Der Mutmachthread II

Lioness
Beiträge: 1911
Registriert: 29. Mai 2005, 23:21

Der Mutmachthread II

Beitrag von Lioness »

Liebe Forianer,

auf Chrigus Anregung hin hier nun der zweite Teil unserers Mutmachthreads!

Zur Erinnerung an den Sinn und Zweck eines solches Threads sei hier nochmals mein Originalposting aus dem ersten Thread zu lesen:

----------------------------------------------
"Hallo liebe Forumsgemeinde,

auf dem „Familientreffen“ in Düsseldorf am letzten Samstag konnten einige von uns berichten, dass es ihnen deutlich besser geht, was die Depression anbelangt. Es war eine echt wohltuende und aufbauende Erfahrung, auch diesen so positiven Aspekt der Krankheit miteinander zu teilen und sich gemeinsam an ihm zu freuen.

Da hier im Forum auch oft von (neuen) Teilnehmern, die akut in einer depressiven Phase stecken, die verzweifelte Frage zu lesen ist: „Gibt es überhaupt einen Weg aus der Depression? Wird es jemals wieder besser? Was hat Euch geholfen?“ etc., haben wir überlegt, ob es nicht sinnvoll sei, zu diesem Thema auch einen eigenen Thread zu eröffnen – zum Mut-machen, und quasi als Gegengewicht zu all den Threads, in denen sich zu den negativen Seiten der Depression ausgetauscht wird. Womit wir um Himmels willen nicht sagen wollen, dass das nicht richtig oder unangebracht ist! Jammern und sich trösten lassen hat seine Zeit und seinen Platz und seine ganz eigene therapeutische Wirkung.

Aber wir dachten halt auch, dass positive Ereignisse / Verläufe, ein Nachlassen der Depression, hier manchmal zu kurz kommen, wobei das in der Natur der Dinge eines Depressionsforums liegen mag.

Und natürlich hat es hier auch – wohl immer? – schon Berichte Einzelner gegeben, wenn es ihnen wieder besser ging. Werner-Dachte-Mal ist mir als letztes Beispiel noch präsent. (Huhu Werner!)

Wie dem auch sei, hier ist nun also der Thread für alle diejenigen, die eine Besserung, ein Nachlassen oder gar Verschwinden ihrer depressiven Symptome feststellen konnten und ihre Erfahrungen gerne mitteilen möchten – und vor allem für alle diejenigen, denen solche Berichte als Trost und Ermutigung hilfreich sein könnten.

In diesem Sinne: frohes Schreiben!

wünscht
Lioness"

--------------------------------------------------

Auch Chrigus Anregung, einige der Postings aus dem ersten Thread hinüberzukopieren, greife ich gerne auf! [Edit]

Viele Grüße
Lioness



Wir brauchen den Blick nach hinten, um unser Leben zu verstehen. Wir brauchen den Blick nach vorne, um unser Leben zu LEBEN!
Lioness
Beiträge: 1911
Registriert: 29. Mai 2005, 23:21

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von Lioness »

posted 03/10/2006 13:38

Dorenberg

Schöne Idee!!

Finde ich wirklich gut, denn Aufbauendes und Tröstendes zu lesen, und somit mitzubekommen, dass es anderen auch irgendwann wieder besser geht, ist doch eine hoffnungspendende Tätigkeit hier im KND.

Gruß, Susann

------------------------------------------------

Lioness posted 03/10/2006 15:32-

Danke, Susann,

dann mache ich mal den Anfang.....

... und ein Wort gleich vorweg:

Dies ist KEINE Gebrauchsanweisung nach dem Motto: „So kann’s klappen! Macht es so, und es geht Euch bald besser!"

Es ist mein persönlicher Weg mit der Krankheit Depression, es sind meine Erfahrungen und Strategien, es ist meine derzeitige Standortbestimmung.

Hmm, wo fange ich bloß an? Vielleicht mit der Kurzfassung der „klinischen Eckdaten“:

[Im lebensgeschichtlichen Vorfeld: mehrere durch verschiedene Lebensumstände ausgelöste psychische Störungen/ Zusammenbrüche (leider nie näher spezifiziert, kommen Depressionen schon recht nahe.....), Behandlung jeweils Psychotherapie / Psychopharmaka]

Spätsommer 2004: berufsbedingter Umzug (Seiteneinstieg in’s Lehramt = Referendariat) ganz allein in „unwirtliche“ neue Umgebung

---> unerkannter Ausbruch der Depression schon vor dem Umzug.

---> Druck und Stress auf der Arbeit (Arbeit an Hauptschule, Ausbildungssituation,
vor Allem aber mobbende Vorgesetzte)

lösen Anfang 2005 den völligen psychischen Zusammenbruch aus.

Was dann folgte, wird der Großteil hier so oder so ähnlich auch mitgemacht haben:

- stationäre Aufnahme in der Psychiatrie

- Diagnose (u.a.) Depression (wer hätte es gedacht.....) mit dem Vollbild einer schweren Episode:

- Gefühle, absolut versagt zu haben, wertlos zu sein, nichts zu können, keine Zukunft zu haben, etc.

- heftige akute Suizidgedanken = weiterer stationärer Aufenthalt zur Krisenintervention

- 6-wöchige medizinische Reha

- Krankschreibung insgesamt 6 Monate

Und auch das habe ich erleben müssen:

- Klinikärzte, die die Meinung der ambulanten Therapeutin, ich sei traumatisiert, nicht teilen und darauf beharren, ich solle doch an meinen Arbeitsplatz zurückkehren

- Ärzte (ambulant und Klinik), die mir sagen: „Sie sind doch so intelligent (und gläubig). Sie wissen doch schon, dass das Leben auch Leid bedeutet. Sie haben doch einen äußerst fähigen Kopf auf Ihren Schultern.“ usw. usw.

