Seelenpanzer (von Karfunkel) II

SchwarzeSchnecke

Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von SchwarzeSchnecke »

Hallo!

Weil der ursprüngliche Thread inzwischen ziemlich lang geworden ist, mache ich nun in Einverständnis mit funkel einen neuen auf.

Hier der Link zum ersten Teil:
http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1163515242

Zuletzt haben in dem ersten Teil mitgeschrieben: Karfunkel, Dorle und ich.


Im Ausgangsposting (im November 2006) hatte funkel geschrieben:

"Zu Folgendem möchte ich einfach nur fragen: kennt ihr das Gefühl? wie geht es euch damit?

Ganz langsam beginne ich zu begreifen, dass es um mich geht.
Sehr langsam.
Dass ich die Frau bin, das Kind, um die es geht, um das es nicht ging.
Langsam, vorsichtig ertaste ich den Panzer um mein Selbst.
Um mein Leben. Um mich.
Und nur schwer kann ich begreifen, wie das passieren konnte.
Wie der Panzer so dick, die Abwehr so stark werden konnte.
So dick, dass ich unter ihm gar keine Luft bekomme.
Wie habe ich geatmet, die ganze lange Zeit über?
Kein Finger passt zwischen mich und den Panzer.
Kein Finger, keine Hand, kein Körper, kein Mensch.
Keine Menschenseele.
Keine Menschenliebe.

Ich beginne zu spüren, dass ich fast nichts spüre.
Und nehme mit einem Mal all das Gewicht auf meiner Brust wahr.
Das Gewicht, die Last.
Ich habe die Last aus mir gemacht, als die ich mich empfunden habe.
Meine Haut taub. Den Atem angehalten. Die Sehnsucht getötet.
Gebaut am Panzer.
Der Panzer war meine Zukunft. Die einzige Zunkunft, die ich mir vorstellen konnte.
Ohne Schutz keine Zukunft. Nicht für mich.
Und nun ist er meine zweite Haut geworden.
Eine Haut, deren Enge und Schwere mir beginnt, Schmerzen zu bereiten in dem Maße wie ich beginne, sie wahrzunehmen.
Und je mehr ich versuche, mich dagegen zu stemmen, desto stärker fällt der Panzer auf mich zurück.
Gut gebaut ist er, doch, das muss ich sagen.
So gut, dass ich Angst habe, eines Tages darunter zu sterben.
Ganz langsam, beginne ich das zu begreifen."


Auszüge aus späteren Postings von funkel:


"Aber ich versuche, immer mal wieder daran zu glauben, dass es besser wird. Besser werden MUSS.
Wenigstens in der Therapie einmal öffnen können."

"Ich mache mir Vorwürfe, weil ich denke- es ist eine Gesprächstherapie, und solange ich nicht fähig bin, Dinge auszusprechen und schon gar nicht, meine Gefühle auszudrücken, solange kann es nicht „fruchten“.
Solange stecken die Wunden unter dem Panzer und auf diese Art und Weise, werde ich sie nie los.
Ich bin seit über drei Jahren bei dieser Therapeutin und vertraue ihr sehr- und trotzdem.
Allzu viele Stunden habe ich nicht mehr und da ist die Angst, sie gehen zu Ende und ich bin nicht aus der „Starre“ herausgekommen.
Ich habe das Gefühl, dass ich es alleine nicht schaffe, die Starre aufzulösen, auch nicht nach drei Jahren. Das fühlt sich beschämend an.
Ich weiss nichteinmal genau, vor was für einem Schmerz ich mich da sosehr schützen muss, wo er „ursprünglich“ herrührt.
Und ich bin nichtmal mehr sicher, ob ich meiner Therapeutin verständlich machen konnte, was für ein Kampf sich abspielt, wenn ich nichts sagen/zeigen kann.
Weil es eigentlich ganz selbstverständlich scheint, dass Menschen mitteilen,was sie fühlen."


"Chaos ist eine treffende Überschrift für mein aktuelles Leben. Ich stecke in finanziellen Schwierigkeiten da ich nich so viel arbeiten kann wie ich möchte (in meinem Nebenjob), weiß nicht, wie es weitergeht beruflich, und finde, dass es privat so nicht weitergehen kann wie bisher, weil ich mich sonst eigentlich auch direkt einbuddeln kann.

Meine Therapeutin wird unser letztes Stundenkontingent beantragen und mir geht es schlecht damit.
Ich stecke noch in der super-plus-Idealisierung (weil ich irgendwie verdammt lange brauche für alles...)und Trennung= Boden unter Füßen weg.
Natürlich ist noch ein bißchen Zeit bis dahin, trotzdem. Schon der Gedanke daran.
Ich frage mich, was passiert, wenn ich sie bis dahin nicht ent-idealisieren konnte. Was, wenn es den bekannten Schmerz auslöst. Was, wenn dann auch sie als Anker weg ist.
Horror- Vision."

*****

Seit diesem Tag schreibt auch Dorle in dem Thread mit.

"Ich bin nicht sehr gut darin, mich schriftlich auszudrücken ( Wääh, was für ein Wort! ), auch wenn ich ein "Sabbelwasser" bin, lesen sich meine Gedanken für mich auf dem Papier bzw. Bildschirm immer irgendwie hölzern, und poetische Zeilen sind sehr rar. Vielleicht ist es ja auch eine Sache der Übung... nehmt es mir bitte nicht zu übel, wenn ich mühsam mit jedem Satz kämpfe.
Wie anhand ( an Hand? ) dieser wenigen Sätze ziemlich klar zu erkennen ist, bin ich ein Mensch mit eher geringem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten - und vor allem deren Wert. Was zählt es schon, dass ich Job, Haushalt und Kind wuppe ( naja.. Haushalt ) erstens klingt das eingebildet und zweitens ist alles, was nicht klappt, viel wichtiger als das, was nicht funktioniert. Und nichts ist wichtiger, als korrekt zu funktionieren - aber wer setzt den Rahmen? Irgendwie habe ich das Gefühl, nicht ich."

"[...] In der Tat habe ich vor Weihnachten so etwas wie einen Zusammenbruch gehabt. Das Problem war, dass ich nach außen eine fröhliche, hilfsbereite und total selbstständige „Mutter der Nation“ bin, liebevolle Regierung meiner kleinen Familie, eben die, bei der sich alle Rat, Schutz und Trost holen. Das ist auch völlig in Ordnung und gewollt so, aber innen drin hatte ich das Gefühl, nur noch zu fallen, ohne Rettungsleine.

