Verletzte Gefühle überwinden

BeAk

Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von BeAk »

Lieber Thomas

ja, Maria hat es richtig auf den Punkt gebracht.

Und ich meine das negative Gefühle sehr wohl für was gut sind, sie zeigen mir deutlich an das etwas nicht stimmt.
Guitaranderl

Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Guitaranderl »

Hi Thomas,

war schon megabeleidigt und wollte mir einen Parallelnick "Andrea" zulegen. dann hättest Du mich betüddelt... hahaaha.

>Die andere Möglichkeit ist, selbst für die Entwicklung zu sorgen, das ist der aktive Weg.
Warum wird jemand aktiv? Könntest das evtl. mit Leidensdruck und/oder Schmerz zusammenhängen? Nehmen wir Dich. Warum stehst Du da, wo Du stehst; warum bist Du so gereift? Warum bist Du all die schweren Wege gegangen?

Liebe Clown in der dünnen Höhenluft: Ich bleibe dabei: alles hat/braucht einen Gegenpol, der das eigentliche sichtbar und auch fühlbar macht. Wie banal ist es, Wasser zu trinken. Und wie göttlich ist es, wenn ich stundenlang quälenden Durst hatte.
Der Berg braucht sein Tal und das Tal seinen Berg. Genauso erlebe ich es mit Gefühlen.

Schlaft gut da draußen...
Aus der Hamburger Nacht grüßt
Andreas
Majuha10
Beiträge: 464
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Majuha10 »

Warum wird jemand aktiv? Könntest das evtl. mit Leidensdruck und/oder Schmerz zusammenhängen? Nehmen wir Dich. Warum stehst Du da, wo Du stehst; warum bist Du so gereift? Warum bist Du all die schweren Wege gegangen?

Lieber Andreas,

die Frage hast du nicht mir gestellt, darf ich sie für mich beantworten?

Weil ich meine Lebenseinstellung verändert habe.

Nicht aus Erkenntnis oder Eingabe, nein reine Notwendigkeit durch die Übernahme von Verantwortung für mein Kind. Ich hatte schlicht und ergreifend einfach keine Zeit mich immer wieder aufs Neue mit meinen Vorwürfen gegen meine Eltern zu befassen.

Dabei habe ich eher durch Zufall die Erfahrung gemacht, dass wenn ich eine beobachtende Position zu mir einnehme – das so wohl als auch zulasse - Erleichterung spürte.

Es hat mich nicht davor bewahrt alles in Zweifel zu ziehen und aufzugeben.

Es ist mühselig immer und immer wieder achtsam sich selbst gegenüber zu sein.
Die gemachte Erfahrung aber war so prägend, dass ich immer wieder ich selbst sein wollte.


Grüße in die City Nord
Maruschka
DorleB
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Registriert: 12. Jan 2007, 23:05

Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von DorleB »

Euch allen einen schönen Freitag Morgen ,

Hi Andreas,

Du hast Clown geschrieben:
Ich bleibe dabei: alles hat/braucht einen Gegenpol, der das eigentliche sichtbar und auch fühlbar macht. Wie banal ist es, Wasser zu trinken. Und wie göttlich ist es, wenn ich stundenlang quälenden Durst hatte.
Der Berg braucht sein Tal und das Tal seinen Berg. Genauso erlebe ich es mit Gefühlen.

Darf auch ich etwas dazu sagen?
Ich kann Dir das sehr gut nachfühlen, denn mir geht es genauso. Egal bei was, die zeitweilige Abwesenheit von Etwas macht mir erst den Wert dieser „Sache“ bewusst, und die Wahrnehmung, wenn man es dann wiedererlangt hat, ist unvergleichlich.

Vielleicht meint „Achtsamkeit“ aber, stets diese Wertigkeit empfinden zu können? Bei jedem Schluck Wasser, nicht nur bei quälendem Durst?

Von diesem Zustand bin ich noch ewig weit entfernt. Meist gehe ich einen Weg in beide Richtungen, bis ich zumindest seine Enden sehe, bevor ich mich in der Mitte zur Ruhe lassen kann, und ich bin bereit, für die Höhenflüge den Sturz in die Tiefe in Kauf zu nehmen.

Gegen den „Reiz“ der Extreme scheint die Mitte auch für mich in manchen Dingen „banal“, aber der Zeitpunkt wird kommen, wo ich den wahren Sinn der Redewendung „sich mit etwas zu-Frieden geben“ durchschauen werde. Bis dahin haben die zwei Pole unbedingt ihren Sinn.

Wie soll man die Mitte finden, wenn man die Enden nicht kennt?

Allen Wanderern auf ihren Wegen einen lieben Gruß
Vom Dorle




Wir alle suchen nach Etwas, das uns schon längst gefunden hat
Guitaranderl

Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Guitaranderl »

>Nicht aus Erkenntnis oder Eingabe, nein reine Notwendigkeit durch die Übernahme von Verantwortung für mein Kind.