- keine sofortige therapeutische Hilfe vor Ort, Wartezeit überall mindestens 6 Monate, das daraus resultierende Gefühl, weiter allein und verlassen zu sein.

- eine ambulante Psychiaterin, die mich nach der Entlassung aus der stationären Krisenintervention genervt fragte, was ich denn nun bei ihr wolle, und mich überdeutlich nicht wirklich ernst nahm.

- eine Sammlung von mittlerweile 10 (in Worten: zehn!) psychiatrischen Diagnosen, die sich teilweise gegenseitig ausschließen (davon allerdings 5 Stück aus dem eigentlichen Umfeld der Depressionen)

Aber ich habe alles in Allem auch großes Glück im Unglück gehabt:

- ich gehöre offensichtlich zu den 70 %, bei denen ein AD gut anschlägt, und zwar gleich das erste Präparat (Mirtazapin)

- meine Depressionen / Zusammenbrüche haben eindeutig zuweisbare lebensgeschichtliche Ursachen und sind ganz offenkundig jedes Mal durch aktuelle belastende / negative Lebensumstände ausgelöst worden.

- ich habe im zweiten Anlauf eine erfahrene, einfühlsame Psychiaterin gefunden, die mich absolut ernst nahm und nimmt (in der schweren depressiven Episode gab’s selbstredend jede Woche einen Termin und die Option, jederzeit dort anrufen und einen Notfalltermin bekommen zu können, wenn „es“ nicht mehr geht).

Und die sich Woche für Woche geduldig mein Jammern und Klagen anhörte, nie mit auch nur einer Silbe durchblicken ließ, dass es sie vielleicht irgendwann doch mal nervte, sondern Woche für Woche beständig, oft nur mit anderen Worten, entgegensetzte: „Es wird auch wieder besser, Frau XY, ganz bestimmt. Es wird nicht so bleiben. Sie haben sich doch schon auf den Weg gemacht.“ Und sie hatte tatsächlich Recht......

- Ich habe – nach längerer nerviger Wartzeit mit etlichen Durchhängern- endlich DIE für mich passende Therapeutin und Therapieform gefunden

WAS HAT MIR GEHOLFEN? WAS WAREN MEINE STRATEGIEN?

1) Überhaupt endlich einmal eine konkrete psychiatrische Diagnose zu haben, und sich damit auseinandersetzen zu können.

In Folge erstmalig die Erkenntnis: Du bist nicht komisch, verkorkst, abnorm, anders, unmöglich....... Du bist krank, hast eine Störung, die ihre Ursachen hat – und bist damit alles andere als eine Außenseiterin! Es gibt so viele andere....

2) Eine reaktive Depression zu haben (s.o.) bedeutet konkret und praktisch, der Depression nicht ganz so gnadenlos ausgeliefert zu sein. In dem Maße, in dem ich zum einen mit therapeutischer Hilfe meine Lebensgeschichte weiter aufarbeitete und zum anderen etwas an meinen aktuellen Umständen zu ändern in der Lage war bzw. bin, machte die Depressionssymptomatik Schritt für Schritt den Rückzieher. Das wiederum half enorm in der Überwindung der Gedanken, macht- und hilflos zu sein.

Und es machte Mut zum weitermachen. Und ich muss mich nicht fragen: Warum ich? Warum habe ich eine Depression? Das „Warum“ ist glasklar......

3) Ganz, ganz wichtig: Hilfe und Unterstützung durch andere zu bekommen! Sei es durch meine Freunde (zweien von Ihnen verdanke ich aus meiner heutigen Sicht im wörtlichen Sinne, die schwere Depression überlebt zu haben......), sei es durch professionelle Hilfe (Psychiaterin, Psychotherapeuten, psychosozialer Fachdienst, Rehaberatung KK, Kliniken), und sei es vor allem durch den Austausch mit Leidensgenossinnen, in einer SHG und letztendlich hier im Forum!

An dieser Stelle zu schreiben, was mir dieses Forum und die entstandene Nähe und die konkreten Kontakte und Freundschaften zu Einzelnen hier bedeuten, würde den endgültig den Rahmen sprengen! Ich kann nur sagen, dass es ein ganz wesentlicher Faktor zu meiner Genesung war und ist!

4) Die Krankheit als zu mir gehörig zu akzeptieren, und sie als gegeben anzusehen. Auch hier war meine Psychiaterin federführend, indem sie mir recht früh reinen Wein einschenkte:

- ich habe aufgrund meiner Lebensgeschichte eine Neigung dazu, bei entsprechenden belastenden äußeren Faktoren mit einer Depression zu reagieren

- ich werde lernen müssen, mit der Krankheit zu leben, da kann man leider nicht sagen, dass man ein für allemal geheilt ist.

Das bedeutet – nach entsprechendem Hadern mit meinem Schicksal und schließlichem Schlucken der Kröte - im Positiven, dass ich gegen die Symptome der Krankheit sehr wohl kämpfen kann und muss – dass es aber reine Kraft- und Zeitvergeudung ist, gegen die Krankheit an sich zu kämpfen. Sie ist da und wird wohl im Hintergrund immer lauern.

5) Ich habe endlich die für mich bahnbrechende, stimmige und deutliche Fortschritte erzeugende Therapieform samt passender Therapeutin gefunden: Traumatherapie nach Reddemann/Huber!

Ich bin endlich diagnostiziert und anerkannt als unter einem komplexen Trauma und seinen Folgen leidend – aber eben gut in der Bewältigung sich befindend!

6) Ich habe im Verlauf der Therapie zwei entscheidende Dinge gelernt:

- Die Dinge Schritt für Schritt anzugehen: jeden Tag, jede Woche, jeden Abschnitt für sich anzugehen und ihn zu bewältigen. Und nicht mehr auf die Gesamtheit all dessen zu blicken, was noch vor mir liegt, was noch zu schaffen ist, und daran schier zu verzweifeln.

