Macht der Beruf depressiv?

Antworten
silvermoon
Beiträge: 47
Registriert: 18. Sep 2004, 07:38

Macht der Beruf depressiv?

Beitrag von silvermoon »

Guten morgen alle zusammen,
ich bin seit über 5 Jahren an Depressionen erkrankt. Durch Medikamente ging es mir aber immer wieder gut.
Nun zum Thema: Ich hatte gestern ein Gespräch mit meiner besten Freundin, wir sprachen über mein Befinden zur Zeit. Sie ist der Meinung, dass meine schlechten Phasen viel mit meinem Beruf zu tun haben. Ich bin Heilerziehungspflegerin und betreue Menschen mit geistiger Behinderung in einer Wohngruppe. Die Arbeit ist schön, ich liebe meinen Beruf. Trotzdem ist er auch oft sehr belastend. So wie das letzte halbe Jahr. Ich habe den Arbeitsplatz gewechselt, weil ich am Aufbau einer neuen kleinen Wohneinheit mitmachen wollte. Es ist einfach anstrengend, die Bedingungen sind hart. Wir haben ein gutes Team, einen guten Chef, aber die Arbeitsbedingungen sind sehr belastend. Personalmangel, dadurch unmengen an Überstunden, hoher Pflegeaufwand, sehr fordernde Angehörige unserer zu Betreuenden, und obendrauf einen extrem verhaltensauffälligen Bewohner, der stundenlang tobt und schreit und einen Mitarbeiter für sich alleine benötigt.
Letzte Woche im Dienst war es ganz schlimm, die Arbeitsbelastung war sehr hoch. Ich fühlte mich total überfordert, habe innerlich gezittert und hatte ein Ohnmachtsgefühl. Außerdem war mir ständig zum heulen zu Mute. Den Kollegen geht es ähnlich wie mir. Die Belastung ist zu hoch. Ich denke, da muss früher oder später jeder an seine Grenzen kommen, und nicht nur ich als depressiv vorbelastete. Dass mir Stress nicht gut tut, das weiß ich, aber ich kann doch nicht einfach so meinen Beruf aufgeben. Wie seht ihr das, ist man im sozialen Beruf gefährdeter als in anderen Berufen ausgepowert zu werden? Ich denke selbst, dass die Arbeit mit Menschen immer auch belastend ist, aber muss man heute nicht in jedem Beruf mit hohen Anforderungen, Personalmangel etc. klarkommen?

Viele Grüße und einen schönen Tag euch allen
Silvermoon
skip
Beiträge: 526
Registriert: 18. Feb 2006, 18:59

Re: Macht der Beruf depressiv?

Beitrag von skip »

Hallo Silvermoon,

ich bin ja ist der Gastro (irgendwie ja auch sozialer Beruf bei manchen Gästen) tätig und kann das was du schreibst voll und ganz nachvollziehen.

Ich glaube nicht, dass der Beruf alleine depri macht, es kommen halt noch die vielen anderen Dinge dazu und das grosse Problem ist einfach, dass man im Beruf oftmals mehr als 100% geben muss((((

Deine Belastung ist vielleicht in anderer Art mit meiner Verwandt und ich versuche gerade da etwas zu finden, das mir erlaubt meinen Beruf weiter auszuführen und dennoch die Belastung zu senken. Ich glaube das allerwichtigste ist dabei, nach Feierabend wirklich abschalten zu können (und das wirst du wahrscheinlich genauso wenig tun wie ich). Wirklich zu sagen, so nun ist Schluss für heute und ich kümmere mich um mich selber. Ich meine den gewissen Ausgleich dazu zu finden. (leider ist mir das bis heute auch noch nicht gelungen) Obwohl ich mein eigener Chef bin und auch ein tolles Team um mich herum habe, geht es oft hart über meine Grenzen((((

Vielleicht liegt der Schlüssel wirklich in der Abgrenzung??????

