Kognitive Fehler bei Depressionen!

Anita2
Beiträge: 408
Registriert: 4. Nov 2006, 19:39

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von Anita2 »

Hi Bohneberger,
ich finde, Du beschreibst es sehr gut.
1. das Trauma
hierdurch wurde ein Muster im Unterbewussten festgelegt und in bestimmten Situationen greift das Gehirn auf dieses Muster zurück. Es ist aber das Verhalten und die Reaktion aus dieser Zeit.
2. der Gedanke
er wird nun von dem Muster gesteuert und bringt die Ängste und Gefühle aus der Erfahrungssituation mit.
Richtig ist nun zu hinterfragen: Bin ich jetzt in einer solchen Situation, bin ich so hilflos wie damals, muß ich heute sterben.
Die Antwort ist dann für mich: Nein, ich kann mich heute wehren, ich bin nicht mehr hilflos und ich muß auch nicht sterben. So unterbreche ich den Gedanken und stürze auch nicht ab.

Zur der Auslösung einer Depression gehören zwei bis drei Faktoren.
Es kann eine genetische Vorbelastung vorhanden sein, dazu kommen die sehr negativen bis traumatischen Erfahrungen (meist aus der Kindheit), aus denen die Muster gebildet wurden und dazu kommt dann noch der auslösende Moment wie eine Lebenskrise, da wären Verlust vom Arbeitsplatz, verlassen werden usw.
oder beenden von Lebensabschnitten wie Pubertät, Wechseljahre, in Rente gehen.
So habe ich es verstanden.

Liebe Grüße
Anita2
schatzi
Beiträge: 761
Registriert: 28. Sep 2006, 20:28

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von schatzi »

Hallo,

durch das Trauma entsteht im Unterbewussten ein Muster, auf das das Gehirn ggffls. zurückgreift, welches ein bestimmtes Verhalten sodann erzeugt.

Soweit, so gut!

Wodurch entsteht dieses Muster im Unterbewussten; meiner Meinung nach durch Gedanken die ich automatisch denke und glaube, weil ich es so fühle muß es wahr sein.

A) Trauma

C) Gefühle (Angst, Hilflosigkeit etc.)

B) Gedanken über das Trauma

D) Verhalten (Rückzug, Vermeidung)


Wir überspringen automatisch den Punkt B), weil die Gefühle sofort da sind. Wir denken aber ohne Unterlass den ganzen Tag. Es läuft den ganzen Tag ein Gedankenfilm, so auch vor traumatischen Lebensereignissen vorab eine gedankliche blitzschnelle Bewertung stattfindet.
Das Gefühl erscheint somit angeblich zu erst dagewesen zu sein obwohl es kognitiv ganz anders ablaufen wird.
Die Menschen die sehr wahrscheinlich anders "gepolt" sind, denken auch ganz anders über diese betreffenden Situationen.

Deswegen kann ich auch erklären, wieso ich am Fenster sitze die Sonne scheint, die Vöglein zwitschern und mir trotzdem Tränen die Wangen herunterlaufen.
Es liegt an meiner gedanklichen Bewertung dieser Siuation. Eigentlich müsste mich dieses Zustandsbild am Fenster glücklich und zufrieden machen. Wenn ich aber traurige Gedanken dazu entwickele, ich zu dieser Situation unpassend leider weinen muss.

Wenn dieser kognitive Ansatz stimmig ist, könnte ich ja über dieses System versuchen mit haltbaren Entgegnungen oder Aktivitäten andere Bewertungen zu erreichen.

Somit kommt auch wieder der Sinn von Psychotherapie klar zum Vorschein, der Therapeut versucht immer wieder aufs Neue unsere Selbstheilungskräfte zu aktivieren.

Ob das nun unbedingt kognitiv behandelt werden muss, sei dahingestellt. Tiefenpsychologie oder Analyse versuchen ja eigentlich nichts Anderes in Bewegung zu setzen, nämlich das der Patient durch freies Assoziieren und Rückerinnern versucht, über andere heutige Gedanken das Trauma zu relativieren und anders zu bewerten.