Hi Maruschka, hallo Ihr,

ich verstehe, was Du meinst. Unsere Kinder sind eines der Hauptmotive, immer weiterzumachen und genau das kann uns sehr viel Kraft vermitteln. (Leider auch das Gegenteilige, wenn die Verantwortung tierisch drückt). Aber was tut nun der Mensch, der diese Einsicht nicht haben kann, weil er z.B. keine Kinder hat. Was löst in diesem Mensch schließlich einen Handlungsimpuls aus. Was lässt ihn/sie eine innere Entscheidung treffen, die da sagt: SO nicht mehr!
Ich meine, das sind u.a. die schlechten Gefühle, die uns ins Handeln bringen, wenn jegliche Selbstdisziplin versagt. Und das scheint mir auch noch wichtig: Wir verfügen doch alle über ein höchst unterschiedliches Maß an Selbstdisziplin. Auch hier können schlechte Gefühle hilfreich sein. Stellt Euch vor, wir hätten keine Angst mehr? Oder wir würden nicht wütend werden, wenn es angezeigt ist und wenn wir genau die Energie brauchen, die uns die Wut vermittelt.
Falls es unklar ist: Es geht mir immer noch über den Sinn und Zweck schlechter Gefühle.

City Nord stimmt. Hast Du Dir das gemerkt oder sitzt Du hier womöglich in der Nähe... umdreh...

Herzliche Grüße auch an Dich
Andreas
Guitaranderl

Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Guitaranderl »

>Von diesem Zustand bin ich noch ewig weit entfernt

Ich auch, Dorle. Was Du geschrieben hast, finde ich sehr schön. Weißt Du, ich bin ein recht extremer Mensch mit großen Höhen und tiefen Tiefen. Manchmal wünsche ich mir wesentlich mehr Mitte und vor allem eine viel bessere Impulssteuerung. Andererseits sage ich mir auch, ich "bin" nunmal ein Phasenmensch und keine meiner hunderten von Therapiestunden konnte dagegen etwas machen, bzw. etwas dahinter liegendes, bislang Unentdecktes hervorholen.

Was ich aber schon erreichen konnte, war ein gewisses Maß an Selbstverständnis und eine Achtsamkeit gegenüber meinem Sein.
Oder ist das gar nicht mein Sein?? Keine Ahnung. Ich hoffe wirklich, dass meine Lebenszeit ausreicht, dass auch nur annähernd herauszufinden...

Herzlich
Andreas
tomroerich
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von tomroerich »

Liebe Bea und alle anderen,

Und ich meine das negative Gefühle sehr wohl für was gut sind, sie zeigen mir deutlich an das etwas nicht stimmt.

Deine These scheint zunächst ganz einfach und bestechend logisch zu sein. In der ganzen Diskussion zeigte sich immer wieder, dass es nicht so einfach zu sein scheint, generell zu sagen, negative Gefühle seien überflüssig. Der Verstand findet Gründe, warum sie wohl doch ihren Sinn haben.

Ich will jetzt mal vom Beispiel mit dem schlechten Wetter absehen. Da könnte man ja sagen, schlechtes Wetter ist schlecht und deswegen fühle ich mich auch so. Ich denke zwar, das ist so nicht wirklich vernünftig, aber ich will einen anderen Bereich der neg. Gefühle darstellen.

Wie ist es, wenn ich immer wieder in Situationen gerate, in denen ich mich von anderen verletzt fühle und zwar so, dass ich mit der Zeit darüber krank werde? Ich glaube, diese Frage interessiert hier am allermeisten, während die Wetterfrage aussehen kann wie eine philosophische Frage. Wie ist es also mit den verletzten Gefühlen? Zeigen sie wirklich an, dass etwas nicht stimmt und was wäre das? Die einfachste Antwort darauf könnte sein: ja, tatsächlich, da will mich einer verletzen und das Gefühl ist daher berechtigt. Ich will das "naiven Realismus" nennen, weil eine solche Weltsicht davon ausgeht, dass die Welt eben genau so ist, wie ich sie erlebe. Nun sind verletzte Gefühle aber sehr unangenehm, ja sie machen sogar krank und können das Leben eines Menschen zum Kippen bringen. Die Frage, warum werde immer ich verletzt, was stimmt denn nicht mit mir, müsste unausweichlich damit beantwortet werden, dass ich es eben wert bin, verletzt zu werden.

Nun geht man in seiner Not zum Therapeuten (richtig, Anderl - negative Gefühle stoßen Entwicklungen an ) und lernt dort einen neuen Gedanken kennen. Er besagt, dass verletzte Gefühle die Folge einer erlernten Sichtweise sind. Weil man in entscheidenden Entwicklungsphasen seines Lebens erfahren hat, dass die Welt voller Konflikte ist, die im Widerspruch zum eigenen Selbst stehen, bleibt einem nichts anders übrig als dies als Lektion zu nehmen - als Grundlage für das spätere Leben.

Ich glaube, dass diese Sichtweise nicht die ganze Wahrheit ist, aber sie ist der Wahrheit sehr viel näher, als der naive Realismus. Aber sie hat, ebenfalls wieder unausweichlich, eine schwierige Konsequenz. Sie zwingt uns dazu, zu akzeptieren, dass wir in einer subjektiven Welt leben, deren Inhalte von alten Erfahrungen vorgegeben sind. Das ist deshalb schwierig, weil wir nun keine Anhaltspunkte mehr dafür haben, wie die Welt wirklich ist. Wie sollen wir auf dieser Grundlage noch entscheiden, dass etwas nicht stimmt, wie du es sagst? Hören wir auf das Gefühl selbst (dann bin naiver Realist), dann muss ich in einer Welt leben, die evtl. voller Verletzungen ist. Ist das Gefühl aber eine Täuschung, und alles weist darauf hin, wie kann ich dann noch wissen, wann etwas stimmt und wann nicht? Was passiert dann, wenn ich meine verletzten Gefühle versuche zu überwinden - aus reinem Selbsterhaltungstrieb? Werden dann die vortäuschenden Gefühle durch echte ersetzt oder bin ich dann alle Gefühle los?