Und als ich erst zaghaft, dann lauter kundgetan hatte, ich könne nicht mehr, hat mein Umfeld mit ratloser Hilflosigkeit reagiert. Mein Mann hat sich tapfer bemüht, die Lücke zu füllen, war aber auch ziemlich überfordert. Also Zähne zusammengebissen und weiter im Text… na ja, irgendwie ist es ein Fluch und ein Segen zugleich, wenn, wie Anne ihre Mutter zitierte, „alles immer irgendwie weitergeht“.

Zum Glück geht es mir momentan wieder besser, und ich habe meinen Arzt aufgesucht, der hat mich an einen Psychiater überwiesen und mir eine Therapeutin empfohlen, bei der ich schon vor einigen Jahren wg. einer reaktiven Depression war. Mal sehen, wie lang ihre Warteliste zur Zeit ist…"

"[...] Beim Psychiater habe ich nach Intervention des Hausarztes einen Termin am 12.04. bekommen können ( das ist schnell, sagte man mir [...])"

...Und sie hat ein hübsches Nest für funkel und mich gebastelt!

Am 27. II. hat sie u.a. folgendes geschrieben:

"[...] ich hatte, als es ganz ganz schlimm war, das Gefühl, zu fallen und zu fallen. Und wenn ich so darüber nachdenke, war das Gefühl am stärksten, wenn ich wirklich alleine war, mein Mann bei der Arbeit und die Lütte schlief. Als ich dann eines Tages hilf- und trostlos weinend auf dem Sofa saß, wurde mir auf einmal klar, dass ich zumindest durch dieses Sofa nicht hindurch fallen würde.

Dieser Gedanke, auch wenn’s sich jetzt saublöd liest, hat mich gerettet. Ich war sozusagen „unten angekommen“, durch die simple stoffliche Realität eines Sofas, das schon jahrelang da stand, völlig unbeachtet benutzt, nur ein Möbelstück, aber als ich Hilfe brauchte, war es „für mich da“ und hat mich zurückgeholt auf den „Boden der Tatsachen“ ( und wenn man in einem bodenlosen Loch fällt und fällt, ist dieser Boden ein guter Ort. )"

__________________________________________________


Liebe funkel und liebe Dorle, wie geht es euch jetzt?

...Und wir haben auch nichts dagegen, wenn noch andere User hier mitschreiben möchten!


LG, Anne


[EDIT]
karfunkel
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Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von karfunkel »

DorleB
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Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von DorleB »

Liebe Anne

ich kann mich funkels Aussage nur anschließen:
Ist das TOLL geworden !! Du hast es auf den Punkt gebracht. Wenn Du noch nicht weißt, wie Du Dich beruflich orientieren willst, hast Du mal über etwas in diese Richtung nachgedacht?

Schön, dass dieser thread weitergeht, und, viel wichtiger, dass es bei Dir auch Positives zu berichten gibt. Aber genau wie funkel finde ich, Du hast hier nur aufgeschrieben, wie es für Dich zu Hause ist, in einer Form, die angemessen ist.

Ich glaube, niemand, der nicht selber mal dieses Gefühl der ausweglosen Hoffnungslosigkeit hatte, kann es nachvollziehen. Wenn man mir das so sagt, ist es in Ordnung. Was mich aber traurig macht, ist, wenn Jemand eine Depression einfach als getarnte Bequemlichkeit bezeichnet.

Umso schöner, dass es jetzt einen Menschen gibt, der für Dich die Rolle ausfüllen kann, zu der Dein Vater nicht in der Lage ist.

Wann weißt Du, wann Du in die Klinik gehen wirst?


Liebe funkel ,

Du hast geschrieben:

Manchmal denke ich, dass ich das schon schaffe und manchmal ist es so durcheinander in mir, dass ich das Gefühl hab, es geht keinen Tag mehr länger.
Irgendwie geht es dann aber doch immer.
Ich bin auch dazu zwiegespalten: ist das eigentlich gut oder schlecht? Übergehe ich mich, oder ist es gut, durchzuhalten? ...

Schwere Frage. Wie kommst Du denn mit einem freien Tag klar? Ist es da besser oder schlimmer für Dich? Bei mir stelle ich fast jedes Mal fest, dass ich mich auf eine Verschnaufpause freue und sie dann gar nicht genießen kann, weil ich ins Trudeln gerate, wenn die Struktur auf einmal aufgebrochen ist. Aber ich kann auch nicht sagen, ob Trudeln generell was ganz Verkehrtes ist, trotzdem sehe ich zu, dem aus dem Weg zu gehen.

Was Du zu Deiner Mutter geschrieben hast, finde ich überhaupt nicht lächerlich, dass könnte nämlich auch meine Mutter sein.
Es ist diese Mischung aus „Huch, stimmt, da war ja noch ein Kind mehr…“ und dem permanenten „Sorgen machen“ ( und wenn meine Mutter sich Sorgen macht, dann ruft sie deswegen nicht an ), die mich lange Zeit verrückt gemacht hat.
Ich habe mir jahrzehntelang mehr von ihr gewünscht, als sie mir geben konnte, und das war die ganze Zeit so so schmerzlich. Die emotionale Bindung war sogar umgekehrt proportional zur räumlichen, als ich wegzog, wurde die Sehnsucht nur stärker. Erst mit Hilfe der Therapeutin konnte ich mich lösen, aber das war ein harter Weg, den wohl jede für sich gehen muss.

Ach funkel, ich wünschte, ich könnte Dich an die Hand nehmen und mit Dir da rausmarschieren aus diesen "Verstrickungen" *traurig-lächel* Geht nicht, weiß ich, wünsche ich mir trotzdem…


Mir geht´s soweit ganz gut, der Virus kämpft noch, aber er steht auf verlorenem Posten ( hatschie! )

Bis bald, Ihr Lieben, und Grüße an alle , wo seid Ihr?

Euer Dorle




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SchwarzeSchnecke

Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von SchwarzeSchnecke »

*****

"Ich glaube, niemand, der nicht selber mal dieses Gefühl der ausweglosen Hoffnungslosigkeit hatte, kann es nachvollziehen. Wenn man mir das so sagt, ist es in Ordnung. Was mich aber traurig macht, ist, wenn Jemand eine Depression einfach als getarnte Bequemlichkeit bezeichnet."

Absolut. Das kann ich nur "unterstreichen".

"Ach funkel, ich wünschte, ich könnte Dich an die Hand nehmen und mit Dir da rausmarschieren aus diesen "Verstrickungen" *traurig-lächel* Geht nicht, weiß ich, wünsche ich mir trotzdem…"

Geht mir ähnlich...
Weißt Du was, Dorle: Ich bin mir sicher, daß Du eine total liebe und hilfsbereite Person bist (siehe auch das Nest)!