Es geht über die Gedanken und dem daraus folgenden Verhalten, welche wir angeregt durch jedwede Therapieform versuchen zu entwicklen oder zu ändern.

Die Brandopfer einer Flugschau oder Hinterbliebenen des Zugunglücks von Meschede wurden wie im TV mitgeteilt, teilweise mit EMDR, einer speziellen Traumatherapie 20 bis 40 Stunden mit Erfolg behandelt. Diese sehr schweren Erlebnisse konnten verarbeitet werden über eine Technik bestimmter vertikaler Augenübungen, die der Therapeut nach einer Stabilisierung durchführte. Patienten konnten hiernach zur Verarbeitung die Orte des Geschehens mehrfach aufsuchen um sich auch ihren automatischen Gedanken an diesen Tatorten nähern zu können. Also auch hier wird eine effektive Herangehensweise gewählt um sich dem vorherigen Schemata zu nähern.

Es wäre natürlich hier ein Riesenerfolg, über eine dieser effektiven Therapiemethoden in kürzerer Zeit als wir sie vielleicht bisher kennen, Traumata die Kraft zu nehmen uns unsere Lebensenergie schrittweise zu zerstören.

Soweit so gut in der Theorie klar, jetzt brauch ich ja eigentlich nur noch mein Wissen gegen meine Angst einsetzen und sie ist verschwunden. Das will ich versuchen. Sollte funktionieren o.k., sollte es nicht so sein, war ich wohl "heavy on the woodway"!

Grüße

bohneberger
Anita2
Beiträge: 408
Registriert: 4. Nov 2006, 19:39

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von Anita2 »

Hallo Bohneberger,
Du bist nicht auf dem Holzweg. Ich denke dass ist schon richtig so.
Bei mir funktioniert es und ich trainiere es weiter bis aus dem Trampelpfad die Autobahn wird.
Das Muster entsteht durch das Geschehen und die daraus folgenden Gedanken und Bewertungen.
Die tiefenpsychologische Therapie versucht am Ende das gleiche wie die kognitive Therapie, die automatischen Gedanken auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen.
Die kognitive Therapie arbeitet im Gegensatz zur tiefenpsycholischen Therapie die Erlebnisse nicht auf, sonder schaut gleich nach den Verzerrungen.
Übrigens, die Techniken zu der Heilung mit Augenbewegungen in vertikaler Richtung stehen in dem Buch "Emotionale Befreiung" von Dr. Peter Lambrou und Dr. George Pratt.
Ich habe es noch nicht gelesen, nur überschlagen, kann dazu also noch nichts sagen.

Liebe Grüße
Anita2
HannaLena
Beiträge: 6
Registriert: 23. Nov 2006, 08:02

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von HannaLena »

Hallo bohneberger,

deine Frage >was haben diese Menschen, was ich nicht haben kann...< klingt für mich sehr nach der Warum-Frage. Warum ich und andere nicht? Wobei ich letzteres stark zu bezweifeln wage. Ich zumindest kenne keine einzige Person, die eine vergleichbare Geschichte hat, die niemals auch unter Depressionen litt. Sehr wohl aber Personen, die dies vehement bestreiten, auch wenn es noch so offensichtlich ist. Sie können es eben einfach nicht akzeptieren. Mal davon abgesehen, dass es ja bekannt ist, dass gerade Menschen mit psych. Störungen es oft gradezu meisterhaft verstehen, dies zu verbergen.

Aber zurück zu deiner Frage...würdest du dich selbiges auch fragen, wenn du nicht betroffen wärest? Wenn du also niemals depressiv geworden wärest, würdest du dich dann fragen, warum andere es sind und du nicht?