Ich glaube, das ist der Grundkonflikt mit dem Loslassen negativer Gefühle. Mancher sagt sich, lieber verbogene Gefühle, als gar keine.

Andrea sagte weiter oben mal:

... und wenn die Gefahren nicht real sind, dann ist alles nur Täuschung???

Ich glaube, diese drei Fragezeichen deuten das Unwohlsein an, das man wohl haben muss, wenn es tatsächlich so wäre. Vielleicht auch Ungläubigkeit. Seit man denken kann, sind sie da, diese neg. Gefühle. Und jetzt soll ich akzeptieren, dass sie eine Täuschung sind ??? ICH bin eine Täuschung???

Wenn ich sie aufgebe, die verletzten Gefühle, dann werde ich ausgelöscht.
Diese Angst gibt den negativen Gefühlen ihre Macht, das ist meine Überzeugung. Kein Mensch kommt mit der Erfahrung auf die Welt, dass hinter dem Chaos seiner Gefühle und Gedanken eine eigene Wahrheit steht, die man Selbst nennt. Dass man aufgefangen wird, wenn man wagt, das Alte abzustoßen. D.h., so ist es nicht ganz richtig. Wir hatten diese Erfahrung, als wir sehr klein waren. Da waren wir in unserem Selbst und die Welt war eine ganz neutrale Erfahrung. Alle Dinge waren genau so, wie sie sein sollten. Aber der erste Hunger, der nicht gestillt wurde, brachte sie schon ins Wanken. Das Selbst ist dem Ansturm der Welt nicht gewachsen, es zieht sich zurück und es gerät in Vergessenheit. Übrig bleibt, was die Welt daraus gemacht hat. Aber die Tatsache, dass wir leiden, sie beweist, dass es nicht ganz tot ist. Leiden heißt, nicht einverstanden zu sein, ist Revolution wenn es angenommen wird als Wegweiser zu sich selbst. Auch wenn das vielleicht ein großer Schlenker ist - die zentrale Rolle des Leidenswegs im Christentum, um zur Befreiung zu kommen, hat viel hiermit zu tun. Aber es kann hier ein furchtbares Missverständnis geben, dem das Christentum auch prompt verfiel: Das Leiden in einer Art von Selbstzweck verwenden zu wollen und es hochzuhalten. Man muss darüber hinausgehen, es ist nur ein Wegweiser. Die neg. Gefühle sind als Wegweiser unglaublich wertvoll! Aber wie jeder Wegweiser sind sie Mittel zu einem Zweck und nicht selbst irgend etwas wert. Man kann einem Wegweiser noch so dankbar sein - wenn er hinter einem liegt, ist er nur ein Stück Holz mit ein paar Buchstaben drauf.

Schönen Tag wünscht

Thomas
Betroffene für Betroffene

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Guitaranderl

Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Guitaranderl »

> Wenn ich sie aufgebe, die verletzten Gefühle, dann werde ich ausgelöscht.

Meinst Du wirklich, dass das eine Wahl ist, die wir haben, Thomas? Meine Frage ist absolut ernst gemeint, denn ich fühle mich oft höchst ohnmächtig diesem "Aufgeben" gegenüber. Ich persönlich meine, dass das "Aufgeben" eine natürlich Folge einer vorausgegangenen Entwicklung ist, so wie die Schlange sich häutet, wenn darunter die neue Haut nachgewachsen ist.


>Und ich meine das negative Gefühle sehr wohl für was gut sind, sie zeigen mir deutlich an das etwas nicht stimmt.
>Leiden heißt, nicht einverstanden zu sein, ist Revolution wenn es angenommen wird als Wegweiser zu sich selbst.

Ich glaube, Thomas und Bea, dass diese beiden Aussagen genau die Bedeutung der negativen Gefühle unterstreichen.

Zum Thema Mitte und Ausgewogenheit würde ich noch meinen, dass wir diesen Zustand vielleicht daran erkennen können, wenn die alten Dämonen nicht mehr besitzergreifend funktionieren, bzw. wir in der Lage sind, uns ihnen gegenüber ignoranter zu zeigen.
BeAk

Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von BeAk »

Jep, dem ist kann ich nur zustimmen.
Liber
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Registriert: 4. Jun 2006, 18:09

Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Liber »

Hallo Ihr alle hier,

Thomas schreibt:

>Sie zwingt uns dazu, zu akzeptieren, dass wir in einer subjektiven Welt leben, deren Inhalte von alten Erfahrungen vorgegeben sind. Das ist deshalb schwierig, weil wir nun keine Anhaltspunkte mehr dafür haben, wie die Welt wirklich ist. Wie sollen wir auf dieser Grundlage noch entscheiden, dass etwas nicht stimmt, wie du es sagst? Hören wir auf das Gefühl selbst (dann bin naiver Realist), dann muss ich in einer Welt leben, die evtl. voller Verletzungen ist. Ist das Gefühl aber eine Täuschung, und alles weist darauf hin, wie kann ich dann noch wissen, wann etwas stimmt und wann nicht? Was passiert dann, wenn ich meine verletzten Gefühle versuche zu überwinden - aus reinem Selbsterhaltungstrieb? Werden dann die vortäuschenden Gefühle durch echte ersetzt oder bin ich dann alle Gefühle los?<

Genau diesen Konflikt im Innern kenne ich sehr gut! Nachdem ich erkannt hatte, dass ich Verletzungen gegenüber eine andere Sichtweise einnehmen kann/darf/muss, um mich nicht weiter "verletzen" zu lassen, bin ich in eine Phase geraten, in der ich an meinen "Gefühlen" massiv begonnen hatte zu zweifeln.

