Seit Tod des Vaters wie abgestorben

JanineA
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Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von JanineA »

Liebes Hallo an alle,

ich habe mich schon einige Wochen nicht mehr gemeldet.
Auch heute fällt es mir schwer diese Zeilen zu verfassen.
Anfang Dezember ist mein Vater nun nach 20monatiger Krankheit (Speiseröhrenkrebs) verstorben.
Seither ist meine Stimmung ganz seltsam.
Ich fühle mich wie von einem bleiernen Mantel umgeben, welcher sämtliche Emotionen und auch Eindrücke von außen abpuffert. Mein ganzes Gefühlsleben ist nur sehr reduziert in mir vorhanden.
Ich funktioniere mich so durch's Leben. Ich bin für alle da die mich brauchen und/oder lieben, doch am liebsten wäre ich nur ganz alleine.
Während ich diese Zeilen schreibe, verdrücke ich mir meine Tränen. Tränen die der Trauerbewältigung bezgl. des Verlusts meines Vaters dienen sollten. Tränen die raussollten. Ich kann die Bilder nicht vergessen.
Ich weine aber nicht, ich weine nie, weil ich nicht möchte, dass sie jemand sieht. Mein Freund sitzt neben mir auf der Couch und liest. Er ist ein sehr verständnisvoller Mensch. Er würde ich in den Arm nehmen und trösten wollen, wenn er mich traurig sieht, doch genau das will ich nicht.
Ich will meine Trauer mit niemandem teilen. Ich will alleine sein. Doch man läßt mich nicht alleine. Immer meint es jemand gut mit mir und will um mich sein.
Jetzt blickt er gerade mitleidig zu mir herüber, weil ich wie irrsinnig meine Zeilen in den PC hacke.
Ich sitze da wie versteinert.
Ich ertrage diese Blicke nicht.
Ich will alleine sein.
Würde am liebsten wieder in meine kleine Wohnung ziehen, wo ich mich zurückziehen kann und einfach mal ausklinken.
Dann habe ich wieder ein schlechtes Gewissen für diese Gedanken, weil ich doch weiß, wie sehr er an mir hängt..

Gestern gerade sagte mir ein Bekannter, dass er erstaunt ist, wie gut ich den Tod meines Vaters wegstecke.
Wieder wollen bei diesen Worten die Tränen kommen.. doch ich höre mich nur sagen: "Ich kann es doch nicht ändern"

Ich möchte mit diesen Zeilen niemanden belasten. Das Niederschreiben tut nur so gut. Früher schrieb ich Tagebuch. Das war meine beste Therapie. So konnte ich meine bipolare Störung am besten bewältigen, ohne Medikamente.
Ich schreibe kein Tagebuch mehr, seit in der Vergangenheit einmal ein Mensch glaubte es heimlich lesen zu müssen um mich besser zu verstehen. Seither geht es nicht mehr. Ich habe alle weggeschmissen... konnte es nicht mehr.

Ich danke euch für's lesen.
Es tat gut zumindest den gerade so präsenten Gefühlsstrudel in mir rauszulassen.

Liebe Grüße,
Janine
danideng
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von danideng »

Liebe Janine,

ich kann dich sehr gut verstehen. Mein Mann starb vor 6 Jahren an Magenkrebs, auch ich habe diese Bilder heute noch im Kopf.

Ich habe genauso reagiert wie du es beschrieben hast: Ich habe funktioniert! Ich hörte mir an "Ach, ich dachte, du trauerst gar nicht". Ich wollte mir meine Trauer nicht anmerken lassen, wollte sie nicht teilen, wollte kein Mitleid.

Heute weiß ich, dass ich unter Schock stand.

Liebe Janine, ich habe damals nichts gemacht und schleppe seitdem meine Depression mit mir rum, bis jetzt, nun endlcih erkannt.

Hast du eine Therapeutin oder einen therapeuten? Es ist wichtig für dich, dass du die Trauer mit einer professionell ausgebildeten Person aufarbeitest.

Glaub mir, von selber gehts nicht weg und wird auch nicht besser. Mach nicht den gleichen Fehler wie ich, denn es ist nur ein unnötiges In-die-Länge-ziehen deiner Trauer!