- Für mich selber gut zu sorgen; auf die Stimme meines Inneren Kindes und seine Bedürfnisse zu hören; und mich selber mehr so zu nehmen, wie ich bin, mit allen Fehlern und Schwächen, und es ist gut so!


WIE GEHT ES MIR AKTUELL?

Hier, jetzt und heute kann ich sagen, dass es mir wieder richtig gut geht:

- Ich fühle mich fit, voller Energie und Tatendrang.

- Ich fühle mich psychisch recht stabil.

- Ich habe wieder Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.

- Ich kann wieder voll Zuversicht in die Zukunft schauen, Dinge planen etc.

- Ich kann wieder ganzheitlich und in Zusammenhängen denken, meine Konzentrationsfähigkeit ist fast auf dem Level, auf dem sie vorher war.

- Ich sehe nicht mehr das Examen als unüberwindlich erscheinenden Berg vor mir, sondern als Herausforderung, die ich wohl meistern werde.

- Ich kann einzelne auch heute noch auftretende Symptome /Aspekte ertragen / aussitzen und verfalle nicht in Enttäuschung und Panik, wenn sie auftreten.

Lediglich die Gefühlsebene hinkt in der Besserung noch hinterher – richtig weinen /traurig sein / aus der Haut fahren geht immer noch nicht – vielleicht auch eine NW des ADs?

Ich habe durch die Medikamente über 20 kg zugenommen und fühle mich damit weder wohl noch attraktiv oder gar sexy – ABER das ist im Moment für mich absolut sekundär gegenüber der Erleichterung, mich ansonsten wieder gut und fast „normal“ zu fühlen. Kommt Zeit, kommt Rat, kommt Gewichtsreduktion!

Es ist mir auch bewusst, dass sich dieser Status Quo auch wieder verschlechtern, die Krankheitssymptomatik wieder aufflackern kann. Doch für den Moment genieße ich diesen Zustand, dieses Gefühl, nach über zwei Jahren wieder auf so einem Level zu sein, und freue mich einfach darüber, gerade auch im Hinblick auf das, was ich – für den Moment – überwunden habe.

______________________________________________________________________________

Ein ellenlanges Posting, ich weiß! Aber mir war wichtig, neben dem positiven Jetztzustand auch die ganzen Abgründe, die eine schwere Depression so mit sich bringt, zu schildern – und zu bekräftigen, dass auch aus solchen Abgründen ein Weg wieder herausführt!

Nochmals: Dies ist nicht DER Weg aus der Depression heraus! Es ist EIN Weg, eben MEIN Weg, der so einzigartig ist wie ich und meine Form der Depression. Jeder Mensch ist einzigartig, jede Depression ist anders, und manches, was ich geschildert habe, wird anderen Betroffenen vielleicht nicht weiterhelfen. Es ist mein subjektiv erfahrener Weg mit und aus der Krankheit heraus, zurück ins Leben. Aber ich hoffe sehr, dass er anderen Mut macht und Kraft gibt, durchzuhalten, weiterzukämpfen, sich Hilfe zu suchen und diese auch anzunehmen etc.

Aus diesem Grunde bitte ich auch ernsthaft und inständig darum, hier keine Diskussionen über einzelne Aspekte oder das Thema als solches aufkommen zu lassen!

LG
Lioness



Wir brauchen den Blick nach hinten, um unser Leben zu verstehen. Wir brauchen den Blick nach vorne, um unser Leben zu LEBEN!
Emriye2
Beiträge: 814
Registriert: 12. Sep 2005, 08:45

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von Emriye2 »

otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von otterchen »

Hallo Lioness,

danke für Deinen ausführlichen Bericht. Erschreckend, wieviel Du hast aushalten müssen und wie lange. Aber Du gibst mir Hoffnung, dass alles besser wird! Finde jetzt nicht die rechten Worte, trotzdem danke dafür.

Den Nick "die Löwin" scheinst Du zu Recht zu tragen... Du kannst kämpfen, und Du kannst stolz darauf sein!
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
a.w.
Beiträge: 152
Registriert: 4. Aug 2006, 19:33

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von a.w. »

Hallo Ihr Lieben,
ich möchte auch mal wieder den Mutmacherthread nutzen. Zum Einem, weil es mir schon seit etlichen Wochen relativ gut geht, zum Anderen aber, weil ich mir auch selbst mal Mut machen muss. In den letzten zwei Tagen stand ich etwas auf der Kippe und war kurz davor, meinen dunklen Gedanken Oberhand zu gewähren. Das schlechte Wetter hat sicherlich dazu beigetragen.
Bin dann ins Solarium gegangen, habe gute Musik gehört und mir ´ne fette Pommes mit Hamburger reingezogen. Das hat geholfen und ich bin gedanklich nicht wieder ins Loch gefallen.
Ich hoffe, dass es Euch auch gut geht. Und denen, die gerade traurig und deprimiert sind wünsche ich, dass es ganz schnell wieder aufwärts geht. Ich denk´an Euch.
Janina
Heute ist der erste Tag vom Rest Deines Lebens. Mach was draus !!
Ele
Beiträge: 481
Registriert: 19. Mär 2003, 22:17
Kontaktdaten:

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von Ele »

Hallo Lioness, hallo alle,

unheimlich bewegend Dein Posting. Ich spüre die Kraft und den Kampfgeist, der in Dir steckt.

Ich bin derzeit auch auf einem "guten Weg". Ich mache unheimlich viel Sport und merke, wieviel Energie ich habe, ich kann mich durchbeissen und das werde ich auch tun.

Ich habe angefangen mich selber wieder wahrzunehmen, habe Lust, was für meinen Körper zu tun, meinen Körper so anzunehmen, wie er nun mal ist (nach 17 kg Gewichtsabnahme wg. Absetzens von Mirtazapin) auch eine Art mich selber wertzuschätzen.

Soweit allerdings, dass ich die Krankheit als solche annehmen kann, bin ich noch nicht.

