Langzeitgebrauch von Cipralex

powersofti2
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Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von powersofti2 »

Pfui Xena

du hast einfach meine Worte aus meinen Mund geklaut

@Zephyr im obern Post habe ich geschrieben bei welchen Personen das Risiko erhöht ist und das es nicht am SSRI selber liegt
ANOVA
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Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von ANOVA »

Naja, Powersofti, das liegt daran, dass mein zweiter Vorname "Plagiat" ist.
Zephyr
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Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von Zephyr »

Hallo Xenia

Die Ergebnisse sind (vorerst) widersprüchlich, da sind wir uns wohl einig. Oder?

Ich habe auch nirgends behauptet, SSRI könnten das Suizidrisko erhöhen, sondern darauf hingewiesen, dass darüber diskutiert wird. Und das als Antwort auf Feststellung von powersofti: "Das Leben ohne Depressiva kann unter Umständen genauso sinnvoll sein wie ein Leben ohne Medikamente für Herzkranke und Diabetiker ...... nämlich relativ kurz."

Darüber brauchen wir uns nicht weiter zu streiten.

Zepyhr
ANOVA
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Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von ANOVA »

Hallo Zephyr,

ich finde das eigentlich nicht wirklich widersprüchlich...

Suizidversuche und Suizide sind m.E. nicht "Mitglieder" derselben Kategorie. Außerdem kann man ohnehin nur auf etwaige Korrelationen hinweisen, nicht aber Kausalitäten klären (zumindest zum heutigen Zeitpunkt nicht). Dazu fehlen die Möglichkeiten, alle zusätzlich eine Rolle spielenden Variablen zu kontrollieren, würde ich mal schätzen.

Ich habe auch nicht vor zu streiten, habe nur geschrieben, wie ich den Artikel verstanden habe.

Gruß

Xenia
powersofti2
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Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von powersofti2 »

Laut dem Artikel findet sich ein signifikant erhöhtes Risiko bei einem SNRI welches man aber nicht mit SSRI vergleichen sollte
Zephyr
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Signifikanz

Beitrag von Zephyr »

Im Artikel steht:

Auffällig ist (in Tabelle 24) in der Gruppe der unter 25-Jährigen ein höheres Suizidalitäts-Risiko von selektiven Noradrenalin-Reuptake-Inhibitoren (SNRI) wie Duloxetin und Venlafaxin (Odds Ratio der Gruppe 5,13; 95-Prozent-Konfidenzintervall 1,80-14,6), während die selektiven Serotonin-Reuptake-Inhibitoren (SSRI) als Gruppe besser abschnitten (Odds Ratio 1,73; 1,19-2,52). Diese Gruppe ist allerdings sehr heterogen und nur für Paroxetin wurde hier ein signifikant erhöhtes Risiko (Odds Ratio 2,3; 1,10-4,96) gefunden. Wie die Experten diese Daten bewerten werden, bleibt abzuwarten.

Signfikant ist offenbar nicht signifikant...

Zephyr
Zephyr
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Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von Zephyr »

Liebe Xenia

Dass Suizidversuche und Suizide nicht "Mitglieder" derselben Kategorie sind, ist tatsächliche eine Schwachstelle bei allen derartigen Untersuchungen. Noch einmal: Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es eine Diskussion darüber gibt.

Zephyr
SchwarzeSchnecke

Suizid und SNRI, SSRI und PAROXETIN

Beitrag von SchwarzeSchnecke »

Hallo,

"Auffällig ist (in Tabelle 24) in der Gruppe der unter 25-Jährigen ein höheres Suizidalitäts-Risiko von selektiven Noradrenalin-Reuptake-Inhibitoren (SNRI) wie Duloxetin und Venlafaxin (Odds Ratio der Gruppe 5,13; 95-Prozent-Konfidenzintervall 1,80-14,6), während die selektiven Serotonin-Reuptake-Inhibitoren (SSRI) als Gruppe besser abschnitten (Odds Ratio 1,73; 1,19-2,52). Diese Gruppe ist allerdings sehr heterogen und nur für Paroxetin wurde hier ein signifikant erhöhtes Risiko (Odds Ratio 2,3; 1,10-4,96) gefunden. Wie die Experten diese Daten bewerten werden, bleibt abzuwarten."
...Also DAS finde ich interessant!

