitrag von undercover »

Öhm, wie spreche zwei verschiedene Danis an, wenn ich ihnen nicht gemeinschaflich antworte?

Liebe Dani (ohne 1112),

ich glaube schon, dass ich auch ein tatsächliches Ruhebedürfnis habe: ich wollte nicht zu viele Menschen um mich haben. Ich möchte auch nicht, dass andere das Gefühl haben, sie müssten sich um mich kümmern. Ich treffe meine Freundinnen am liebsten, wenn ich nicht ganz down bin, weil ich tatsächlich Zerstreuung suche, da dann auch merke, ich bin nicht grundsätzlich unansprechbar. Mir ist zum Beispiel das Befinden der Freundin mit dem krebskranken Mann so nahe gegangen, dass ich ihr einen ellenlangen Brief geschrieben habe, der ihr wohl gut getan hat. Bin ich aber mies drauf, will ich niemanden um mich haben.

Mir ist nur wichtig, dass mir wirklich nahestehende Menschen um mich wissen, auch wissen, wenn und warum ich mich ausklinke.

In meinem ersten Beitrag hab ich geschrieben, dass ich mir die Depri nicht anmerken lasse, d.h. ich bin dann mit anderen zusammen, wenn ich mich aufnahmebereit fühle. Arbeit ist wieder etwas anderes, da wechsele ich auf die Aufgabenebene, es ist so für mich okay.

Liebe Grüße
undercover
undercover
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Re: Andere Menschen

Beitrag von undercover »

Liebe Dani (mit 1112) ,

ist ja witzig. Ich hatte gestern noch vor, unseren Balkon aufenthaltsfähig zu richten und Fenster zu putzen. Keine Lust. Irgendwann werd ich wohl den richtigen Rappel kriegen.

Mit Deinem Freund, ja, so ging es mir halt vergangenen Donnerstag, fühlte mich müde und war froh zu Hause zu sein.

Wie erlebst Du Dich denn in der Rückschau? Auch so, dass Du vielfach gegen Deine Bedürfnisse angegangen bist, dass Du Deine Bedürfnisse denen anderer untergeordnet hast?

Mir scheint nämlich, als sei das bei mir genau dazu eine Gegenbewegung. Vielleicht ist Depression ja auch der Zwang, sich endlich wichtig zu nehmen, jedenfalls nicht unwichtiger als andere?

Liebe Grüße
undercover
feuerfisch
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Re: Andere Menschen

Beitrag von feuerfisch »

Hai Undercover

Also meiner Meinung nach machst du das mit den `Freundinnen´ schon ganz richtig. Wirkliche Freunde versuchen einen zu verstehen, zu unterstützen - und wenn es sehr gute Freunde sind dann bekommt man auch mal etwas unangenehme Wahrheiten von ihnen gesagt.

Aber ich denke dazu haben meine `Vorschreiber´ schon genug getextet

Was mich angesprochen hat waren deine Überlegungen zu Stein- oder Holzbearbeitungskursen.
Steinbearbeitungskurse habe ich nie gemacht, aber in Kliniken gelernt mich über meine Basteleien (sorry, Kunststücke @ Bea) auszudrücken. Ich kann - was ich so mit Sprache nicht kann - darüber meinen Gefühlen Ausdruck verleihen. Und das tut mir sehr gut. Indem ich forme lasse ich meinen Gedanken freien Lauf und verarbeite auf diese Art auch.

Angedacht hatte ich sogar mal eigene Kurse zu geben, denn für dieses Ausdrucksmalen, oder Ausdrucksformen ist weniger die Technik entscheidend.

Lange Rede kurzer Sinn:
tu es einfach, wenn dir die Kreativität liegt, so wirst du einen großen Nutzen daraus ziehen können - ganz unabhängig davon ob du mit anderen zusammen arbeitest, oder auch alleine Zuhause.

*ganz viel Mut mitschick*

feuerfisch
Es gibt 1000 Gründe alles beim Alten zu lassen und nur einen einzigen etwas zu ändern - DU HÄLTST ES EINFACH NICHT MEHR AUS!
danideng
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Re: Andere Menschen

Beitrag von danideng »

Liebe Undercover,

hab grad schon mal die Terrasse leer geräumt und abgespritzt, jetzt kommt die Schrubberei dran. Bin jetzt schon stolz wie Oskar, dass ich mich aufgerafft hab. Ha!