LG, Anne
karfunkel
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Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von karfunkel »

DorleB
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Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von DorleB »

Liebe funkel ,

Du hast gefragt:
Du Du hast recht Dorle, wenn ich wirklich frei hab und mir vornehme (und mich darauf freue), den ganze Tag "rumzuhängen", dann klappt das meistens nich sooo gut...[…]Was heisst das bei Dir Dorle, wenn Du schreibst, Du gehst dem aus dem Weg?

Ich hoffe, die Antwort ist nicht off-topic, falls ja, nehme ich sie raus.
Aus Gründen, die ich noch erforsche, bin ich ziemlich strukturabhängig; das Essen sollte pünktlich stattfinden, die Wäsche nach System aufgehängt werden usw. Gestern gab´s eine interessante Sendung über Zwangserkrankungen, also so schlimm ist es bei mir nicht, aber die Ansätze sind da. Wenn sich jetzt angekündigt der Tagesablauf ändert und Aufgaben wegfallen, muss ich mir vorher überlegen, was ich in der freien Zeit anfange. Tue ich das nicht, mache ich planlos irgendwas, das mir gerade auf- und einfällt, bin aber verunsichert, ob das denn nun „das Richtige“ ist, und fühle mich insgesamt etwas verloren.
Bei spontanen Änderungen des Ablaufes kann ich merkwürdigerweise gut und sinnvoll reagieren und fühle mich eher besser. ( Interessante Antwort; da habe ich bislang noch nicht bewusst drüber nachgedacht. Danke für die Frage, funkel )

Ich kann gut nachvollziehen, was Du über Deine mutter schreibst. […]Aber ich will mich einfach auch nicht mehr emotional..."erpressen" lassen. Dass sie nun wieder beleidigt scheint und schweigt, das macht mir ein tierisch schlechtes Gewissen, aber...wenn sie sich wirklich Sorgen machen würde...dann würde sie doch anrufen...oder nicht?

Da ich Deine Mutter nicht kenne, würde ich von mir ausgehend denken, wenn ich mir Gedanken um Jemanden mache, nehme ich den Kontakt zu ihm auf – es sei denn, ich weiß nicht, wie er auf mich zu sprechen ist, dann hätte ich evtl. Angst, ihn anzusprechen. Je Nachdem, ob die Ungewissheit oder diese Angst stärker ist, würde ich handeln – oder eben nicht. Aber ich kenne auch Menschen, die andere „zappeln“ lassen, um eine Unterwerfung zu erzwingen, und so was lasse ich mit mir nicht machen. Wie beurteilst Du das bei Deiner Mutter?


Liebe Anne ,

Du hast geschrieben:
Ich scheine (so wurde mir auch gesagt) viele KLEINE Begabungen zu haben – aber mir fehlt die Energie (oder der Antrieb), etwas davon so auszubauen, daß ich davon leben könnte.

Vielleicht ergibt sich etwas ganz Neues während Deines Klinik-Aufenthaltes, und der Sinn z.B. einer Lehre ist es ja gerade, Begabungen auszubauen. Ich wünsche Dir auf jeden Fall, dass Du rechtzeitig in die Klinik kannst. Bestünde notfalls die Möglichkeit, dass Deine Mutter ihren Urlaub verschiebt?

Alles Liebe und Grüße an alle

Euer Dorle

P.S.: Ich kann mit Lob nicht gut umgehen, aber danke für Eure lieben Worte




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SchwarzeSchnecke

Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von SchwarzeSchnecke »

Liebe funkel,

*****

"Was diesen "Ersatz" bei mir betrifft danke ich Dir für Deine Wünsche, aber ich glaube, ich bin da ziemlich abweisend und skeptisch geworden aus Angst vor der totalen Abhängigkeit- die jedemal eine Enttäuschung war. Therapie jetzt mal ausgenommen."

Das verstehe ich zwar. Aber irgendwie hab ich das Gefühl, daß Du Dich damit nur selber einsperrst (=> PANZER).
Und ich meine zwar nicht unbedingt, daß Deine Therapie schlecht ist, aber: Eigentlich sollte einem so eine Therapie doch helfen, ein solches Problem zu lösen (also hier z.B. wie man Beziehungen eingeht, ohne abhängig zu werden) oder einer Lösung wenigstens näherzukommen. Statt dessen bist Du von Deiner Therapeutin abhängig geworden... Bist Du damit weiter als vorher? Kann ich mir irgendwie schlecht vorstellen... Mir gefällt das nicht.

"Sorry, wenn ich etwas Begriffsstutzig bin, aber was meinst Du mit "erneuter Dekompensation"? oder gehört das nicht hierher für Dich?"

"Kompensieren" bedeutet ungefähr "ausgleichen" oder auch "unter Kontrolle haben". Eine dekompensierte Erkrankung ist eine Erkrankung, die außer Kontrolle geraten ist (gilt übrigens auch für körperliche Erkrankungen). Manchmal sagt man auch kurz, ein PATIENT sei "dekompensiert".
*****


Liebe Dorle,

"Ich hoffe, die Antwort ist nicht off-topic, falls ja, nehme ich sie raus."

Nee, finde ich nicht.
Vielen Depressiven hilft eine feste Tagesstruktur, und wenn sie fehlt, lassen sie sich hängen. Das ist bei mir ganz ähnlich. Heute z.B. hatte ich nichts vor, keine Termine oder Verabredungen, und hab die meiste Zeit des Tages schlafend im Bett verbracht. *seufzt* WIEDER ein Tag verloren...

"Aber ich kenne auch Menschen, die andere „zappeln“ lassen, um eine Unterwerfung zu erzwingen, und so was lasse ich mit mir nicht machen."

Das ist gut. Allerdings gibt es auch viele Depressive, die dieses Verhalten (andere "zappeln" zu lassen) anwenden...

*****

LG, Anne
karfunkel
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Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von karfunkel »

SchwarzeSchnecke

Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von SchwarzeSchnecke »

Liebe funkel,


"[...] Ausserdem "verzettelt" man sich viel leichter, wenn einem viele Sachen liegen, find ich. Geht Dir das auch so?"

Ja. Ich wünsche mir oft, es gäbe irgendwie einen "roten Faden" o.Ä. Aber statt dem "Faden" ist eher ein "Gewirr" da...

"-> Das klingt MEHR als erwachsen. Da kann ich nur meinen Hut vor Dir ziehen."