Alles Liebe
Dani
Dani1112
lr
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von lr »

hallo liebe janine,

ich kenne dieses gefühl wie unter einem bleiernen mantel zu gehen ohne gefühle an sich ranlassen zu können im moment auch...

ich möchte dir an dieser stelle viel, viel kraft und trost schicken...

ganz liebe grüße
maikäferin
Hina1
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von Hina1 »

Liebe Janine,

was Dani Dir schreibt, dieses unter Schock stehen, das ist in so einer Situation ziemlich normal, wird leider von anderen Menschen mit "gut verkraften" verwechselt. Es ist wirklich sehr wichtig, seine Trauer auch zuzulassen. Ach die Tränen müssen raus. Wenn Du alles unterdrückst, ist das nicht gut. Schaue Dich doch mal im I-Net um. Dort gibt es sehr gute Seiten für die Trauerbegleitung. Es gibt auch in der realen Welt Trauerbegleiter, die einen helfen, mit der Trauer umzugehen. Auf jeden Fall ist es wichtig, etwas zu tun, damit sich dieser Zustand auch wieder lösen kann. Du mußt das auch erstmal alles verarbeiten aber es muß nicht unweigerlich in einer handfeste Depression münden.

Ich wünsche Dir viel Kraft
Hina
Dendrit
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von Dendrit »

Liebe Janine,

ja, kenne auch die Gefühle. Ich kann mich den Vorpostern nur anschließen.

Dani schreibt: Glaub mir, von selber gehts nicht weg und wird auch nicht besser. Mach nicht den gleichen Fehler wie ich, denn es ist nur ein unnötiges In-die-Länge-ziehen deiner Trauer!

Möchte Dir auch ans Herz legen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Das in-die-Länge-ziehen ist grausam.

Liebe Grüße und viel Kraft

Manuela
JanineA
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von JanineA »

Ich danke euch sehr für eure Zeilen.

Nein, ich befinde mich in keiner Therapie.

Die Hausärztin, die auch meinen Vater betreute, möchte ich die Tage aufsuchen.

Leider bin ich im Moment beruflich sehr eingespannt, Spaß mach mir die Arbeit, die Kollegen sind in Ordnung, dafür haben wir eine sehr ätzende Vorgesetzte. Ist für meinen Zustand derzeit auch nicht gerade förderlich.
Da ich momentan aber eh meinen Eisenmantel trage, läßt es mich weitestgehend kalt.
Ich bin schon am bewerben, meine Zeit dort ist also absehbar.

@Dani
Es tut mir sehr sehr leid, dass du deinen Mann durch diese grausame Krankheit verloren hast. Zuzusehen, wie ein geliebter Mensch sich mit jedem Tag dem Tod nähert ist so unmenschlich. Am schlimmsten diese Hilflosigkeit, dieses nicht helfen können.

Darf ich fragen, wie es dir jetzt geht?

@maikäfer
Ich danke dir für dein Kraft-schicken und deinen Trost. Ich möchte dir eine ebensolche Portion von mir virtuell übermitteln für deine schwere Zeit.

@Hina und Manuela
Danke für den Hinweis mit der Trauerbegleitung. Ich werde mich damit befassen. Da ist nur diese schreckliche Angst davor, meinen Mantel abzulegen... ich glaube, wenn ich das tue, dann bin ich die erste Zeit nicht fähig meinem Alltag nachzugehen.

Hat jemand Erfahrungswerte, ob es vielleicht hilfreich ist, sich von dem Lebensgefährten eine Auszeit zu nehmen? Einfach um besser mit sich in einer schweren Zeit klarzukommen?

Der Gedanke an so etwas tut mir so leid für meinen Freund. Ich weiß, dass er ein sehr lieber Mensch ist und ich ihn sehr gerne habe, ich kann nur keine Liebe derzeit empfinden. Es tut mir so leid.

