Abschiede

Antworten
ils_pixent9
Beiträge: 1149
Registriert: 6. Jul 2006, 21:37
Kontaktdaten:

Abschiede

Beitrag von ils_pixent9 »

Ich habe in der Suchfunktion keinen Beitrag dazu gefunden also riskiere ich es,einen neuen thread zu eröffnen.
Ich kann mit Abschieden und Trennungen nicht umgehen.
Früher war das ganz schlimm, ich litt schon Tage zuvor wenn meine Kinder einmal eine Klassenfahrt machten.Ich erinnere mich noch an die Fahrt meiner Tochter nach Italien.Wochen vorher lief in meinem Kopf ein Film ab: Italien, die tollkühnen Autofahrer, sie verletzt oder sogar tot.
Als meine Tochter dann älter war und studierte, schickte sie mir einmal eine sms: Gefahr an jeder Ecke, ich werde mich davon nicht abhalten lassen.Das war mir eine Warnung, ich habe mich dann zusammengenommen und es wurde ein großes Thema in meiner Analyse.
Aber auch wenn ich weiss, dass ich als knapp Zweijährige die ganzen Gespräche in bezug auf meinen tödlich verunglückten Vater der durch ein Auto der russischen Besatzungsmacht überfahren worden war, mitbekommen hatte, änderte das nichts an meinen Gefühlen.
Noch als meine Tochter klein war, konnte ich es nicht ertragen wenn von einer Puppe oder einem Kuscheltier der Kopf abging.

Sie ist jetzt so gut wie fertig mit ihrem Studium, sie ist laufend zu Besuch gekommen.Die Trennung war immer eine Katastrophe für mich, den letzten Tag konnte ich nie richtig genießen.
War sie einmal weg, litt ich noch einen Tag oder zwei und dann war es gut und meine Gefühle wenn sie ihr Kommen ankündigte, waren stets ambivalent, denn ich wußte ja,was mir bei der Trennung bevorstand.
Mal war es besser mal schlechter.
Und nun rotiere ich, weil eine Auslandsreise bevorsteht. Ich bin brav, ich belästige sie nicht mit meinen Sorgen, ich will weder wissen wann sie geht noch wohin sie geht, sie soll mir eine sms schicken wenn sie angekommen ist.Ich will auch nicht wissen ob sie das letzte Mal vor ihrer Reise da ist.
Morgen fährt sie wieder an ihren Studienort.
Ich habe sehr gute Freundinnen, ich habe einen Freund (der allerdings auch ein Problemfall ist) aber das ändert nichts daran, dass mir das Herz so schwer ist.
Jetzt in diesem Augenblick wünschte ich mir fast, dass sie schon weg sei, der morgige Tag da,dann wäre mein Elend leichter zu ertragen.
Meine Freundinnen vermissen ihre Kinder immer erst wenn sie schon einige Zeit weg waren während sich mein Zustand dann bessert, für mich ist der Augenblick der Trennung am schlimmsten.
Und mein Kopfkino läuft auf Hochtouren angesichts ihrer Reise.
Kennt jemand von euch solche Gefühle?
Grete
Dendrit
Beiträge: 4976
Registriert: 23. Mai 2003, 11:14
Wohnort: Oberbayern
Kontaktdaten:

Re: Abschiede

Beitrag von Dendrit »

Hallo Grete,

so was in der Art kenne ich. Zwar nicht mit einer Tochter (hab keine Kinder), aber wenn sehr Vertraute gehen bzw. wegziehen. Und ich weiß, dass man sich im Prinzip nicht wieder sieht.

Und beim Tod - besonders wenn es mir nicht möglich war oder für mich genug Zeit hatte, innerlich von der Person zu verabschieden - dann ist die Beerdigung die reinste Hölle.

LG, Manuela
lilly
Beiträge: 360
Registriert: 24. Jan 2006, 11:06

Re: Abschiede

Beitrag von lilly »

Liebe Grete,

hast Du schon eine Therapie gemacht, die Dir helfen könnte? Ich würde dringend eine empfehlen. Dann lernst Du, mit Deinen Sorgen umzugehen und auch positiver zu denken. Es ist wahrscheinlich nur ein einfaches Umdenken notwendig, von dem Du profitieren könntest. Nach erfolgreicher Therapie könntest Du viele Dinge in einem besseren Licht sehen, und Deine größten Ängste würden Dir für immer genommen.

Als ganz kleine Hilfe kann ich Dir folgendes Buch empfehlen: "Sorge Dich nicht, lebe" von Dale Carnegie. Manche Geschichten darin sind ein bisschen weit hergeholt, enthalten jedoch ein Fünkchen Wahrheit.