Danke für das Kompliment. Allerdings ist das Wort "erwachsen" bei mir nicht unbedingt positiv besetzt.
Nun ja – irgendwann (allerdings nicht von einem Tag auf den anderen) ist mir halt klar geworden, daß mein Mißtrauen mir nur geschadet hat. Daß ich zwar VORSICHTIG, aber NICHT MIßTRAUISCH sein sollte.
*****

"Was meine Therapie betrifft: Ich denke, ich habe nie behauptet, dass die Therapie mir nicht helfen würde diesem Problem/-der Lösung näherzukommen, weil es schlichtweg nicht wahr ist."

Daß Du dem PROBLEM näherkommst, kann ich mir schon vorstellen. Aber das Wissen um ein Problem ist noch nicht die Lösung.

"Und ich bin nicht STATTDESSEN von meiner Therapeutin abhängig geworden. Das ist ein Prozess, der zu einer Analyse dazugehört. Und er kann schmerzhaft sein, aber ich behaupte jetzt mal ganz frech, SEIN MUSS er, sonst stimmt wiederum was nich mit dem Therapieverlauf."

Das wäre nichts für mich. Ich kann es nicht leiden, von einem Menschen derart abhängig zu sein. Dem würde ich eine stoffliche Sucht eindeutig vorziehen (zumal das weniger kompliziert ist).

"Aufgrund meiner Geschichte ist es nu gerade nicht einfach für mich. Aber das wäre es ohne diese Therapie noch viel weniger. Ich muss also nicht gerettet werden."

Ich habe nicht gedacht, daß Du davor "gerettet" werden mußt. Ich habe bloß das Gefühl, daß Du damit nur ziemlich langsam vorankommst. (Hattest Du ja selber auch irgendwo geschrieben.)

"Obwohl mir schwant, Du bist PA gegenüber sowieso ein wenig mißtrauisch."

Mein Psychiater hält nicht viel davon (wobei er gegen tiefenpsychologische Elemente im Rahmen einer anderen Therapie nichts hat). Und er hat mir auch erklärt warum.
Gestern habe ich im Unterforum "Psychotherapie" im Thread "Psychotherapie von Depression & Narzismuss" dazu passende (wohl absichtlich etwas überspitzte) Postings der Userin Xenia (ANOVA) entdeckt. Ich zitiere sie hier mal auszugsweise:

"Meine persönliche (!!!!!!!!!) Theorie zu NPS und Psychoanalye ist folgende (habe mir vor einiger Zeit mal Gedanken darüber gemacht, warum einige Betroffene so auf die Analyse schwören): Sie brauchen nichts im aktuellen Leben zu verändern, da ja immer alles nur von den bösen Müttern (oder Eltern insgesamt) ausgelöst wurde. Außerdem kriegen sie in der Analyse ja vermutlich keine kritischen Bemerkungen zu ihren Verhaltens- und Denkweisen, außer wenn diese schon in den ersten paar Monaten von den Eltern verursacht wurden.

Ich persönlich (!!!!) meine, in der Analyse wird dem Patienten eine Passivität eingeräumt, die für persönlichkeitsgestörte Menschen nicht wirklich sinnvoll ist, da es bei ihnen ja zumeist um Schwierigkeiten in Beziehungen bzw. Interaktionsstile allgemein und Erwartungen an sich selbst geht.

Bei der Analyse kann man jedenfalls wunderbar Verantwortung abgeben, d.h. man muss nicht darüber nachdenken, was man selbst im Hier und Heute verändern muss.

[...]

Hab noch was vergessen: wenn man also die Verantwortlichkeit der bösen Mutter in die Schuhe schiebt, dann reagiert man auf aktuelle Schwierigkeiten in Beziehungen vermutlich mit Rückzug, Abbruch der Beziehung, Abwertung usw. Weil "das ist ja wie damals mit meiner Mutter und ich muss mich am besten von solchen Leuten fernhalten, sie machen mich krank". Wo soll da ein funktionales Beziehungsmuster entstehen?"
Sie bezieht sich darin zwar auf persönlichkeitsgestörte (v.a. auf narzißtische) Personen; mein Psychiater jedoch hält die erwähnte Passivität jedoch auch bei der Behandlung von anderen psychischen Erkrankungen nicht gerade für förderlich: "Man erfährt zwar einiges über sich selber, aber verändert damit noch nichts. Es sollte doch um das aktive Durchbrechen schädlicher Verhaltensweisen gehen."

*****

LG, Anne
DorleB
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Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von DorleB »

Liebe funkel ,

Du hast geschrieben:
also ehrlich gesagt macht mich diese […] Sache ganz kirre! Ich finde nicht, dass bisher irgendwas, das jemand hier geschrieben hat, […] war!

Ich bin noch nicht sehr lange dabei und immer noch unsicher, und einer der ersten threads, die zu diesem Zeitpunkt neu waren, war der „Zu viel!!!!!!!“-Beitrag von Herrn Dr. Niedermeier. Daher bin ich stets besorgt, ich könnte zuviel oder das falsche schreiben und – oh Graus – gelöscht werden. Aber ich gelobe Besserung .


Liebe Anne ,

als Jemand, der sich noch nicht selbst mit der Materie beschäftigt hat, merke ich, dass man
zu einer PA offensichtlich sehr unterschiedlicher Meinung sein kann, und funkel, die sich in einer befindet, scheint damit nach ihren Aussagen gut klarzukommen.

Ich finde es sehr gut, dass es mehrere Therapie-Ansätze gibt, die Patienten verschiedene Zugänge zu dem liefern, was sie quält, und es freut mich, dass Du einen Psychiater gefunden hast, mit dem Du gut arbeiten kannst. Für Deinen Klinik-Aufenthalt wüsche ich Dir ein genauso gutes Team.

Ich denke, daß ich mich nicht gehenlassen, sondern an mir arbeiten sollte. Es gibt Menschen, die mich mögen, und denen schulde ich das. Diese (und andere) Menschen – nicht ich – sind es, die meinem Leben den Ansatz von einem Sinn geben.

Was genau meinst Du mit „[…] denen schulde ich das.“ ?

Liebe Grüße,

Euer Dorle




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karfunkel
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Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von karfunkel »

SchwarzeSchnecke

Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von SchwarzeSchnecke »

Liebe Dorle,

Danke für Deine guten Wünsche.

*****


Liebe funkel,

"Ich will ehrlich sein: ich fühle mich ein bißchen provoziert.
Kann gut sein, dass ich überreagiere. Ich möchte nur, dass Du das weißt.
Nach Deiner abschließenden Frage:
„Und was gibt DEINEM Leben einen Sinn?“
musste ich ganzschön schlucken.