Liebe Grüße,
Janine
ils_pixent9
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von ils_pixent9 »

Liebe Janina,
als meine Mutter starb, ging es mir genauso wie dir und deine Aussage, dass du deine Trauer mit niemand teilen willst, erinnert mich sehr an mich selber.
Ich war nicht dazu imstande, Gefühle zu zeigen, ich wollte es auch garnicht,ich wollte alleine sein. Ich hatte mich gewissermaßen in einer Rüstung eingeschlossen.
Ich war auch nicht dazu imstande, mich um meine vierjährige Tochter zu kümmern, ja ich hatte direkt Haßgefühle.Ich konnte nur darauf achten, dass sie andere Ansprechpartner hatte.
Meine Mutter war im Dezember gestorben und Ende März war der Frühling da und ich weiß noch wie heute, dass ich innerlich auftauchte, mit meiner Tochter spazierenging, sie wiederentdeckte und meine Gefühle der Abneigung überhaupt nicht mehr verstehen konnte. Alles fiel plötzlich von mir ab wie eine eingetrocknete Schale.

Dass es dir auch so gehen möge wünscht dir
Gret.
JanineA
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von JanineA »

Liebe Grete,

du hast es ganz ohne Hilfe von außen geschafft?
Ich kann nicht verstehen, warum man sich niemandem mitteilen will.
Ich weiß nicht, warum ich dies nicht möchte. Vielleicht, weil ich mir denke, es KANN niemand nachfühlen, der nicht schon ähnliches erleben mußte.


Eine Bekannte traf ich neulich beim Kaffee. Sie hatte auch ihren Vater verloren. Das Verhältnis war lt. Schilderung ihrerseits nicht so innig wie das von meinem Vater und mir.
Sie erzählte, dass es ihr ja so gut tat mit Hinz und Kunz darüber zu reden...sie ja so weinte an der Beerdigung und heute noch weint am Grab (war eine sehr theatralische Schilderung).
Ich konnte das nicht. Ich nahm alle Beileidswünsche wie versteinert hin... ließ es an mir vorüberziehen...
Ich merkte, wie ich total genervt wurde von dem Gespräch(innerlich). Ich hätte am liebsten die Kotztüte ausgepackt, weil ich glaubte zu merken, dass sie gar nicht weiß was annähernd in mir vorgeht.

Dann hab ich (mal wieder) ein schlechtes Gewissen, weil ich denke, es ist nicht recht, wenn ich so urteile.

Wünsche dir alles Liebe,
Janine
Dendrit
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von Dendrit »

Hallo Janine,

die Menschen trauern verschieden. Den einen tut darüber reden gut, der andere schweigt lieber oder verdrängt es (vorerst) ganz. Auch trauern Männer teils anders als Frauen. Da kann es dann vorkommen, dass einer den anderen missversteht und es zu endgültigen Trennungen kommen kann.

Vllt. geben Dir die Infos auch etwas mehr Verständnis und Aufschluß wie für mich:
http://de.wikipedia.org/wiki/Trauer und http://de.wikipedia.org/wiki/Trauerbegleitung

LG, Manuela
Hina1
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von Hina1 »

Liebe Janine,

ich denke nicht, daß es Dir tatsächlich hilft, wenn Du Dir eine Auszeit von Deinem Partner nimmst. Das ist nur noch ein Schritt mehr, Deine Trauer zu verdrängen und nicht zu verarbeiten. Daß Du in dieser Zeit weder für Dich noch für ihn Gefühle hast, das ist ein deutliches Zeichen dafür, daß es Dir sehr schlecht geht und daß Du die Trauer wirklich zulassen sollest. Du hast Angst davor und das ist nur verständlich, denn Du weißt nicht, was auf Dich zukommen wird. Aber gerade die Trauerbegleiter wissen das, wie unsicher man in so einer Situation ist und sie führen einen ganz behutsam an die Aufarbeitung ran. Es geht ja darum, daß es Dir wieder besser geht, nicht schlechter.

Liebe Grüße
Hina
Sunshine77
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von Sunshine77 »

Wollte dir einfach nur sagen, daß es mir sehr leid tut, daß du diese Erfahrung machen mustest. Denke es gibt nichts was jemand dir sagen kann um den Schmerz zu lindern, aber vielleicht etwas um dich ein stück weit auf deinem Weg zu stützen. Ich hoffe du hast die Gelegenheit und das Vertrauen dich jemand mitzuteilen und deine Gefühle rauszulassen. Und wenn es "nur" hier im Forum ist...

