Frust übertragen und sich damit aufbauen

lunasol
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Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von lunasol »

...danke keju...

lunasol, auch mit der Diagnose "behaftet"
keiju
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Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von keiju »

Lisa23

Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von Lisa23 »

Hallo,

ich wollte niemanden verletzen oder beleidigen. Mir stellt sich nur schon seit langer Zeit, welches Krankheitsbild zu meinen Eltern passt.

Sie sind beide über 70. In ihren jungen Jahren gab es nur wenige Fachärzte für psychisch Kranke. Wer dort hinging, galt als verrückt.

So konnte und wird auch wohl nie eine Diagnose gestellt werden. Zumal sich die beiden als äußerst normal in ihrem Verhalten betrachten. Ebenso mein Ex-Lebenspartner, der auch schon fast 60 Jahre alt ist. Gestört sind die anderen, bzw. ich.

Deshalb wird es auf Ewig für mich keine eindeutige Erklärung geben. Auch meine Therapeutin kann nur mutmaßen. Die beiden sind ja nicht bei ihr in Behandlung.

Ich glaube aber auch, dass ich ein Recht darauf habe, zu wissen, was mit meinen Eltern los ist. Die jüngere Generation von Kindern, hat oder kennt die Diagnose, wenn Eltern wegen ihres Verhaltens in Behandlung sind. Sie wissen dann, dass sie keine Schuld an der Misere in der Familie haben. Mich quälten ja auch viele Jahre Schuldgefühle. Ich wollte meiner Mutter gerne helfen und musste immer wieder hilflos zusehen, wie sie nach und nach die ganze Familie zerstörte.

Heute würde auch mir geholfen und ich bekäme tatsächlichen Schutz. Es ist elementar wichtig für die betroffene Familie, zu wissen, um welche Krankheit es sich handelt, allein schon deshalb, weil es hier oft ums reine Überleben geht.

Wie hat Verdi geschrieben, hätte er sich nicht getrennt, würde er wohl zu den zigtausend anderen Herztoten gehören, die im Alter um die 50 sterben.

Es tut mir leid eine mutmaßliche Diagnose öffentlich gestellt und damit andere verletzt zu haben. In meinem Fall kann ich halt leider nur spekulieren. Weder Mutter noch Vater werden sich je in Behandlung begeben. Mein ganzes Leben haben sie mich gedemütigt, das muss ich einfach hinnehmen.

Liebe Grüße, Lisa
keiju
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Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von keiju »

Lisa23

Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von Lisa23 »

Hallo Keiju,

danke für Deine Antwort. Von meinen Eltern habe ich mich abgegrenzt. Zum Vater besteht kein direkter Kontakt mehr. Möchte ihn auch nicht mehr und das aus einem ganz gewichtigen Grund. Erfahren tue ich trotzdem immer noch so einiges. Es gibt ja noch weitere Familienmitglieder.

Zur Mutter habe ich ein sehr distanziertes Verhältnis. Auf ein gutes Wort von ihr kommen 10 Tiefschläge, die sie mir auch noch glaubt verpassen zu müssen und das manchmal sehr subtil. Darauf kann ich wirklich verzichten.

Ich glaube schon, dass mich eine feststehende Diagnose, bezüglich meiner Eltern sehr viel weiterbringen würde. Ich glaube, es wäre sogar sehr wichtig für meinen Heilungsprozess. Deshalb wird dies auch Thema meiner nächsten Therastunde. Ich möchte zumindest so nah es geht, an ein Ergebnis kommen.

Ich möchte wissen, mit wem ich es die ganzen Jahre zu tun hatte. Ich bin jetzt 53 und leide immer noch unter den Bedingungen meiner Kindheit und Jugend. Dazwischen hatte ich ein teilweise sehr erfülltes Leben, mit eigener Familie, gutem Beruf und allem was man sich so wünscht. Wovon man als junger Mensch träumt.

