Todesfall und Depression

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ICE
Beiträge: 10
Registriert: 8. Aug 2005, 22:06

Todesfall und Depression

Beitrag von ICE »

Hallo Ihr alle,

ich kann einfach nicht: Abschied nehmen und loslassen!!!!
Gestern war ich auf der Beerdigung meiner Tante, die mir trotz grosser räumlicher Entfernung sehr nahe stand. Meine Mutter starb an Krebs als ich 22 war, meine Tante nun 17 Jahre später als noch mein einzig lebender Verwandter (ausser meiner Schwester und meinem Sohn) ebenfalls an Krebs.
Es war ein Leidensweg über ein halbes Jahr; aus der Entfernung miterlebt.

Ich hatte eigentlich bislang meine Depri im Griff, fühlte mich gut (mit Medis) und nun gestern kehrte alles wieder....
Die Verzweiflung, das Gefühl der allgemeinen Sinnlosigkeit, die Lebensangst und dieses tiefe brennende Gefühl des abgrundtiefen Entsetzens!
Beklemmungen, die mir die Kehle zuschnüren und das altbekannte Gefühl der Starre.

Furchtbar! Ich dachte ich wäre schon weiter, wieder auf dem "normalen" Weg. Und nun das!!!!

Wieso kann ich nicht wie jeder andere mit Verlust umgehen??? Es ist so als hätte ich gar keinen emotionalen Puffer, keine Möglichkeit mehr, mich "zusammenzureissen". Ich heulte am offenen Grab meiner Tante mehr als meine Cousinen und Cousins, die ja immerhin die Mutter verloren haben.

Kann das jemand verstehen? Ich fühle mich wie von der Dampfwalze überfahren, dabei war bis vor ein paar Tagen doch die Welt für mich noch in Ordnung..

Sorry für das wirre Geschreibsel

Eva
3D
Beiträge: 181
Registriert: 19. Sep 2006, 21:49

Re: Todesfall und Depression

Beitrag von 3D »

Liebe Eva,

ich kann dich verdammt gut verstehen. Mein Mann starb an Krebs, und auf einmal war Kälte und Leere um mich herum, ich fühlte mich allein gelassen und stand total unter Schock.

Ich versuchte mir immer einzureden, dass es für ihn gut war, denn sein entsetzlicher Leidensweg war endlich zu Ende. Und so musst du es mit deiner Tante auch sehen. Endlich hat ihr Leiden ein Ende.

Aber ich weiß, wie verlassen du dich fühlst. Dieser Gedanke ist aber ein Trost für die Zurück Gebliebenen, wenn er auch den anderen nicht zurückbringt.

Ganz liebe Grüße
Mella
Mella
Twinkle
Beiträge: 179
Registriert: 28. Mär 2003, 15:55

Re: Todesfall und Depression

Beitrag von Twinkle »

hallo eva!

ich kann dich sehr gut verstehen, denn ich habe vor 4 wochen meine patentante verloren. als kind habe ich immer wieder bei ihr gelebt und sie war für mich eine sehr wichtige person in meinem leben.

fühle mich auch wie von einer dampfwalze überfahren. sie ist gestorben während ich im urlaub war und ich habe es erst danach erfahren. vorher ging es ihr eingentlich noch relativ gut, habe mit ihr telefoniert und es hörte sich ok an. jetzt ist sie weg. ich hätte ihr doch noch so vieles zu sagen gehabt. zwischendurch versuche ich alles zu verdrängen und tu so, als ob sie noch lebt, doch dafür ist mein hirn wohl doch zu helle.

leider habe ich in der ganzen situation für mich selbst kein verständnis. gegenüber anderen gebe ich auch nicht zu, dass ich unter ihrem tod wirklich leide, aber was sollten die auch dazu sagen. für meine eltern ist das ganze zumindest nach außen schon abgehakt, ich kann das nicht. wie ich es künftig schaffe wieder normalität in mein leben einkehren zu lassen, weiß ich noch nicht, doch ich weiß, es wird passieren.

auf einer speziellen internetseite habe ich jetzt für alle wichtigen personen, die ich in den letzten jahren verloren haben, nachrufe geschrieben. irgendwie tut das gut, damit sind sie nicht so ganz vergessen.

gruß
twinkle
heike56
Beiträge: 1126
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Todesfall und Depression

Beitrag von heike56 »

Liebe Eva,

es tut weh einen Menschen zu verlieren, der einem Nahe stand. Wenn dabei noch Erinnerungen an deine Mutter wieder präsenter werden, ist es ein ein zweifacher Schmerz. Ich fühle mit dir!
Viele Depressive besitzen eine erhöhte Sensibilität, die sich auch durch die Einnahme von AD nicht verliert. Wir behalten die Fähigkeit tiefer zu empfinden sowohl in schönen wie auch in traurigen Situationen.

Auch wenn es dir im Moment so vorkommt als ob alles zurückkehrt, denke ich, es ist vorübergehend. Wenn ein bißchen Zeit vergangen ist, kommst Du wieder ins gekannte Gleichgewicht.

Nimm dir Zeit zu trauern, aber das weißt Du ja.

Ich wünsche dir, dass es dir bald wieder besser geht.

Liebe Grüße

Heike 47
ICE
Beiträge: 10
Registriert: 8. Aug 2005, 22:06

Re: Todesfall und Depression

Beitrag von ICE »

Hallo Ihr,

erstmal Danke für Eure tröstenden Worte. Es tut einfach gut zu lesen, dass man mit seinem Problem auf Verständnis trifft und nicht immer nur das Gefühl hat, als "Alien" unter den ganzen anderen zu weilen.

