wie darüber reden, dass man depressiv ist und das nicht erst seit gestern weiß?

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klatschmohn
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wie darüber reden, dass man depressiv ist und das nicht erst seit gestern weiß?

Beitrag von klatschmohn »

einen guten...!

gerade geht mir immer wieder die frage durch den kopf:

"wie erkläre ich den menschen, die mir näher stehen und bisher keine ahnung davon haben, an was mein oft unverständliches verhalten, meine ständigen arzttermine und sämtliches keine-zeit-haben eigentlich und wirklich liegt, dass ich depressiv bin und das nicht erst seit gestern weiß?" (oder so ähnlich)

hat jemand einen tipp für mich oder einfach nur schon etwas ähnliches erlebt?

würde mich freuen, wenn mir jemand berichtet.

grüßles neka
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Schlafkind
Beiträge: 1
Registriert: 14. Mai 2006, 20:08

Re: wie darüber reden, dass man depressiv ist und das nicht erst seit gestern weiß?

Beitrag von Schlafkind »

Hi Neka,

dafür kann ich Dir leider auch kein "Rezept" geben.
Zur Zeit bin ich jedoch in der selben Situation.
Seit langer Zeit, weiß ich, dass ich nicht immer so "normal" bin. So bezeichne ich es noch zur Zeit .
Seit einigen Wochen bin ich mittlerweile in therapheutischer Behandlung.
Nächste Woche habe ich einen Termin beim Psychiater, wo die medikamentöse Seite noch abgeklärt wird.
Für mich ist es auch total schwierig damit noch umzugehen. Es zu aktzeptieren.
Tja, wie sagt man es anderen Leuten. Manchmal denke ich, die können das doch eh nicht verstehen.
Doch mittlerweile habe ich die ersten Schritte gewagt, und mich meiner besten Freundin mitgeteilt. Und ich muß sagen, es war eine super Erleichterung, endlich noch Jemanden mit im Boot zu haben.
Wenn man mal wieder nicht so in der Lage ist am "richtigen" Leben teilzuhaben, bekommt man jetzt Verständnis. Die Freundschaft hat dadurch eine ganz neue tiefe bekommen.
Leute, die sich dadurch abwenden waren eh keine richtigen Freunde......
Ich habe ihr einfach erzählt, dass ich eine Therapie mache. Erzählte mir, wie ich mich oft fühle. Das Wort "Depressionen" ging mir nicht über die Lippen. Damit können viele wahrscheinlich auch nicht so viel anfangen.
Z.Zt. kann ich es für mich selber noch nicht aussprechen.

Aufjedenfall fühlt man sich nicht mehr so alleine, wenn man einen od. später auch mehrere "Mitwisser" hat, die einen auch in schlechten Tagen unterstützen werden.

Ich hoffe, ich konnte Dir bissl mit helfen.
klatschmohn
Beiträge: 81
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Re: wie darüber reden, dass man depressiv ist und das nicht erst seit gestern weiß?

Beitrag von klatschmohn »

danke für deine antwort -

so ein bischen konntest du mir weiterhelfen, einfach indem ich jetzt in die ein oder andere richtung auch noch denke. das eigentlich schwierige ist im moment für mich, dass ich eigentlich denke, dass ich die depressionen schon als etwas betrachte, dass einfach zu mir gehört und dass ich auch das gefühl habe nicht mehr gegen die depressionen sondern mit der krankheit zu leben - nur: ich habe lange alles mit mir ausgemacht und nur mit ganz wenigen menschen über das depressiv-sein gesprochen. gerade habe ich eigentlich das gefühl, dass es gut wäre noch mit anderen, die mir nahe stehen darüber zu reden, einfach um nicht immer wieder alle möglichen erklärungen für alle möglichen verhalten zu finden. du hast schon recht, dass wenn sich jemand dann von mir abwendet es auch keine richtige freundschaft war, aber ich habe einfach angst, dass es auch daran liegt, dass ich mich nicht richtig ausdrücken kann und die dinge falsch ankommen.

danke dir auf jeden fall und vielleicht kann uns ja noch jemand weiterhelfen.
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Trümmerpaula
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Re: wie darüber reden, dass man depressiv ist und das nicht erst seit gestern weiß?

Beitrag von Trümmerpaula »

Hallo neka, hallo Emma.