Trotzdem hat mich die Vergangenheit nie losgelassen und in Krisenzeiten, die nach meinem guten Leben kamen und teilweise noch andauern, fühle ich mich wie eine Gefangene. Auf Gedeih und Verderb anderen ausgesetzt. Jedes kleine Missgeschick wird dann zur Katastrophe.

Liebe Grüße, Lisa
Emriye2
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Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von Emriye2 »

keiju
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Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von keiju »

keiju
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Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von keiju »

Hallo Emryie,

du hattest ja gar nicht mit dem Begriff Borderline jongliert, insofern bin ich gar nicht durch deinen Beitrag so betroffen gewesen.

Ist schon OK

Liebe Grüße,
keiju
lunasol
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Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von lunasol »

jes
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Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von jes »

Hallo ihr lieben,
ich hab ein wenig mitgelesen und mich daran gestört Diagnosen zu lesen.
Bin kein Borderline aber dennoch Ps´ler.
Das worauf es sicher bei Verdis Exfrau oder auch Mutter hinausläuft könnte man grob einer Verhaltensstörung zuordnen. Alles weitere wäre reine Spekulation und hat meiner Meinung nach der Fachmach zu betiteln.

Hallo Verdi, ich versteh dich schon das du gern einen handfesten Beweiss, oder besser medizinischen Fachausdruck dafür haben möchtest. Ich konnte damals auch besser damit umgehen als ich hörte, das was mit mir los ist, ist echt, das ist eine Krankheit, das ist Depression.
Aber die Diagnose, hier ja fern, die wirst du kaum hier bekommen. Ist dir das wirklich so wichtig?
Kannst du nicht so einen Abschluss finden ?
Letztendlich bist du dann ja jetzt wieder bei dir, bei deiner Krankheit, bei deiner Therapie, deiner Arbeit.
Ich weiss nicht ob man diese Dinge die man erlebt hat, wie du oder Winnie (ganz schlimm übrigens) bearbeiten kann. Vielleicht sowas wie verzeihen kann, loslassen.
Ich wünsch es euch. Ob das denn die Lösung wäre, weiss ich dann natürlich auch nicht, leider ...

Jessica
Sich selbst zu lieben ist der Anfang einer lebenslangen Romanze.

(Oscar Wilde)
keiju
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Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von keiju »

Lisa23

Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von Lisa23 »

@all,

also, um es mal so zu sagen, es geht um mich. Ganz einfach, ich habe und das schon sehr lange, Depressionen, weil ich als Kind es mit 2 Elternteilen zu tun hatte, die für mich nicht gut waren.

Damals, also vor mehr als 50 Jahren, und auch die nächsten fast 40 Jahre, wußte kaum jemand, was mit Begriffen wie verhaltensgestört usw. anzufangen. Meine Mutter war, ist Alkoholikerin. Soviel wußte man auch damals schon. Meinen Vater nannte meine Oma einen Narzissten, da war sie ihrer Zeit schon weit voraus. Aber dass so was behandelbar ist, dass es ernstlich eine Krankheit ist, das wußten die Menschen damals noch nicht. Und so quälten sie sich mit ihren erwachsenen Kindern und Schwiegerkindern und wir Kleinen (mein Bruder und ich) hatten auch darunter zu leiden.

Es gab keine Beratungsstellen, kein Internet, kein Fernsehen, keine Zeitung, keine Bücher, die dazu berichtet hätten.

Gut, die Zeit ist nicht mehr zurückzudrehen. Aber ich lebe noch. Ich bin krank.
Genauso wie ich wissen wollte, wo ich mich irgendwo an einer schlimmen Krankheit angesteckt habe und den Namen der Krankheit wissen wollte, möchte ich heute wissen, was mit meinen Eltern los ist.

Ich forsche schon seit Monaten in der Vergangenheit meines Vaters. Leider sind viele Menschen aus seiner Kindheit verstorben. Andere, die ihn später kennenlernten haben mir schon puzzlehaft einiges erzählt und so kommt Stück für Stück zusammen.