Ich persönlich finde Krebserkrankungen als eine der schrecklichsten Plagen unserer Zeit, weil es so lautlos, schnell und gemein vor sich geht.
Ich komme damit nicht klar, dass ein eben noch im Leben stehender, vor Kraft strotzender Mensch innerhalb kürzester Zeit von etwas dahin gerafft wird.

Ich konnte noch nie gut mit Dingen umgehen, denen ich ausgeliefert war.
Es macht mir Angst, in manchen Situationen machtlos zusehen zu müssen und keine Möglichkeit des aktiven Eingreifens zu haben.

Leider ist das jetzt wieder der Fall, ich fühle mich wie die Maus vor der Schlange.

Eva
3D
Beiträge: 181
Registriert: 19. Sep 2006, 21:49

Re: Todesfall und Depression

Beitrag von 3D »

Liebe Eva,

ich kann dich gut verstehen. Auch bei mir war das so. Auf einmal war bei mir selbst dieses "Mir-kann-das-schon-nicht-passieren" Gefühl weg, ob man einen Achterbahn-Unfall im Fernsehen sieht oder was auch immer. Denn auf einmal ist alles ganz nah. Und du weißt, dir und jedem von uns kann jederzeit alles passieren.

Du kannst dich - wie ich dir schon sagte - nur damit trösten, dass sie ihr Leiden endlich hinter sich hat und vielleicht auch damit, dass sie ein schönes Leben hatte.

Auch ich hab mir gesagt, zumindest hat er schön gelebt, bis er krank wurde.

Aber verstehen werde auch ich es nie! Warum muss es immer die Besten treffen?????

Krebs ist einfach eine unglaublich heimtückische und nicht zu verstehende Krankheit.

Ich wünsche dir viel Kraft, und such dir Hilfe, liebe Eva, sei klüger, als ich es damals war!

Liebe Grüße
Mella
AfricanSun
Beiträge: 101
Registriert: 10. Mär 2006, 19:28

Re: Todesfall und Depression

Beitrag von AfricanSun »

Liebe Eva,

du sprichst mir aus der Seele und ich weiß wie du dich fühlst ich habe fast meine ganze Familie verloren. Mutter und Schwester 2003 und bin heute habe ich noch damit zu kämpfen. Aber das ist eher meine eigene Schuld, da ich es immer sehr gut verdrängt habe.

Wenn einer sagt das Leben geht weiter, gleich danach, ist entweder nicht sensibel oder hat sowas noch nicht durchgemacht. Es ist immer sehr schlimm Menschen zu verlieren die man sehr tief im Herzen hat und die man liebte.

Ich würde dir gerne ein paar tröstenden Worte spenden, nur leider geht es mir momentan selbst sehr schlecht.

Ich schicke dir viele liebe herzliche Grüße
und nimm dich mal Virtuell in den Arm
Mone
BinAmEnde
Beiträge: 486
Registriert: 21. Aug 2006, 13:21

Re: Todesfall und Depression

Beitrag von BinAmEnde »

hallo d.i.c.,

abschied und loslassen, das ist das schwerste im leben. es zu können kann bedeuten, dass du (1.)eine gefestigte, in sich ruhende persönlichkeit bist oder aber auch, wie in meinem fall, dass du (2.)wegen deiner verletzlichkeit und sensibilität alle konsequenzen zunächst einmal verdrängst. alle anderen, die vielen die am grab weinen, über den verstorbenen nachdenken und versuchen trost zu finden, sind, so meine ich, wie du: (3.)sie können NOCH nicht loslassen. auch sie sind noch nicht fertig mit dem ereignis. auch sie beschäftigt noch die frage: was wäre wenn?

jetzt meine frage an dich: in welche kategorie, sagen wir mal meine darstellung wäre richtig, ordnest du dich ein?

ich war, heute denke ich leider, immer in der 2. kategorie. ich habe verdrängung derart für mich perfektioniert, dass ich meinen angehörigen etwas vormachen konnte und es sogar selbst glaubte. du nicht! dafür beneide ich dich sogar! denn das ist kein grund traurig zu sein! nimm dir die zeit die du brauchst um deinen frieden mit dir und der situation zu schließen! ich weiß heute, dass das der richtige weg ist.

es klingt verwegen, nicht wahr? es klingt provokant, möglicherweise. es klingt abgebrüht, vielleicht. aber glaube mir bitte: das ist es nicht und ganz sicher auch nicht so gemeint! ich verstehe dich und deine trauer nur zu gut! ich versuche nur zu sagen, dass trauer das normalste ist, was du jetzt empfinden kannst! du warst ihr verbunden, sie war vielleicht so etwas wie dein rettungsanker und die krankheit hat sie dir auf grausame art weggenommen. aber es ist nicht deine schuld! du konntest nichts tun! und glaube mir, sie wusste was du für sie empfunden hast! da bin ich mir sicher. darum, bitte, gräme dich nicht! behalte sie in guter erinnerung! denke an die positiven dinge, die ihr gemeinsam erlebt habt! die distanz ist dabei nicht entscheidend! ihr standet euch in gedanken nahe. das hat sie nie vergessen.

du brauchst keine angst haben, denn du bist du. du hast viel von ihrer stärke bekommen. nun ist es an dir, diese jemandem weiterzugeben, der sie nötig hat. und glaube mir, bald wird sich zeigen, wer das sein wird. und du wirst da sein. und du wirst spüren, was sie empfunden hat, als ihr euch ausgetauscht hat.

deine welt kommt wieder in ordnung! gebe dir zeit. denn heute ist das morgen, über das du dir gestern sorgen gemacht hast.

ich wünsche dir viel kraft und grüße dich ganz herzlich! dein werner
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