Sicherlich geht es mal auf und mal ab, aber ich habe bei allem was mir in den letzten 47 Jahren so widerfahren ist nie aufgegeben (dank der Unterstützung von guten Freunden und einem guten Psychiater) Ich bin mir sicher, dass es sich lohnt zu kämpfen und dass ich aus jedem Tief gestärkt hervorgehe.

Huch, hört sich ja an wie das Ende einer TV-Schnulze. Nein, ich meine es ernst. Wenn man soviel erlebt hat, wie die meisten hier, muss man einfach riesige Kräfte entwickeln um zu überleben und wenn man es schafft die Kräfte nicht gegen sich, sondern für sich anzuwenden, ist man auf einem sehr guten Weg.

Ich wünsche Euch viel Mut und Kraft!

Ele
>> Du mußt Chaos in dir tragen um einen tanzenden Stern zu gebären...>>

Friedrich Nietzsche

Lioness
Beiträge: 1911
Registriert: 29. Mai 2005, 23:21

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von Lioness »

..... und DU gibst mir Mut, Liebe Ele, dass ich in absehbarer Zeit das Mirtazapin absetzen und dann auch ein paar der etlichen Kilos, die sich dadurch irgendwie eingefunden haben, wieder loswerde!

Lieben Gruß
Lioness



Wir brauchen den Blick nach hinten, um unser Leben zu verstehen. Wir brauchen den Blick nach vorne, um unser Leben zu LEBEN!
CyberAndrea
Beiträge: 6
Registriert: 22. Jan 2007, 16:36

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von CyberAndrea »

auf Lioness Wunsch stelle ich meinen soeben im Medi-forum geposteten Beitrag auch hier ein, denn er passt

Hallo zusammen,
ich kenne dieses Forum nun auch schon eine ganze weile, und es hat mir - in den schlimmen Zeiten meiner Depression - manches mal sehr geholfen, so habe ich z.B. hier gelesen, als ich kurz davor war so ziemlich alles in meinem Leben hinzuschmeissen (Job, Beziehung), dass man in einer Depression NIE NIE NIE solche wichtigen Entscheidungen treffen solle.
Für mich war das damals "sonnenklar", dass das ganze Leben nicht mehr lebenswert erschien - dass das alles nur auf diese Krankheit zurückzuführen war, das habe ich erst viel viel später verstanden.

Aber hier meine Geschichte - die ich schreibe um anderen betroffenen Mut zu geben - es GIBT einen Ausweg - IMMER!!!

Im März 2005 hat es ein Ereignis in meinem Leben gegeben, dass mich nach einer kurzen Zeit, völlig aus der Bahn geworfen hat:
Mein Freund hat mir einen Heiratsantrag gemacht!
Tja, werden jetzt vielleicht viele denken: warum denn das?? ist doch was schönes?? da freut man sich doch??!! Und glaubt mir, all diese Gedanken sind mir in dieser schwierigen Zeit 100mal am Tag durch den Kopf gegangen - aber es war so wie es war: das ganze hat viele viele Ängste bei mir ausgelöst, Zweifel, Bindungsangst, Angst dem ganzen nicht gewachsen zu sein, den gesellschaftlichen Anforderungen die an mich gestellt wurden/werden nicht gewachsen zu sein, Angst vor..... weiss ich nicht was.

In einer Phase von ca. 3-4 Wochen bin ich quasi zu einem psychischen Wrack geworden, mit Panikattacken, Zittern, schlaflosen Nächten in denen in seitenweise Notizblöcke mit meinen Gedanken gefüllt habe, Arbeitstagen die keine waren, weil ich mich nicht konzetrieren konnte.....

Ich bin dann zu einem (meinem) Neurologen gegangen, habe da wie ein Häufchen Elend gesessen und nur geheult.

Nach ein paar kurzen Ausflügen mit Insidon und Trimipramin hat mein Arzt mir dann ziemlich schnell Mirtazapin gegeben.

Damit habe ich im Juni 2005 begonnen (ich glaube mit einer Dosis von 15mg die ich dann im Verlaufe von einigen Wochen auf 45mg gesteigert habe).
Die erste Zeit war grauenhaft!!!
Ich war mehr denn je ein Schatten meiner selbst, jedenfalls habe ich mich so gefühlt. Ich fühlte mich sehr oft benommen, wie als würde ich neben mir stehen und verspürte statt der erhofften Besserung einfach nur einen bleiernen Druck auf mir.
Leistungsfähigkeit im Job war damals zwar nicht gleich null, aber tendierte in diese Richtung - auf den Job gehe ich deswegen so ein, weil es für mich damals eine Zeit war in der ich unglaublich ätzende Aufgaben hatte, zu denen hätte ich mich wahrscheinlich noch nicht einmal im gesunden Zustand ordentlich aufraffen können.
Mein Partner hat in dieser Zeit immer zu mir gehalten - er war da wenn ich ihn brauchte (jedenfalls meistens) - er hat an mich geglaubt, mich von den größten Dummheiten abgehalten, hat mir immer wieder gesagt, ich sei krank, was ich ihm partout nicht glauben wollte.... (wie? ich und krank?? niemals!!)

Ich kann gar nicht mehr genau sagen wann, aber irgendwann in den Wochen darauf ist es besser geworden, ja eigentlich kann man sagen, dass es auf den Normalzustand zurück ging. Im Job ging es auch wieder aufwärts, ich hatte eine neue interessante und herausfordernde Aufgabe bekommen, die ich noch heute mit sehr viel Elan verfolge.

Im Februar 2006 war es dann das erste mal soweit, dass ich (immer in enger Absprache mit meinem Arzt) reduzieren durfte (von 45mg auf 30mg).
Diese Schritte nach unten waren für ein paar Wochen immer mit Symptomen wie kribbeln in den Fingern und ängstlichem Beobachten des eigenen Zustands verbunden.
Auch der Schlaf war in den ersten Tagen dieser Reduzierung schon mal nicht so durchgängig mit mit der höheren Dosis davor.