Auch in der Familie meiner Mutter sind viele allzufrüh verstorben. Deshalb hatte ich ja auch bereits mit 18 Jahren fast keine eigene Familie mehr. Nur noch Mutter und Vater sind mir geblieben. Gerade diese beiden. Vor denen hatte ich doch nur Angst. Ich war allein auf der Welt. Weiß jemand, wie sich das anfühlt?

Ich lese schon über ein Jahr in Borderline-Foren. Ich habe auch viel über PS gelesen. In Kliniken sind mir Patienten mit o.g. Diagnosen begegnet. Es gibt ja keine reinen Depri-Kliniken. Die Depressiven sind eigentlich nirgends rein unter sich. Nur hier im KND, da sollen sie es bleiben. Das ist nicht ganz real.

Ja und wehe es redet einer über sein vertrocknetes Blumenbeet oder macht mal einen Scherz, das ist dann gleich Todsünde hoch 3.

Entschuldigung, Entschuldigung, auch dafür dass ich geboren bin und ab und an gelacht habe.

Liebe Grüße, Lisa
Lisa23

Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von Lisa23 »

Hallo Verdi,

genau dieses Problem hatte ich ja auch mit meiner Mutter.

Mein Mann verstarb 91. Während meiner Ehe, die sehr gut war, hatte ich wenige Kontakt zu meiner Mutter. Mein Mann hat alles abgeblockt. Gegen ihn traute sie sich nicht. Gegen ihn konnte sie nicht ankommen. Das hatte sie sehr schnell begriffen und wir, ich, hatten unsere Ruhe.

Das ging aber auch soweit, dass sie nicht mal ihr Enkelkind beachtete. Ich hielt meinen Sohn nicht von ihr fern. Er wollte sie von sich aus, nach verschiedenen Vorfällen, nicht mehr besuchen. Auch er hatte Angst vor ihr.

Dafür gab es dann von ihrer Seite kein Zeichen der Annäherung, der Versöhnung, den kleinen Jungen gab es in ihrem Leben nicht. Sie konnte keine Oma sein. Sie konnte ja auch keine Mutter sein.

Nach dem Tod meines Mannes, wollte meine Mutter gleich wieder, in meinem Leben, ihre alte Rolle spielen. Ich hatte alle Hände voll zu tun. Und eine riesengroße Angst vor dieser Frau. Ich wußte ja, wozu sie in der Lage ist. Ich konnte nächtelang nicht schlafen. Ich bebe auch jetzt, während ich schreibe.

Ich lasse es aber schon lange nicht mehr zu, dass sie mich am Telefon beleidigt und beschuldigt. Unsere wenigen Kontakte in den letzten Jahren, kann man an einer Hand zählen und so soll es auch bleiben.

Warum kann man sich nicht auch von seinen Eltern scheiden lassen?

Ich drücke Dir die Daumen, dass sie Dich in Ruhe lässt und dass Du Deine Grenzen ihr gegenüber ziehen kannst. Auch dass Du Ihre Beleidigungen und Schuldzuweisungen wegstecken kannst. Ich weiß, diese negativen Worte klingen noch lange nach, manchmal glaubt man sogar selbst daran, aber es ist ihre Welt, in der nur sie lebt. Du hast keine Schuld.

Liebe Grüße, Lisa
Clown
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Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von Clown »

Hallo Verdi,

ich finde, heute morgen (6.19) hast du die entscheidende Frage gestellt (nach des Pudels Kern ):

«Will heißen, war ich ein Opfer, durch mein Verhalten oder wurde ich zum Opfer gemacht?»

Willst du das für die Zeit deiner Kindheit wissen oder auch für dein Erwachsenendasein? Schließlich sind das ganz unterschiedliche 'Zustände' und die Antwort dementsprechend verschieden, nicht?

Grüße,
Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
Lisa23

Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von Lisa23 »

Hallo Verdi,

das Elternproblem ist seit Wochen Thema in meiner Therapie.

Ich habe ja auch ein Problem damit, dass ich den Kontakt zu meiner Mutter meide.

Wie gern hätte ich eine liebe, gute Mutter und wie gern wäre ich eine liebe, gute Tochter. Wenn ich es nur sein dürfte. Die gute Tochter.