Es klingt für mich so, als hätttest Du die Antwort schon gegeben."

*seufzt*
Nee, war nur eine aus Neugier gestellte Frage, deren Antwort mich interessieren würde. (Vielleicht hätte ich das dazuschreiben sollen.)
Wenn ich damit provozieren wollte, hätte ich nicht bloß ein Fragezeichen, sondern z.B. "?!" oder den "sarcastic"-Smiley dahintergesetzt.

"[...] Aber dazu wiederum gibt es in der Analayse ganze eigene Ansichten. Man geht davon aus, dass das „Bewußt- machen“ und Integrieren ein Hauptbestandteil der Arbeit ist.
Du schreibst ja selbst an einer Stelle: „Nun ja – irgendwann (allerdings nicht von einem Tag auf den anderen) ist mir halt klar geworden, daß mein Mißtrauen mir nur geschadet hat. Daß ich zwar VORSICHTIG, aber NICHT MIßTRAUISCH sein sollte.“
Das ist ein super Beispiel für „bewusst- machen“. Und Du hast ja offensichtlich auch was geändert, nich?"

Ja, klar. Das BEWUßTMACHEN steht am Anfang. Aber WIE setzt man dies dann um? (DARUM geht es mir.) Und ich nehme mal an, daß man dieses "WIE" nicht immer selber findet. Daß es in einer Psychoanalyse zwar sehr viel um das "WARUM", aber kaum um dieses "WIE" geht. Das kriegt man wohl eher in einer VT vermittelt; dort jedoch geht es weniger um das "WARUM". Und ich denke halt, eine gute Therapie sollte BEIDES enthalten, in einem einigermaßen ausgewogenen Verhältnis. Ein solches ausgewogenes Verhältnis sehe ich weder bei der PA, noch bei der VT.
*****

"Ich bin nur etwas erstaunt darüber, dass Du mir so nachhaltig klarmachen willst (so kommt es mir jedenfalls vor), wie viele negative, wenn nicht sogar nur negative Seiten diese Therapieform hat, für bestimmte Personengruppen."

Nee, eigentlich wollte ich das nicht. Ich sehe die PA nicht als so negativ – aber ich sehe (wie manche andere und wie mein Psychiater) halt gewisse Defizite (s.o.). Normalerweise würde ich so etwas nicht besonders kommentieren; aber ich hatte/ habe halt das Gefühl, daß gerade dieses oben genannte weitgehende Fehlen eines "WIE" oder von "WERKZEUGEN" sich in Deinem Fall eher nicht so gut auswirkt [siehe den unten stehenden mit *** gekennzeichneten Satz]. Daher meine kritischen Anmerkungen.

"Ich neige viel mehr dazu, die Schuld bei mir zu suchen. Mich als gestört anzunehmen."

Das war bei mir (und bei meiner Mutter) auch lange sehr extrem. Mittlerweile hat sich das gebessert. Inzwischen denke ich sogar immer öfter, daß unsere gesamte (Leistungs- und Konsum-)Gesellschaft irgendwie krank ist. Und ich kenne eine Reihe anderer Leute, die dies ebenso sehen.

"Aber ich hab ja nun auch anderes ausprobiert (auch VT) und bislang war PA das, was mich von allem am meisten weiterbrachte (wenn auch in kleinen Schritten! )."

Immerhin. Wie viele Stunden hattest Du so ungefähr? Meines Wissens ist das ziemlich zeitaufwendig.

"Keineswegs wurde immer nur alles von bösen „Mitmenschen“ ausgelöst. Das Wort „böse“ gehört da sowieso nicht wirklich hin. Es geht ja nicht darum, irgendwem Schuld zuzuweisen! [...]"

Xenia hatte ja auch geschrieben, daß sie ihren Beitrag absichtlich etwas überspitzt formuliert hat. Sie wollte damit, glaube ich, auf eine TENDENZ hinweisen.

"Möglicherweise hab ich hier zu viel darüber gepostet, dass ich nicht weiter weiß und an einem Punkt bin, an dem ich auch nicht weiß wann oder ob es weiter geht."

Nein, warum? Gerade DAS ist doch ein wichtiges Thema für Dich, dieses "Auf-der-Stelle-Treten" (so ähnlich hattest Du es, glaube ich, genannt), ebenso wie der "PANZER". ***

Ich hoffe, Du verstehst mich diesmal richtig.


*****


Liebe Grüße,
von der Schnecke
karfunkel
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Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von karfunkel »

SchwarzeSchnecke

Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von SchwarzeSchnecke »

Liebe funkel,


Ich habe den Eindruck, daß Du gerade ziemlich gereizt bist.
Du hast mich, glaube ich, auch diesmal nicht richtig verstanden. Du scheinst Dich nur noch angegriffen zu fühlen. Das ist aber nicht meine Absicht.
Ich mache meine kritischen Anmerkungen nicht deshalb, weil ich Dich ärgern will (was ich nämlich nicht will), sondern weil ich denke, daß sie Dir MÖGLICHERWEISE etwas bringen KÖNNTEN. Ich will nicht überreden, sondern bloß zum Nachdenken anregen. – Auch ich reagiere auf so etwas manchmal gereizt. Aber rückblickend erweisen sich manche solchen Bemerkungen von anderen dann oft als nützlich.

Ja, ich weiß – ich sollte mich vielleicht lieber "an meiner eigenen Nase fassen". Aber anderen Tips o.Ä. zu geben ist nun mal einfacher, als sich selber "aus dem Sumpf zu ziehen". :-/

Nein, ich meine NICHT, daß Therapien "perfekt" sein müssen (und/ oder KÖNNEN).

Ja, meine Therapie hat mir gefallen. Aber wenn ich nur etwas haben will, was mir gefällt, brauche ich nicht unbedingt eine Therapie. Da gibt es auch andere Dinge.

"Ich glaube nicht, dass für Dich schon irgendetwas "zu spät" ist."

Ich schon. Ich glaube nicht, daß man ALLES "flicken" oder "reparieren" kann. Bei manchen "Verwundungen" verhält es sich so, daß man sie gut behandeln könnte – tut man dies jedoch zu spät, werden teilweise häßliche NARBEN daraus. (Dies ist eine Erfahrung von MIR und nicht dazu gedacht, Dich zu entmutigen o.Ä.)

*****

"Kannst Du erklären, was "auf die harte Tour" beudeutet?"