Hallo Anita,

das, was du da in deinem vorletzten Post gesagt hast, sehe ich ebenfalls so. Jedes Mal, wenn meine Depression aktiv wird, gibt es auch einen Auslöser dazu, der wiederum alte Muster aktiviert. Wäre ich nun in der Lage, dies auch jedes Mal sofort zu erkennen, also welches alte Muster schlägt da zu, dann hätte ich die Möglichkeit, dies durch neue Erfahrungen, Überzeugungen etc. zu ersetzen. Womit es mich gar nicht erst in Depressionen stürzen könnte. DASS das funktioniert, weiß ich bereits, aber eben nur, wenn ich sofort das alte Muster identifizieren kann. Hat mich die Depression erst einmal, dann geht da gar nichts mehr, klares Denken ist dann ja nicht mehr möglich Der Knackpunkt dabei: zu irgendeinem Zeitpunkt WÄHREND der Depression erkenne ich dann doch auf einmal, woran es liegt und tauche dann auch relativ schnell wieder auf.

Frage: wie funktioniert das? Was genau ist es da, was mir plötzlich die Erkenntnis verleiht? Und was genau ist es, was mich in manchen Situationen erkennen lässt, dass da ein altes Muster nach mir greift und in anderen eben nicht?

viele Grüße

HannaLena
Seien wir realistisch, wagen wir das Unmögliche (Che Guevera)
Anita2
Beiträge: 408
Registriert: 4. Nov 2006, 19:39

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von Anita2 »

Hallo HannaLena,
bei mir sind vor dem Abstieg die traurigen Gefühle. Ich versuche dann heraus zu finden warum ich plötzlich traurig werde und finde dann meistens auch die Gedanken dazu. Nun geht die Arbeit von vorne los, Realitätsüberprüfung.
Es ist sehr anstrengend und manchmal dauert es lange bis ich von dem traurigen Gefühl weg bin.
Es klappt auch nicht immer und ich kenne auch noch nicht alle Muster.
Der letzte tiefe Absturz wurde sogar von meinem ehemaligen Therapeuten ausgelöst und er konnte mir auch nicht helfen, will sagen er war ratlos.
Bin dann einen Tag später nochmal tief abgestürzt und habe dann in der Tagesklinik, in der ich war, angerufen. Ich hatte Glück, dass mein Therapeut der in der Klinik für mich zuständig war, an dem Wochenende Dienst hatte.
Er hat mich dann aus dem Loch heraus geholt.
Ich denke wir brauchen halt viel Zeit und als Unterstützung eine Therapie, die ich auch mache. Ich bin mir mit meiner Therapeutin einig, dass wir behutsam all die Dinge aufarbeiten werden und ich denke da werde ich noch einige Muster kennen lernen.
Liebe HannaLena habe Geduld, Du bist auf einem guten Weg. Mache weiter, Rückfälle gehören halt auch dazu.

Liebe Grüße
Anita2
schatzi
Beiträge: 761
Registriert: 28. Sep 2006, 20:28

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von schatzi »

Die Frage nach dem 'WARUM', ist die jeglicher Forschungsgrundlage.

Warum entwickeln Menschen überhaupt Depressionen?

Warum die einen bei Folsäure- oder Vitamin-B-Mangel erkranken und die anderen erst nach Streß (Trauma, Trennung, Entlassung, Verarmung, Einsamkeit etc.) und die anderen nicht?
Wie entsteht diese hohe Vulnerabilität, die allen vorausgehenden psychischen Erkrankungen nachgesagt wird?

Haben diese Menschen mit diesen Voraussetzungen garkeine andere Chance bestimmten Ereignissen zu begegnen?
Für die Auswahl bestimmter Medikamente, Nahrungsergänzungsstoffe, Hormone, biologischer Stoffe und im besonderen,
welche Psychotherapieart würde in diesem Falle mit höchster Wirksamkeit intervenieren.

Als Patient sich zu informieren und auf dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu bleiben, ist vielen verständlicherweise leider garnicht möglich. Davon profitieren natürlich viele Wald- und Wiesentherapeuten, die versuchen eine Therapie so lange wie möglich auszudehnen ohne einen Schimmer von baldiger Besserung. Auch hat die Erkenntis psychosomatischer Befunde mit Einzug in die Schulmedizin, einen regelrechten Ansturm auf neurolgisch psychiatrische und psychotherapeutische Praxen verursacht.
1 jährige Wartezeiten bei angeblich "guten" Behandlern, sind daher leider keine Seltenheit(?).