Im übrigen bewundere ich dich wirklich, für das was du leistest. Denn selber depressiv zu sein und dann so stark sozial angarriert mit Menschen zu arbeiten hat vor allem ein grosses Lob verdient))))

Hast du dir selber Grenzen gesetzt oder mal darüber nachgedacht? Gibt es bei dir vielleicht die Möglichkeit trotz Personalmangels ein wenig runterzuschrauben? Denn erst gestern hat mir eine Mitarbeiterin gesagt: Wenn ich nicht mehr kann, dann muss ich absolute Abstriche machen, mir immer wieder eine Auszeit nehmen, denn sonst geht irgendwann garnichts mehr. Bei unserem Gespräch kam raus, dass auch sie AD`s nimmt und dennoch in ihrem Rahmen eine top Kellnerin ist, weil sie weis wo ihre Grenzen sind. Ich finde das sehr beneidenswert und bewundere sie für ihr Leben.

Naja, auch sie ist halt einen Schritt weiter wie ich*zwinker*

Weis nicht ob ich dir mit meinem Geschreibsel helfen kann, aber dein Beitrag regt mich mal wieder zum Nachdenken an))))

LG Skippy
Der Weg war schon immer das Ziel
findulin
Beiträge: 191
Registriert: 13. Mai 2006, 12:33

Re: Macht der Beruf depressiv?

Beitrag von findulin »

Hallo silvermoon
Hallo skippy
Manchmal denke ich auch das der Beruf zu meiner Symptomatik nicht unwesentlich beiträgt.Ich arbeite als Krankenschwester auf einer Inneren Abteilung. Unser Klientel sind vor allem Pflegebedürftige und chronisch Kranke Patienten. Und wir haben alles nur kein Personal.Mit 100 Prozent Leistung kommt mann bei uns nicht weit.Gestern war auch wieder so ein Tag, an dem Ich gedacht habe irgendwann fällst du einfach um.Unser Team ist wircklich klasse anders würde es auch gar nicht gehen.
LG
Kathrin
skip
Beiträge: 526
Registriert: 18. Feb 2006, 18:59

Re: Macht der Beruf depressiv?

Beitrag von skip »

Liebe Kathrin,

wusste ja garnicht, dass du auch einen so schweren Beruf ausübst. Hochachtung, dass du nicht aufgibst))))

Irgendwie sind wir doch alle Kämpfer*zwinker* Und das tolle daran ist doch, dass wir uns das nicht durch unsere Depression kaputt machen lassen (auch wenn es manchmal wirklich sehr schwer fällt).

Möchte an dieser Stelle mal ganz dolle meinem Mann danken, der immer wieder dafür sorgt das ich es doch schaffe das Geschäft zu behalten und mir alle Mittel zur verfügung stellt, dass ich mein Personal finanzieren kann))))
Daran sieht man mal, wie wichtig auch in dieser Sache ganz naheliegende Menschen für einen sind und wenn diese einem dann immer wieder Kraft oder auch Auszeiten geben, kann man es irgendwie schaffen.

LG Skippy
Der Weg war schon immer das Ziel
ege0804
Beiträge: 436
Registriert: 13. Aug 2004, 17:31

Re: Macht der Beruf depressiv?

Beitrag von ege0804 »

Hallo silvermoon,

Du schreibst von Überlastung, arbeitest in einem sozialen Beruf.

Bei mir ist das zwar ganz anders, fühle mich unterfordert, arbeite in der Datenverarbeitung.

Ein Krankheitsauslöser (nicht Ursache!)war meine berufl. Situation in der Vergangenheit sehr wohl. Auf der einen Seite fühle ich mich als 'der Gigant in Fesseln', auf der anderen Seite sind unrealistische beruf. Ziele, mehrere frustrierende Arbeitsversuche in neuen Aufgabenbereichen, Depressionsauslöser. Das habe ich auch schon oft von anderen Betroffenen, hier vor allem von manisch depressiven gehört.