Durch ständiges und zum Großteil vermeidbares "Auf-die-Nase-Fallen". Nasenbluten ist nicht so angenehm...

"Wie kannst Du also sicher sein, dass mir weitgehend das "WIE" und "WERKZEUGE" fehlen?"

Ich bin NICHT "sicher". Ich hatte u.a. geschrieben: "[...] Normalerweise würde ich so etwas nicht besonders kommentieren; aber ich hatte/ habe halt das Gefühl, daß gerade dieses oben genannte weitgehende Fehlen eines "WIE" oder von "WERKZEUGEN" sich in Deinem Fall eher nicht so gut auswirkt [...]"

"Weil ich schreibe, dass ich meinem Gefühl nach auf der Stelle trete?
Vielleicht gehört auf-der-Stelle-treten auch mal dazu?"

Vielleicht. Aber wenn dieser Zustand sehr lange anhält (was ich in Deinem Fall nicht weiß), kann ich mir nicht vorstellen, daß das dann noch sinnvoll ist.

"Vielleicht bin ich ja auch noch mit dem "WARUM" beschäftigt?"

Das eine schließt das andere ja nicht zwangläufig aus.

"Oder vielleicht gibt des dafür einen Grund, der überhauptnichts mit der Therapie an sich zu tun hat?"

"Ich hab andere Dinge im Kopf."

Das kann ich ja nicht wissen! Ich kann Dich nur aufgrund von dem beurteilen, was Du schreibst!

"Ich merke, dass ich wieder den Drang verspüre, mich zu rechtfertigen [...]."

Warum? Du brauchst Dich vor mir oder anderen hier im Forum nicht zu rechtfertigen. ...Oder hast Du das Gefühl, Dich VOR DIR SELBER rechtfertigen zu müssen? (Auch diese Frage ist als Frage und nicht als Provokation gemeint.)

Ich hatte geschrieben:
"Inzwischen denke ich sogar immer öfter, daß unsere gesamte (Leistungs- und Konsum-)Gesellschaft irgendwie krank ist. Und ich kenne eine Reihe anderer Leute, die dies ebenso sehen."

"Gewichtige Worte. Bevor ich dazu was sage sollten wir erstmal Deine Definition von "krank" klären."

Hier:

Erkrankung, (Morbus, griech: Nosos - vgl. dann Noxe) ist eine Störung der körperlichen, kognitiven, sozialen und/oder seelischen Funktionen, die die Leistungsfähigkeit oder das Wohlbefinden eines Lebewesens subjektiv oder intersubjektiv deutlich wahrnehmbar negativ beeinflusst oder eine solche Beeinflussung erwarten lässt. (http://de.wikipedia.org/wiki/Krankheit)

Gesundheit ist körperliches, seelisches und soziales Wohlbefinden und nicht die Abwesenheit von Krankheit (Definition der WHO, 1948).

*****

Ich wünsche Dir ein angenehmes oder wenigstens erträgliches Wochenende.

LG, Anne
karfunkel
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Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von karfunkel »

SchwarzeSchnecke

Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von SchwarzeSchnecke »

Liebe funkel,


"Und ich verstehe auch noch immer nicht wirklich, worauf Du hinaus willst."

Nun ja, ich bin halt keine Pädagogin...

Also ich habe halt den Eindruck, daß Du unter Deiner Situation (Nicht-Weiterkommen und Panzer) ziemlich leidest. Und Du scheinst da alleine nicht rauskommen zu können. Da kann ich mir vorstellen, daß ein "Schubs" (und damit meine ich nicht unbedingt einen Tritt in den Hintern) von außen vielleicht helfen könnte. Aufgrund von dem, was ich von Dir gelesen habe, gehe ich davon aus, daß Du eher einsam bist, und der "Schubs" daher nicht von irgendwelchen Freunden o.Ä. kommen könnte, sondern von Deiner Therapeutin kommen müßte. Aber eine Psychoanalyse ist nun mal nicht gerade eine Therapie, in der die Patienten direkt "angeschubst" werden, aktiv zu werden.

Und natürlich gehe ich in meinen Überlegungen immer auch von MIR aus. Zu den wichtigsten Symptomen meiner Depressionen gehört eine ausgeprägte Antriebslosigkeit. Da brauche ich dann einen "Schubs" von außen.

Sorry, besser kann ich’s nicht erklären.

Hier noch ein Beispiel, um meine Denkweise zu erläutern:

– Jemand kommt ins Gefängnis.
– WARUM: Weil er entweder eine Straftat begangen hat; oder weil er unschuldig ist, aber trotzdem verurteilt wurde.
– Falls letzteres der Fall ist, wird ihm dies (in diesem Beispiel) nicht geglaubt. Und bloßes Nachdenken bringt ihn nicht weiter.
– Nun kommt es darauf an, ob es eine Möglichkeit gibt, auszubrechen.
– a) Es gibt KEINE Möglichkeit: WIE kann er erreichen, daß sein Aufenthalt wenigstens nicht zum Alptraum wird?
– b) Es GIBT eine Möglichkeit: WIE kann er herauskommen? (Z.B. indem er die Gitterstäbe durchsägt [=> Säge = WERKZEUG])

"Ich bin aufm Sprung, deshalb nur kurz."

Du kannst mit dem Schreiben auch warten, bis Du mehr Zeit hast.

Das glaube ich Dir schon.

*****

LG, Anne

*****
karfunkel
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Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von karfunkel »

SchwarzeSchnecke

Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von SchwarzeSchnecke »

Liebe funkel,

Es ist in Ordnung, wenn Du von Dir ausgehst. Erstmal. Aber vielleicht wäre es dann wichtig, einfach nachzufragen.

Ich habe ganz bewußt nicht gefragt.

Zum Beispiel, ob ich mit meiner Therapie eigentlich zufrieden bin.

Die Antwort auf diese Frage wußte ich ja eigentlich schon vorher bzw. konnte sie mir vorstellen...

"Klar bin ich auch antrieblos, aber da ich es mir momentan gar nicht leisten kann, da irgendwie "reinzusacken", is da auch kein Schubs nötig. Aufstehen und zur Arbeit muss ich also schonmal. Was soziale Kontakte angeht, schubse ich mich da sehr wohl selbst.

So meinte ich das eigentlich nicht; da habe ich mich wohl schlecht ausgedrückt. Ich meinte: jemand, der Dich vielleicht in Deinem DENKEN "anschubst" im Sinne von neue Ansichten vermitteln, Lösungen finden helfen, Perspektiven aufzeigen...