Letztlich bin ich mit dem Step von 45mg auf 30mg aber sehr gut klar gekommen.

Dann habe ich gleich wieder im Juni 2006 von 30mg auf 15mg redzuziert - alles wie bei der ersten Reduzierung sehr gut geklappt. Gespürt das ich da etwas verändere habe ich aber immer.

Nun habe ich im Dezember 2006 von 15mg auf 7,5mg reduziert und werden im Februar ganz aufhören. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie happy ich damit bin!!!!!!

Was ich jedem von Euch sagen möchte, der sich vielleicht auch im Moment in einer schlimmen Lage befindet und hier Hilfe sucht:
- vertraue darauf, dass es Medikamente gibt die dir helfen.
- mache eine begleitende therapie bei einem einfühlsamen Therapeuten.
- gebe diesen Medis eine Chance die Wirkung zu entfalten, dass geht nicht von heute auf morgen, sondern braucht seine Zeit.
- wenn jemand auch absetzen möchte und sich nicht sicher ist, ob es "gut" ist: mach es langsam und gaaanz sanft, dann kann eigentlich nichts passieren, lass dir Zeit mit dem kompletten ausschleichen. ich habe mir jetzt fast ein jahr Zeit gelassen.

Ich hoffe das mein Beitrag ein kleines bißchen Mut verbreiten kann!!!

P.S.: mit meinem Freund ist alles in Ordnung, wir haben diese schwierige Phase zusammen durchgestanden, und ich habe ihm gerade heute morgen noch gesagt, wie dankbar ich ihm bin, dass er immer zu mir gehalten und den glauben an mich nie verloren hat. Ach ja, und unsere Hochzeit steht noch in diesem Jahr an, das Thema ist immer noch nicht ganz einfach für mich (dies hat eine längere Vorgeschichte, die ich hier aber nicht erzählen möchte) aber ich bin mir sicher, dass wir das richtige tun

Ganz liebe Grüße von
andrea
Lioness
Beiträge: 1911
Registriert: 29. Mai 2005, 23:21

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von Lioness »

Vielen lieben Dank, Andrea! Und auch Du gibst mir Mut, das Mirtazapin demnächst wenigstens verringern zu können (noch lieber täte ich ja die Rettungsringe am Bauch verringern...)

Beste Grüße
Lioness



Wir brauchen den Blick nach hinten, um unser Leben zu verstehen. Wir brauchen den Blick nach vorne, um unser Leben zu LEBEN!
CyberAndrea
Beiträge: 6
Registriert: 22. Jan 2007, 16:36

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von CyberAndrea »

hallo lioness,

ich habe damals immer den Fehler gemacht, dass ich zu ungeduldig war. am liebsten wäre mir am 3. Tag meiner Depression gewesen, dass der Arzt mir hätte sagen können in 7 Tagen ist der spuk wieder vorbei

Wie lange nimmst du denn Mirtazapin schon?

Noch eine Frage an alle:
wie sieht es bei aus mit der Gewichtsabnahme?
Ich war vor der Einnahme immer schon sehr schlank, und habe auch nicht so viel zugenommen (4-5 kg), wann gehen die denn wieder weg?? Wenn man ganz abgesetzt hat?
So richtig dolle Effekte habe ich mit meinem sanften Absetzen noch nicht verspürt
LG
Andrea
Lioness
Beiträge: 1911
Registriert: 29. Mai 2005, 23:21

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von Lioness »

..... das besprechen wir dann lieber wieder im Deinem Thread im Medikamenten-Unterforum, ok?

LG
Lioness



Wir brauchen den Blick nach hinten, um unser Leben zu verstehen. Wir brauchen den Blick nach vorne, um unser Leben zu LEBEN!
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von otterchen »

Hallo,
ich denke, auch dies hier passt in den Mutmachthread.
Ich hatte den Kontakt zu einer Freundin einschlafen lassen (sozialer Rückzug) und habe mir gestern ein Herz gefasst, mich wieder bei ihr zu melden. Ich habe also eine schüchterne Email verfasst und ihr kurz geschildert, was los ist. Ihre Antwort kann Euch hoffentlich etwas Mut machen, auch wieder Kontakt zu Leuten aufzunehmen.

>Hallo!<
>zunächst mal: ich bin ziemlich bestürzt.<
>Als "Außenstehender" ist so etwas ja (leider) nicht so einfach zu begreifen. Zumal Du schreibst, dass Du wohl schon seit ca. 3 Jahren in der Depression lebst und wir ja in dieser Zeit durchaus Kontakt hatten (... und ich - ehrlich gesagt - nichts gemerkt habe ...).<
>Apropos Kontakt: na ja, gewundert hatte ich mich schon, dass von Dir nix mehr kam. Allerdings: ich hätte ja auch noch mal nachhaken können. Bei mir sieht es aber halt manchmal so aus, dass ich mich einfach nicht zum E-Mail-Schreiben aufraffen kann, zumal dann natürlich auch oftmals der Stress hier in der Arbeit mir einfach keine Zeit dazu lässt. Und so kommt dann eins zum anderen und - schwupps - waren dann vor rd. 1 Jahr die Wochen vergangen und die Sache ist eingeschlafen.<
>Jetzt - im nachhinein - bedaure ich es, dass ich Dich nicht weiter kontaktiert habe. Aber ich hatte ja keine Ahnung...! <
>Kurz gesagt: natürlich möchte ich den Kontakt zu Dir halten und will Dir auch gerne in jeder möglichen Form helfen. <
>(xxx zu privat xxx) <
>Ach herrje - irgendwie habe ich nur lauter Fragen im Kopf. Ich möchte Dich aber andererseits auf nicht "überfallen" damit.<
>Du weißt jetzt auf jeden Fall, dass Du Dich jederzeit an mich wenden kannst.<
>Wenn Du magst, können wir uns auch gerne treffen, um zu quatschen.<
>Melde Dich!!!<

Ist das nicht wunderschön?! Ich freu mich riesig!!!
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Anita2
Beiträge: 408
Registriert: 4. Nov 2006, 19:39

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von Anita2 »

Hallo an alle,
ich möchte diesen Thread mal wieder hervor holen, nachdem ich von so vielen Rückfällen lese.