Alles Gute,
Tini
Bleib dir selbst stets treu

ils_pixent9
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von ils_pixent9 »

Liebe Janina,
ja, die Trauer fiel einfach von mir ab.
Ich kann gut verstehen dass deine Bekannte dich genervt hat
Ich überlege mir gerade ob ein Reden darüber nicht die innere Verbindung die man mit dem Vater in der Trauer hat vom Gefühl her zerstören könnte. Jemand der gestorben ist, ist ja nicht einfach weg, er ist in uns noch da,jedenfalls habe ich mich in Gedanken noch mit meiner Mutter unterhalten als sie gestorben war bis sie immer blasser und ferner wurde. Es gibt auch Religionen die glauben, dass sich die Seelen der Verstorbenen erst ganz langsam entfernen bis sie wirklich weg sind und nicht mehr angesprochen werden wollen.
Nicht jedes Gefühl muß gleich krank oder krankhaft sein, vielleicht gehört es zu dir, dich nach dem Tode deines Vaters wie abgestorben zu sein, ihr wart sicher sehr miteinander verbunden und dieser Teil ist jetzt einfach weg.
Du mußt dich regenerieren, wieder ganz werden.
Ich würde erst einmal abwarten wie sich der Trauerprozeß entwickelt und wenn sich dein Zustand garnicht ändert würde ich an deiner Stelle etwas tun.Den ersten Schritt hast du ja schon getan indem du hier im Forum schreibst.
Lieben Gruß Gret
JanineA
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von JanineA »

Ich bin überwältigt von euren lieben Zeilen.
Vielen Dank dafür.

Mein erster Weg wird der zur Hausärztin sein.
Ich hoffe, ich schaffe es.
Es kostet so viel Überwindung, diese Schwäche einzugestehen, wo man doch gelernt hat immer stark zu sein und für andere da zu sein.

@Hina
Ich dachte daran, die Trauer besser zu verarbeiten, wenn ich alleine lebe. Einfach weil ich mich dann nicht dazu gezwungen fühle einem Menschen zu liebe zu funktionieren. Mich einfach auch mal hängen zu lassen, wenn ich möchte und nicht denken "Komm reiß dich zusammen, er kann doch nichts dafür".
Mal sehen, was die Zukunft so für mich auf Lager hat.

@Tini
Es ist schön diesen Satz zu hören "Bleib dir selbst stets treu". Er war von Jugend an immer mein ganz persönliches Motto
Ich muss jetzt richtig schmunzeln. Ich danke dir.

Mein Freund war vorhin kurz außer Haus. Ich räumte den Geschirrspüler aus. Plötzlich überkamen mich die Gefühle und ich konnte weinen. Es war gerade so eine schöne Erinnerung an meinen Vater. Gerade kommen mir wieder die Tränen... Mein Vater möchte Geschirrspüler ausräumen nicht. Er sagte mal zu mir, als meine Mutter zur Kur war "Hach.. das ist ja so langweilig... Weißt du, immer wenn ich in die Küche komme, dann räume ich 2-3 Stücke raus. Das dauert zwar länger, aber so langweilt es nicht so sehr" Er hatte so einen herzigen Humor... er fehlt mir so.

Wünsch euch einen schönen Sonntag,
Janine
JanineA
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von JanineA »

Liebe Gret,

unser Beitrag hat sich überschnitten.

Ja genau. Er ist für mich nicht weg. Es ist, als wäre er nur auf Lehrgang, auf Reise... er ist irgendwie nicht tot für mich. Er ist im Geist immer noch bei mir. Und damit fühle ich mich auch sehr wohl. Es gibt mir Kraft. Ich trete auch meist beim Autofahren, wenn ich alleine bin und Ruhe habe (meist der einzige Ort) in Dialog mit ihm.

Er hat mir ein Kuvert vermacht. Ich habe es bis heute nicht geöffnet und auch nicht den Drang danach. Ich mag nicht lesen was darin steht.
Ein lieber Mensch, dem ich dies anvertraute sagte zu mir "ja klar, du öffnest es nicht, weil er noch nicht tot ist für dich"
Er hat ja so recht....

Wie lange hat der Prozeß bei deiner Mutter gedauert?
Magst ein bissl was darüber schreiben?