Hab jetzt mit meiner Tochter telefoniert und sie gefragt, wann sie heute abend kommt und mit meinem Freund telefoniert, der mich nachher noch mal zurückruft. So, jetzt geht endlich was weiter.

Es war ganz komisch. Bei mir passierte der Klick in der Klinik: ICH BIN WICHTIG! Auf einmal war es da. Früher (weil du nach der Rückschau fragst) wollte ich es immer nur allen recht machen. Ich funktionierte, so wie man es von mir erwartete. Stets einen dummen Spruch auf den Lippen, stets andere zum Lachen gebracht, stets nach außen die Powerfrau. Auf einmal bin ICH wichtig. Es fing mit Kleinigkeiten an. Z.B. wollte ich an einem Abend mit ner Mitpatientin in die Pizzeria gehen, abends sagte sie, sie habe Angst vor dem Sturm, ob ich sauer sei, wenn wir es verschieben. Nein, sagte ich, sauer nicht, aber enttäuscht. Hätte ich früher nie gemacht. Denn die Erwartung war, dass ich sage, nein nein, passt schon, wie immer halt, immer hübsch bequem für die anderen. Auf einmal sage ich einfach, ich bin enttäuscht. Weil es die Wahrheit war. Auch wenn die für die andere unbequem war.

Oder eine Kollegin wollte mich besuchen, mit einer anderen Arbeitskollegin (die auch ne Depression hat). Sie fragte, ob die mitkommen dürfe, weil sie mich alles mögliche fragen wolle, mein Outen in der Arbeit, die Klinik etc. pp.. Früher hätte ich gesagt "Ja klar, passt schon". Diesmal sagte ich, ja, aber ich hab mich auf nen schönen Abend mit dir gefreut. Also wenn sie mitkommt, beantworte ich gerne alle ihre Fragen, aber ich will auch Spaß haben und wenn sie früher nach Hause will, wärs besser, sie nimmt ihr eigenes Auto. Uff, hätte ich früher nie gemacht, auf einmal tu ich sowas.

Natürlich ist es jedes Mal aufs Neue ein Kampf, MICH zu hinterfragen, und nicht einfach es den anderen recht zu machen. Aber es sind Fortschritte, wenn auch kleine. Das "verdanke" ich der Depri!

So, jetzt ist es fast ein Roman geworden . Frage beantwortet?

Liebe Grüße
Dani, die jetzt wieder ienen Arbeitsschritt auf der Terrasse machen wird
Dani1112
undercover
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Re: Andere Menschen

Beitrag von undercover »

Liebe(r) feuerfisch,

ich glaube zu Hause wird's schwierig. Ich hätte gern einen großen Steinklotz, den ich auch kräftig bearbeiten kann und muss. Ebenso bei Holz. Ich weiß auch nicht wieso. Es scheint ein körperliches Bedürfnis zu sein. Ich will mich abarbeiten und auch Dreck machen. Ich weiß, klingt komisch.

Ich suche gleich mal nach Skulpturenkursen.

Was ich durchaus glaube und auch suche, dass ist Deine Erfahrung: sich darüber ausdrücken und erfahren.

Liebe Grüße
undercover
undercover
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Re: Andere Menschen

Beitrag von undercover »

Ja, liebe Dani,

die Frage ist beantwortet. Genau so, erging es mir. Ich hielt mich für hart im Nehmen, hab auch vieles hingenommen, inzwischen aber auch die Erfahrung gemacht, dass ich mich auch mit mir wohler fühle, wenn ich ausdrücke, was ich wünsche und was nicht. Ich wollte früher auch niemanden enttäuschen, dabei verhält es sich aber heute so, dass ich ja auch Enttäuschung erfahre, nicht weil mir jemand schaden will, sondern wie z.B. bei mir: einfach nicht nach etwas gefusselt zu sein.

...

Nö, ich werd heute Balkonien, Balkonien sein lassen und lieber nach Skulpturen- oder aähnlichen Kursen Ausschau halten.

Ich wünsch Dir einen angenehmen Resttag, hast ja bereits kräftig in die Hände gespuckt.