Also - meine Therapeutin unterstützt mich voll und ganz darin, den Kontakt zu meiner Mutter so distanziert wie nur irgendmöglich zu halten.

Meine Mutter hat mich krank gemacht. Sie würde mich noch kränker machen. Das sind die Mechanismen.

Sie will keine gute Mutter sein und sie könnte gar keine gute Tochter gebrauchen. Sie braucht, die in ihren Augen unzulängliche und schlechte Tochter. Ich könnte Ihren Anforderungen durch Liebe und Güte nie gerecht werden.

Wenn ich mich ihr entziehe, höre ich nicht, was sie mir an Boshaftigkeiten entgegenschleudern möchte. Damit bewahre ich mir zumindest den Glauben, an eine Mutter, die nicht ganz so schlimm ist.

Wer wann, wie zum Opfer wird, das hängt mir auch zu hoch. Mein Bruder war, ist weniger Opfer als ich. Das war schon immer so. Hatte sie vor ihm mehr Respekt? War ich Konkurrenz?
Hatte ich sie zu schnell durchschaut, schon als Kind? Mein Bruder war da eher naiv. Ich war ja auch die Ältere.

Mein Bruder sucht aber auch nicht die Nähe seiner Mutter. Er ruft sie auch nicht an.

Ich wünsche Dir, dass Du unter dem Abstand zu Deiner Mutter nicht unnötig leidest. Du brauchst Dir keine Vorwürfe zu machen. Du bist kein schlechter Sohn. Sie kann mit Deiner Liebe zu ihr nichts anfangen.

Liebe Grüße und eine gute Nacht, Lisa
Clown
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Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von Clown »

Guten Morgen Verdi,

Ich habe geschrieben:

«Schließlich sind das ganz unterschiedliche 'Zustände' und die Antwort dementsprechend verschieden, nicht?»

Und bei dir als 'Botschaft' ist angekommen:

«Somit ist es zu einfach die These durchklingen zu lassen, das Kind war Opfer, der Erwachsene hat sich selbst zum Opfer gemacht.»

Mit meiner Nachfrage wollte ich deutlich machen, dass man da genau differenzieren muss - und ich bin nicht der Meinung, dass es so einfach ist, wie du es nun aufgefasst hast.

Du, ich kenne das selbst zu Genüge, dass ich als erwachsene Frau mich 'auf einmal' auf der Kindebene befinde und mich dementsprechend hilflos und ausgeliefert fühle.
Das Durcharbeiten solcher Situationen in der Therapie hat die Häufigkeit, mit der ich so etwas erlebe, deutlich reduziert. Und das Mich-selbst-hinterfragen nach meinem Gewinn, den mir meine Opferrolle bringt, tut sein Übriges.
Dieser Aspekt des Gewinnes ist natürlich der für mich unangenehmste, das kannst du dir vielleicht vorstellen.

Grüße,
Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
Lisa23

Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von Lisa23 »

Hallo Verdi,

ich habe schon Nächte durchgeweint und das als erwachsene Frau, weil mir auch diese Mutterliebe und die Liebe des Vaters, so ganz und gar fehlt.

Das mit dem durchschaut haben, so war es bei mir tatsächlich. Schon als Kind habe ich ihr auf den Kopf zugesagt, wie sie tickt. Das wollte sie nicht hören. Ich habe sie auch oft wegen ihrer Trunkenheit angegriffen. Wenn ich eines nicht leiden kann, dann sind es betrunkene, aggressive, wütende Menschen. Mit den gutmütig Betrunkenen, habe ich keine Probleme. Die nehme ich sogar noch in Schutz.

Irgendwann habe ich sie in ihrem Wahn nicht mehr für voll genommen. Ihre Wutausbrüche haben nur noch geschmerzt, aber ihre Worte konnten mich nicht mehr erreichen.