Bei mir war es eine reaktive Depression, die bei der Arbeit ausgelöst wurde.
Sie ist zwar rezidivierend, trotzdem geht es mir seit einem halben Jahr gut. Ich nehme keine Medis und kann mich relativ stabil halten, an den Wochenenden etwas schwieriger, aber es geht ohne Absturz.
Ein Klinikaufenthalt von 3 Monaten hat mir einen neuen Weg aufgezeigt und war das Beste, was mir je passiert ist.

Heute hatte ich mein Traumerlebnis bei der Arbeit!
Dass dieser Gedanke ein Traum sei, hat mir damals in der Klinik mein Therapeut gesagt und nun ist er Wirklichkeit geworden. Mein ehemaliger Vorstand hat indirekt über meinen heutigen Chef eingeräumt, damals einen Fehler begangen zu haben.
Ich wurde erst gemoppt und dann in einen anderen Vorstandsbereich versetzt.
Mir macht meine Arbeit wieder Spaß und das Erlebnis heute lässt mich wieder etwas an Gerechtigkeit glauben.
Ich möchte nicht mehr in den alten Job zurück, hatte aber den Wunsch, dass man erkennt, dass die Probleme nicht an mir lagen. Ich habe nun in meinem neuen Job viel Erfolg und in meinem alten läuft es mit der Nachfolgerin nicht so optimal. Die Stimmung dort im Bereich ist schlechter denn je.

Hat mich irgendwie sehr gefreut und ich hoffe, dass viele hier im Forum irgendwann auch ähnliche Erfolge verzeichnen können.

Ich werde dies auch meinem Therapeuten in der Klinik schreiben, da man einen Traum ja nicht jeden Tag Leben bzw. erleben kann!

Alles Gute an alle hier, ich möchte gerne ein Stück der guten Gefühle an alle hier abgeben.

Liebe Grüße
Anita
Lioness
Beiträge: 1911
Registriert: 29. Mai 2005, 23:21

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von Lioness »

Ihr Lieben,

heute hatte ich wieder Besuch von meiner Betreuerin vom psychosozialen Fachdienst/Integrationsfachdienst. Sie hat sich mit mir über mein bestandenes 2. Staatsexamen gefreut. Als ich stolz mein Zeugnis mit der Fakultas (Lehramtsbefähigung) präsentierte, meinte sie: "Wissen Sie noch, Frau X, als wir uns vor zwei Jahren in der Klinik kennenlernten - da konnte davon noch nicht die Rede sein! Da wussten Sie nicht, wie es weitergeht, sprachen von Abbrechen und Sozialhilfe...... Welchen Weg sind Sie bisher gegangen! Damals waren Sie eine andere Person!"

Womit sie ziemlich Recht hat - vor zwei Jahren hätte ich es nie für möglich gehalten, dass ich es wirklich schaffe. Ich glaube es ja selber noch nicht so richtig, lese mir das Zeugnis jeden Tag mehrfach durch, aber zum Glück steht es jedesmal noch drin, dass ich bestanden habe, dass ich jetzt wirklich "richtig echte" Lehrerin bin!

Es tat gut, sich das abgrundtiefe dunkle Loch von vor zwei Jahren nochmal in Erinnerung zu rufen und festzustellen: DA bin ich komplett herausgekrabbelt und stehe nun wieder gerade und aufrecht auf festem Boden und im Lichte!

Und was auch immer kommen mag: Ich weiß, ich habe es einmal geschafft - ich kann es, ist es nochmals nötig, auch wieder schaffen! Und das ist ein verdammt gutes Gefühl!
Lioness



Wir brauchen den Blick nach hinten, um unser Leben zu verstehen. Wir brauchen den Blick nach vorne, um unser Leben zu LEBEN!
Regenbogen16

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von Regenbogen16 »

Hallo Lioness!

Ich freue mich aus ganzem Herzen mit Dir!!!
Jeder Betroffene kann erahnen, wie viele persönl. Niederlagen und Rückschritte es gekostet haben muss - auf dem Weg zurück ins lebenswerte Leben!
Aber das geschafft zu haben ist ein sehr grosser(!!) Sieg und es gibt auch MIR Hoffnung, irgendwann wieder ans Licht zu gelangen!
Ganz lieb "drück";
Fridolina
rm
Beiträge: 2209
Registriert: 5. Nov 2006, 15:46

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von rm »

Hallo Loiness,

auch von Emma und mir: Glückwunsch!!
Ein STARKES Posting !!!

Reinhart + Emma +
Lioness
Beiträge: 1911
Registriert: 29. Mai 2005, 23:21

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von Lioness »

Hochgeholt!!!
Lioness



Wir brauchen den Blick nach hinten, um unser Leben zu verstehen. Wir brauchen den Blick nach vorne, um unser Leben zu LEBEN!
Weltenwandlerin
Beiträge: 677
Registriert: 9. Mai 2006, 13:19

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von Weltenwandlerin »

Hallo ihr!

Seltsam, dass ich hier noch nicht geschrieben habe, obwohl es mir immer besser geht. Also jetzt.

Meine Geschichte habe ich schon mehrmals angedeutet: schwierige Familie, Scheidung der Eltern, Traumata. Daraus resultierende Persönlichkeitsstörung. Sie verursachte u.A. auch meine labile Stimmung. Depressionen, Hypomanie, Dissoziationen...und diverse körperliche Leiden. 5 Jahre Therapie, 2 mal Klinink, jetzt eine weitere Therapie. Ich habe sehr gelitten, wie wir alle hier. Am schlimmsten fand ich das ewige auf und ab. Natürlich insbesondere die Abstürze.