Was "stimmt" denn nun und was "stimmt" nicht?

HABE ich Grund, traurig, wütend, enttäuscht zu sein, oder habe ich ihn nicht ? Kommen meine verletzten Gefühle aus meiner - früheren und damit geprägten - Sichtweise oder ist da WIRKLICH etwas, was mich verletzt?

Und wie kann ich das unterscheiden? Gibt es "echte" verletzte Gefühle überhaupt?

Ich gerate hier immer wieder ins Schwimmen!

In meiner Therapie habe ich gelernt (versucht zu lernen), meinen wieder oder überhaupt erst mal gefundenen Gefühlen zu trauen, sie nicht mehr vor mir selbst zu verleugnen.

Und jetzt finde ich mich immer wieder an dem Punkt wie oben beschrieben.

Die Überwindung dieser Gefühle ist das noch lange nicht.

Mal ein Beispiel: ich schicke eine dringende Anfrage an meinen Chef. Er beantwortet sie innerhalb eine angemessenen Zeit nicht. Das ist die Tatsache.

Mein Gefühl könnte mir nun sagen: er macht es nicht, weil ich es nicht "wert" bin, beachtet zu werden, ich fühle mich klein, hilflos, verletzt.
Dies ist die Bestätigung meiner kindlichen Gefühle, die Gefühlsreaktion aus meiner Kindheit (Vater!).

Wenn es mir gelingt, diese Reaktion als solche zu erkennen, schwindet das Gefühl der Hilflosigkeit und ich sehe die Situation aus der Sicht der Erwachsenen. Und jetzt bin ich ärgerlich. "Die Anfrage ist dringend und der Chef beantwortet sie einfach nicht. Er ist ein Chaot! Er ist unfähig!" Ich schreibe ihm ein erbostes drängendes Mail. Ich erreiche damit, dass er ebenfalls ärgerlich reagiert. Die Sache an sich rückt in den Hintergrund.

Das mag zwar schon besser sein als die Reaktion des hilflosen Kindes, aber das Wahre ist es auch nicht.

Denn ich bin ja immer noch vollständig in die Gefühle verhaftet, die die Nicht-Reaktion des Chefs in mir auslöst.

Welche Möglichkeiten habe ich also noch ?

Wie sieht die Reaktion aus dem Selbst heraus aus? Das interessiert mich sehr!

Denn die Tatsache, dass der Chef nicht reagiert hat, besteht ja.

Sage ich nun, "na gut, er reagiert nicht, also hat er die Veranwortung, dass eben jetzt nichts geschieht." Damit sehe ich die Situation zwar gelassen, mache es mir aber auch relativ leicht, schiebe die Verantwortung ab.

Oder ich treffe eine eigene Entscheidung, übernehme selbst die Verantwortung - ich nehme die Tatsache, dass der Chef sich nicht gemeldet hat, einfach als Tatsache hin und ziehe die Konsequenz daraus. Ich entscheide selbst.


Wie meint Ihr ??

Viele Grüße

Brittka
Guitaranderl

Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Guitaranderl »

Hallo Brittka,

in dem von Dir geschilderten Fall würde ich - ganz real - zur Mitte tendieren und dem Chef eine freundliche Erinnerung schreiben. Das erscheint mir angemessener als die beiden geschlderten Impulsivreaktionen "verärgertes Kleinkind" und "erboste Mail". Damit nimmst Du Deine Verantwortung wahr und der Chef behält seine.
chrigu
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von chrigu »

Liebe Brittka,

ich möchte Dein Beispiel mit dem Chef und der unbeantworteten Email gerne aufnehmen, denn daran lässt sich ein weiteres Dilemma zeigen, in dem ich mich immer wieder befinde.

Das Nicht-Beantworten des Chefs löst Gefühle in mir aus, die ich erkennen und vielleicht sogar analysieren kann in dem Sinne, wie Du es getan hast. Aber letztlich bleibt bei mir ein Gefühl (oder Empfinden) des Ärgers zurück, denn vielleicht war ich ja auf die Antwort dringend angewiesen.

Die Möglichkeit, gar nicht zu reagieren, sehe ich für mich dann aber nicht, selbst, wenn ich versuche, es gelassen zu sehen. Nicht, weil ich damit die Verantwortung abgebe, so wie Du es beschrieben hast. Das finde ich in diesem Zusammenhang gar nicht so wichtig.

Sondern: Wenn ich nun nicht anworte und meinem Ärger/meiner Enttäuschung oder eben dem Gefühl, das entstanden ist, keine Luft verschaffe, dann habe ich Angst, dass ich mich selbst zurücknehme, meinem in irgendeiner Form verletzten Ich keinen Raum zugestehe, sondern das alles runterschlucke. Damit mache ich mich dann selbst klein, oder?

Denn selbst wenn ich nicht wirklich verletzt bin, so war der Chef mir gegenüber nicht höflich, was ich unter Umständen als Respektlosigkeit auslegen könnte.