Existenzielle Sorgen wegen drohender Arbeitslosigkeit habe ich als Beamter keine. Arbeitszufriedenheit spielt bei mir eine größere Rolle. Das schlimmste wäre wenn man mich in irgendeine Ecke abschiebt. Aber ich hoffe solange ich selbst noch neugierig bin und mich weiterbilde ist kein Thema.

Vor einem halben Jahr noch habe ich meine berufl. Situation ganz anders bewertet... sehr negativ in der midlifecrisis, das habe ich aber jetzt hinter mir.
Mit 49 Jahren bin ich nicht gerade am Anfang meines berufl. Werdeganges, aber ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben mit etwas Glück und Engagement doch noch eine kreativere Arbeit als die jetztige zu finden. Vielleicht ist das ja für andere eher ein Luxusproblem!

viele Grüße Ernie
heike56
Beiträge: 1126
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Macht der Beruf depressiv?

Beitrag von heike56 »

Hallo Sivermoon,

in sozialen Berufen findet man, laut Aussage meines Psychiaters auffällig viele Depressive. Ich denke, es kommen zwei Dinge zusammen. Auf der einen Seite die Überforderung in diesen Berufen. Aber es neigen vielleicht auch eher Menschen zu diesen Berufen, die helfen wollen, für andere da sein wollen, die auf soziale Belange sensibler reagieren.
Und das sind Eigenschaften die man gehäuft bei Depressiven findet.

Lieben Gruß

Heike 47
lilly
Beiträge: 360
Registriert: 24. Jan 2006, 11:06

Re: Macht der Beruf depressiv?

Beitrag von lilly »

Hallo Silvermoon,

meine Hochachtung vor Deinem schweren Beruf!

Mir geht es erst wieder gut, seitdem ich nicht mehr arbeite. Warum, will ich Dir sagen: Ich blühe richtig auf. Endlich frei.

Ich nahm mir alles so zu Herzen und regte mich schnell auf, konnte nicht schlafen. Zum Beispiel habe ich mich sehr oft über das Verhalten von Kollegen und Kolleginnen geärgert. Auch die Klassenunterschiede, die man in manchen Betrieben macht, waren eine menschliche Katastrophe.

Es gibt die Führungspositionen und das "Fußvolk". Man wird als Fußvolk im wahrsten Sinne des Worten mit Füßen getreten.

Immer wieder wurden diese Klassenunterschiede gemacht, und dann diese ewigen Vorschriften und Verhaltensregelungen. Von Schulmeisterlichkeit ganz zu schweigen.

Man darf gegen seinen Chef nichts sagen und immer das brav tun, was er will, denn er ist ja der Chef. Ich habe das so gehasst.

Wie oft habe ich mir gewünscht, der Vorstandssekretärin eine reinzuhauen. Ich war nur die kleine Schreibkraft, und sie hatte das Sagen. Sie durfte während der Arbeitszeit zum Friseur, ich nicht. Das ist nur ein kleines Beispiel.

Selbst bei Betriebsfeiern wurden heftige Klassenunterschiede gemacht. Die kleinen Arbeiter hockten zusammen, und die Führungskräfte saßen für sich. Weit voneinander entfernt.

Selbst bei Beerdigungen wurden Unterschiede gemacht. Die hüteren Gehaltsklassen waren wieder unter sich und kamen erst gar nicht zur Trauerfeier, wenn ein Untergebener verstorben war.

Das hat mich so sehr angek., und ich bin froh, dass ich vor 4 Jahren entlassen wurde.

Das ist alles für Dich kein Trost, ich weiß. Gerne würde ich Dir helfen.

Aber ich wollte nur demonstrieren, dass ich durch meine Arbeit sehr gelitten habe und mir manches erspart geblieben wäre, wenn es das liebe Geld nicht gäbe, das man ja zum Leben braucht.
findulin
Beiträge: 191
Registriert: 13. Mai 2006, 12:33

Re: Macht der Beruf depressiv?