Warum gibt es bis heute keine standardisierten Untersuchungen bestimmter depressiver Krankheitsverläufe, im Vergleich Zeitfaktor und verschiedener Psychotherapiearten?

Bleibt uns Betroffenen als lapidare Antwort übrig, das was 20, 30 oder gar 40 Jahre schon besteht, kann nicht in einem Jahr beseitigt werden.
Ein wirklicher trauriger Zustand sich doch permanent in einer Grauzone der Krankheit zu bewegen.
Das es auch anders geht zeigt der Krankheitsfall Deissler, der nach einem Aufenthalt im Max-Planck-Institut München, nach einem 1/4 Jahr Depressionsbehandlung wieder in der 1. Bundesliga Fußball spielen kann!!!?

Also müssen doch Unterschiede vorliegen, wie dieser klassische Fall eindeutig belegen kann!

Auf Grund dieser Tatsache und eigener Psychotherapieerfahrungen, habe ich die Gelegenheit wahrgenommen, im Juni 2006 eine Psychotherapiestudie an einer UNI-Klinik unter Supervision und wissenschaftlicher Überwachung, zu beginnen.

Nach diesen 45 Sitzungen werde ich hoffentlich in Richtung meiner begonnenen Fragstellungen mehr Antworten erhalten.

Nach rund 25 Stunden kann ich auf jeden Fall eine sehr intensive Bearbeitung tiefsitzender Gefühle und Verhalten feststellen obwohl man häufig einer kognitiven Verhaltenstherapie Gegenteiliges oder gar Oberflächligkeit nachsagt.

Wie schon eine Userin recht treffend bemerkte, diese Therapieart nicht lange alte und jahrzehntelang zurückliegende Erlebnisse versucht jetzt erst zu verarbeiten, sondern direkt die damit in Verbindung stehenden gedanklichen Verzerrungen bedingungslos aufsucht!

Herzlichen Dank.

bohneberger
Anita2
Beiträge: 408
Registriert: 4. Nov 2006, 19:39

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von Anita2 »

Hallo Bohneberger,
ich lese deine Postings mit großem Interesse.
Bist Du Psychologe mit Schwerpunkt, kognitive Therapie?
Ich habe mir das Wissen hierzu über ein Lehrbuch von Beck angeeignet und komme auch sehr gut damit zurecht. Ich war schon nach drei Monaten wieder ganztags berufstätig, und mein Gedächtnis, meine Konzentrations- und Leistungsfähigkeit sind wieder voll und ganz zurück gekommen.
Ich kenne aber auch einige Personen, die damit überhaupt nichts anfangen können.

Ja ich denke es gibt Unterschiede, sowohl in der Art der Erkrankung als auch in der Therapieform und deren Wirkung. Große Unterschiede sehe ich auch in der Möglichkeit des Einzelnen, mit der Erkrankung und der angebotenen Hilfe, umzugehen. Ich denke, jeder muß für sich "seinen Weg" finden.
Ich mache nun eine Gestalttherapie, die ähnlich aufgebaut ist.
Hier wird auch direkt auf die Muster eingegangen und es wird gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten gesucht, die Verzerrungen zu überwinden.
Ich beglückwünsche Dich, für die Möglichkeit an einer solchen Studie teilnehmen zu können.
Ich wünsche Dir auf jeden Fall viel Erfolg dabei und dass Dir alle Fragen beantwortet werden.
Liebe Grüße
Anita2
schatzi
Beiträge: 761
Registriert: 28. Sep 2006, 20:28

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von schatzi »

Ja danke.

Gestalttherapie (F.Perls) und 'heißem Stuhl', habe ich bereits hinter mir. Zum Zeitpunkt schwerster Lebensumstände (betrügende Ehefrau, Polizeidienst und 2 große Gastro-Betriebe) habe ich versucht über diese Therapieart auftretende Probleme anzugehen. Leider ohne Erfolg bzw. Aufdeckung irrationaler Verzerrungen, die mir als Krisenintervention mehr als weitergeholfen hätte!

