Angst vor der Arbeit

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Hummingbird
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Registriert: 6. Aug 2006, 11:59

Angst vor der Arbeit

Beitrag von Hummingbird »

Huhu ihr!

Ich weiss nicht was ich machen soll. Ich studiere und jobbe nebenbei in einem Laden für Tierzubehör. Ich sitze da nur an der Kasse, muss nichts anstrengendes machen eigentlich.
In meinem "Normalzustand" ist es schon so, dass ich mich öfter mal über die Kunden aufrege. Wie manche ihre Tiere behandeln, wie uneinsichtig manche sind oder einfach wie großkotzig manche sind und wie oft es so ist, dass man als Kassiererin einen Stempel aufgedrückt bekommt der besagt, dass man leider dumm ist und nichts anderes kann als kassieren. Ja, manche Leute sind echt anmaßend.
Jetzt wo es mir nicht so gut geht, sehe ich das als echte Kritik an mir persönlich. Das ist zwar sonst auch nicht viel anders, aber ich stecke es leichter weg. Im Moment habe ich einfach nur Angst, dass ich ausfallend werde und das darf ich nicht. Schließlich bin ich da ja nicht angestellt um Kunden zu vergraulen.
Ausserdem fällt es mir unheimlich schwer mich normal zu stellen wenn es mir doch eigentlich schlecht geht. Gut gelaunt, fröhlich oder zumindest höflich muss ich ja schon sein. Ich schaffe es aber nicht mich dazu zu zwingen.
Also bin ich jetzt schon das zweite Mal nicht arbeiten gewesen. Habe gesagt, dass ich krank bin. Jetzt habe ich noch bis Donnerstag frei und dann muss ich wieder arbeiten. Es sind nur 5 Stunden und es ist nur Donnerstag und Samstag. Aber ich habe Angst. Das ist rational irgendwie schlecht zu erklären. Ich fühle mich, als ob ich mit dem Rücken zur Wand stehe. Ich will absolut nicht arbeiten gehen. Aber ich habe auch keine logische Erklärung für meinen Chef. Kündigen sollte erm ir aber tunlichst auch nicht, weil ich das Geld ja brauche für meine Miete und so.
Ich weiss nicht was ich machen soll. In meinem Kopf herrscht nur durcheinander. Ich weiss, dass ich nicht denken darf, dass ich nicht arbeiten gehen kann am Donnerstag, weil dann wird es auch so kommen. Aber die positive Gegenvariante kann sich irgendwie nicht durchsetzen. Ich weiss nicht weiter
Über Tipps, Erfahrungen, Anregungen oder ähnliches, sehr erfreut,
Katrin
Weltenwandlerin
Beiträge: 677
Registriert: 9. Mai 2006, 13:19

Re: Angst vor der Arbeit

Beitrag von Weltenwandlerin »

Hallo Katrin,

ich kenne diese Ängste gut, hab gerade selber die Hosen voll. Ich studiere auch und arbeite nebenbei, betreue behinderte Menschen (Behördengänge, Wohnung, Geld, Gespräche etc.). Ich habe nun zwei neue Klienten bekommen und Angst. In meinem Fall ist es so, dass meine vermeintliche Unwissenheit der Auslöser ist. Alles was neu ist, wo ich noch keine Erfahrungen habe, dafür aber große Verantwortung, macht mir Angst. Dahinter steckt die Angst, zu versagen, ganz klar. Dumm dazustehen. Was mache ich dagegen? Ich mache mir die Ursachen meiner Angst bewusst, meditiere, spreche mit anderen und springe ins kalte Wasser. Meistens ist es dann alles halb so schlimm.

Weißt du um deine Ursachen? Was genau macht dir Angst oder wogegen genau sträubst du dich? Sind es wirklich die Tierbesitzer oder hast du Angst vor deiner möglichen unflätigen Reaktion auf diese?? Was ist das allerschlimmste, was passieren könnte?