Wußtet ihr, daß PAROXETIN gar kein reiner SSRI ist – sondern auch die Wiederaufnahme von NORADRENALIN hemmt (zwar nicht so stark wie die von SEROTONIN, aber doch deutlich)?
Und daß dies auch für höhere Dosen von FLUOXETIN und FLUVOXAMIN gilt?
(Und soweit ich weiß, beeinflußt SERTRALIN ein wenig das DOPAMIN. Die einzigen SSRI, die ausschließlich serotonerg wirken, sind CITALOPRAM und CIPRALEX.)

Bei mir jedenfalls haben die Selbstmordgedanken unter CITALOPRAM und unter CIPRALEX NACHGELASSEN – unter FLUOXETIN nicht.

VG, Anne
Zephyr
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Paroxetin-Warnung

Beitrag von Zephyr »

Und interessant ist auch, dass GlaxoSmithKline bezüglich Paroxetine sich sehr viel vorsichtiger äussert als unsere Runde von "Experten" und "Expertinnen" in diesem Thread.

In einem "Medical information letter" schreibt die Firma:

The prescribing information for Paxil and Paxil CR (as with all antidepressants approved for the treatment of major depressive disorder (MDD)) contains a black box warning outlining an increased risk of suicidal thoughts and behavior in children and adolescents treated with antidepressant medications and emphasizes the need for close monitoring of all patients started on these medications. This labeling also contains language about the need to monitor all patients, including adults, for suicidal behavior or thinking, and previously stated that it was unknown whether the risk seen in pediatric patients extended to adults.

Zu finden unter

http://www.gsk.com/media/paroxetine/mi_letter.pdf

Zephyr
Zephyr
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Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von Zephyr »

Liebe Anne

Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort. Deine Überlegungen machen für mich Sinn. Wenn Du beispielsweise schreibst, dass Du Cipralex nach Deinen Erfahrungen mit anderen Medikamenten den Vorzug geben würdest, froh über die teilweise eingetretene Wirkung seist und das wichtiger finden würdest als irgendwelche möglichen Schäden nach längerer Einnahme. Das ist eine Klarheit, die ich für mich im Moment so leider noch nicht habe (vielleicht auch weil ich weniger Erfahrung im Umgang mit Medikamenten habe als Du).

Werden diese Medikamente in Zukunft ihre Zulassung behalten? Werde wir uns diese Medikamente in Zukunft noch leisten können? - Gute Fragen!

Im Moment stehen die Karten für gewisse Antidepressiva tatsächlich nicht besonders gut. Allerdings ist es für mich kaum denkbar, dass sie plötzlich ihre Zulassung verlieren. Ich könnte mir aber vorstellen, dass sie als Lifestyle-Drogen, als die sie auch und wohl vor allem vermarktet werden, nicht mehr oder nicht mehr bedenkenlos eingesetzt werden (dürfen). Ob wir uns die neuen Medikamente noch leisten können? Möglich, dass sie so teuer sind, dass nicht alle sie kaufen können (ich könnte mir vorstellen, dass Medikamente in Zukunft für zahlungskräftige Patienten massgeschneidert werden...).

Aber irgendwie werden wir es packen!

Zephyr
Zephyr
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Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von Zephyr »

Lieber powersofti

Mit Deiner zweiten, ausführlicheren Antwort über Deinen Umgang mit möglichen Risiken kann ich mehr anfangen.

Vielen Dank!

Zephyr
Edeltraud
Beiträge: 1495
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Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von Edeltraud »

Hallo Zephyr,

wie du evtl. in d i e s e m Forum hier zusätzlich zum Langzeitgebrauch von Cipralex zu Infos/Erfahrungsberichten kommen könntest:
Vielleicht machst du dir die Mühe und stöberst mittels suchen-Funktion nach Cipralex und fragst bei den Leuten direkt per Mail nach.
Liest ja nicht unbedingt jeder mehr hier mit.

Zu deinem Beitrag: des Artikels im Ärzteblatts. Ich finde, das wäre einen Extra-Thread wert, geht ziemlich unter hier. Sicherlich interessant zu wissen für viele, und evtl. doch nicht gelesen, aufgrund des Betreffs dieses Threads hier.

So, das war das mir Wesentliche.

Grüße,
Edeltraud
Zephyr
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Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von Zephyr »

Liebe Edeltraud

Mit dem, was Anna und powersofti geschrieben haben, kann ich durchaus etwas anfangen. Aber danke für den Hinweis.