Die Wirksamkeit von Psychotherapie hinterfrage ich, seit der Fachliteratur von A. Ellis bzw. kognitiver Verhaltenstherapie.

Wenn Seelenzustände durch Gedanken beeinflussbar sind, kann ich diese subjektiv einschätzen und nachvollziehen, ohne mich unbedingt jahrelangen Therapien aussetzen zu müssen.
Letztendlich, meine Verzerrungen durch reines Rückerinnern und nicht durch regelrechtes Training, sich nicht effektiv beeinflussen lassen.

Herzlichen Dank.

bohneberger
leorosalie
Beiträge: 96
Registriert: 6. Mär 2006, 09:33

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von leorosalie »

Regenwolke
Beiträge: 2214
Registriert: 15. Apr 2006, 12:46

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von Regenwolke »

Hallo ihr,

weil hier im Thread schon oft das Verhältnis von Kognitionen und Emotionen angesprochen wurde, setze ich mal einen Link zu einem Zeit-Artikel rein, der Erkenntnisse der neueren neurobiologischen Emotionsforschung ein bißchen zusammenfaßt, vielleicht interessiert es ja jemanden, obwohl es nicht direkt um Depressionen geht:

http://www.zeit.de/zeit-wissen/2006/02/Gefuehle_Titel


Gruß,
Regenwolke
balduin.cruchot
Beiträge: 222
Registriert: 26. Apr 2005, 21:24

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von balduin.cruchot »

Danke für den sehr interessanten Artikel, Regenwolke! Schön vor allem, dass am Schluss nicht die banale Bilanz gezogen wird "Nur wer auf den Bauch hört, wird glücklich", denn so einfach ist es ja offensichtlich doch nicht. Ich habe vor allem Im Verlauf der Depression oft Schwierigkeiten gehabt, wenn mein Psycho mir vorwarf, zu rational zu sein. Ich solle doch mehr auf mein Gefühl hören, sagte der mir oft. Ich sagte ihm dann: wenn ich öfter auf mein Gefühl hören würde, würde ich morgens nicht aus dem Bett aufstehen und den ganzen Tag heulen. Nur dank meines Verstandes habe ich überlebt, denn der sagt mir: es wird auch einmal wieder vorbei sein.
Grüße
Anke
Anita2
Beiträge: 408
Registriert: 4. Nov 2006, 19:39

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von Anita2 »

Hallo Regenwolke,
habe den Artikel mit Interesse gelesen, da mir nachgesagt wird ein Kopfmensch zu sein.

Ich kann zurzeit nicht genau sagen, ob ich nun mit dem Kopf oder über den Bauch entschieden habe.

Ich denke, dass ich durch meine Therapie wieder mehr ins Bauchgefühl komme, es ist aber für mich sehr schwer, es zu bestimmen.

Meine Thera sagte, das Bauchgefühl dabei ist und ich es nicht wahrnehmen kann. An diesem Thema arbeite ich auch.

Liebe Grüße
Anita
Regenwolke
Beiträge: 2214
Registriert: 15. Apr 2006, 12:46

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von Regenwolke »

Hallo Anke und Anita und alle anderen,

Mich beschäftigt die Frage nach dem Hören "auf den Bauch" bzw. auf die eigene Intuition auch sehr. Ich habe ziemliche Probleme mit Entscheidungen, und manchmal habe ich den Eindruck, es gibt meist ein spontanes "Bauch-Gefühl", das mir aber oft nicht so in den Kram paßt, mir unbequem erscheint. Und dann fange ich an zu Grübeln, Dinge im Kopf hin und her zu wälzen, versuche, eine "optimale Lösung" zu finden, nur um nach zermürbendem, kraft- und zeitraubendem Kopfkino doch zu tun, was dem "Bauchgefühl" entspricht, weil ich anders irgendwie gar nicht handeln kann.