Was tue ich also?

Und im Grunde geht das Dilemma noch weiter: Wenn ich durch die Nichtreaktion des Chefs nun verletzt bin, dann kann ich dieses Gefühl erkennen, zulassen, annehmen und dann loslassen - aber wie reagiere ich konkret?
Wie reagiere ich vor dem Hintergrund, dass ich dann zwar mit mir selbst im Reinen bin, für den Chef aber vielleicht zu einer Person werde, die er nicht respektieren muss, weil ich mir aus seiner Perspektive keinen Raum verschaffe, wenn ich ihn etwa nur höflich daran erinnere?

Fragt sich
Chrigu, die hofft, einigermaßen verständlich ausgedrückt zu haben, worauf sie hinauswill...

Edit: Lieber Andreas, vielleicht ist die einfachste Lösung tatsächlich auch die Beste und ich habe es komplizierter gemacht als es ist
Majuha10
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Majuha10 »

Wie reagiere ich vor dem Hintergrund, dass ich dann zwar mit mir selbst im Reinen bin, für den Chef aber vielleicht zu einer Person werde, die er nicht respektieren muss, weil ich mir aus seiner Perspektive keinen Raum verschaffe, wenn ich ihn etwa nur höflich daran erinnere?

Hallo Chrigu,

wärst du mit dir im Reinen, dann würdest du dir darüber keinen Kopf machen.

Ich meine, dass Andreas in der Situation angemessen reagierte.

LG Maruschka
Liber
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Liber »

Hallo!

danke für Eure Meinungen!

Deine Lösung wäre die beste Lösung, Andreas, aber ich habe nun leider einen Chef, der auch auf eine weitere höfliche Bitte nur selten reagiert. Ich kann die Hintergründe jetzt nicht so gut erklären, habe aber festgestellt, dass ich mir ausgerechnet einen Chef "herausgesucht" habe, der in seinen Mustern denen meines Vaters entspricht. Er will einerseits gefragt sein, lässt einen aber andererseits am ausgestreckten Arm "verhungern". Und ich verfange mich immer wieder in diesen Mustern!

Liebe Chrigu, ich kann gut nachvollziehen, was du geschrieben hast. Mir ist es auf irgendeiner Ebene auch wichtig, wahr- und ernstgenommen zu werden.

Ist das aber nun ein Relikt aus der Kindheit, oder ist das "echt" und legitim??

Verletzt/ärgert mich dieses Nicht-Wahrgenommenwerden nur deshalb, weil es die Verletzung meiner Kindheit ist, oder weil es eine angemessene Reaktion auf das Verhalten des Chefs ist?



Grüße

Brittka
tomroerich
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von tomroerich »

Brittka schrieb:

Das mag zwar schon besser sein als die Reaktion des hilflosen Kindes, aber das Wahre ist es auch nicht.

Denn ich bin ja immer noch vollständig in die Gefühle verhaftet, die die Nicht-Reaktion des Chefs in mir auslöst.

Welche Möglichkeiten habe ich also noch ?

Wie sieht die Reaktion aus dem Selbst heraus aus? Das interessiert mich sehr!

Chrigu schrieb:

Sondern: Wenn ich nun nicht anworte und meinem Ärger/meiner Enttäuschung oder eben dem Gefühl, das entstanden ist, keine Luft verschaffe, dann habe ich Angst, dass ich mich selbst zurücknehme, meinem in irgendeiner Form verletzten Ich keinen Raum zugestehe, sondern das alles runterschlucke. Damit mache ich mich dann selbst klein, oder?


Liebe Brittka, liebe Chrigu,

selbst so relativ "einfache" Probleme sind also in der Lage, Unruhe ins Leben zu bringen. Und das ist genau der Punkt, der mich sagen lässt, was soll das? Wozu ist das gut? Zu nichts ist es gut. Danke für dieses Beispiel, denn es zeigt die ganze Problematik sehr gut. Denn eigentlich geht es darum, eine Aufgabe zu lösen - eine sehr sachliche Aufgabe. Hilft der Ärger dabei, oder hilft Verletztzheit dabei? Nein, sie hindern uns daran, die Aufgabe zu lösen. Sie stressen uns und bewirken außerdem negative Reaktionen anderer, die das Ganze noch schwieriger machen. Und ihr habt beide auch ausgedrückt, welcher Natur diese Gefühle sind: Sie überkommen einen einfach, man rastet in den Zustand ein und wird selbst zum Ärger, drückt sich dem Chef gegenüber ärgerlich aus und schon wirds noch blöder. Bitte auch zu sehen, dass dies der Mechanismus ist, mit dem alle negativen Gefühle sofort in anderen Gegenreaktionen hervorrufen - die ganze Welt ist von diesem Mechanismus belastet!

Man rechtfertigt diese Gefühle, indem man z.B. sagt: Der Chef ist unzuverlässig und deshalb darf ich auch ärgerlich sein. Man lässt sich also von dem, was andere tun, innerlich so berühren, dass neg. Gefühle entstehen. Bea würde vielleicht sagen: Der Ärger zeigt mir, dass etwas nicht stimmt mit dem Chef. Aber dazu brauche ich doch den Ärger nicht! Der Ärger ist einfach eine Reaktion auf diese Erkenntnis und nicht die Erkenntnis selbst.