Zephyr
SchwarzeSchnecke

Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von SchwarzeSchnecke »

@ Zephyr:


– Zu dem "Medical information letter":

Ich würde Dir raten, das nicht überzubewerten. Solche Warnungen stehen (zumindest in den USA) nicht nur bei PAROXETIN drauf, sondern bei fast allen AD. Auch viele andere Medikamente (nicht nur Psychopharmaka) haben solche oder ähnliche "black box warnings". Die FDA gibt sie immer dann heraus, wenn etwas Auffälliges vorkommt und ein Zusammenhang zu dem Medikament vermutet wird. Manchmal handelt es sich dabei nur um wenige Einzelfälle, aber den Vorschriften entsprechend muß eine solche Warnung trotzdem herausgegeben werden.
Ich möchte dazu noch anmerken, daß in den USA in der Gebrauchsanweisung für einen Mikrowellenherd drinstehen muß, daß man keine Katzen hineintun darf... Jemand hatte das mal gemacht, fand das Ergebnis nicht so befriedigend und verklagte die Herstellerfirma. Sie bekam recht, weil sie den entsprechenden Hinweise nicht in die Gebrauchsanweisung geschrieben hatte. Und so ähnlich ist es dort auch mit den Medikamenten. Ich habe schon mehrere solche Dinger gelesen, und manchmal mußte ich dann ungläubig den Kopf schütteln.

– Zu den Risiken der Langzeiteinnahme ist mir auch noch was eingefallen, vielleicht so eine Art Ergänzung zu den Postings von powersofti:

Angenommen, jemand – z.B. Du – nimmt das AD über einige Jahre oder auch lebenslang ein und kann damit ein ziemlich normales Leben führen. Irgendwann wird dann z.B. bei einer Blutuntersuchung festgestellt, daß das Medikament einen Schaden verursacht hat. Derjenige zuckt dann entweder mit den Schultern und nimmt es in Kauf, oder er reagiert empört und fängt an, über das Medikament zu schimpfen.
Aber was wäre passiert, wenn er das AD NICHT genommen hätte? Depressionen können körperliche Erkrankungen verstärken oder zu deren Entstehung beitragen. Z.B. ist bekannt, daß Depressive oft ein geschwächtes Immunsystem haben und daher häufiger Infektionen bekommen, daß überdurchschnittlich viele Depressive Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben (und zwar auch solche, die KEINE AD nehmen), ..., daß Krankheiten wie z.B. Krebs bei ihnen häufiger einen schlechten Verlauf nehmen, ..., und daß ihre Lebenserwartung im Durchschnitt daher geringer ist – und zwar auch dann, wenn man die Suizide herausrechnet!

– Zu Deiner Bemerkung weiter oben, Du habest Repekt vor CIPRALEX, weil Du mit dem Absetzen Probleme hattest:

Leider hast Du nicht geschrieben, WIE Du es absetzen wolltest. Grundsätzlich sollte man AD ja nicht von einem Tag auf den anderen absetzen, sondern langsam ausschleichen (mindestens über mehrere Wochen, am besten jedoch über mehrere Monate). Zwar lassen sich die Tabletten nur in der Mitte durchbrechen, die kleinste mögliche Dosis ist dort also 5 mg. Jedoch gibt es CIPRALEX auch als Tropfen.
Du hast auch keine Angaben darüber gemacht, wieviele depressive Episoden Du schon hattest. Beim Vorliegen von mehreren depressiven Episoden vor dem Ansetzen des AD wird in den meisten Quellen empfohlen, es über einen Zeitraum von etwa 5 Jahren einzunehmen (ggf. in einer etwas niedrigeren "Erhaltungsdosis"), und erst danach einen Absetzversuch zu machen.