Irgendwann war ich diese sinnlosen Kämpfe leid und habe sie verlassen. Ich bin ja ein friedfertiger Mensch und brauche diese täglichen Kämpfe,um nichts und wider nichts, wirklich nicht. Im Zusammenleben mit solch böswilligen Menschen, werden sogar Lämmer zu Mördern und soweit wollte ich es nicht kommen lassen.

Als Kind habe ich ihr oft den Tod gewünscht. Dass sie einfach nicht mehr nach Hause kommt und uns alle in Ruhe läßt. Wir hätten so gut leben können, meine Großeltern und ich.

Meine Großeltern, waren meine Eltern. Leider waren sie schon relativ alt und starben als ich 14 und 18 Jahre alt war. In den Jahren, in denen ich sie am nötigsten gebraucht hätte, waren sie schon sehr krank.

Meine Mutter nahm auf ihre Erkrankungen aber keine Rücksicht. Sie hinderten sie an ihrem Leben, genauso wie mein Bruder und ich. Das bekamen wir alle täglich zu spüren.

Deshalb, ich darf als erwachsene Frau nicht mehr zulassen, dass diese Frau Macht über mich bekommt. Das wäre ein Rückfall in die grausame Kindheit.

Glaub mir, es ist besser, sich solchen Menschen zu entziehen. So leid es einem auch tut. Irgendwo ist immer noch der Glaube, an das Gute in der Mutter und die wenigen guten Momente, die man mit ihr hatte, wollen uns da irre führen. Da sollte man sich nicht verleiten lassen und gut auf sich aufpassen. Diese vorgespielte Güte, das gehört alles zu ihrem Spiel. Kein Mensch will nur als böse dastehen. Oft zeigen sie bei Bekannten ihr bestes und liebstes Gesicht. Nur damit die anderen sagen, ich weiß gar nicht, was Du gegen Deine Mutter hast, die ist doch ganz ok.

Unter solchen Aussagen habe ich oft gelitten. Meine Mutter hat mich oft in Gegenwart von flüchtigen Bekannten, meist waren es meine Bekannten, die sie nie richtig kennenlernten, als kalt bezeichnet. Du kannst Dir nicht vorstellen, wie ich mich gefühlt habe. Wie der größte Verbrecher.

Das gehört alles zu diesem traurigen Spiel.

@Clown: was ist der Gewinn einer Opferrolle? Ich kann da keinen Gewinn entdecken. Ich habe immer versucht, kein Opfer zu sein, zu werden. Ich habe mich immer gegen die Machenschaften meiner Mutter gewehrt. Das war ein großer Kraftakt und von Gewinn kann keine Rede sein.

Gewonnen habe ich damit meine Depressionen, meine Ängste. Lange wußte ich nichtmal, dass ich krank bin. Ich war nur immer schlapp und müde und musste mich in diesem Zustand zur Schule und später jahrzehntelang zur Arbeit schleppen. Ich hätte lieber unter besseren Bedingungen meinen Job gemacht.

Liebe Grüße, Lisa
ils_pixent9
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Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von ils_pixent9 »

Liebe Foris,
ich habe diese Diskussion gelesen und mir Gedanken darüber gemacht.
Ich denke, es könnte mehrere Gründe haben, Gefühlsterrorist zu werden, jedes Verhalten hat eigentlich mehrere Gründe.
Vielleicht kann man es nicht ertragen, dass andere sich gut fühlen wenn man sich selber schlecht fühlt, weil einen das noch mehr ins Abseits stellt.
Ein anderer Grund könnte sein, dass man den anderen beherrschen will,wenn man das Ich eines anderen Menschen zerstört, kann man Macht ausüben, weil der andere dann zur willenlosen Marionette wird. Einige Menschen verwechseln Liebe mit Herrschen, auch aus dem Grund flößt man Kindern Schuldgefühle ein um so Liebe zu erzwingen.

Ich finde den Ausdruck " Gefühlsterrorist" sehr gut, im großen arbeitet auch die Politik und manche Kirchen so, Sekten brechen den Willen des Menschen um über sie zu herrschen.