Eine weitere Frage ist, inwieweit ich meiner Intuition überhaupt trauen kann. In dem Artikel wird ja deutlich, daß das "Bauchgefühl" vor allem dann ein guter Ratgeber ist, wenn man auf einem Gebiet schon viel Erfahrung hat, Intuition ist das Ergebnis von Lernen, von immer wieder gemachten Erfahrungen.
Der Artikel geht aber nicht darauf ein, wie sich das bei psychischen Erkrankungen verhält, d.h. ob nicht das "Bauchgefühl" bei einer Depression z. B. auf Erfahrungen basiert, die vielleicht früher schützend und sinnvoll waren, jetzt aber nur hinderlich sind und in den Rückzug führen, so wie Du, Anke, es mit dem Wunsch, einfach im Bett zu bleiben beschreibst. Wann muß ich mit meinem Verstand gegen solche Gefühle angehen, und wann muß ich auf sie hören?

Welche Gefühle sind Ergebnis meiner Krankheit und leiten mich eher in die Irre, und welche zeigen mir, was gut für mich ist? Ich finde es sehr schwer, das zu unterscheiden.

Liebe Grüße,
Regenwolke
schatzi
Beiträge: 761
Registriert: 28. Sep 2006, 20:28

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von schatzi »

Hi,

habe Artikel natürlich auch durchgelesen.

Mein "Bauchgefühl" sagt mir dauerhaft, "zieh dich besser ins Bett zurück, weil da wird dir sicher kein Unheil oder eine Katastrophe widerfahren können".
Mit fatalen Auswirkungen folgerichtiger und zeitgemäßer Lösung.
Wie z.B. dringende Arztbesuche, regelmäßiger Aufräum- und Säuberungsarbeiten, Bewerbungsschreiben, Beantwortung Schriftwechsel, sämtlich Einhaltung von Terminen und Fristen absolut diesem "Bauchzustand" zum Opfer fallen!

Was mache mit meinem dauernden "unguten Bauchgefühl" und wofür ist es gut, außer vorsichtig zu sein?

bohneberger
schatzi
Beiträge: 761
Registriert: 28. Sep 2006, 20:28

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von schatzi »

Der allgemeinen Verständlichkeit wegen und den spekulativen Charakter der Herkunft von Gefühlen zu entkräften, möchte ich darauf hinweisen, daß weder mit dem Bauch, dem Herzen oder irgendeinem anderen Körperteil, außer dem Hirn Denken ermöglicht ist.

Weil würden mir mit dem Bauch oder dem Herzen denken wollen, müsste auch dort jeweils ein Gehirn vorhanden sein.

Nur der Form halber, da bei vielen Menschen der Glaube vorherrscht, eine andere Stätte in unserem Körper noch derartig Großartiges im Stande zu leisten sei.

Grüße

bohneberger
schatzi
Beiträge: 761
Registriert: 28. Sep 2006, 20:28

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von schatzi »

Hi,

habe lange Zeit überlegt, welchem Körperteil man abfälligerweise auch noch ein Gehirn nachsagt, dem männlichen Geschlechtsteil!

Grüsse

bohneberger
Clown
Beiträge: 4337
Registriert: 8. Nov 2004, 18:22
Kontaktdaten:

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von Clown »

Hallo Boney und alle,

was sagt ein Mann, der bis zur Hüfte im Wasser steht? -
"Das geht über meinen Verstand."


Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
cool
Beiträge: 2797
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von cool »

Liebe Clown,

DAS war jetzt aber wirklich UNTER der Gürtellinie. *strengschau*

Bussi vom
Coolen Moralapostel
DorleB
Beiträge: 32
Registriert: 12. Jan 2007, 23:05

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von DorleB »

Hi bohneberger, hallo Ihr alle ,

gerade habe ich mich durch den thread gelesen und geselle mich fix dazu, ehe mich der Mut verlässt . Bin schwer beeindruckt, froh, Euch gefunden zu haben und gespannt, wie´s weitergeht... und habe vor lauter schreiben den Anschluß verpasst... darf ich das Thema "Gehirnstandorte" weiterverfolgen?