LG,
Janine
ils_pixent9
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von ils_pixent9 »

Liebe Janine,
ich meine, sie wäre im Laufe der Zeit immer schwächer in meinen Vorstellungen geworden.
Aber so ab und zu, bei großen Ereignissen, denke ich auch heute noch was sie wohl dazu gesagt hätte.
Es kommt sicher auch auf das Verhältnis an das man zu den Eltern hat, ich weiß noch wie unbehaglich ich mich fühlte als meine Mutter im Alter von 75 Jahren sagte sie höre mich so gerne in der Wohnung herumlaufen, ich hätte den gleichen Schritt wie ihre Mutter. Also hat sie ihre Mutter auch noch vermißt.
Lebt deine Mutter noch?

Hat dein Vater gewußt dass er sterben würde, wurde dieser Brief angesichts des Todes geschrieben?
Lieben Gruß Gret
JanineA
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von JanineA »

Hallo Gret,

das mit deiner Mutter und deinen Schritten ist sehr interessant.

Ja, meine Mutter lebt noch. Auch wir haben ein sehr inniges, offenes Verhältnis. Wir drei waren eine richtig liebenswert verrückte Familie.
Bei meiner Mutter wurde im April letzten Jahres Brustkrebs diagnostiziert. Sie hat drei OPs hinter sich und ist nun geheilt. Wir hoffen, dass der Krebs nicht wieder kommt.

Ja, mein Vater wußte, dass er sterben muss. Die letzten 7 Tage hatte er rapide abgebaut. Er wurde konnte Nahrung nur noch über die Sonde zu sich nehmen. Bis auf den letzten Tag, als er diese Atemnot bekam, konnte er auch zuhause sein (nur kurzzeitige stationäre Krankenhausaufenthalte wg. OPs) . Er hat 20 Monate gekämpft, die Ärzte gaben ihm bei der Diagnosestellung anfangs nur drei Monate. Er ist leider nur 54 Jahre alt geworden und hatte überhaupt keine Lust auf das Sterben. Er hatte noch so viel vor. Er wollte leben. Er war doch noch viel zu jung...

Diese Tatsache ist das, was mich so fertig macht...

Ich kann mit dem Tod gut umgehen. Ich kann ihn akzeptieren.
Aber nicht akzeptieren kann ich diese Qualen die mein Vater als so lebenslustiger Mensch ertragen mußte und dieses viel zu frühe Ableben.

Traurige Grüße,
Janine
ils_pixent9
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von ils_pixent9 »

ich habe gelesen.
Das will ich dir nur signalisieren.
Hältst du es für völlig ausgeschlossen, dass dein Vater in seinem letzten Brief dir etwas hinterlassen hat was die Dinge für dich erleichtern könnte?
Es ist doch sein Geschenk an dich.
Ich will dir wirklich keine Ratschläge geben, nur sagen was ich tun würde.
Lieben Gruß Gret
danideng
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von danideng »

Liebe Janine,

wie es mir inzwischen geht? Nun, inzwischen wieder besser, ich komme auch gerade aus Windach (Psychosomatische Klinik). Aber ich hätte mir verdammt viel sparen klönnen, wenn ich damals professionelle Hilfe in Anspruch genommen häötte. So habe ich es um Jahre hinaus gezögert und unendlich gelitten. Deswegen kann ich es dir nur noch einmal ans Herz legen: Tu dir nicht das gleiche an, zieh es nicht so in die Länge wie ich! Lass dir bitte helfen!

Ich sehe es übrigens auch als Fehler an, dir eine Auszeit von deinem Lebensgefährten zu nehmen. Es ist im übrigen normal, wenn man in der Depression ist, dass man keine Liebe spürt. Erklär ihm einfach, was du fühlst, nämlich dass du die Trauer allein bewältigen musst. Aber glaub mir: Du wirst bald sehr froh sein, dass du dir die Auszeit nicht genommen hast.

Alles Liebe
Dani

P.S. Übrigens hab ich genauso empfunden wie du: Ich war froh dass er das Leiden hinter sich hatte. Dieses unendliche Leiden, das er hinter sich bringen musste, das hatte er nicht verdient. Der Tod war wahrscheinlich sogar ein Segen für ihn...
Dani1112
JanineA
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von JanineA »

Liebes Hallo an alle,

heute Morgen habe ich es nicht geschafft aufzustehen. Alles war wie gelähmt.
Ich bekam es gerade noch auf die Reihe mit bei der Arbeit krank zu melden und habe heute Nachmittag Termin bei der Hausärztin.