Bevor ich dieses Buch las, war ich auch ängstlich. Doch dann hatte ich auf einmal eine ganz neue Lebensdevise für mich entdeckt, und zwar folgende:

Ich lebe HEUTE. Nicht gestern. Gestern ist vorbei. Ich kann daran nichts ändern.
Ich lebe nicht morgen: Was morgen ist, weiß ich nicht. Ich kann mir nichts ausmalen, wie etwas sein könnte, weil es morgen noch nicht gibt. Also lebe ich besser nur HEUTE.

Lebe nur heute, und Du wirst bald feststellen, dass es Dir besser geht.

Ich wünsche Dir viel Glück.

Barbara
5MS8

Re: Abschiede

Beitrag von 5MS8 »

Hallo Grete,

vorhin, bei unserem Austausch und auch schon in deinen Beiträgen über deine Freundin habe ich mir gedacht: Warum schreibt sie (= Du ) eigentlich nur über die Sorgen, die sie sich über andere macht....? Und ich hatte mir vorgenommen, bei nächster Gelegenheit dich zu ermutigen bzw. zu bitten, doch auch etwas von Dir zu schreiben. Und jetzt schau´ ich nur kurz ´rein und finde deinen Beitrag...

Das Thema Abschied ist auch für mich eines der schwersten Lebensthemen überhaupt, vor allem wenn es um endgültiges Weggehen geht. Meine Kinder hingegen kann ich mittlerweile gut "ziehen lassen", wenn sie z.B. auf eine längere Klassenfahrt gehen und ich merke, dass sie sich selber sehr darauf freuen.

Vor zwei Jahren ist ein Mensch tödlich verunglückt, der mir sehr viel bedeutet hat, der auch eine Fröhlichkeit und Unbeschwertheit in mein Leben gebracht hatte, wie ich sie vorher eigentlich nie kannte. Darüber werde ich wohl nie hinwegkommen. Ich habe das Gefühl, damals ist wirklich alles das, was ich noch an Jugendlichkeit und Unbeschwertheit hatte, aus meinem Leben gewichen. Bitte sprich mir kein Bedauern aus, selbst das ist mir noch zu viel.

Aber schön, dass du nun auch für dich selber da bist und nicht nur für andere.

Liebe Grüße

Frau58
ils_pixent9
Beiträge: 1149
Registriert: 6. Jul 2006, 21:37
Kontaktdaten:

Re: Abschiede

Beitrag von ils_pixent9 »

Liebe Barbara,
ich denke, es gibt Sachen die einem gemäß sind und andere die einem ganz fremd sind.Nur an den augenblicklichen Tag zu denken, liegt mir einfach nicht.Ich versuche aber zu denken, dass das Morgen nicht unbedingt etwas Schlechtes bedeuten muss.
Liebe Manuela,
dein post habe ich nicht ganz verstanden.Wieso weiß man, dass man sehr Vertraute nicht wieder sieht, wenn diese wegziehen?
Das Bedürfnis mich zu verabschieden, habe ich nicht unbedingt, mir ist es fast lieber, man verabschiedet sich garnicht.
Liebe Frau,
ich schaue auch im rl erst immer ein wenig zu. frau muss sich ja schließlich erst einmal einleben und ein wenig die anderen kennenlernen.Ihr werdet sicher noch viel von mir hören, gerade auch von der chaotischen Beziehung zu meinem Freund.
Ich habe eine lange Therapie gemacht und gehe auch noch jetzt ab und zu hin, es hat die Sache etwas erträglicher gemacht.
Ich war heute nachmittag noch mit meiner Tochter weg und habe wenigstens noch etwas von ihr erfahren.
ich habe auch noch einen Sohn und beide schicken regelmäßig sms wenn sie Ferien machen, darüber kann ich schon sehr froh sein.
Ich arbeite gerne mit Bildern und stelle mir einen Schutzengel vor. Außerdem imaginiere ich eine Frau, die Heidi, die ganz patent ist und lachend sagt wenn man von den Kindern nichts hört, geht es ihnen gut.Solche Phantasien und Bilder helfen mir am meisten.
Aber ziemlich elend ist mir heute abend.
Lieben Gruss Grete
Dendrit
Beiträge: 4976
Registriert: 23. Mai 2003, 11:14
Wohnort: Oberbayern
Kontaktdaten:

Re: Abschiede

Beitrag von Dendrit »

Hallo Grete,

mit dem Wissen, denjenigen nicht wieder zu sehen, wenn ICH weiß, dass aufgrund der Entfernung es nicht mehr möglich ist, den-/diejenige wieder zu sehen.