Du fragst, was jemand tun würde, der in seinem Selbst ist, Brittka. Er ließe sich nicht berühren. Er kann nicht in Frage gestellt werden, weil er weiß, wer er ist. Er bleibt ganz ruhig und damit bleibt er im Besitz aller seiner Fähigkeiten. Er kann denken wie immer, fühlen wie immer - er sieht und fühlt nur ein Problem, aber deswegen wird seine Seele nicht problematisiert. Er fühlt auch, dass der Chef schwierig ist, aber was geht es ihn an? Der Chef ist der Chef und er ist er. Ich bin, der ich bin. Das bedeutet, im Selbst zu sein. Bitte eines nicht falsch verstehen, weil es immer falsch verstanden wird: Wenn ich sage, er kann nicht in Frage gestellt werden, dann muss das wörtlich genommen werden. Alles, was er tut, kann in Frage gestellt werden, denn es geht niemals um einen perfekten Menschen hierbei. Es kann nichts Perfektes geben, weil die Welt so nicht ist. Aber das Selbst ist einfach, was es ist. Kannst du eine Blume in Frage stellen oder einen Vogel?

Also was wird der in seinem Selbst ruhende Mensch tun in diesem Fall? Hat er nun ein Allwissen, das ihn immer richtig handeln lässt? Nein, hat er nicht. Aber es berührt nicht sein Selbst, falsch zu handeln. Warum sollte es das auch? Das Selbst ist wie gesagt, was es ist, es kann nichts Falsches daran sein, aber es kann falsch, in Bezug auf die Welt, handeln. Aber weil es nicht ärgerlich ist sondern ruhig wie ein See bei Windstille, hat es Verbindung zu der ganzen Tiefe seiner Möglichkeiten. Ganz intuitiv fühlt es, wie der Chef eigentlich ist, es sieht auch seine Aufgabe und dann weiß es einfach, was zu tun ist. Es findet Worte für das Problem, die vielleicht freundlich sind, aber auch ärgerlich klingen dürfen. Vielleicht ist der Chef ja so einer, dem man so kommen muss? Man kann es wissen, wenn man im Selbst ist, aber nicht, wenn man ärgerlich ist. Es kann richtig sein, ärgerlich zu handeln, aber es ist immer falsch, ärgerlich zu sein.

Keine Garantie, dass das Problem so gelöst wird! Aber es ist das, was man tun kann und es ist das Beste, was das Selbst tun kann. Misslingt es, lächelt es. Es lag ja nicht an ihm

Was fasziniert uns nur an souveränen Menschen? Dass sie bei sich sind, das ist es. Vergleicht mal einen Nelson Mandela mit einem George Bush oder einem Tony Blair.

Viele Grüße,

Thomas
Betroffene für Betroffene

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Guitaranderl

Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Guitaranderl »

>Verletzt/ärgert mich dieses Nicht-Wahrgenommenwerden nur deshalb, weil es die Verletzung meiner Kindheit ist, oder weil es eine angemessene Reaktion auf das Verhalten des Chefs ist?

Nicht entweder oder, sondern sowohl als auch, würde ich sagen. Soweit ich weiß, geht die Psychologie davon aus, dass der überwiegende Teil einer Reaktion nicht auf dem realen, gegenwärtigen Geschehen basiert, sondern sich auf zurückliegende Ereignisse bezieht.
Es kommt erschwerend hinzu, und das wird hier jede(r) kennen, dass diese Reaktionen keine stabile Größe sind, sondern schwanken. Wir reagieren nie ganz gleich, denke ich, sondern immer danach, wie sehr wir mit uns im Reinen sind. Da hat Maruschka etwas sehr Wahres gesagt.

Entscheidend ist doch aber hier das Wissen um die eigene Impulsivität, Zerbrechlichkeit oder Durchlässigkeit. Das gibt uns doch die Möglichkeit, uns einen Moment aus dem Geschehen herauszunehmen, hinzusehen und dann viel besonnerer zu handeln. Das erscheint mir persönlich viel realistischer als mich auf das "wahre Selbst" zu konzentrieren; führt aber in die gleiche Richtung.

Wenn Dein Chef wirklich so ein Ignorant ist, würde ich ihn nerven; permanent und mit ´ner gehörigen Dosis Humor. (Mail-Titel: Und täglich mahnt das Brittka-Tier o.ä.)
Aber was rede ich, ich kann mit Ignoranz selbst ganz schlecht umgehen....

Einen schönen Tag und gute Gefühle!
Andreas
tomroerich
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von tomroerich »

wie sehr wir mit uns im Reinen sind

ist ein anderer Begriff für "im Selbst sein"
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Guitaranderl

Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Guitaranderl »

>Er bleibt ganz ruhig und damit bleibt er im Besitz aller seiner Fähigkeiten. Er kann denken wie immer, fühlen wie immer - er sieht und fühlt nur ein Problem, aber deswegen wird seine Seele nicht problematisiert

seuuuuuufz... oh, wär das schön! Wie ein Silberrücken im Urwald thronen und zu denken: Ah, Du "bist"! Das ist schön. Ich bin auch.