Ich weiß nicht, ob es wichtig ist, den Menschen in unserem Umfeld zu sagen, dass man "Depressionen" hat.
Das ist irgendwie so ein Schlagwort... Viele können damit auch nichts anfangen - im Gegenteil.
Man muss sich dieser Krankheit nicht schämen - und es ist auch gut, dass sie einen Namen hat.
Aber ich halte es eher für wichtig, diesen Namen mit Inhalten zu füllen.
Was ich sagen will:
Es reicht schon, wenn man eine Tür aufmacht und andere in sich reinsehen lässt. Wie z.B. Emma es gemacht hat - einfach mal sagen "hey, es geht mir schlecht! Es wäre schön, wenn du mir zuhören würdest, dir vertraue ich!" oder "ich bin müde und fühle mich ausgepowert - ich kann eigentlich gar nicht mehr so, wie ich es möchte oder 'du' es von mir verlangst!"
Viele von uns haben dieses Aushängeschild "Power-Woman/Man" und in Wirklichkeit sitzen wir zu Hause und von Power ist nichts zu spüren - da sind nur Ängste, Gelähmtheit und Zweifel.
Sich selbst einzugestehen, dass man nicht so perfekt ist, wie man es anderen vormacht oder wie man eben gerne wäre, ist schon ein riesen Schritt. Dann aufzumachen und sich anderen Menschen zuzuwenden und anzuvertrauen ist schon der zweite Schritt. Und dann kommen die Nächsten - und jeder weitere kleine Schritt ist für sich gut und wichtig und ein riesen Erfolg!

Sich jetzt total und auf einmal zu outen und es allen zu sagen, was eigentlich wirklich mit einem los ist, halte ich für fatal.
Macht es in kleinen Schritten!

Mit guten Gedanken
Claudia
klatschmohn
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Re: wie darüber reden, dass man depressiv ist und das nicht erst seit gestern weiß?

Beitrag von klatschmohn »

liebe claudia,

gerade fällt mir aber selbst dieser erste schritt - mich den menschen oder auch nur einigen der menschen, die mir näher stehen, zu öffnen - so unendlich schwer, obwohl ich denke, dass der mensch, an den ich dabei vor allem denke, es gut aufnehmen würde und es erstmal gar nicht unbedingt notwendig wäre mit anderen darüber zu reden, sondern damit zu warten, schritt für schritt vorwärts zu gehen.

danke für deine gedanken!

grüßles neka
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Trümmerpaula
Beiträge: 116
Registriert: 3. Mai 2006, 21:05

Re: wie darüber reden, dass man depressiv ist und das nicht erst seit gestern weiß?

Beitrag von Trümmerpaula »

Liebe Neka,
...ich weiß! Ja, ich weiß, dass es schwer ist!
Bitte meine Antwort nicht als Druck verstehen.
Ich hatte wohl angenommen, du wolltest drei Schritte auf einmal unternehmen - und jetzt mit der ganzen Wahrheit rausrücken usw. usw.
Diesen Druck wollte ich dir eigentlich nehmen!

Es ist schwer, diese Tür aufzumachen.
Mich freut jedoch zu lesen, dass es da einen ganz bestimmten Menschen gibt, den du das schon alles irgendwie anvertrauen möchtest - und bei dem du das Gefühl hast, auch willkommen zu sein.
Vielleicht wartet dieser andere Mensch ja auch ganz vorsichtig darauf und würde sich sogar freuen, wenn er mit dir ein paar Sorgen teilen könnte - vielleicht einfach nur, um dich lächeln zu sehen?
Das ist ein echt schöner Gedanke!

Und weißt du was? Ich glaube - auch, wenn du es 'jetzt' noch nicht tun kannst, weil es eine schwere, riesige Panzertür ist, die du vor dir zugemacht hast - dass du es eines Tages schaffst, sie zu öffnen.
Nur quäl dich nicht so, dass du es HEUTE schaffen müsstest.
Du wirst es tun, glaube daran!
Und du wirst es tun, wenn du soweit bist - daran glaube ich - und du wirst es auf deine Art ganz richtig machen! Irgendwann - und vielleicht schneller, als du jetzt denkst.

Vielleicht kannst du ja für dich einen Brief an diesen Menschen schreiben - musst ihn ja nicht abschicken!
Aber so könntest du für dich ein bisschen 'üben'?
winnie
Beiträge: 1683
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: wie darüber reden, dass man depressiv ist und das nicht erst seit gestern weiß?

Beitrag von winnie »

Hallo Neka,

ja, das ist wirklich schwierig.
Ich bin jetzt seit fast fünf Jahren "diagnostiziert" und in therapeutischer Behandlung. Doch bis heute kommen mir anderen gegenüber die Wörter "Depressionen" und "Therapie" nur ganz schwer über die Lippen. Eigentlich wissen es bis heute nur meine allerengsten Angehörigen und Freunde sowie meine anderen Ärzte (ausgenommen Zahnarzt, weil der flirtet immer so nett, und wer weiß, ob er das noch täte, wenn er es wüßte...).