Ich bin eine von denjenigen, der man ihr Leid oft nicht ansieht. Ich werde überschätzt, weil ich mich selber entsprechend darstelle. Trotz allem habe ich gekämpft wie eine Löwin, meine Ausbildung geschafft, dass Studium fast beendet, eine stabile Partnerschaft. Innen drin sah es oft ganz anders aus: Gefühle der Sinnlosigkeit, Zweifel, Einsamkeit, Selbsthass, Verzweiflung.

Zu meiner Stabilisierung trug die erneute Therapie, Fluoxetin, Sport, mein Partner und Buddha/Meditation bei. Durch meine Erkrankung habe ich mich sehr viel mit mir, dem Leben, Sinn und Unsinn des Seins, persönlichen Zielen etc.auseinander gesetzt. Ich habe meine persönliche Dame in Schwarz gut kennen gelernt. Sie ist zwar immer noch nicht mein allerliebster Gast, aber ich behandle sie inzwischen mit mehr Respekt. Sie hat so viel weises und nützliches zu sagen!

Es geht mir trotzdem auch noch mal schlecht. Ich bin ein Mensch, ich denke, es gehört einfach dazu. Meine Probleme sind immer noch präsent, aber mein Umgang mit ihnen hat sich verändert.

Trotzdem mache ich mir keine Illusionen: alles fließt, und so schließe ich einen Rückfall nie mehr aus. Wenn ich eins gelernt habe, dann DAS.

Ich wünsche mir, das jeder Einzelne hier seinen persönlichen Weg des heil-werdens finden und gehen wird.

Viele liebe Grüße,
Mika
Werden kennt kein Ende. Der Strom fließt weiter. Jeder Augenblick ist neu. Der Schmerz des Wachsens: der Mühen wert! (Bruno-Paul de Roeck)
Lioness
Beiträge: 1911
Registriert: 29. Mai 2005, 23:21

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von Lioness »

[Rüberkopiert vom alten Thread:]

OTTERCHEN hat geschrieben:

"Hallo Ihr Lieben!

Auch ich möchte diesen Thread noch einmal aus der Versenkung holen.

Ja, mir geht es eindeutig viel, viel besser.

Dazu gehören aber auch, wie ich zugeben muss, glückliche Umstände.

Hier nun eine kurze Schilderung:
mein Problem liegt in der Kindheit begründet, und heute äußert es sich darin, dass ich immer wieder den Bezug zu mir verliere. Ich funktioniere dann noch halbwegs, aber ich lebe dann nicht.

Mir hat geholfen, dass ich jetzt ganz alleine bin und mich um mich selbst "drehen" kann, ohne Ablenkung.

Ich habe eine wundervolle Therapeutin gefunden, die mir sehr sympathisch ist und der ich vertraue.

Ich habe weiterhin einen Psychiater gefunden, der mich anscheinend direkt gut mit Medikamenten versorgt hat.

Dies ist mir allerdings auch nicht so ohne weiteres "zugeflogen".
Ich kümmere mich jeden Tag um mich selbst, versuche zu spüren, zu erkennen, zu begreifen.
Ich arbeite mit, wie immer ich es kann.
Beim Psychiater bin ich z.B. aufgekreuzt mit einem großen Spickzettel, worauf ich alles notiert habe, was meine Depression für mich ausmacht (und das war nicht wenig). Aber er konnte das Ungleichgewicht erkennen zwischen der Nervosität/dem Gehetzt-Sein einerseits und der Antriebs- und Lustlosigkeit andererseits, und er hat die Medikamente daraufhin sorgfältig auswählen können.

Meiner Therapeutin habe ich "einfach so" mal eine Email geschrieben (darin ging es allerdings um ein wichtiges Thema im Rahmen der Therapie), und sie hat mich ermutigt, ihr ruhig weiter zu schreiben, was ich auch immer wieder gerne mache. Überhaupt habe ich entdeckt, dass ich beim Schreiben mein Innerstes gut erkennen kann.
Ich bin total offen und ehrlich mit mir selbst, aber auch der Therapeutin gegenüber. Und ich höre auf die innere Stimme, die mir manchesmal was leise zuflüstert. Und dem gebe ich dann auch nach! Dies hat mich unendlich weit gebracht. Es lösen sich quasi die gordischen Knoten in mir drin. Mein Leben und Erleben empfinde ich als voller, aus mir selbst heraus, auch und vor allem als liebevoller.

Ich möchte diese wunderschöne Erfahrung mit Euch teilen und Euch Mut machen, mit aller Offenheit und Ehrlichkeit Euch selbst zu entdecken, Euch liebevoll zu begegnen, Eure Ängste anzusehen, Eure Unzulänglichkeiten anzunehmen und Euch zu mögen, einfach so, wie Ihr seid.

ICH ICH ICH... wie Ihr seht... alles dreht sich momentan um mich... und ich finde es endlich mal gut so!

Inmitten von Schwierigkeiten
liegen oft Möglichkeiten...
Albert Einstein"

CLOWN hat geantwortet:

«Ich möchte diese wunderschöne Erfahrung mit Euch teilen und Euch Mut machen, mit aller Offenheit und Ehrlichkeit Euch selbst zu entdecken, Euch liebevoll zu begegnen, Eure Ängste anzusehen, Eure Unzulänglichkeiten anzunehmen und Euch zu mögen, einfach so, wie Ihr seid.»

Danke Otterchen!

Lieben Gruß,
Clown"
Lioness



Wir brauchen den Blick nach hinten, um unser Leben zu verstehen. Wir brauchen den Blick nach vorne, um unser Leben zu LEBEN!
Lioness
Beiträge: 1911
Registriert: 29. Mai 2005, 23:21

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von Lioness »

{Rüberkopiert vom alten Thread]

"Fridolina (Regenbogen16)

posted 06/03/2007 21:32

Hallo Otterchen u. Clown!