Beitrag von findulin »

Hallo,
habe mich jetzt tatsächlich krank gearbeitet,mich überfiel gestern Nachmittag im Dienst plötzlich eine Magen-Darm-Grippe.Wie ich das wieder geschafft habe keine Ahnung.
Das nur am Rande.Was ich eigentlich sagen wollte ist das Personal im sozialen Bereich mit Situationen fertig werden muß wo es schwer ist Worte zu finden(geht mir zumindest so)und auf Grund der hohen Arbeitsbelastung bleibt kaum Zeit zwischen zwei Dingen Luft zu holen.Über den Personalmangel will ich gar nicht reden.Das fällt selbst den Angehörigen und den Patienten auf.Gleichzeitig bin ich froh wenn Angehörige kommen und sich um die Pflege kümmern,wobei ich selber immer ein furchtbar schlechtes Gewissen habe,wenn ich zugeben muß
das wir diese Hilfe dringend benötigen,damit wir für einen anderen Pat 5 Minuten mehr Zeit haben um ihn in den Rollstuhl zu setzen.Aber die Dankbarkeit der Patienten entschädigt mich für so vieles.Ich denke gerade wenn man mit Menschen zusammenarbeitet ist man mit vielen Situationen konfrontiert die vor Leid nur so schreien,und das fühlt man natürlich.Hilflosigkeit und Überforderung spielen da natürlich auch eine Rolle.Und ich bin kein Pflegerobotter ohne Gefühle.(gibt es übrigens schon in Japan in der Altenpflege).
Ich hoffe ich habe euch jetzt keinen Knopf ans Ohr gelabert
LG
Kathrin
Tiffany1982
Beiträge: 1
Registriert: 18. Jun 2006, 19:15

Re: Macht der Beruf depressiv?

Beitrag von Tiffany1982 »

Hallo,

ich bin erst seit heute hier im Forum.
Möchte aber auch was zu dem Thema schreiben, dass mich irgendwie auch betrifft. Ich bin Verfahrensmechanikerin, ein typischer "Männerberuf". Es war nie wirklich mein "Traumberuf" und das merke ich immer mehr. Die ganze Situation macht mir sehr zu schaffen, die 3 Schichten, der ständige Stress, die schwere körperliche Arbeit, der Chef, der einen jeden Tag mit seiner schlechten Laune auf den Pelz rückt. Jetzt möchte ich was an der Situation ändern.
Ich mache eine neue Ausbildung zur Ergotherapeutin, auch ein sozialer Beruf, ich hoffe dadurch geht´s mir besser, aber nachdem was ich hier gelesen habe, kommen mir so leichte Zweifel.
Würde dass denn vielleicht heißen, dass ich, wenn ich die Ausbildung machen sollte, automatisch wieder in eine "schwarze Phase" reinkomme?

Vielleichtantwortet mir jemand?
Würde mich freuen.