Irgendwie hat man da wohl einfach immer noch Angst vor dem Stigma "nicht ganz dicht".

Und ich muß sagen, im Nachhinein war ich manchmal auch sehr froh, nichts gesagt zu haben - zum Beispiel bei meiner letzten Arbeitsstelle. Bei der war ich sowieso schon Mobbing ohne Ende ausgesetzt, und sie hat auch auf eine Weise geendet, an der ich heute noch kaue - und ich weiß, wenn ich zu Anfang, als es eigentlich dort noch ganz gut lief, so was "Privates" erzählt hätte, wäre das im weiteren Verlauf gnadenlos gegen mich verwendet worden.

Man sollte eben leider doch sehr gut abwägen, wo man es "riskieren" kann, so schlimm es sich anhört. Es gibt halt doch zu viele Mitmenschen, deren Dummheit nur noch von ihrer Bosheit übertroffen wird...
Und was nützt es, wenn man selbst über diese Krankheit Bescheid weiß, und einem deshalb natürlich klar ist, wie dämlich die üblichen Vorurteile sind - so lange es alle anderen nicht ebenfalls wissen, beziehungsweise es ihnen vollkommen egal ist, weil so eine tolle Angriffsfläche natürlich durch nichts zu überbieten ist.
Und was will man solchen Menschen dann in so einer Situation dann auch entgegensetzen! Argumentieren zwecklos, Kraft hat man eh keine, man leidet nur unter den Folgen, sonst nichts.

Ja, Freunden gegenüber hätte ich da sicher keine Bedenken. Und ich habe schon mehrmals die überraschende Erfahrung gemacht, daß dann ihrerseits Berichte kamen, von wegen "oh ja, das kenne ich, meine Mutter hat das auch seit Jahren, und ihr geht's oft ziemlich schlecht. Sie nimmt jetzt Lithium, seitdem hat sie nicht mehr ganz so schlimme Abstürze. Hast du einen guten Arzt? Und nimmst du ein Medikament? Das kann nämlich wirklich gut helfen..." Ja, ich kann bestätigen, da haben sich teilweise schon wirklich neue Dimensionen einer Freundschaft dadurch ergeben.
Bloß achte ich eben doch sehr darauf, daß es Freunde sind, von denen ich es als ziemlich sicher annehmen kann, daß sie es in einigen Monaten immer noch sein werden. Und nicht solche, die bei nächstbester Gelegenheit irgendeine kontroverse Diskussion mit Bemerkungen wie "Nimm dir lieber mal wieder n paar Sitzungen beim Irrenarzt!" für sich zu entscheiden beschließen.

Gruß,
Winnie
herrenalb
Beiträge: 50
Registriert: 11. Mai 2006, 22:57

Re: wie darüber reden, dass man depressiv ist und das nicht erst seit gestern weiß?

Beitrag von herrenalb »

Hallo Neka,
ich kann dir aus meiner Erfahrung berichten:
Ich bin Krankenschwester, arbeite auf einer Depressionsstation und hatte letztes Jahr selber die Diagnose "schwere depressive Episode". Und ich hab es so gut wie niemanden erzählt, da ich aus Erfahrung weiß,dass nach wie vor wenig Verständnis für diese Erkrankung besteht. Von meinen Arbeitskollegen bin ich allerdings gut unterstützt worden. Das hat mir sehr geholfen.
Gabi
sunshine_do
Beiträge: 91
Registriert: 16. Mai 2006, 14:35

Re: wie darüber reden, dass man depressiv ist und das nicht erst seit gestern weiß?

Beitrag von sunshine_do »

Hallo !