Aber zurück zu (meiner) Realität:
Thomas, Du weißt, wie sehr ich Deine Gedanken und Erfahrungen schätze, aber Du scheinst mir hier ein - wenn auch wunderschön klingendes- Ideal zu beschreiben, was im wirklichen Leben, einem Leben, was doch in erster Linie von Kompromissen und Wechselwirkungen geprägt ist, wenig existent ist. Wo sind diese Menschen, die voller Gleichmut in sich ruhend, wissend lächeln. Also ich kenne da nur den Dalai Lama. Aber wäre der Dalai Lama in Europs zum Dalai Lama geworden?
Ist das realistisch und hilfreich?
Sag mal was.
Herzlich
Andreas
imagine
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von imagine »

Lieber Andreas, darf ich auch?
Ich habe keine Ahnung, was Thomas kann, aber ich denke, wir sind nicht immer gleich, nicht immer auf demselben Level und last but not least begegnen wir immer wieder Menschen, die uns unsere Schwächen vor Augen führen.

Kann sein, es ist der Chef, der an Brittkas Vater erinnerte, kann, wie in meinem Fall, eine Freundin sein, die an die eigene Mutter erinnert.
Das bringt uns gehörig ins Wanken, in meinem Fall, verletzte es mich in Angst und ich reagierte entsprechend abhängig.(wie früher, eben)
Gut, damals war ich noch lange nicht so weit, heute würde mir das nicht mehr passieren.

Ich will euch mal ein Beispiel erzählen, dass erst in jüngster Zeit passiert ist
Ich wollte
(unbedingt!) ein seelisch sehr tangierendes Ehrenamt übernehmen.
Schon lange habe ich mich darum beworben, diese Ausdildung machen zu können.
Ich bekam also den Fragebogen und habe ihn ganz ehrlich ausgefüllt(wohl wissend, dass Ausflüchte/andere Formulierungen "besser" gewesen wären)
Dann kam die Auswahltagung, auch hier war ich Ich, oder wie Thomas es ausdrückt Mein Selbst.
Ich wurde nicht genommen, aber und nun kommt das eigentlich Interessante:
Es gab mehrere "Begutachter" und ich landete durch "Zufall" beim Chef.
Er hat mich gefragt und ich habe EHRLICH geantwortet und er hat mir genauso EHRLICH gesagt, warum er denkt, ich solle diese Ausbildung erst nächstes Jahr machen.
Es war wunderschön, obwohl ich natürlich auch enttäuscht war.
Da hat mich jemand so wahrgenommen, wie ich bin, einfach nur deshalb, weil ich es ermöglicht habe.
Ein relativ neues, aber wunderbares Gefühl für mich..

Klar, hätte ich vermutlich anders gehandelt, wäre es um einen Job gegangen, mit dem ich Geld verdienen muss, aber die Mechanismen wären mir klar gewesen und das hätte sicher auch gut getan

Eure imagine
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Clown
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Clown »

Hallo Dorle und alle,

«Vielleicht meint „Achtsamkeit“ aber, stets diese Wertigkeit empfinden zu können? Bei jedem Schluck Wasser, nicht nur bei quälendem Durst?»

Ja, Dorle, ich denke auch in diese Richtung, wobei ich glaube, dass die Erlebnisweise mit Achtsamkeit einfach jenseits jeglicher Bewertung liegt. Deswegen geht eben das Beispiel von Andreas am eigentlichen Punkt vorbei.

Auch dein 'Dich-zufrieden-geben' enthält eine Bewertung, die nach meinem Empfinden einfach nicht mehr vorhanden ist, wenn ich in meinem Selbst bin.

Liebe Grüße,
Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Clown »

Lieber Andreas, du Anwalt der schlechten Gefühle

was hat bei mir wichtige Handlungsimpulse ausgelöst? Auf den ersten Blick schon oft der Leidensdruck, also schlechte Gefühle.

Aber, was steckt hinter meinem Leidensdruck? Eine Art Sehnsucht nach... 'Heilsein', 'Ganzheit' . Und nur, wenn ich diesen positiven Zustand wenigstens ansatzweise 'verschmeckt' habe, bin ich den eingeschlagenen Weg dann weitergegangen.

Will sagen, die dauerhafte Energie zur Weiterentwicklung kommt (so erlebe ich es bei mir zumindest) nicht aus dem Vermeiden von schlechten Gefühlen, sondern weil ich sozusagen einen Zipfel von etwas sehr Gutem (meinem Selbst ) schon erlebt habe - ich glaube, das meint Thomas mit 'initiiert sein', oder, Thomas?

Grüßlein von gar nicht dünner Luft, heute ist es sogar hier oben stickig, schrecklich, die Luft in Süddeutschland.

Clown

PS, da ich jetzt endlich alles durchgelesen habe:

«...uns einen Moment aus dem Geschehen herauszunehmen, hinzusehen und dann viel besonnerer zu handeln. Das erscheint mir persönlich viel realistischer als mich auf das "wahre Selbst" zu konzentrieren; führt aber in die gleiche Richtung.»

Ja! - und läuft m.E. genau auf das 'Sich-Beobachten' hinaus, von dem hier schon die Rede war.
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Eckhart Tolle
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Clown »

Hallo imagine,

das kann ich dir gut nachfühlen, dieses beglückende Gefühl, bei sich geblieben zu sein und SO auch noch von anderen wahrgenommen zu werden! Feine Sache, das!

Lieben Gruß,
Clown
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Emely
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Registriert: 19. Nov 2007, 20:43

Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Emely »

Hallo Ihr alle,
bin neu hier und heiße Emely.

Dieser Thread ist so interessant, dass ich mich doch tatsächlich angemeldet habe. Besonders der letzte Beitrag von Andreas hat mir keine Ruhe gelassen. - Endlich wird mal wieder der Zusammenhang von Depression und Spiritualität thematisiert und es ist so spannend.