Geh hin, versuch dich vorher zu entspannen, wenn es geht. Und wenn es gar nicht geht...Es gibt noch andere Jobs und du könntest jetzt anfangen, dir was neues zu suchen. Musst du wissen! Ich finde "weglaufen" auch erstmal toll, habe eben auch überlegt, wieder alles hinzuschmeißen. Aaaaber...Versuch macht klug. Oder so.

Ich drücke dir ganz doll die Daumen!
Mika
Werden kennt kein Ende. Der Strom fließt weiter. Jeder Augenblick ist neu. Der Schmerz des Wachsens: der Mühen wert! (Bruno-Paul de Roeck)
freebird
Beiträge: 1137
Registriert: 15. Dez 2003, 13:58

Re: Angst vor der Arbeit

Beitrag von freebird »

Hallo Katrin,

also erst einmal möchte ich Dir sagen, dass ich mich in Deinem Posting wiedergefunden habe. Ich habe bis Ende Nov. an der Rezeption in einem kleinen Hotel (23 Zimmer) gejobbt.


In meinem "Normalzustand" ist es schon so, dass ich mich öfter mal über die Kunden aufrege. Wie manche ihre Tiere behandeln, wie uneinsichtig manche sind oder einfach wie großkotzig manche sind und wie oft es so ist, dass man als Kassiererin einen Stempel aufgedrückt bekommt der besagt, dass man leider dumm ist und nichts anderes kann als kassieren. Ja, manche Leute sind echt anmaßend.

An der Rezeption sind die Gäste/Kunden auch nicht anders. Ich habe mich auch oft über die Leute geärgert. Die haben echt die Arroganz pur heraushängen lassen und haben einen richtig spüren lassen, dass man schließlich nur die Dumpfbacke von der Rezeption ist und denen alles hinterhertragen muss und ihre Launenhaftigkeit ertragen muss. Besonders die Geschäftskunden die in dem kleinen 3 Sterne Frühstückshotel abgestiegen sind wollten ein 6 Sterne-Service und haben richtig was zum Kritisieren und Bemängeln gesucht und uns Angestellte wie Dreck behandelt.

Ich habe mich dann immer richtig doll gefreut, wenn ich mal ganz nette Gäste zu Besuch hatte. Meistens die Urlauber, die unsere Stadt besuchten. Mit denen hat es immer richtig Spaß gemacht. Da war ich dann so richtig in meinem Element. Denen Szenetipps zu geben, oder zu informieren was in Kunst und Kultur so los ist, oder einfach mal einen kleinen Plausch zu halten. Denen habe ich dann auch gerne mal jeden Wunsch von den Lippen abgelesen oder das fast Unmögliche möglich gemacht. Nur leider hatten die richtig Seltenheitswert. Meistens sind bei uns arrogante Geschäftsleute oder überkandidelte Ärzte (an die Mods ) abgestiegen, die so richtig die Herrenmenschen herauskehrten.

Jetzt wo es mir nicht so gut geht, sehe ich das als echte Kritik an mir persönlich. Das ist zwar sonst auch nicht viel anders, aber ich stecke es leichter weg. Im Moment habe ich einfach nur Angst, dass ich ausfallend werde und das darf ich nicht. Schließlich bin ich da ja nicht angestellt um Kunden zu vergraulen.

Eine Zeit lang hat mir geholfen, den Rezeptionstresen als meine Trutzburg anzusehen. Dahinter war ich die Chefin und niemand konnte mir was und da gab es ein unsichtbares Panzerglas an dem alle Beleidigungen abprallten. Dann habe ich Kleidung gehabt, die ich nur zur Arbeit angezogen habe. Wie eine Art Uniform. Immer wenn ich die angezogen hatte, habe ich mir bewußt gemacht, dass ich eine Rolle spiele. 8 Stunden war ich nicht Freebird, sondern die Rezeptionistin des Hotels XXX .