Schöne Grüße an alle
Baumi
silvermoon schrieb:
> Guten morgen alle zusammen,
> ich bin seit über 5 Jahren an Depressionen erkrankt. Durch Medikamente ging es mir aber immer wieder gut.
> Nun zum Thema: Ich hatte gestern ein Gespräch mit meiner besten Freundin, wir sprachen über mein Befinden zur Zeit. Sie ist der Meinung, dass meine schlechten Phasen viel mit meinem Beruf zu tun haben. Ich bin Heilerziehungspflegerin und betreue Menschen mit geistiger Behinderung in einer Wohngruppe. Die Arbeit ist schön, ich liebe meinen Beruf. Trotzdem ist er auch oft sehr belastend. So wie das letzte halbe Jahr. Ich habe den Arbeitsplatz gewechselt, weil ich am Aufbau einer neuen kleinen Wohneinheit mitmachen wollte. Es ist einfach anstrengend, die Bedingungen sind hart. Wir haben ein gutes Team, einen guten Chef, aber die Arbeitsbedingungen sind sehr belastend. Personalmangel, dadurch unmengen an Überstunden, hoher Pflegeaufwand, sehr fordernde Angehörige unserer zu Betreuenden, und obendrauf einen extrem verhaltensauffälligen Bewohner, der stundenlang tobt und schreit und einen Mitarbeiter für sich alleine benötigt.
> Letzte Woche im Dienst war es ganz schlimm, die Arbeitsbelastung war sehr hoch. Ich fühlte mich total überfordert, habe innerlich gezittert und hatte ein Ohnmachtsgefühl. Außerdem war mir ständig zum heulen zu Mute. Den Kollegen geht es ähnlich wie mir. Die Belastung ist zu hoch. Ich denke, da muss früher oder später jeder an seine Grenzen kommen, und nicht nur ich als depressiv vorbelastete. Dass mir Stress nicht gut tut, das weiß ich, aber ich kann doch nicht einfach so meinen Beruf aufgeben. Wie seht ihr das, ist man im sozialen Beruf gefährdeter als in anderen Berufen ausgepowert zu werden? Ich denke selbst, dass die Arbeit mit Menschen immer auch belastend ist, aber muss man heute nicht in jedem Beruf mit hohen Anforderungen, Personalmangel etc. klarkommen?
>
> Viele Grüße und einen schönen Tag euch allen
> Silvermoon
silvermoon schrieb:
> Guten morgen alle zusammen,
> ich bin seit über 5 Jahren an Depressionen erkrankt. Durch Medikamente ging es mir aber immer wieder gut.
> Nun zum Thema: Ich hatte gestern ein Gespräch mit meiner besten Freundin, wir sprachen über mein Befinden zur Zeit. Sie ist der Meinung, dass meine schlechten Phasen viel mit meinem Beruf zu tun haben. Ich bin Heilerziehungspflegerin und betreue Menschen mit geistiger Behinderung in einer Wohngruppe. Die Arbeit ist schön, ich liebe meinen Beruf. Trotzdem ist er auch oft sehr belastend. So wie das letzte halbe Jahr. Ich habe den Arbeitsplatz gewechselt, weil ich am Aufbau einer neuen kleinen Wohneinheit mitmachen wollte. Es ist einfach anstrengend, die Bedingungen sind hart. Wir haben ein gutes Team, einen guten Chef, aber die Arbeitsbedingungen sind sehr belastend. Personalmangel, dadurch unmengen an Überstunden, hoher Pflegeaufwand, sehr fordernde Angehörige unserer zu Betreuenden, und obendrauf einen extrem verhaltensauffälligen Bewohner, der stundenlang tobt und schreit und einen Mitarbeiter für sich alleine benötigt.
> Letzte Woche im Dienst war es ganz schlimm, die Arbeitsbelastung war sehr hoch. Ich fühlte mich total überfordert, habe innerlich gezittert und hatte ein Ohnmachtsgefühl. Außerdem war mir ständig zum heulen zu Mute. Den Kollegen geht es ähnlich wie mir. Die Belastung ist zu hoch. Ich denke, da muss früher oder später jeder an seine Grenzen kommen, und nicht nur ich als depressiv vorbelastete. Dass mir Stress nicht gut tut, das weiß ich, aber ich kann doch nicht einfach so meinen Beruf aufgeben. Wie seht ihr das, ist man im sozialen Beruf gefährdeter als in anderen Berufen ausgepowert zu werden? Ich denke selbst, dass die Arbeit mit Menschen immer auch belastend ist, aber muss man heute nicht in jedem Beruf mit hohen Anforderungen, Personalmangel etc. klarkommen?
>
> Viele Grüße und einen schönen Tag euch allen
> Silvermoon
Sara32
Beiträge: 160
Registriert: 17. Apr 2006, 00:10

Re: Macht der Beruf depressiv?