Und nun fragst Du, Andreas: Ist das realistisch und hilfreich. - JA! finde ich, sowohl als auch. Ich lese ja schon eine Weile mit und mir fiel auf, dass Du, Thomas, eher allgemein als im Besonderen von Dir sprichst, und es klang auch eher für mich nach buddhistischen Abhandlungen und ich sah schon die Gefahr, dass es so weit weg von der Erfahrungswelt vieler sein könnte, dass eben diese Frage kommt und das Thema im Sande verläuft.

Wahrscheinlich sind die meisten von uns weit bis unendlich weit entfernt davon, die Gelassenheit des Dalai Lamas zu besitzen, aber das stellt den Wert an sich doch nicht in Frage. Und mir persönlich blitzt im Alltag immer mal wieder Ruhe und Gelassenheit von anderen entgegen.

Eine grundsätzliche Schwierigkeit liegt meiner Meinung nach genau in dem, was Du, Thomas, weiter oben geschrieben hast: Wenn man die Erfahrung (!!!), im Selbst zu sein, gemacht hat, verändert sich alles. Nur wie kann man das mitteilen. - Wenn jemand eine Erfahrung nicht gemacht hat, bleibt ihm nur, daran zu glauben oder nicht zu glauben. Wenn man sie hingegen gemacht hat, "weiß" man. Klingt banal, ist aber meiner Meinung nach gerade in diesem Zusammenhang ganz entscheidend.

Ja, im Selbst zu sein finde ich absolut realistisch und hilfreich. Es immer wieder zu versuchen, bei sich zu bleiben. Die negativen wie positiven Gefühle - wie Wolken, - das ist ein schönes Bild von weiter oben - vorbeiziehen zu lassen.

Emely
BeAk

Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von BeAk »

Lieber Thomas,

ich habe erst jetzt den Thread weiterverfolgt, deshalb meine späte Reaktion.

Ganz so dumm, wie Du meinst das die Bea ist, ist sie dann doch nicht. Ich habe die Postings hier durchausverstanden.
Mein Reaktion auf der nichtreagierendes Chefs wäre nicht von Ärger gekennzeichnet gewesen. Denn gundsätzlich mag ich nicht so behandelt werden und behandele andere deshalb auch nicht ärgerlich. Zudem weiß ich ja garnicht, weshalb mein Chef nicht geantwortet hat. Möglicherweise hat er meine Mail nicht gelesen.
Es kann aber auch sein, da mein Kindheitsproblem etwas anders gelagert ist, und deshalb meine Reaktion in diesem Bereich gesund ausfällt.

Mein Problembereich ist die Mißachtung meiner Persöhnlichkeit in meiner Kindheit. Und werden heute meine Persöhnlichkeitsrechte angekratzt, reagiere ich ähnlich. Es ist wie der Stich eines Messers in meiner Brust. Ich fühle mich tief verletzt, der Schmerz ist körperlich.
Ich stelle mir auch die Frage, wieviel Anteil an diesem Schmerz hat das verletzte Kind in mir, das auf keinen Fall mehr verletzt werden möchte. Wieviel Schmerz ist berechtig, welche Reaktionen/Kosequenzen sind berechtigt, wenn meine grundgesetzlich festgelegten Persönlichkeitsrechte nicht respektiert werden?
tomroerich
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von tomroerich »

Hallo Emely,

herzlich willkommen im Forum! Finde ich ja klasse, dass dich der thread angelockt hat

Ich gebe dir Recht in dem, was du über meine Art sagst, mit diesen Dingen umzugehen. Deshalb bin ich über Menschen wie Andreas, Andrea, Imagine, Dorle etc. froh, die lebenspraktische Dinge hier einbringen, an denen sich doch letzten Endes die Realität solcher etwas fremdartig wirkenden Thesen beweisen muss. Ich selber kann nur dazu sagen, dass diese Dinge meine Realität sind. Ich bin auch belesen in ihnen und das mag immer wieder durchdringen und mich als Vortragender erscheinen lassen aber ich kann versichern, dass ich das alles genau so erlebe, wie ich es beschreibe. Dabei habe ich von meinem Selbst nur einen Zipfel erwischt - auch das ist mir völlig klar. Aber dieser Zipfel reicht schon, um eine absolut klare Richtung vorzugeben und unendlich fasziniert zu sein. Dieses Gefühle, die damit zusammenhängen und auch diese Erkenntnisse sind eine sprudelnde Quelle und daher sprudele ich so. Ich bemühe mich, sicher nicht immer auf die ideale Weise, das Unaussprechliche auszusprechen, denn mit klaren Worten kann es niemals gesagt werden. Ich suche nach treffenden Vergleichen und ich verstehe so gut, wie all diese Vergleiche entstanden sind, die es in der Literatur gibt. Wie sich viele viele seit jeher bemüht haben, etwas von diesem Weg auszudrücken, weil sie wollten, dass auch andere den Weg zu sich finden.

Ja, Clown, es stimmt so, wie du sagtest. Einen Zipfel vom Selbst zu erwischen initiiert einen und von da an willst du nur noch eines: Immer weitergehen. Es ist seltsam - wer immer einen Zipfel seines Selbst zu fassen bekam, der versteht mich und ich verstehe ihn. Und ich weiß genau, warum du dich immer so freust, du weißt schon, wann

Gruß von

Thomas
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
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