12 Monate hat es auch geholfen. Allerdings die folgenden 6 Monate wurde es grausam. Eigentlich seit der WM. Die WM war noch lustig und hat Spaß gemacht, die Gäste die danach kamen waren dann nur noch zum Kotzen und meine Trutzburg wurde von den Babaren gestürmt und alle Schätze geraubt.
Also kenne ich das total, wenn Du schreibst:

Ausserdem fällt es mir unheimlich schwer mich normal zu stellen wenn es mir doch eigentlich schlecht geht. Gut gelaunt, fröhlich oder zumindest höflich muss ich ja schon sein. Ich schaffe es aber nicht mich dazu zu zwingen.


Also bin ich jetzt schon das zweite Mal nicht arbeiten gewesen. Habe gesagt, dass ich krank bin. Jetzt habe ich noch bis Donnerstag frei und dann muss ich wieder arbeiten. Es sind nur 5 Stunden und es ist nur Donnerstag und Samstag. Aber ich habe Angst. Das ist rational irgendwie schlecht zu erklären. Ich fühle mich, als ob ich mit dem Rücken zur Wand stehe. Ich will absolut nicht arbeiten gehen. Aber ich habe auch keine logische Erklärung für meinen Chef. Kündigen sollte erm ir aber tunlichst auch nicht, weil ich das Geld ja brauche für meine Miete und so.

Mh...hast Du Dir vielleicht überlegt, einen anderen Job zu suchen? Vielleicht ist der Umgang mit Kunden/Menschen einfach noch zu viel und anstrengend für Dich mit Deiner Depression.

Liebe Grüße
Freebird
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Frage nicht danach, warum du lebst. Akzeptiere einfach, dass du existierst.
Cookie
Beiträge: 290
Registriert: 26. Jun 2006, 17:55

Re: Angst vor der Arbeit

Beitrag von Cookie »

Oh, das kenn ich nur zu gut. Ich finde es auch unheimlich schwer, mich zu verstellen, wenn es mir richtig schlecht geht, und ich finde auch nach wie vor, dass man das muss.

Ich kann nicht auf Arbeit rumheulen oder die Kunden ankacken, das geht eben einfach nicht.

Mein Rat an dich, wenn es gar nicht geht, bist du eben krank. Das ist so, als wenn du jetzt einen Blinddarmdurchbruch hättest oder dir ein Bein brechen würdest, dann kannst du halt nicht hingehen.

Sag deinem Chef irgendwas. Entweder die Wahrheit, wenn du meinst, das geht für dich, oder dass du einen Hexenschuss hast oder eine Magen- Darm- Erkrankung oder eine dicke Grippe. Wenn er dich rausschmeißt, musst du dir eben was anderes suchen.

Bist du in Therapie? Wenn nein, such dir schnellstens was, wenn ja, sprich das Thema an. Bei sowas kann man ganz gut ansetzen.

Viel Glück
cookie
Hummingbird
Beiträge: 26
Registriert: 6. Aug 2006, 11:59

Re: Angst vor der Arbeit

Beitrag von Hummingbird »

Hallo ihr lieben!

Vielen Dank für eure Antworten!!
Die Ursachen? Hm ich weiss nicht genau. Ich habe einfach Angst davor den Schein nicht wahren zu können, erkannt zu werden, unnormal zu sein. Das andere das mitbekommen. Gut funktionieren muss ich und das heisst für mich, dass ich freundlich bin, gut gelaunt und nie schlecht drauf. Das habe ich einfach als Kind so gelernt und ich kriege es ganz schwer raus. Es gibt eben leider keinen Schalter den man umlegen kann und dann erwachsen ist und sieht, dass man all das darf was man nicht durfte als Kind.

Das was du in dem Hotel beschreibst, Corinna, das kann ich gut nachvollziehen. Auch ich bin immer nett zu denen, die nett zu mir sind. Ich mache das alles ganz genauso wie du.
Vielleicht bin ich einfach nicht geschaffen für solch einen Job. Die Art wie unsere Gesellschaft gestrickt ist, geht mir eh ziemlich gegen den Strich.