Ich bin sehr unsicher. Es ist eine Art schämen. Komisch nicht?
Jemand der nach außen immer die souveräne, starke Person darstellt, soll plötzlich dasitzen und über seine Schwächen sprechen. Schon bei dem Gedanken daran sitze ich hier und es schnürt mich fast die Luft ab.

Bei der Arbeit habe ich mich wegen vermutlicher Grippe krankgemeldet. Husten und Schnupfen habe ich eh schon seit Tagen...

Was ist das nur gerade für ein Zustand in mir.
Es fühlt sich sehr beklemmend an. Zugleich kreisen meine Gedanken rastlos, ich denke an die Arbeit, war es richtig mich abzumelden, was die nun sagen, wenn ich krank bin, wie reagiert die Ärztin, wie soll ich mich dort ausdrücken... und zugleich ist da wieder diese bleierne schwere Mantel der sich um mich legt... und dafür sorgt, dass ich wieder nichts groß fühlen kann.

Was ist das nur?

Ratlose Grüße,
Janine
Sunshine77
Beiträge: 261
Registriert: 11. Okt 2006, 20:55

Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von Sunshine77 »

Liebe Janine,

Mach dir keinen zusätzlichen Kopf darum, was deine Kollegen vielleicht oder vielleicht nicht über deine Abwesendheit denken oder gar sagen. Grippe ist durchaus denkbar und da grübelt kein Mensch weiter drüber nach. Und selbst wenn sie was anderes vermuten würden, wissen sie doch sicherlich von deinem Schicksalsschlag? Zu trauern ist nichts wofür man sich schämen braucht - eher im umgekehrten Fall würde ich mir Gedanken machen.

Gut, daß du zum Arzt gehst, denn ich denke dein Körper kann den Schmerz nicht mehr unterdrücken. Sag dem Arzt einfach daß es dir sehr schlecht geht seit dem Tod deines Vaters und daß du versucht hast weiter zu funktionieren aber du das Gefühle hast nicht mehr zu können. Ich denke ein Einfühlsamer Arzt wird dann sofort wissen was los ist und dich ggfs. noch nach weitern körperlichen Symptomen befragen. Du mußt also mehr Antworten geben als selber unbedingt das Gespräch zu führen.

Viel Glück!
Tini
Bleib dir selbst stets treu

BinAmEnde
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Registriert: 21. Aug 2006, 13:21

Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von BinAmEnde »

Hallo Janine,

was ich jetzt hier an Dich, an Euch schreibe, kommt aus meinem tiefsten Inneren und fällt mir sehr schwer, aber ich denke, dass es mir sehr viel bedeutet, wenn ich es aufschreibe, ähnlich Deinem Ansatz mit dem Tagebuch!

Dein Vater ist an einer schweren Krankheit in recht kurzer Zeit gestorben. Das ist schrecklich. Und es war ganz sicher schrecklich mit anzusehen, wie es fortschritt, ohne etwas tun zu können. Deine bleierne Schwere verstehe ich, weil ich meinen Bruder verlor und eine halbe Stunde zu spät ins KH kam, um ihm Beistand zu leisten oder ihm zu sagen, was er mir bedeutet. Das kann ich mir noch heute nicht verzeihen. Auch ich konnte damals meine Gefühle nicht verarbeiten, ließ sie nicht zu. Ich wollte sie nicht nur nicht mit Anderen teilen, ich ignorierte sie. Jahre später holten sie mich ein und es war schlimmer, als ich es mir jemals geträumt hätte. Und daraus gelernt hatte ich: NICHTS!