––––– off-topic –––––

Ich hab Dir zwar oben schon (etwas indirekt) geschrieben, daß ich Dein Verhalten im Unterforum "Feedback" nicht gut finde, und es hat Dir offenbar nichts gebracht.
Jetzt mache ich trotzdem nochmal einen neuen Versuch.
Du scheinst irgendwie von dem Gedanken besessen zu sein, daß man Dich hier nur deshalb angreift, weil Du "neu" bist ("Wenn das Forum keine neuen Mitglieder mehr will, könnte es für neue Mitglieder geschlossen werden."). Dem ist aber nicht so! – Auch ich bin noch ziemlich "neu", habe mich erst Anfang November 2006 registriert. Auch ich wurde schon ein paarmal angegriffen – allerdings hatte ich dabei in keinem Fall das Gefühl, daß es deswegen ist, weil ich "neu" bin. Insgesamt bin ich jedoch überwiegend freundlich aufgenommen worden. Ich möchte dazu noch anmerken, daß ich dies keineswegs für selbstverständlich halte, denn ich bin nicht immer "einfach".
Du klagst hier darüber, man behandle Dich deswegen schlecht, weil Du "neu" bist – aber gleichzeitig hackst Du auch auf diejenigen ein, die schon länger dabei sind: "Dass altgediente Forumsmitglieder meinen, anderen das vorhalten zu müssen, das ist tatsächlich ein Problem!" – DU bist doch derjenige, der hier einen Graben zwischen "Alten" und "Neuen" zieht!!
Jetzt denkst Du vielleicht: "Aber weshalb werde ich denn dann angegriffen?"
Also: Deine kritischen Fragen und Anmerkungen kommen zum großen Teil sehr herausfordernd, herablassend und ironisch rüber (und sind es wahrscheinlich auch). Daß sich davon einige provoziert fühlen, kann ich durchaus nachvollziehen. Und wenn jemand, der inzwischen eine Weile dabei ist und mit seinen Beiträgen z.B. anderen Usern schon viel geholfen hat, mal etwas kritisiert, dann ist das nun mal anders, als wenn jemand, kaum daß er im Forum ist, gleich anfängt zu schimpfen. Stell Dir doch einfach mal vor, was passierte, wenn das jeder so oder so ähnlich machen würde wie Du: Ins Forum reinkommen und dann fast nur Fragen und Kritik äußern. Dann könnte dieses Forum niemandem eine Hilfe bieten!
Es gibt da so ein schönes Sprichwort: "So, wie man in den Wald hineinruft, hallt es auch heraus!" – Trifft zwar nicht immer zu, aber in diesem Fall vielleicht schon.


Gruß, Anne
Zephyr
Beiträge: 35
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Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von Zephyr »

Also, der Reihe nach...

Zum "Medical information letter": Was Du mit dem Warnhinweis machst, musst Du selber wissen. Ich möchte das hier nicht weiter diskutieren, da es sich dabei auch um eine politische Diskussion handelt, in der das Kompenetznetz Depression eine Meinung vertritt, der ich aufgrund neuerer Forschungsergebnisse nicht folgen kann: http://www.kompetenznetz-depression.de/presse/1876.htm).

Zu den Risiken: Deinen Überlegungen will ich nicht widersprechen. Dennoch, die Frage stellt sich: Was wäre passiert, wenn er oder sie das das Antidepressiva nicht genommen hätte? Allerdings sollte sie mit weiteren Fragen verbunden werden. Was wäre passiert, wenn er oder sie ein anderes Antidepressiva genommen hätte? Vor allem aber: Was wäre passiert, wenn er oder sie eine andere Therapie versucht hätte?

Noch einmal, damit das klar ist: Ich bin nicht grundsätzlich gegen Antidepressiva. Ich bin mir aber bewusst, dass ein Medikament auch seine "Schattenseiten" haben kann.

Damit bin ich beim nächsten Punkt, der Absetzproblematik: Nach zwei gescheiterten Absetzversuchen haben ich Cipralex über mehrere Wochen abgesetzt (ich habe die Dosis wöchentlich um einen Tropfen reduziert). Die Absetzsymptome, und zwar massiv, haben begonnen, als ich noch zwei Tropfen genommen habe... Ich möchte das hier aber nicht weiter ausführen.

Deinen Hinweis, dass in den meisten Quellen empfohlen wird, ein Antidepressiva über einen Zeitraum von etwa 5 Jahren einzunehmen, finde ich interessant. Gilt das auch für SSRI?

Zu Deinen off-topic Anmerkungen möchte ich mich nicht weiter äussern.

Nochmals vielen Dank für Deine Denkanstösse!