Euer Einverständnis kühn vorausgesetzt:

@bohneberger: Gerade habe ich einen hochinteressanten Artikel über das "Bauch"-Gehirn gelesen, ich muß ihn nur wiederfinden. Falls es etwas Zeit hat, suche ich ihn.
Sinngemäß geht es um ein hauchdünnes, aber leistungsstarkes Nervengeflecht, dass in der Darmwand eingebettet ist. Klingt zwar etwas, nun ja, befremdlich für einen Kopfmenschen wie mich, entbehrt aber nicht einer gewissen Logik.

@cookie: Dein Beitrag ist zwar schon vom 19.10., aber vielleicht liesst Du noch mit..?
Ich kenne aber die Situation, am Fenster zu sitzen, draußen scheint die Sonne und ich muß weinen. Für mich selbst habe ich herausfinden können, warum das so ist, und vielleicht geht es anderen ähnlich:

Nach genauer Betrachtung sitze ich innen, im Zimmer, in meiner Welt, wenn man so will. Durch das Fenster kann ich meine Umgebung, das Außen, den "Rest det Welt" sehen, der mir schön, positiv, freudig, in Harmonie erscheint, also in dem Zustand, in dem ich gerne wäre, aber momentan nicht bin. Von diesem Rest trennt mich die Glasscheibe - durchschaubar, aber nicht durchdringbar.

Um im Bild zu bleiben: Ich kann also mit den Gedanken hinausgreifen, aber nicht mit den Händen. Alles Sichtbare dort draußen bildet einne Einheit, die nur mich ausschließt. Und je besser das Wetter draußen, desto unertäglicher ist das Gefühl, nicht teilhaben zu können.Bei Rgen, Nebel, Nieselregen oder Dunkelheit ist dagegen das Wetter draußen nicht besser als das drinnen, fühle ich mich innen dem Außen angenähert, also fast schon verbunden - nicht toll, aber immerhin...

Liebe Grüße
Dorle




Wir alle suchen nach Etwas, das uns schon längst gefunden hat
schatzi
Beiträge: 761
Registriert: 28. Sep 2006, 20:28

Re: Kognitive Fehler bei Depressionen!

Beitrag von schatzi »

Hi,

ich hatte es bereits recht schön erklärt, warum eigentlich eine an sich schöne Situation, wie am Fenster sitzen und Vöglein zwitschern, ich trotzdem weine und traurig sein kann.

Mir ging es heute morgen ähnlich, bei dem Anlesen der Hauptseite unserer Tageszeitung kamen mir fast die Tränen, da ich von den Nachfolgern der Polittalk-Fernsehsendung "Sabine Christiansen" sehr beeindruckt und unverhältnismäßig aus dem Häuschen war.

Ich bewerte diese dort angeführten Menschen als besonders wertvoll und qualifiziert. Sandra Maischberger, Frank Plasberg, Ulrich Wickert, Thomas Roth und Anne Will wären exzellente Nachfolger.

Was habe ich also gefühlt, was führte fast zu diesen Freudentränen eines eigentlich alltäglichen Zeitungsgeschehens?

Was habe ich gedacht? Ich bin nichts wert!

Mein immer währender Vergleich zu anderen angeblich wertvolleren Menschen, die es geschafft haben über ihre Leistungen positiv in ein Gespräch zu gelangen!

Ich in Bezug auf diese Menschen absolut wertlos bin, da ich mich über meine bisherigen vielen Anstrengungen des Lebens, leider niemals so positiv ins Gespräch bringen konnte.

Meine Lebensleistung und meine Person ansich absolut wertlos sind.

Ich fühle Bewunderung, Neid und Traurigkeit und das ist das traurige Geheimnis, was habe ich vorher gedacht:

Haste was biste was, haste nix biste nix!

(Unzulässige Verallgemeinerung, Schwarz/Weiß Denken, Selbstbild Opferrolle, Über-Untertreibung, SOLL/MUSS Denken)

Da ist eigentlich leider alles drin, was man für die Aufrechterhaltung irrationaler Annahmen und Ursachen für psychische Störungen so benötigt.

Ich arbeite dran!

Wenn Du das nächste mal wieder am Fenster sitzt, schau mal genauer hin was Du wirklich fühlst?

Grüsse

bohneberger
Antworten