Als meine Depression den ersten Höhepunkt erreichte wollte ich meinen dunklen Gedanken entfliehen und organisierte meinen "Abgang". Und es stimmt, war der Entschluss zum Suizid erst einmal gefasst, fühlte ich mich befreit und konnte die folgenden Tage fröhlicher verbringen. Ich lebte den Tag, feierte ihn, wie ein Geschenk, denn ich war überzeugt, es würden nicht mehr Viele sein. Dann tat ich, was ich mir vorgenommen hatte, aber ich scheiterte! Ein dummer Zufall, aber es ging schief. Und ich werde nie vergessen, was meine letzten Gedanken waren, die mir noch durch den Kopf waberten: Ich sah meine Tochter weinen und flehen, dass es nur ein böser Traum sein möge. Das verzeih ich mir nie!

Ich bin mir sicher, dass Dein Vater auch an Dich dachte! Ich bin mir sicher, dass er nicht gewollt hätte, dass Du darunter leidest! Ich bin mir sicher, dass er Dir alles Gute wünschte, als er gehen musste! Nun ist es an Dir, seine guten Wünsche zu erfüllen und Dein Leben zu leben!

Habe bitte keine Angst vor der Trauer. Sie hilft Dir, mit dem Verlust umzugehen. Und wenn Du sie zulässt und es zu schlimm wird, teile sie mit einem lieben Menschen. Trauer ist Abschied und gehört zum Leben! So wie Liebe!

Ich weiß nicht ob Dir das hilft. Ganz sicher hoffe ich, dass es Dich nicht verwirrt. Und ich wünsche Dir Mut und Kraft, all dies durchzustehen.

Ganz liebe Grüße, Werner
JanineA
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Registriert: 22. Nov 2006, 11:53

Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von JanineA »

Liebe Tini,

ja, du hast recht. Ich sollte meine Energie nicht für solche Dinge aufwenden. Ja, die anderen wissen von dem Schicksalsschlag. Alledings habe ich da immer so "toll" funktioniert, dass daran bestimmt niemand einen Gedanken in diese Richtung vermuten würde. Habe heute erst um 17.15 h einen Termin bekommen. Bin heilfroh, dass am Telefon nicht nach dem Grund gefragt wurde. Mir war die Kehle so schon wie zugeschnürt. Und überhaupt ist mir ganz übel wenn ich an nachher denke.

Lieber Werner,

ich bin sehr berührt, dass du hier in meinem Thread deine so persönlichen Zeilen anfügst.
Ja, ich bin sicher, dass er an mich dachte. Ich war die letzte Person, die er bei vollem Bewußtsein erlebte, mit der er sich unterhielt... als ich mich verabschiedete... verabschiedete er sich auch und wurde schläfrig. Meine Mutter danach hat ihn nur noch in diesem Zustand angetroffen.
Jetzt sitze ich hier und meine Tränen laufen Einfach so vor sich hin.
Endlich keiner da, der mich stört dabei.
Es ist das erste Mal seit zwei Monaten.

War dein Bruder auch längere Zeit krank?
Es ist so heftig, wenn noch einige Dinge unausgesprochen sind.
Einerseits denke ich mir, das mein Vater und ich uns alles gesagt haben, wir hatten bis auf die normalen Vater-Tochter-Kabbeleien nie größere Streits, und doch hätte ich ihm noch so viel mehr gesagt...
ich glaube, man möchte immer noch etwas sagen...
Vielleicht liegt es auch daran, dass man nur deswegen was zu sagen hat, weil man dann glaubt, die Person dadurch noch bei sich zu halten.

Ich bin froh, dass es damals bei dir nicht "geklappt" hat. Deine Tochter hätte es niemals verstanden.

Liebe Grüße von einer hibbeligen Janine, weil er Arztbesuch naht... und die Angst hatt, dass mal wieder keine Worte über die Lippen gehen...
imagine
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Registriert: 18. Jun 2006, 20:46

Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von imagine »