Zephyr
SchwarzeSchnecke

Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von SchwarzeSchnecke »

Nochmal zu dem Warnhinweis (auch wenn ich es in diesem Thread nicht so passend finde und Du nicht mehr darüber diskutieren magst):

Es dürfte wohl – wenn überhaupt – nur sehr selten vorkommen, daß ein AD direkt suizidal macht.
Aber fast alle schwer Depressiven haben den Gedanken, daß sie nicht mehr leben möchten – jedoch sind sie meist völlig antriebslos und können diesen Gedanken daher nicht in die Tat umsetzen. Wenn solche Patienten dann eines der neueren AD erhalten – also eines, das eher keine sedierende Wirkung hat –, dann kann es vorkommen, daß die antriebssteigernde Wirkung vor der antidepressiven einsetzt. Und im diesem Fall wird es dann gefährlich. Daher steht auch oft in den Waschzetteln die Empfehlung drin, das AD ggf. mit einem Tranquilizer oder niedrigpotenten Neuroleptikum zu kombinieren, zumindest am Anfang.
Vor diesem Hintergrund finde ich es auch verständlich, wenn die SNRI und PAROXETIN mehr Aufmerksamkeit bekommen, was diese Art von Suizidalität angeht: Substanzen, die das NORADRENALIN ansprechen, bewirken i.a. öfter eine Antriebssteigerung als solche, die nur serotonerg wirken. Es gibt zwar auch einige noradrenerg wirkende Trizyklika; bei denen kommt jedoch durch die Blockade von Histamin-Rezeptoren noch eine sedierende Wirkung hinzu. Ich denke, daß darin einer der Gründe liegt, warum unter Trizyklika zu Beginn der Therapie offenbar weniger Suizide auftreten.
[EDIT]


Zu Deiner Frage, was passiert wäre, "wenn er oder sie eine andere Therapie versucht hätte":

Einen Vergleich zwischen Pharmakotherapie und Psychotherapie finde ich etwas problematisch. Bei manchen Menschen hilft die erstere, die letztere dagegen nicht; bei manchen ist es umgekehrt, und bei manchen helfen beide. Die Kombination aus beidem scheint insgesamt am besten zu wirken.
Für mich ist es selbstverständlich, daß ein Medikament "Schattenseiten" hat. Die Psychotherapie kann jedoch auch "Nebenwirkungen" haben, und zwar erhebliche. Außerdem kann es nach der Beendigung einer solchen Therapie ebenfalls zu "Absetzerscheinungen" kommen (die Frage "Therapeutenabhängigkeit?" wurde im Unterforum "Psychotherapie" diskutiert).
Ein Vergleich zwischen Antidepressiva und Psychotherapie findet sich auf der Website eines Heidelberger Neurologen, Psychiaters und Psychotherapeuten:

http://www.neuro24.de/

U.a. auf dieser Website steht auch die Empfehlung mit den 5 Jahren. Sie gilt für ALLE AD, also auch für SSRI.


VG, Anne
Zephyr
Beiträge: 35
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Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von Zephyr »

Liebe Anne

Als ich auf der angegeben Website von Karl C. Meyer die Informationen über den Gebrauch von Antidepressiva gesucht habe, habe ich unter Psychopharmaka > Allgemein zuerst einmal folgenden Hinweis gefunden, der völliger Unsinn ist:

"Antidepressiva können nicht abhängig machen."

Wahrscheinlich hat der Mann noch nie etwas von Benzodiazepinen gehört... Hinweise dieser Art zeugen nicht nur von Unwissenheit bzw. Uninteressiertheit, sondern sind grobfahrlässig.

Damit möchte ich mich hier zu den angesprochenen Fragen nicht mehr äussern.

Nochmals vielen Dank für Dein Engagement in diesem Thread!

Zephyr
ANOVA
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Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von ANOVA »

Hallo Zephyr,

Benzodiazepine sind keine Antidepressiva.

Xenia
DepriXX
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Registriert: 5. Feb 2004, 10:57

Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von DepriXX »

Hallo Xenia,
Zephyr meint aber, das AD abhängig machen.
--

liebe grüße

.::. DepriXX .::.



ANOVA
Beiträge: 1137
Registriert: 22. Jul 2006, 21:27

Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von ANOVA »

Das hat Zephyr geschrieben:

"Antidepressiva können nicht abhängig machen."

Wahrscheinlich hat der Mann noch nie etwas von Benzodiazepinen gehört...

Also das verstehe ich schon so, dass Zephyr meint, Benzodiazepine seien Antidpressiva.
Zephyr
Beiträge: 35
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Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von Zephyr »

Benzodiazepane sind keine Antidepressiva im engeren Sinne, werden aber gerne zu Behandlung von Depressionen verwendet (dazu beispielsweise http://www.psychiatrie-aktuell.de/bgdis ... odiazepine) oder mit Antidepressiva kombiniert. Dass sie alles andere als unproblematisch sind, ist an anderer Stelle auch auf der Website von Karl C. Meyer zu finden.