Im Moment hadere ich sehr mit mir. Einerseits wenn ich hier so lese was andere durchmachen müssen, denke ich mir, dass ich doch arbeiten gehen kann. Wenn ich mir aber die Situation dann konkret vorstelle, kriege ich Angst. Ich weiss einfach nicht was ich machen soll. Mich zwingen, weil ich ja doch irgendwann wieder irgendwas arbeiten muss oder an die Uni? Oder nachgeben, meinem Wunsch nach Auszeit einmal nachkommen und mir die Zeit geben, die ich vielleicht brauche und mir schon so lange wünsche? Wenn ich es recht überlege, wünsche ich mir schon seit Jahren weniger Druck und Auszeit. Na ja ich schweife ab.
Ich überlege ernsthaft meinem Chef die Teilwahrheit zu sagen. Das ich Depressionen habe und in zwei Wochen wenn die Tabletten wirken, wieder anfangen kann. Ich muss ihm ja nicht alles auf die Nase binden. Aber noch eine Lüge kann ich ihm nicht auftischen. Entweder ich zwinge mich, gehe hin und arbeite oder ich bin mutig, riskiere vielleicht meinen Job, verliere mein Gesicht und entlaste mich damit.

Lieben Dank an euch. Ich fühle mich immer so allein gelassen. Es ist mir klar, dass ihr das nicht für mich entscheiden könnt. Das kann niemand. Aber hm, wenigstens kann ich hier darüber schreiben und fühle mich nicht mehr ganz so im Stich gelassen.

Ja, Cookie, ich mache Therapie. Habe gestern auch darüber gesprochen mit meiner Therapeutin. Ist jedoch tiefenpsychologisch orientierte Therapie (bin nicht nur wegen Depressionen in Therapie) und deshalb hat sie mir nichts allzu konkretes dazu gesagt. Sie meinte nur, dass das Verhältnis zu einem Chef eben schwierig ist, weil er keine wirkliche Bezugsperson oder dergleichen ist.

Ganz liebe Grüße an euch!
Katrin
Hummingbird
Beiträge: 26
Registriert: 6. Aug 2006, 11:59

Re: Angst vor der Arbeit

Beitrag von Hummingbird »

Huhu ihr!

Wollte euch mal berichten was heute dann passiert ist.
Eigentlich wollte ich mit meiner Mitbewohnerin noch mal darüber reden was ich nun meinem Chef sagen soll. Aber die war einkaufen und dann kam es ganz anders. Er hat mich auf dem Handy angerufen, was ich allerdings nicht schnell genug gehört habe. Zurückrufen musste ich dann ja doch. Ich hatte schreckliche Angst und hab erst mal noch gewartet. Na ja mir war ja schon klar was ich wollte. Ich kann so nicht zur Arbeit gehen vorerst.
Also musste nur mein Mut wiederkommen ihm das zu sagen. Hab mich schon so auf das Schlimmste vorbereitet (das ich alles erzählen muss und erklären, mich rechtfertigen..). Aber er war dann wirklich sehr nett und hat gemeint ich müsse ihm nichts erklären, er rufe auch nur wegen den Arbeitsplänen für die nächsten Wochen an und ab wann er mich wieder einplanen kann. Ich hab mir jetzt zwei Wochen gegeben und ich denke das ist ok. Abschließend meinte mein Chef dann noch, dass er mir wünscht, dass es mir bald besser geht, egal was es ist.
Mensch war ich fertig nach dem Telefonat. Ich bin aber auch erleichtert. Obwohl es mir schrecklich peinlich ist alles. Aber es hätte sehr viel schlimmer kommen können.
Na ja und ich wollte mich noch mal bedanken. Ohne euch hätte ich das nicht so geschafft glaube ich.
Liebe Grüße,
Katrin
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