Konnte ich das jetzt verständlicher ausdrücken?

LG, Manuela
ils_pixent9
Beiträge: 1149
Registriert: 6. Jul 2006, 21:37
Kontaktdaten:

Re: Abschiede

Beitrag von ils_pixent9 »

Ja,Manuela.
Solche Abschiede müssen furchtbar sein.
LG Grete.
heike56
Beiträge: 1126
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Abschiede

Beitrag von heike56 »

Liebe MitleserInnen,

auch wenn jemand lebt, aber nicht erreichbar ist, (z.B. mein Vater, der durch seine Lebensgeschichte für mich nicht lange Zeit nicht erreichbar war), kann das sehr weh tun.
Dagegen habe ich erlebt, wenn Menschen sterben/ oder auch "einfach" nur nicht mehr erreichbar sind, ich aber eine Verbundenheit zu ihnen hatte, leben sie trotz der Trauer in mir weiter.

Wenn man aber wie Du Grete, den Menschen nie erleben konnte, sich kein eigenes Bild von ihm machen konnte, ist das sicherlich sehr schwer.
Du hast nur die belastenden Erzählungen über den Tod deines Vaters. Womit dir deine Mutter natürlich sehr viel von ihrer Trauer/ Trauma mitgeteilt hat. Und ich kann mir vorstellen, dass sie genau wie Du Angst hatte, auch noch jemanden/ ihre Tochter zu verlieren.

Da ich selber keine Kinder habe, kann mein folgender Gedanke ganz daneben liegen. Sollte deiner Tochter jemals etwas passieren, hast Du die Erinnerung an sie.

Angst vor Verlust beinhaltet auch immer die Angst vor dem Loslassen.
Das kenne ich von früher nur zu gut von mir. Wenn mein Freund auch nur einen Tag wegfahren wollte, war das für mich extrem Angst einflößend, weil ich dachte ich sehe in nie wieder.

Seitdem ich selbstsicherer wurde, ich meinem Freund mehr vertraute und meine Depression gut behandelt wird, sind diese Ängst sehr weit weg.

So weit meine Gedanken zu dem Thema

Alles Gute und liebe Grüße

Heike 47
ils_pixent9
Beiträge: 1149
Registriert: 6. Jul 2006, 21:37
Kontaktdaten:

Re: Abschiede

Beitrag von ils_pixent9 »

Ich frage mich manchmal, ob solche Gefühle nicht eigentlich völlig normal oder sagen wir menschlich sind.
Wenn man Bücher aus längst vergangenen Zeiten liest findet man viele dieser Gefühle wiedergespiegelt.Die Menschen waren früher anders, damit will ich nicht sagen besser, aber der Zeitgeist war ein anderer.
Heute ist man eben cool.
Ich soll ein ungewöhnlich sprachbegabtes Kind gewesen sein und es gibt zwei Versionen über den Tod meines Vaters. Die erste, die mir meine Mutter erzählte, war dass er unaufmerksam war und seinem Hut hinterherlief. Die zweite, die ich nach dem Tod meiner Mutter und meiner Tante von der Frau meines Cousins hörte, war dass die Russen regelrecht Jagd auf ihn gemacht hätten.
Von der blutbefleckten Kleidung hatte mir meine Mutter erzählt als ich größer war und ich denke, dass man sich vor einer damals Zweijährigen hemmungslos austauschte und ich viel mehr mitbekam als sie dachten.
Meine Mutter hatte auch als junges Mädchen noch den Krieg erlebt und erzählte mir immer wieder davon.
Auf der anderen Seite muss Abschiedsschmerz auch ein großes Thema bei meinem Vater gewesen sein wie ich in alten Briefen las.
Ich habe in der Therapie gelernt, meine Kinder damit nicht zu belästigen,ich habe ihnen aber offen von meinem Problem erzählt, auch gesagt, dass die Angst nicht berechtigt sei sondern nur mein Problem.
Ich habe gelernt, mich immer besser zu "verstecken."
Als Kind litt ich unter zahlreichen Ängsten, ich wagte es z.B. nicht,mich im Bett mit dem Rücken zu Wand zu drehen aus Furcht erstochen zu werden.Als ich einmal ein Buch über Giftpflanzen gelesen hatte, war ich davon überzeugt, mit einer in Berührung gekommen zu sein und zu sterben. Ich traute mich kaum noch nach draußen.
Viele dieser Ängste sind längst überwunden-das Abschiedsweh nicht.
Gret
Antworten