Umgekehrt werden Antidepressiva auch nicht allein zur Behandlung von Depressionen eingesetzt. Mit anderen Worten: Die Verbindung von Funktion und Stoffklasse, wie ich sie gemacht habe, ist zugegebenermassen problematisch. Aber damit auch eine pauschale Aussage über "Antidepressiva".

Zephyr

P.S. Es ist im Zusammenhang mit den möglichen Absetzerscheinungen bei SSRI übrigens nicht klar, ob bereits von Entzugserscheinungen gesprochen werden muss.
ANOVA
Beiträge: 1137
Registriert: 22. Jul 2006, 21:27

Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von ANOVA »

In dem Artikel, auf den Dein Link verweist, steht folgendes:

>Aufgrund ihrer angstlösenden und beruhigenden Wirkung werden sie zur Behandlung von Angst, z.B. bei psychotischen Spannungszuständen oder Depressionen, eingesetzt.

Das bedeutet: Benzos werden zur kurzfristigen (!) Behandlung von Angstzuständen im Rahmen einer Psychose oder im Rahmen einer Depression eingesetzt. Nicht zur Behandlung einer Depression. Weiter unten in dem Artikel steht ausdrücklich, dass Benzos zeitlich eng befristet eingesetzt werden sollen. Kurzfassung: Benzos dienen zur kurzfristigen Linderung von einzelnen depressionsbedingten Symptomen.

Benzodiazepine besitzen keinen antidepressiven Effekt.
SchwarzeSchnecke

Absetzerscheinungen/ antidepressive Wirkung von ALPRAZOLAM

Beitrag von SchwarzeSchnecke »

@ Zephyr:

"P.S. Es ist im Zusammenhang mit den möglichen Absetzerscheinungen bei SSRI übrigens nicht klar, ob bereits von Entzugserscheinungen gesprochen werden muss."

Doch, das ist ziemlich klar. Keiner bestreitet, daß die ABSETZerscheinungen sehr unangenehm sein können. Jedoch "fehlt" das Verlangen nach der Substanz ("Craving") wie beispielsweise nach Benzo-, Opiat-, Kokain-Entzug usw. Nur wenn "Craving" vorhanden ist, kann man von ENTZUGSerscheinungen sprechen.
Bitte fange keine neue Diskussion hierüber an; ich habe in einem meiner oberen Postings die Namen der Threads der letzten beiden genannt, Du kannst sie über die Suchfunktion finden.


@ Xenia:

Das, was Du schreibst, stimmt – bis auf eine Kleinigkeit.

"Benzodiazepine besitzen keinen antidepressiven Effekt."

Die MEISTEN Benzos haben keine antidepressive Wirkung – jedoch gibt es einzelne Ausnahmen. Die bekannteste ist ALPRAZOLAM (TAFIL, XANAX). Dieses Benzo hat die Eigenschaft, daß es ein wenig die Wiederaufnahme von SEROTONIN und NORADRENALIN hemmt. Daher ist es in Deutschland zur alleinigen Behandlung von leichten bis mittelschweren Depressionen zugelassen – jedoch nicht als Mittel der 1. Wahl, sondern nur, wenn AD nicht in Frage kommen.


VG, Anne
Zephyr
Beiträge: 35
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Re: Langzeitgebrauch von Cipralex

Beitrag von Zephyr »

Nein, Anne, Du brauchst keine Angst zu haben, ich verspreche Dir, keine neue Diskussion anzufangen!

Was die Benzodiazepine betrifft, ändert sich ihr Status halt nach Lust und Laune...

So galten sie nämlich in den 1970er und 1980er Jahren durchaus als Antidepressiva (wie in fünf, zehn oder zwanzig Jahren die SSRI vielleicht keine Antidepressiva mehr sind...):

Some investigators have found benzodiazepines effective in the treatment of anxious depression and thus have argued that benzodiazepines were "antidepressants." (The use of benzodiazepines in depression: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/quer ... uids=30428)

In clinical practice the benzodiazepines are prescribed almost as frequently as the tricyclic antidepressants for the treatment of depression. (Some considerations on the role of benzodiazepines in the treatment of depression: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/quer ... ds=2859876)

Zephyr
Zephyr
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P.S. ...

Beitrag von Zephyr »

... und damit ich auf genau 50 Postings komme .

Damit verabschiede ich mich aus diesem Forum und danke den Mitgliedern, die mir mit ihren Erfahrungen und Meinungen etwas weitergeholfen haben.

Zephyr
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