Ferner meine ich, dass jeder Mensch zum Gefühlsterroristen werden kann, denn Liebe erfordert eine reife Persönlichkeit und unter schlechten und extremen Bedingungen kann jeder Mensch regredieren.

Es ist aber ein Unterschied, ob ein solches Verhalten sehr selten ist, dieser Druck nur sehr wenig ausgeübt wird oder an der Tagesordnung ist.
Gret
Lisa23

Re: Frust übertragen und sich damit aufbauen

Beitrag von Lisa23 »

Hallo Grete,

meine Mutter hat sich wohl permanent schlecht gefühlt.

Sie lebte nach ihrer Scheidung zusammen mit uns Kindern bei ihren Eltern.

Zurück zu den Eltern ist immer schlecht. Da wird man wieder zum Kind. Sie brauchte aber die Rente des Vaters, ihre eigenen Einkünfte als Frisöse waren nur dürftig und sie brauchte ein Kindermädchen, ihre Mutter.

Sie hatte drei ältere Schwestern, denen es allen berufl. und privat besser ging als ihr. Sie lebten alle in eigenen Häusern, 2 davon hatten eine eigene Firma, Geschäft. Sie waren die Wirtschaftswundergeneration mit dickem Auto, Flugzeug, Ferienwohnung, etc. Alles aus dem Nichts, nach dem Krieg erschaffen.
Und sie waren meine Tanten. Zuhause fühlte ich mich wie Aschenputtel, bei meinen Tanten wie eine Prinzessin. Leider oft nur für kurze Zeit, oft nur Stunden, manchmal aber auch für Monate. Das waren meine Fluchten, meine Zuversicht, meine Hoffnung, meine Lebensschule, da wurde mein Ehrgeiz geweckt.

Die Tanten waren liebevoll und mütterlich. Sie waren ganz anders, als meine Mutter. Meine Großeltern waren stolz auf diese 3 Mädchen, auf ihre Jüngste, meine Mutter, weniger. Sie machte ihnen ja auch das Leben schwer. Sie konnte nur maulen, sich beklagen, bei ihr läuft alles schief, die Eltern sind schuld, sie wird nicht genügend unterstützt. Dabei bekam sie mehr Unterstützung als die drei anderen, die viele Kilometer von den Eltern entfernt, mit ihren Familien lebten. Die eine sogar 700km weit weg in Norddeutschland, die andere später am Bodensee.

Meine Mutter war ein von Natur aus unzufriedener Mensch. Sie hatte die selben guten Anlagen, wie ihre Schwestern, aber sie konnte nichts damit anfangen. Sie war das schwarze Schaf und pisackte uns alle von früh bis spät. Sie wollte alles und das sofort. Die anderen sollten es ihr geben.

In ihrem Beruf war sie unzufrieden. Lange hat sie überlegt, den Meisterbrief zu machen. Machte ihn aber dann doch nicht. Ein eigenes Geschäft, das wäre schön gewesen. Als kleines Mädchen träumte ich oft davon und wollte später gerne meiner Mutter helfen. Aber sie blieb lieber unzufrieden, gab ihren Beruf auf und landete schließlich in einer Fabrik.

Ihre drei Schwestern leben nicht mehr, zwei davon sind sehr früh gestorben. Da war ich selbst noch Kind. Meine Mutter hat nie was aus ihrem Leben gemacht.

Später war sie auf mich neidisch. Meinem Erfolg im Beruf, auf meine kleine Familie. usw. Sie hätte ja auch stolz sein können, so eine Tochter, so einen Sohn zu haben. Aber ihre Kinder taugen nichts. Auch die beiden Enkelkinder sind nicht recht geraten und die kleine Urenkelin von 5 Jahren ist auch schon total verzogen. Sie muss uns alle schlecht machen, nur so geht es ihr gut.

Ich habe keine Lust und hatte sie auch nie, mich einer solchen Frau auszuliefern. Aber nie eine Mutter gehabt zu haben, das schmerzt. Dieser Schmerz hört nie auf.

Liebe Grüße, Lisa
Antworten