Liebe Grüße
undercover
chrigu
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Re: Andere Menschen

Beitrag von chrigu »

Liebe Undercover (irgendwie muss ich da an James Bond denken ),

ich finde, Du hast das genau richtig gemacht mit den Freundinnen. Diese Freundinnen haben offenbar ein Problem mit Offenheit oder können mit Deiner Krankheit nicht umgehen oder nehmen Dich nicht ernst - und so schaden sie Dir nur.

Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass die wenigsten Leute einen depressionsbedingten Rückzug verstehen. Die meisten können sich nicht in einen depressiven Menschen hineinversetzen (das sei ihnen auch gegönnt). Aber statt es überhaupt zu versuchen, beziehen sie den Rückzug des Depressiven auf sich. Was im Grunde eine Menge aussagt über diese Menschen.

Ich habe auch sehr viele Kontakte verloren, nicht nur durch mein Rückzugsbedürfnis, sondern auch dadurch, dass ich mich im Laufe der Depression verändert habe. Endlich angefangen habe, über Menschen und meine Beziehung zu ihnen nachzudenken. Und ich habe entdeckt, dass mir viele Menschen nicht gut tun und ich deshalb den Kontakt meiden sollte.

Diese Menschen haben mir oft eine bestimmte Rolle zugedacht, die ich bereitwillig (und mangels ausgeprägter eigener Persönlichkeit) ausgefüllt habe. Dadurch habe ich mich selbst verleugnet und verbogen - wenn ich nun den Kontakt zu den alten Freunden wieder aufnehme, so sehe ich mich im Moment noch sehr gefährdet, wieder in alte Rollen und krankmachende Muster zu geraten.


Ich denke, Deine "Freundinnen" sehen Dich auch in einer bestimmten Rolle, zu der diese Depressivität einfach nicht passt.

Deshalb ist Dein Satz schon ganz richtig: "Einerseits hat mich dies in eine tiefere Isolation geführt, zugleich bin ich lieber alleine, als solche Kontakte fortzusetzen."

Das denke ich mir nämlich auch oft. Obwohl ich auch oft und sehr stark unter meiner Einsamkeit leide und vor Neid die Wände hochgehen könnte, wenn ich höre, wie sich andere Menschen mit ihren vielen Freunden treffen und Spaß haben.

Aber dann sage ich mir: Ich bin eben nicht so. Und ich muss auf mich aufpassen, vor allem im Moment, also kann ich solche Freundschaften, die mir primär schaden, nicht führen.

Ich wünsche Dir, dass es Dir von dieser Seite betrachtet nicht allzu sehr weh tut.

Viele Grüße
Chrigu
Jigsaw
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Re: Andere Menschen

Beitrag von Jigsaw »

Hallo Undercover,
ich habe kaum noch Kontakte zu nicht depressiven. Die anderen kapieren es einfach nicht und auf Sprüche wie "Du bist zu faul." kann ich gut verzichten.
Hab alle Kontakte abgebrochen, die mir nicht gut tun. Wozu brauche ich sogenannte Freunde, wenn sie mich fertig machen? Und warum soll ich mich um solche Leute bemühen?
Da bin ich egoistisch. Mein Wohlbefinden, sowie meine Familie und meine echten Freunde leiden darunter.
I want to play a game....
undercover
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Re: Andere Menschen

Beitrag von undercover »

Liebe(r) chrigu,

Deine Antwort macht plausibel, weshalb Depressionen nicht ratzfatz vergehen. Über Jahrzehnte hat man sich in einer Art gelebt, die einem nicht sonderlich aufgestoßen war und wohl erst in der Summe in der Depression gipfelten.

Und so, wie viele alte Kontakte gewachsen waren, so braucht es auch jetzt wieder Zeit, sich mit Menschen zu umgeben, die der eigenen Veränderung entsprechen.

Liebe Grüße
undercover
danideng
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Re: Andere Menschen

Beitrag von danideng »

Liebe Undercover,

melde mich mal kurz zurück. Terrasse ist fertig, juchhu!!!! Jetzt steht einem fröhlichen Terrassen-Ostern nix mehr im Wege.

Nur Unkraut zupfen, wollt ich heut eigentlich auch noch, hab ich nicht mehr geschafft. Aber wozu hat man schließlich Kinder?

Ich freue mich, dass ich deine Frage beantwortet hab. Und ich hab den Eindruck, dass du auf nem verdammt guten Weg bist!

Liebe Grüße
Dani
Dani1112
cool
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.