"Das, was den Panzer ausmacht, das hat nicht wirklich etwas damit zu tun, dass da niemand ist, für den ich ihn öffnen könnte. Das ging bislang auch nicht, wenn da jemand war. Das ist das Schwierige."

Vielleicht kriegst Du ihn alleine überhaupt nicht auf?

"Ich hab mich weiß-ich-nicht-wie-oft auf Veranstatungen, Partys und dergleichen wirklich gezwungen, aber manchmal reichts dann auch wieder."

DAS habe ich NICHT gemeint. ... Parties sind etwas, was ich überhaupt nicht mag; bin auch nicht oft auf irgendwelchen Veranstaltungen. Kenne auch nicht so besonders viele Leute – meiner Ansicht nach kommt es nämlich nicht auf die "Quantität", sondern auf die "Qualität" an.

"Überdies brauch ich glaub ich einfach meine Rückzugsmöglichkeiten und -Zeiten."

Das geht wohl fast jedem so. Mir auch.

"Danke für das Gefängnis-Beispiel-Bild! Find ich sehr anschaulich!"

*****

"Der Panzer ist sowas, wie das Gitter in mir drin. Das ich nicht mit "Werkzeugen" im klassischen Sinne bearbeiten kann. Diese Gitterstäbe öffnen sich entweder von alleine (zB wenn ich so weit bin), oder eben nicht. Durchsägen würde nicht viel bringen."

"Klingt" ziemlich passiv...

*****

...Übrigens denke ich, daß wir einander in einigen Punkten ziemlich ähnlich sind.
Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum ich Dir gerne helfen würde. Vor allem, weil es mir inzwischen wieder etwas besser geht. *****

LG, Anne


PS.: Wo ist eigentlich unser Dorle?
DorleB
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Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von DorleB »

Liebe funkel, liebe Anne ,

Da bin ich doch

Bei uns in der Familie geht ein Infekt herum, auch deshalb hatte ich in den letzten Tagen nicht viel Zeit für diesen thread, aber ich habe ab und an mitgelesen.

Kann sein Ihr seid gleich beide sauer auf mich, aber ich fühlte mich auch ganz ehrlich etwas „über“, und ich bin sehr verunsichert, ob ich überhaupt zu den letzten Tagen Stellung beziehen soll, weil da eine Sache zwischen Euch beiden läuft; also werde ich das bleiben lassen.

Bei mir vor´m Fenster ist der Frühling mit Macht ausgebrochen, das Grün sprießt, die Spatzen zwitschern, und ich sitze hier drinnen und freue mich nicht ganz so, wie man es doch erwarten können sollte.
Seltsamerweise bin ich beim Anblick von strahlend schönem Wetter irgendwie gedrückterer Stimmung als bei trübem Himmel, obwohl ich trüben Himmel viel weniger mag...
Als Selbstversuch habe ich heute erstmals das Fenster aufgemacht, und siehe da, es fühlt sich nicht nur kälter, sondern auch „besser“ an. Ich bin zwar immer noch drinnen und die Frühlingsstimmung ist draußen, aber immerhin ist da jetzt eine Öffnung, durch die der Frühling herein und ich - zumindest mit mehr Sinnen als vorher – hinaus kann ( im ersten Stock sollte man natürlich lieber nicht hinausspazieren )

Liebe Frühlingsgrüße an Euch alle
von Dorle




Wir alle suchen nach Etwas, das uns schon längst gefunden hat
karfunkel
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Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von karfunkel »

SchwarzeSchnecke

Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von SchwarzeSchnecke »

Hallo Dorle,


Auch ich bin nicht sauer!

– Daß Du Dich über den Frühling nicht so freuen kannst, tut mir leid.

Mir tut überhaupt so vieles leid im Moment... Obwohl es mir inzwischen nicht mehr schlecht geht. (Ich hoffe, daß das jetzt wenigstens eine Weile so bleibt...)

Ich wünsche Dir aber, daß es nicht den ganzen Frühling über so bleibt und Du ihn auch noch genießen kannst.



Liebe funkel,


Ich hatte geschrieben:
"Ich meinte: jemand, der Dich vielleicht in Deinem DENKEN "anschubst" im Sinne von neue Ansichten vermitteln, Lösungen finden helfen, Perspektiven aufzeigen..."

"Tut mir leid Anne, aber worauf willst Du eigentlich hinaus?
Ich lass mich gerne anschubsen, im Denken, und ich hab auch viel nachgedacht. Aber ich verstehe immer weniger, was Du mir eigentlich "sagen" willst."

Ich will Dir nichts Bestimmtes "sagen"...

Ich hatte mir nur z.B. über Deine folgenden Äußerungen (aus Postings im ersten Thread) Gedanken gemacht:


"Tja und ob ich das durchhalte oder wie lange, das weiß ich auch nicht. So überhaupt."

"[...], dass ich momentan permanent zu tun hab, aber trotzdem nich weiß obs denn reichen wird (finanziell)- es zudem eigentlich überhaupt keine Spur von Spass macht und ich merke, dass ich mich bei all dem Gewusel ganzschön aus den Augen verliere."

"[...] Mich überfällt dauernd so ein gefühl von...tja, wenn ich das beschreiben könnte...jedenfalls würde ich dann am liebsten losheulen und mich verbuddeln. [...] Ich hab so ne Riesenangst vor der Gegenwart- nichmal vor der Zukunft...so weit komm ich garnich..."

"Ich begreif selbst nicht so ganz, was eigentlich los ist. Warum es gerade so abwärts geht. Als würde ich in einem (luft)leeren Raum andauernd versuchen, mich irgendwo festzuhalten, aber alle Gedanken, an denen ich Halt finden will lösen sich auf, sobald ich sie berühre, und dann reißt es mich wieder ein Stück weiter nach unten...oder so ähnlich...
Ich kann aber auch keine Lösung sehen.
Nur Durchhalten, irgendwie."


""Klingt" ziemlich passiv..."
Ist es vielleicht auch! Aber es soll Dinge geben, die man weder mit Gewalt erzwingen, noch mit Gewalt heilen kann. Die vielleicht "Heilmittel" brauchen wie Geduld, Vertrauen, Sicherheit...und so."

Ja, klar, verstehe ich schon.
Nur – ich selber habe halt die Erfahrung gemacht, daß mir nur wenige Dinge einfach so "in den Schoß fallen", d.h. "von alleine" kommen.


...Ich wollte Dich nicht ärgern oder so.
Ich wollte Dir bloß helfen – weil ich weiß, daß es Dir nicht gut geht (und das nicht erst seit ein paar Wochen). Offenbar bin ich unfähig dazu.