ich hatte selber gerade ein Jahr lang mit einer Depression zu kämpfen ... inkl. Therapie und Klinikaufenthalt.
Ich bin offen damit umgegangen .. habe meine Familie und Freunde informiert. Du solltest nicht nur sagen, das Du depressiv bist sondern wirklich direkt erklären, was eine Depression genau ist .. viele haben ein falsches Bild davon, bzw. trauen sich nicht wirklich zu fragen. Sag ihnen auch, wie Du möchtest, das sie mit Dir umgehen ... das sie Fragen stellen können .. Dich nicht allein lassen sollen etc ... die meisten Menschen wissen zu wenig und verhalten sich aus Unwissenheit falsch. Meiner Mutter habe ich angeboten mit der Therapeutin zu reden ... sie hat sich nicht getraut mich mehr zu fragen und das Gespräch hat ihr sehr geholfen .. Mütter machen sich glaube ich immer selber Vorwürfe.
Bei den meisten Leuten habe ich positive Erfahrungen gemacht ... sie haben sich öfter gemeldet und mir gezeigt, das sie für mich da sind. leider waren auch zwei 'negativ'-Fälle dabei .. aber .. so ist das Leben .. später weiss man wenigstens, auf wen man sich verlassen kann.
Meinen Arbeitskollegen habe ich nichts erzählt ... da musste ich leider befürchten, das das mal zu meinem Nachteil genutzt werden kann.
viele Grüße
Petra
klatschmohn
Beiträge: 81
Registriert: 4. Jan 2006, 21:36
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Re: wie darüber reden, dass man depressiv ist und das nicht erst seit gestern weiß?

Beitrag von klatschmohn »

an euch alle!

es war gar nicht so schwer, den ersten schritt zu tun - es war zwar nur ein kleiner erster schritt, bei dem viele worte nicht gefallen sind, aber es war ein schritt und es war (das denke ich auch mit ein bischen abstand noch) der richtige erste schritt.

leider muss ich jetzt weg,
aber ich schreibe auch meine erfahrungen später hier rein,
vielleicht helfen sie jemand anderem.

grüßles neka
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Sonnensucherin
Beiträge: 312
Registriert: 11. Apr 2006, 13:28

Re: wie darüber reden, dass man depressiv ist und das nicht erst seit gestern weiß?

Beitrag von Sonnensucherin »

Hallo neka, hi Claudia, Hallo an alle Anderen,

neka, bis jetzt habe ich meist gute Erfahrungen gemacht, indem ich mich outete.
Es war einfach irgendwann zuviel und für die Aussenstehenden sehr seltsam, das ich mich kurzfristig krank meldete, oder am Ende gar nichts von mir hören lies.
Natürlich erstmal nur menschen, an denen mir sehr lag.
Die einzigen, die es einfach nicht verstehen, sind in meinem Fall meine Familie. Doch da habe ich ein sehr distanziertes Verhältnis aufgebaut. Und geht es mir nicht 100 % melde ich mich gar nicht.
Liebe Grüße und alles Gute,
Sonnensucherin
zweifler
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Registriert: 14. Jun 2005, 16:07

Re: wie darüber reden, dass man depressiv ist und das nicht erst seit gestern weiß?

Beitrag von zweifler »

hallo neka!

ich bin von anfang an recht offensiv mit diesem thema umgegangen.es war für mich die einfachste art meinen "stillstand" zu erklären um so böses blut zu vermeiden.nix ist schlimmer als eine gerüchteküche in der es nur so brodelt.
auch in der familie ergab sich aus der praxis(sollte mich handwerklich an der renovierung der wohnung meiner mutter beteiligen)diese notwendigkeit.
zwar ist eine seelische lähmung kaum jemanden zu vermitteln der so etwas noch nicht am eigenen leib verspürt hat ,aber ein tolerantes verhalten ist ja auch schon nützlich.
ich habe zb.meinem bruder einige links von erklärenden internetseiten zukommen lassen.
hoffe ich konnte dir helfen.
mfg herbert
mawiese

Re: wie darüber reden, dass man depressiv ist und das nicht erst seit gestern weiß?

Beitrag von mawiese »

hallo an alle......ich habe mit interesse eure gespräche hier verfolgt.....bin im moment selbst auf der suche nach einer antwort, outen oder nicht??? auf meiner alten arbeitsstelle wußten alle bescheid und haben super reagiert und mich begleitet, selbst meine chefin hat mich unterstützt, aber nun arbeite ich seit 1 1/2 jahren in einer neuen arbeitsstelle und bin manchmal versucht zu erzählen was manchmal mit mir los ist, aber ich kann es nicht und ich habe furchtbar angst ausgegrenzt zu werden, andrerseits wenn ich mich zur kur schicken lasse spätestens dann muß ich mich outen....ich habe auch die erfahrung gemacht, manche kommen damit ganz gut klar wenn ich erzähle das ich an depressionen leide, andere gar nicht (Familie!), aber man hat halt einfach auch mal das bedürfnis ganz normal darüber zu reden und sich nicht immer verstecken zu müssen, es ist ja eigentlich eine krankheit mit der man ganz "normal" umgehen kann, aber andrerseits ist es auch schwer sich die depression selbst einzugestehen, geschweige sich dann anderen zu öffnen, weiß auch nicht was ich machen soll????
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