Beitrag von cool »

AvantGarden
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Re: Andere Menschen

Beitrag von AvantGarden »

Hallo Undercover,

nicht, dass Du mich falsch verstehst: Ich bin jetzt nicht jeden Tag von tausenden von Leuten umgeben oder von morgens bis abends auf Achse. Natürlich habe auch ich oft das Bedürfnis, allein zu sein und meine Ruhe zu haben und das wird dann auch respektiert. Andererseits ist es bei mir so, dass ich mich dann sehr schnell total abkapsele und mich sozusagen in die Krankheit verkrieche. Sowohl meine Hausärztin als auch meine Therapeutin haben mir dringend geraten, rauszugehen und wieder aktiver zu werden. Natürlich ist das manchmal sehr sehr schwer und dann bleibe ich auch zu Hause. Ich habe z.B. gestern und auch heute fast gar nix gemacht. Aber wenn ich mich aufgerafft habe, irgendwas zu tun, merke ich sehr schnell, wie gut mir das tut und wie es mich aufrichtet.
Ich bin einfach nur froh, dass so viele Leute Verständnis für mich und meine Krankheit haben. Ich glaube schon, dass psychische Erkrankungen heute nicht mehr so unter den Teppich gekehrt werden wie vielleicht noch früher. Gerade Depression ist ja eine richtige Volkskrankheit geworden und von daher ist es für Betroffene einfacher, sich zu "outen". Auch, wenn ich z.B. das nicht jedem auf die Nase binde. Es geht auch nicht allen was an. Aber wenn man einen grossen Familienkreis hat, der eng zusammenhält, und auch einige gute Freunde, bleibt sowas nicht immer verborgen.

Lieben Gruss

P.S.: Du kannst mich auch einfach bei meinem Nickname AvantGarden nennen, damit man bei den beiden Danis nicht durcheinander kommt.
** Jeder Tag ohne Lachen ist ein verlorener Tag (Charlie Chaplin) ""
chrigu
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Re: Andere Menschen

Beitrag von chrigu »

Liebe Undercover,

Du hast Recht. Und Dein Schlusssatz tröstet mich gerade ein bisschen, weil ich eben doch immer wieder zweifle, ob die Einsamkeit nun ein angemessener oder zu hoher Preis ist oder ob sie nicht doch gerade ihren Sinn hat.

Viele Grüße
Chrigu

PS: "Liebe Chrigu" ist schon richtig

Edit: Liebe Dani, Dein Posting macht mir übrigens auch Mut. Wenn es auf einmal so kommen kann, die Erkenntnis "Ich bin wichtig", na, dann habe ich ja noch Hoffnung...
rm
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Re: Andere Menschen

Beitrag von rm »

Hallo und guten Abend Undercover und alle, die hier in diesem Beitrag geschrieben haben ,

..ich möchte mich nur ganz kurz melden, da mir ein Satz von Dir - und ansonsten habe ich nur überflogen, da ich saumüde bin - besonders aufgefallen ist, wo ich persönlich für mich große Bedürfnisse sehe, es genauso zu handhaben, es aber einfach (noch ?) nicht auf die Reihe bekomme:

>Zwei abgebrochenen Kontakten hatte ich gesagt, daß ich Depri-Phasen habe, wird doch von einigen als Vorwand interpretiert. Da ziehe ich dann einen Schlussstrich.Tut mir nicht gut.Ich wünsche keinen Rechtfertigungszwang, wer's nicht nehmen kann, wie es für mich ist, braucht sich mit mir nicht abzugeben.<

..Die Fragen, die mich hierzu eigentlich ständig beschäftigen, sind folgende:

1.) Wie, wenn ich mich MIR SELBST gegenüber immer wieder rechtfertigen muß, anders zu handeln und zu denken, als die 'NORM'..
..
wie komme ich aus dieser 'Zwangsjacke' heraus, ständig GEGEN mich selbst zu handeln/ zu denken. Wann ist Schluß mit dem 'SICH-SELBST KONTROLLIEREN-WOLLEN?

2.) Wie gehe ich damit um, wenn es z.B. das eigene Kind, die Exfrau betrifft, die nicht so recht verstehen, warum ich mich oft bewegungslos geistig wie auch körperlich verhalte, so hilflos erscheine und damit unbewußt an ihr 'Samaritertum' appelliere ?