Liebe Janine,
ich habe vier nahestehnde Menschen verloren und es ist seltsam, aber es ist jedes Mal anders.
Ich denke mir, weil das meine Erfahrung ist, wenn es ein inniges Verhältnis war, dann ist es leichter zu trauern.
Mir kommen nach einem Jahr noch die Tränen, aber ich denke mir, es ist völlig normal.
Meine Oma hat immer ihren Käsekuchen mit mir geteilt und als ich am Sonntag mein großes Stück alleine gegessen habe, da kamen die Tränen...
Ich denke oft an meine Oma.
Das wird dir auch so gehen, ganz oft wirst du noch an deinen Vater denken und es wird immer der Schmerz da sein, dass er so vieles nicht mehr erlebn durfte!
Aber, es wird erträglicher, irgendwann werden die positiven Erinnerungen mehr Raum einnehmen.
Ich muss Manuela recht geben, Trauer äußert sich auf vielfache Weise.
Vielleicht bist du ein Mensch, der seine Trauer ohnehin nur schlecht zeigen kann??
Ein anderer kann zum Telefon greifen und sich alles von der Seele reden.
Was ich dir sagen kann, es wird nicht von heute auf morgen vergehen, das Trauerjahr dauert nicht umsonst 12 Monate.
Dein Freund wird die Zeit mit dir durchstehen können, wenn du ganz ehrlich bist.
Viel Kraft schickt dir
imagine
Schweigen ist die unerträglichste Art der Erwiderung (Chesterton)
JanineA
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Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von JanineA »

Schönen Abend an alle,

so ich habe es geschafft.
Bis ich endlich in der Praxis war durchfuhren mich heftigste Schweißausbrüche.
Ich saß alleine im Wartezimmer.
Plötzlich kamen wieder Erinnerungen.
Als ich das letzte Mal in diesem Raum saß, saß ich als Begleitung meines Vaters dort.
Ich mußte weinen.
Ich war sehr damit beschäftigt meine Tränen zu trocknen, da ich nicht wollte, dass mich die Helferin so sieht beim Hereinrufen.

Die Ärztin holte mich jedoch selbst. Kaum war ihre Praxistür hinter mir geschlossen konnte ich das Tränenrinnen nicht mehr zurückhalten.
Ich entschuldigte mich und erklärte ihr, dass es mit dem Wartezimmer zu tun hatte.
Sie verstand sofort und meinte, dass es für mich sinnvoll wäre eine Trauerverarbeitungstherapie zu machen.
Sie nahm sich sehr viel Zeit für mich. Sie konnte mir auch noch einige Fragen zu meinem Vater beantworten.
Ich bin nun die gesamte nächste Woche krankgeschrieben. Habe Donnerstag einen Termin. Sie hat mich an eine Psychologin überwiesen, mit der sie morgen einen Termin für mich vereinbaren möchte. Der nächste Schritt wird eine Psychotherapie sein.

Weiter hat sie mir das Präparat "Sedacur" verordnet. Es ist pflanzlich.
Hat damit jemand Erfahrungen?

Ich habe zwar nun Kopfweh wie schon lange nicht mehr, bin fix und alle, müde aber dennoch irgendwie erleichtert.

Morgen in der Arbeit anrufen wird nochmal blöd.
Ich möchte nicht den Grund sagen.
Es müßte doch reichen, wenn ich sage,dass ich bis 16.2. krankgeschrieben bin oder?

LG an alle,
Janine

EDIT:
@Imagine
Unsere Beiträge haben sich überschnitten.
Ja, diese Erinnerungen... ich kann mich gut in die Käsekuchengeschichte hineinversetzen. Mein Vater hat immer sehr gerne gekocht. Er machte die weltbesten Rösti.. immer wenn ich nun Bratkartoffeln zubereite versuche ich sie zu machen wie er...
Was das Trauerverarbeiten anbelangt.
Nein, ich konnte früher jede Art von Gefühl, ob Trauer oder Freude sehr gut zum Ausdruck bringen. Die Tode meiner Großeltern (habe nun keine mehr) und der zahlreichen Verwandten konnte ich gut verarbeiten.
Bei meinem Vater ist alles anders.
Es ist das Tiefste was ich je erlebte.
danideng
Beiträge: 1538
Registriert: 26. Feb 2006, 12:49

Re: Seit Tod des Vaters wie abgestorben

Beitrag von danideng »

Liebe Janine,

schön dass du dich jetzt erleichtert fühlst!

Mit dem Medikament kenn ich mich nicht aus. Aber in der Arbeit bist du nicht verpflichtet, einen Grund zu benennen, es reicht vollkommen aus zu sagen, wie lange du noch krankgeschrieben bist. Sag halt einfach, dir gehts nicht gut, falls du einen Grund benennen willst.

Liebe Grüße
Dani1112
Antworten