Beitrag von Sara32 »

Liebe Silvermoon, liebe Kathrin!
Dieses Thema bzw. diese Frage ist eine, mit der ich mich seit Beginn meiner Berufstätigkeit beschäftige, und ich find's toll, das sie nun mal Thema ist.
Ich bin Sozialpädagogin und arbeite als gesetzliche Betreuerin (sagt Euch beiden bestimmt was). Ich finde diese Arbeit auch sehr fordernd, man steht ständig zwischen den Stühlen, die Betreuten sind sehr auffällig.
Mir geht's psychisch wesentlich schlechter, seit ich arbeite, und da stellte sich mir auf jeden Fall mehrmals schon die Frage, ob meine Arbeit depressiv macht. Eine Arbeitsstelle (im Jugendamt) musste ich auch schon aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Es war alles so schlimm, dass ich völlig abstumpfte, nur noch funktionierte.
Jetzt läuft es wesentlich besser, weil die Rahmenbedingungen andere sind: tolle Kollegen, mit denen man sich austauschen kann, angenehmes Arbeitsklima, hohe zeitliche Flexibiliät.
Aber die Erschöpfung, Müdigkeit, immer wieder kehrenden 'Tiefs' wollen nicht weggehen, trotz Medikamente und Psychotherapie. Mein Psychiater riet mir mehr oder weniger, über eine andere Art von Arbeit nachzudenken, weil er der Meinung ist, dass ich zu empathisch bin, die Arbeit mich 'auffrißt' und sie nicht förderlich für meine 'Genesung' sei. Mein Therapeut sagt, es sei eher ein Problem der Abgrenzung und ist sich sicher, dass man als 'depressiver Mensch' diese Art von Arbeit mit dem richtigen Handwerkszeug leisten kann, ohne dabei zu zerbrechen oder kranker zu werden.
Gemeinsam mit meinem Therapeuten gehen wir der Sache auf verhaltenstherapeutischem Wege nach, d. h. was geanu an der Situation belastet mich, was denke und fühle ich dabei. Und dann merke ich, dass es oft diese negativ verzerrten Gedanken und überhöhten Ansprüche sind, die mich so unzufrieden machen.
Ob das nun letztlich die Lösung ist und wie sich alles in die Praxis umsetzen läßt, weiß ich nicht. Aber es ist für mich ein Hoffnungsschimmer und einen Versuch wert. Denn meinen Beruf aufzugeben, wäre ein sehr heftiger Schritt mit großen Folgen. Und ich kann mir gut vorstellen, dass es mich sehr unter Druck setzen würde, mit was Neuem anzufangen und es dann zu schaffen - gerade auch im Hinblick auf den angespannten Arbeitsmarkt.
Und wenn wir gewisse Verhaltensweisen und Denkmuster beibehalten, kommt es doch garantiert im nächsten Job auch zu Schwierigkeiten.... ? Anstrengende Chefs, komische Kollegen, eine hohe Arbeitsbelastung gibt's auch in anderen Berufssparten.
Dann sind so meine Überlegungen dazu.

Ach je, das Leben ist hart, aber alles wird gut
neibauer
Beiträge: 3
Registriert: 15. Apr 2006, 20:45

Re: Macht der Beruf depressiv?

Beitrag von neibauer »

Hallo ,als schon lange von Depri Betroffener möchte ich aus Erfahrung sagen,dass der Beruf sehr großen Einfluss auf den Krankheitsverlauf hat.Ich habe auf Anraten meines Arztes die Dienststelle gewechselt.Am Anfang ging es mir zwar noch viel schlechter ,weil die Depr.in mir gar keinen neuen Lebensraum zulassen wollte,doch nach und nach habe ich das alles auch mit Hilfe der neuen Kollegen überwunden und mir geht es ganz anders als vorher.Das macht sich vor allem an den verringerten medikamenteneinsatz bemerkbar.Es ist ja auch alles neu :die Landschaft(schönes Allgäu),die Kollegen und das neue Dienstgebäude.Aber leider in der heutigen Berufswelt ist das für manche leichter gesagt als getan,so einfach wechseln.Ich wünsche euch trotzdem einen guten Weg zu finden,Hans
Antworten