Ich glaube, bei näherem Hinsehen werde ich auch GEFÜHLSMÄSSIG Antworten finden und dann ent-scheiden! Dazu trägt dieses von Dir aufgegriffene Thema bei und dafür bin ich dankbar.

Ich wünsche Euch allen hier im Forum ein friedliches Osterfest und eine gute Nacht.

LG Reinhart (+ ).
undercover
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Re: Andere Menschen

Beitrag von undercover »

Ein Gute-Nacht-Gruß an Euch alle, eh ich zu Bett gehe.

Lieber Reinhard,

>>1.) Wie, wenn ich mich MIR SELBST gegenüber immer wieder rechtfertigen muß, anders zu handeln und zu denken, als die 'NORM'..

Das finde ich völlig natürlich, für mich liest es sich wie ein innerer Konflikt, den Du mit Dir selbst austrägst. Auf lange Sicht wird Dir darüber klarer werden, was für Dich wichtig ist und wie Du dies auch anderen näher bringen kannst. Im Grunde übst Du mit Dir selbst, was auch zwischenmenschliches Konfliktpotential birgt.

>> wie komme ich aus dieser 'Zwangsjacke' heraus, ständig GEGEN mich selbst zu handeln/ zu denken. Wann ist Schluß mit dem 'SICH-SELBST KONTROLLIEREN-WOLLEN?

Desto mehr Du es Leid wirst. Hm, mir hilft dabei z.B., dass mein Körper heute früh reagiert mit diesen Engesymptomen. Sie sagen mir, was mir nicht gut tut. Welche Symptome bemerkst Du?

>> 2.) Wie gehe ich damit um, wenn es z.B. das eigene Kind, die Exfrau betrifft, die nicht so recht verstehen, warum ich mich oft bewegungslos geistig wie auch körperlich verhalte, so hilflos erscheine und damit unbewußt an ihr 'Samaritertum' appelliere ?

Ich glaube, wie sich Depression anfühlt, lässt sich kaum vermitteln. Ich glaube außerdem, dass nicht Verstehen das wichtige ist, sondern Akzeptanz, bin jetzt aber zu müde, ich komme morgen gern auf ein Beispiel zurück, wenn Du magst.

Gute Nacht miteinander
undercover
rm
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Re: Andere Menschen

Beitrag von rm »

Guten Morgen, liebe Undercover ,

..danke Dir herzlich für die Antwort und bin gespannt, wie es weiter-geht... Das heisst: ich mag ..

Dir liebe Ostergrüße, schlaf friedlich und ruhig!
Reinhart
undercover
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Re: Andere Menschen

Beitrag von undercover »

Guten Morgen, lieber Reinhard,

wie oft hört man "Wenn ich (Dich) nur verstehen könnte ..." Verstehen ist schön, aber ist es auch wichtig?

Es gibt Dinge, die muss ich nicht verstehen, darum bemühe ich mich erst gar nicht. Ich muss nicht verstehen, wie z.B. ein Pädophiler tickt, ich werde es nie verstehen können. Ich kann dies auch nicht akzeptieren.

Jedenfalls hab ich früher viel zu viel versucht zu verstehen, statt mich zu fragen, kann ich diese Aussage oder dieses Verhalten eines anderen akzeptieren? Vor lauter Verstehen wollen, hab ich mich selbst und meine Interessen und Wünsche und Bedürfnisse kräftig überrannt.

Lässt sich eine Depression über den Kopf verstehen? Ich merke jedoch bei den beiden guten Freundinnen, dass ich mich nicht in Erklärungen ergehen muss und genau das tut mir gut.

Liebe Grüße
undercover
undercover
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Re: Andere Menschen

Beitrag von undercover »

Liebe AvantGarde,

vielleicht besteht auch ein Unterschied darin, ob man in der Regel unter Menschen ist. Ich gehe jeden Tag arbeiten, mein Sohn ist da, so dass "allein sein" auf Stunden beschränkt ist. Ich glaube, wenn ich einen großen Freundes- oder Bekanntenkreis hätte, wäre mir das auch leicht zu viel, auch wenn gelegentlich der Wunsch nach einem größeren Kreis aufflackert. Dieser Wunsch ist aber jedoch in eher guten Momenten da.

Es hilft mir übrigens durch das Schreiben hier mein Befinden noch feiner zu differenzieren. Danke dür Eure Antworten und Fragen.

Liebe Grüße
undercover
Antworten