"Olé!" oder: gibt es ein Leben nach der Depression?

Antworten
Celestina
Beiträge: 33
Registriert: 7. Dez 2005, 16:13

"Olé!" oder: gibt es ein Leben nach der Depression?

Beitrag von Celestina »

Hallo Ihr Lieben,

es kommt mir ja nach allem, was ich heute schon gelesen habe, fast banal vor, aber die Geschichte muss ich einfach loswerden, glaube ich.

Wie ich wohl schon in früheren Beiträgen angedeutet habe, habe ich einige Probleme mit meiner Familie, speziell mit meiner Mutter, die mit meiner Lebensweise nicht klarkommt. Jedesmal, wenn sie mich besucht, kommen die selben alten Themen auf den Tisch. Ich bemühe mich nach Kräften, keine Angriffsflächen zu bieten, aber sie findet immer etwas zu kritisieren. So auch dieses Wochenende. Ich habe schon Tage vorher schlecht geschlafen, habe meinem Freund etwas vorgeheult, habe Magenkrämpfe gehabt, weil ich nicht wusste, wie ich neuen Streit vermeiden kann. Mein Freund hat etwas Kluges gesagt: "O.k., Deiner Mutter geht es nicht gut, aber sie ist immer noch stark genug, Dich fertig zu machen." Im Gedanken an diesen Satz habe ich mir vorgenommen, mich diesmal nicht unterbuttern zu lassen, habe dennoch brav die Wohnung picobello aufgeräumt und geputzt, habe alles vermieden, was Anstoß erregen könnte - und zack, sie hat doch noch diverse Dinge gefunden, die sie kritisieren konnte. Ich freue mich, Euch berichten zu können, dass ich es einmal in meinem Leben geschafft habe, ihr Kontra zu geben. Der Streit endete damit, dass sie mir mitteilte, dass ich sie nicht mehr anzusprechen brauche, und dass ich MEINE Wohnung verlassen habe, weil ich es dort nicht mehr ausgehalten habe, so lange sie da war. (Nur meine Mutter bringt das Kunststück fertig, mich aus meiner eigenen Wohnung zu ekeln, deshalb das "olé" als Ausruf der Bewunderung für diese Unverfrorenheit.)

Ich bin todtraurig und wütend, aber zum ersten Mal seit langer Zeit gebe ich mir nicht die alleinige Schuld an einem Streit und fühle ich mich nicht wie das größte A... der westlichen Zivilisation. Das bestärkt mich in der Hoffnung, dass es ein Leben nach der Depression gibt.

Liebe Grüße

Celestina
samaya
Beiträge: 266
Registriert: 3. Jul 2006, 20:54

Re: "Olé!" oder: gibt es ein Leben nach der Depression?

Beitrag von samaya »

Hallo Celestina,

herzlichen Glückwunsch! Schön, dass Du das gesachafft hast!
Eine Frage schießt sich mir noch sofort in den Kopf: Was meinst Du, was passiert, wenn Du Deiner Mam sagst, dass Du nicht mehr möchtest, dass sie Dich besucht?

Lieben Gruß
Sam
peru
Beiträge: 83
Registriert: 9. Sep 2006, 08:11

Re: "Olé!" oder: gibt es ein Leben nach der Depression?

Beitrag von peru »

Hallo Celestina,

ich kann das gut nachfühlen. Ich habe es meiner Mutter auch nie Recht machen können.

Mit der Zeit habe ich gelernt, dass man der Sache nur mit Gelassenheit begegnen kann.
Du darfst dich nicht angegriffen fühlen. Hast du ausreichend Selbstsicherheit, dann kommt die Kritik weniger oder gar nicht an dich heran.
Kontra? Ja, man muss sich wehren. Nicht mit Gegenangriffen, sondern mit sachlicher Reaktion oder mit Friedensstiftung bzw. Konfliktlösung und Grenzen setzen.
Es gibt den Begriff der gewaltfreien Kommunikation. Wie wäre es, wenn du mal deine Mutter zu einem Gespräch unter 4 Augen einlädst in ein ruhiges Restaurant, um dort mal zu besprechen, wie ihr in Zukunft miteinander umgeht. Das hat den Vorteil, es kann keiner Türen knallen, weglaufen, laut reden usw.
Meine Therapeutin hat mir eine Anleitung dazu gegeben und ich werde es ausprobieren mit meiner Schwester. Ein Versuch ist es wert. Es geht zunächst um den achtungsvollen Umgang miteinander.
Dass du deine eigene Wohnung verlassen hast, kann ich verstehen. Es war zunächst besser , als den Streit auszuweiten und der bedrückenden Situation zu entkommen.
Ob es die richtige Reaktion war, ist fraglich. Die Mutter hat doch gemerkt, das sie die Stärkere ist.

Nur du kannst etwas verändern, dein Verhalten,
deine Reaktionen. Die Gegenseite hat doch keinen Grund dazu. Die Mutter hat mal wieder Recht und Platz behalten.

Vielleicht kannt du das mit einer Therapeutin besprechen. Ansonsten gibt es Bücher über gewaltfreie Kommunikation, Konfliktlösung und Anleitungen zum Konfliktlösungsgepräch.