*****

LG an euch beide,
von ***** Anne
DorleB
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Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von DorleB »

Liebe Anne ,

Du hast geschrieben:
Daß Du Dich über den Frühling nicht so freuen kannst, tut mir leid.

Darüber habe ich noch mal nachgedacht. Bisher herausgekommen ist, dass ich mich irgendwie so verpflichtet fühle, mich bei besonders schönem Wetter auch besonders gut fühlen zu müssen. Manchmal ist das ja auch so, manchmal aber eben auch nicht. Und an „schönen“ Tagen laufen mein Gefühl und das Wetter ( Synonym für „die Umwelt“ ) dann so auseinander, und ich fühle mich noch schlechter als eh schon. Weil ich so im „Uneinklang“ bin, ein schiefer Ton in der großen Symphonie des Seins. Aber ich arbeite dran…

Ich wünsche Dir aber, daß es nicht den ganzen Frühling über so bleibt und Du ihn auch noch genießen kannst.

Danke, an guten Tagen, und davon gibt es zum Glück auch nicht zu wenige, kann ich das – vielleicht sogar besonders gut.

Du hast funkel geschrieben:
Ich schicke Dir demnächst ein Bild von meinem "PANZER" Klemmi, den ich seit Dienstag habe.
Mein Psychiater hatte beim letzten Besuch schon gewitzelt, ich sei ja dann eher keine Schnecke, sondern eine Schildkröte...

Woher kommt der Name „Klemmi“? Ich hätte vermutet, es wäre eher ein „Stützi“? So oder so hoffe ich, Du fühlst Dich mit ihm wohl, und er hilft Dir. *Daumen-drück*
Schildkröte wäre für mich ein netter Vergleich. Kennst Du Nessaja, die weise Schildkröte aus „Tabalugas Reise zur Vernunft“ von P.Maffay? Ein wunderschönes Stück!


Liebe funkel ,

Jupp, ich bin soweit wieder auf´m Damm.

Du hast geschrieben:
[…]Erklärungsversuch irgendwie auf halber Strecke kollabiert...nunja..

Findest Du? Mich hat er zu obigem geistigen Höhenflug verleitet.Danke für Deine Anregung .

Alles Liebe und Gruß an alle

Euer Dorle




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karfunkel
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Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von karfunkel »

SchwarzeSchnecke

Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von SchwarzeSchnecke »

Liebes Dorle,


"Weil ich so im „Uneinklang“ bin, ein schiefer Ton in der großen Symphonie des Seins."

Der Ausdruck ist gut. Gefällt mir.

*****


Liebe funkel,

*****

"Niemand hier soll sich meinetwegen sorgen! [...] Du magst nun erwidern, dass meine Zeilen teilweise ganz anders klingen, womit Du recht hast. [...]"

Ich kann Dich nur aufgrund von dem beurteilen, was Du schreibst...
Ich habe auch bewußt nicht nachgefragt: Denn ich ging/ gehe davon aus, daß das, was Du "ungefragt" schreibst, Deinen Zustand besser beschreibt als Deine Antworten (falls ich Fragen gestellt hätte). Weil Du die (nehme ich jetzt mal an) bewußt nicht besorgniserregend formuliert hättest.

"Und es ist lieb, dass Du überhaupt anderen helfen willst, wo es Dir ja selbst nun wirklich alles andere als gut ging die letzte Zeit."

Das Helfen-Wollen ist nicht ganz uneigennützig: Es geht mir nämlich besser, wenn ich das Gefühl habe, irgendwie nützlich zu sein.

"Du scheinst allerdings ein Bild von mir zu haben, vielleicht vermittle ich Dir das auch fälschlicherweise, das Dich dazu anregt, mich irgendwo rausholen zu wollen, [...], aus meiner Passivität."

"Aber manchmal täuscht man sich vielleicht auch einfach in seiner Einschätzung."

Siehe oben: Ich kann Dich eben nur aufgrund von dem beurteilen, was Du schreibst!

"Ich weiß, dass ich das schonmal geschrieben habe, aber ich würde mich freuen, wenn Du Dir Deine letzten Postings nochmal durchliest."

Habe ich schon mehrmals. Ich nehme an, was ich geschrieben habe, kommt (zumindest zum Teil) etwas besserwisserisch rüber. – Diplomatie gehört auch nicht gerade zu meinen Stärken.

...Während des Forumstreffens in Backnang hat mir eine Person gesagt, sie sei nun ziemlich überrascht: sie habe sich mich ganz anders vorgestellt. Ich käme im Forum immer so streng herüber – dabei sei ich eigentlich total nett! – Da mußte ich dann doch etwas schlucken. Ich weiß zwar, daß zwischen meiner Ausdrucksweise und meinen Gefühlen eine gewisse Diskrepanz besteht – aber daß die DERART groß ist, hätte ich nicht gedacht...

"Du hast mich zum Nachdenken angeregt, aber ich wünsch mir, dass dieser Thead sich langsam wieder erholt von unserem kurzen "Einschub". Was meinst Du? Kriegen wir das hin?"

Ja, OK.
Ich erlaube mir nur noch die Bemerkung, daß ich nicht unbedingt zum Plaudern hier bin. Es ist mir auch zuwider, immer nur zu schreiben: "Das tut mir leid" und "Mir geht es genauso". (In diesem Fall hätte ich mir den Nick "Echo" geben können...) Dieses Forum ist ja ein "Selbsthilfeforum" bzw. ein "Diskussionsforum". Und eine gewisse Neigung zum Diskutieren habe ich (zumindest wenn es mir halbwegs gut geht). Auch im realen Leben bin ich nicht immer "einfach".


"Du schreibst:
"Mir tut überhaupt so vieles leid im Moment..."
Magst Du drüber schreiben?"

Hm... Ich kann z.B. kaum noch Nachrichten im Fernseher anschauen, weil mir dabei jedesmal so deutlich bewußt wird, wie in unserer Gesellschaft die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer wird, wie vielen Menschen auf der ganzen Welt es schlecht geht, wie die Umwelt zerstört wird usw. ;-( ... Während ich mitten in meiner depressiven Episode steckte, waren mir so viele Dinge sowas von gleichgültig; ich hatte überhaupt nur noch wenigen Personen gegenüber irgendwelche Gefühle. Nun habe ich meine "normalen" Gefühle wieder und bin damit auch empfindlicher und verletzlicher. Ich muß erst wieder lernen, damit umzugehen.


LG, Anne
karfunkel
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Re: Seelenpanzer (von Karfunkel) II

Beitrag von karfunkel »

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