Angesichts des besonderen Tiefgangs Eurer Zeilen sitze ich heulend vorm PC...
...aus verschiedenen Gründen.
Einerseits kommt für mich beim Lesen hier so viel Wärme rüber; andererseits fühle ich mich gerade so furchtbar traurig, weil ich nicht weiss, ob ich die "Kurve" diesmal kriege.
...will dies nicht vertiefen, weil ich da wohl im falschen Thread wäre,
aber ich danke Euch, dass ihr einem an den positiven Gedanken teilhaben lässt.
Für das, was ich noch gerne sagen würde, fehlen mir die Worte...
Fridolina

"Wenn Du nicht mehr weiter weisst, schau´, ob nicht ein Schmetterling auf Deiner Schulter sitzt..."
Lioness



Wir brauchen den Blick nach hinten, um unser Leben zu verstehen. Wir brauchen den Blick nach vorne, um unser Leben zu LEBEN!
Lankes
Beiträge: 321
Registriert: 4. Aug 2006, 16:47

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von Lankes »

Ich möchte auch noch gerne was hinzufügen....wenn ich mir so meinen Bericht von Oktober 2006 durchlese...es liegen Welten dazwischen!

Inzwischen habe ich erkannt und angenommen, daß ich Depressionen und Angststörungen habe. Die Gründe hierfür kenne ich inzwischen auch, wobei der Therapeut und ich da wohl gerade am Anfang sind, aber seither geht es mir wesentlich besser! So als wären mir die Felsbrocken von der Seele genommen worden!
Ich habe mich immer gefragt, warum ich so bin, habe mich für faul und unnütz gehalten!

Meine Eltern haben mir keine Chance gegeben, mich zu entwickeln, haben alles bestimmt, Freunde, Kleidung, zum Schluß sogar Ausbildung und wenn ich nicht krank geworden wäre und dies erkannt hätte, würden sie sich wahrscheinlich noch heute in mein Leben einmischen! Das hatte nichts mehr mit Liebe zu tun! Sie haben mich psychisch fertig gemacht, sie sind schuld an meiner heutigen Erkrankung! Ja, sie haben es nicht anders kennengelernt, aber mir hilft es nicht, sie in Schutz zu nehmen!
Ich habe immer für alles die Schuld in die Schuhe geschoben bekommen! Wie anders ist das jetzt seit der Therapie geworden!

Kaum kam das in der Therapie raus, kaum nahm mir der THera die Schuld, ging es mir besser! Ich habe immer noch Höhen und Tiefen, aber nicht mehr so schlimm, mir geht es besser, ich bin erleichtert!

Ich habe zum ersten Mal das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein. Noch bewege ich mich auf dünnem Eis, bin sehr vorsichtig, aber ich bin mir inzwischen immer sicherer, daß auch ich meinen Weg finden werde.
Und inzwischen bin ich seit 10 Monaten ohne Antidepressivum!
Ich weiß, daß mich sowohl Angst und Depressionen mein Leben lang begleiten werden, so wie ein Aufpasser im Hintergrund.
Und wehe, ich falle wieder in alte Denkweisen oder Verhaltensweisen zurück - schon wird sich beides melden!
Aber ich sehe eine Chance, irgendwann wieder ein glückliches Leben führen zu können! Anders als früher, aber muß das deshalb schlechter sein?

Ich habe anfangs die Krankheit, meine Schwäche verflucht! Inzwischen fange ich sogar an, dankbar zu sein! Verrückt? Ich habe eine Chance, umzudenken - ich komme gar nicht drum herum! - und eine Chance, meinen Kindern eine bessere Mutter sein zu können, als ich es kennengelernt habe! Ich hoffe, es ist noch nicht zu spät, die Kids sind 10 und 7! Wenn ich aber in ihre strahlenden Augen sehe, ihre Liebe spüre, dann weiß ich, es ist noch nicht zu spät, noch kann ich was retten! Danke!

Mein Mann und ich waren gestern Abend auf einem Vortrag über Depressionen. Es wurde vieles bestätigt, was gerade in der Therapie rauskommt. Ich fange vor allem immer mehr an, die Depression wirklich als Chance zu sehen! Sie zwingt mich, über mich nachzudenken, mich zu ändern - vielleicht werde ich ja mal so, wie ich es mir als Kind gewünscht habe?


Katy



***Ein neues Leben kann man nicht anfangen, aber täglich einen neuen Tag***

***Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.***
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von otterchen »

Liebe Fridolina,

es berührt mich tief, dass Dir bei dem Geschriebenen die Tränen kamen. Und danke, dass Du Wärme in meinen Worten erkennen konntest - diese Rückmeldung bringt mich sogar zum Staunen - ich kann Wärme zum Ausdruck bringen? Das tut sooo gut, sowas von Dir zu lesen!

Lass Dich lieb von mir umarmen... Ratschläge will ich Dir nicht geben sondern meine besten Wünsche; ich will Dir Mut zusprechen, Hoffnung geben, Kraft und Liebe.

Das Otterchen
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Regenbogen16

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von Regenbogen16 »

Lioness
Beiträge: 1911
Registriert: 29. Mai 2005, 23:21

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von Lioness »

*Hochgeholt, da in einem anderen Thread hierhin verwiesen wurde!*
Lioness



Wir brauchen den Blick nach hinten, um unser Leben zu verstehen. Wir brauchen den Blick nach vorne, um unser Leben zu LEBEN!
imagine
Beiträge: 1068
Registriert: 18. Jun 2006, 20:46

Re: Der Mutmachthread II

Beitrag von imagine »

Hallo Lioness,

das finde ich gut, denn ich habe ihn gesucht, um ihn hochzuholen, aber nicht gefunden

freundliche Grüße
imagine
Schweigen ist die unerträglichste Art der Erwiderung (Chesterton)
Antworten