Nimm es nicht so schwer, veruche vorwärts zu denken, wie ihr so etwas vermeiden könnt.
Natürlich braucht es die Bereitschaft beider Seiten.
Das es gelingen möge, wünscht dir

rajo

PS. Kommt deine Mutter mit deiner Lebensweise nicht klar oder mit deiner durchgestandenen Depression?
Oder hat sie noch gar nicht erkannt, dass du erwachsen bist und eine andere Celestina geworden bist?
a.w.
Beiträge: 152
Registriert: 4. Aug 2006, 19:33

Re: "Olé!" oder: gibt es ein Leben nach der Depression?

Beitrag von a.w. »

DAs finde ich gut, dass Du mal Contra gegeben hast! Da fällt es gar nicht so ins Gewicht, dass Du Deine eigene Wohnung verlassen hast.
Und eines hoffe ich von Herzen:
Dass Du Recht hast, und das es ein Leben nach der Depression gibt.
Liebe Grüße von Janina
Heute ist der erste Tag vom Rest Deines Lebens. Mach was draus !!
ils_pixent9
Beiträge: 1149
Registriert: 6. Jul 2006, 21:37
Kontaktdaten:

Re: "Olé!" oder: gibt es ein Leben nach der Depression?

Beitrag von ils_pixent9 »

Ich glaube, den ersten Fehler hast du schon gemacht als du deine Wohnung picobello geputzt und aufgeräumt hast.Wie deine Wohnung aussieht, geht deine Mutter nämlich garnichts an. Du hast ihr das Recht dazu eingeräumt, über dich zu bestimmen.

Die Idee, sich in einem Restaurant zu treffen, finde ich gut.

Wenn deine Mutter etwas kritisiert, sage ihr grundsätzlich, dass du alt genug bist, dein eigenes Leben führst und dass es dich weniger kümmert was sie sagt als wenn in China ein Sack Reis umfällt.
Ihre Worte müssen dich gänzlichst unberührt lassen, wenigstens nach außen hin.

Gret.
BinAmEnde
Beiträge: 486
Registriert: 21. Aug 2006, 13:21

Re: "Olé!" oder: gibt es ein Leben nach der Depression?

Beitrag von BinAmEnde »

hallo celestina,

sei bitte nicht traurig. sei wütend! sag ja zu deiner wut! nutze diese wut, denn sie gibt dir auch kraft! stelle dir deine wut als dampf in deinem kessel vor und dich als die lokomotive, zu der der kessel gehört! lasse diesen dampf nicht schlagartig heraus, sondern langsam und in kleinen mengen um die dinge zu tun, die du für wichtig hältst. dann wird sie zu deinem antrieb!

zu einem streit gehören immer mindestens zwei! habe keine schuldgefühle! streiten kann auch helfen, aber nur wenn beide gleichberechtigt miteinander umgehen. das scheint bei euch nicht der fall zu sein!

schuld? was ist das? warum suchen wir immer den "schuldigen"? es ist die mühe nicht wert, die zeit hierfür zu verschwenden.

du hast einen wichtigen schritt getan. du hast sie (und dich) mit ehrlichkeit konfrontiert. das ist nichts böses, nichts wofür man sich schuldig fühlen muss. gib euch etwas zeit! denn plötzliche änderungen in unserem verhalten anderen gegenüber, haben immer zunächst einmal unverständnis zur folge. sie muss erst lernen damit und deinem neuen bewusstsein gegenüber ebenso ehrlich aufzutreten. sie ist nun in der defensive und das ist ungewohnt für sie. nun fühlt sie sich nicht mehr wohl und wird nachdenken!

lebe dein eigenes Leben, denn du bist du! und nicht eine kopie deiner mutter!

viel, viel glück! werner
imagine
Beiträge: 1068
Registriert: 18. Jun 2006, 20:46

Re: "Olé!" oder: gibt es ein Leben nach der Depression?

Beitrag von imagine »

Liebe Celestina, das ist schlimm, wenn man seiner Mutter nicht genügt, ich kenne dieses Gefühl leider auch.
Ich habe mich erst wirklich lösen können, nachdem sie gestorben war und da auch erst nch langen Jahren.
Ich kann Werner da einerseits nur Recht geben, lebe deine Wut, denn Kinder sind NICHT dazu da, den Ansprüchen dr Eltern zu genügen, sondern die Eltern sind in der Geberrolle.
Wenn es andersherum läuft, wird sich das Kind immer schuldig fühlen und diese Schuldgefühle machen dich kaputt, denn du hast ja nicht wirklich Schuld auf dich geladen, sondern du genügst ihren Ansprüchen nicht und das ist ein riesengroßer Unterschied.

Du hast ja schon damit angefangen dich zu wehren, mach es nicht wie ich,setze dich nicht ins Unrecht in dem du z.B. schreist, sondern benimm dich wie ein erwachsener Mensch, mit dem sie rechnen muss.

Viel Kraft und Erfolg wünscht dir von Herzen
imagine
Schweigen ist die unerträglichste Art der Erwiderung (Chesterton)
Antworten