Trauer oder wirklich Depression?

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GSCH
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Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von GSCH »

hallo zusammen,

ich habe den link zu diesem forum von einer freundin erhalten, die der meinung ist ich wäre depressiv und nun beim lesen und auch nach dem test muss ich ihr wohl recht geben ...

eigentlich bin ich ein sehr positiver mensch und grade in den letzten jahren habe ich viele neue dinge angefangen und tolle neue freunde/freundinnen gefunden (mit fast 50 schon eher die ausnahme), ich habe talente an an mir (wieder)-entdeckt und mit begeisterung neue hobbies probiert ...
der einbruch kam im letzten jahr als nach 8 jahre langer krankheit (leukämie) mit ständigem auf und ab mein papa gestorben ist und ich bei ihm die letzten tage sterbewache gehalten habe abwechselnd mit meiner mutter ...
wir haben ihm zum schluss gewünscht dass er gehen darf da er so furchtbar gelitten hat und waren dankbar als er ging - diese dankbarkeit hat uns aber auch "verboten" wirklich traurig zu sein, denn schließlich war es doch unser wunsch der in erfüllung ging ...
direkt danach war viel zu erledigen und da ich die älteste tochter bin, außerdem diejenige die sich aufs reden versteht "durfte" ich die trauerrede halten und auch sonst für die beerdigung sorgen, gott sei dank war mein mann da und hat mich unterstützt ...
als ich dann wieder zuhause war und eigentlich die trauerarbeit hätte beginnen sollen war da nur noch leere und das gefühl des völlig ausgebrannt-seins ...

DAS WAR ABER DEFINITIV FÜR MEIN EMPFINDEN NOCH KEINE DEPRESSION

kurz darauf musste ich aber feststellen, dass alles was mir vorher viel spaß gemacht hatte, vor allem die dinge die in den letzten jahren neu waren für mich nicht mehr möglich waren, ich konnte z.b. meine HP nicht mehr bearbeiten, irgendetwas sperrte sich ganz furchtbar ... ähnlich ging es bei anderen dingen, aber ich sagte mir das ist normal, du bist noch ganz frisch in trauer - also lass dir zeit ...

IMMER NOCH KEIN GEDANKE AN EINE DEPRESSION

inzwischen sind es fast 9 monate her dass mein papa gestorben ist und immer noch ist da nur leere ... aber was viel schlimmer ist, ich habe mich verändert:
-es fällt mir extrem schwer entscheidungen zu treffen selbst die banalsten
-ich funktioniere überall dort wo ich "verpflichtet" bin also arbeitplatz bzw. bei freiwillig übernommenen verplichtungen zu fast 100% aber sonst fast gar nicht mehr
-ich habe ständig das gefühl alleine sein zu wollen, auch meine i-net-kontakte werden vernachlässigt
-fast alles was ich früher gerne getan habe, fällt mir schwer und oft sitze ich stundenlang vor knobelspielen (sudoko o.ä.) nur um nicht an anderes denken zu müssen
-den gedanken an ausgehen oder besuch bekommen empfinde ich eher als lästig denn als angenehm (obwohl ich dann wenn ich mich durchgerungen habe es manchmal doch positiv empfinde)

.... da ist noch eine menge mehr was mir aufgefallen ist und von den fragen auf auf der startseite musste ich je nach überlegung 4 bis 6 mit JA beantworten

IST DAS JETZT WIRKLICH EINE DEPRESSION ??

ich habe das gefühl ich schaffe es nicht mehr alleine aus dem loch raus und muss mir hilfe suchen, vielleicht ist es auch schon eine hilfe mit euch darüber zu sprechen ...

gaby
Lioness
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Re: Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von Lioness »

Liebe Gaby,

ganz herzlich willkommen im Forum! Schön, dass Du hergefunden hast.

Was Du schreibst, hört sich schon sehr nach einer Depression an. Ich bin keine Fachfrau, habe aber als Betroffene viel über Depressionen gelesen. Es ist gut nachzuvollziehen, dass Du in der Anfangszeit nach dem Tode Deines Papas nicht an Depressionen gedacht hast. Ich glaube, der Übergang zwischen normaler Trauerarbeit und manifestierter Depression ist fließend und auch für Fachleute nicht immer klar zu unterscheiden.

Aber nach der Zeit, die vergangen ist, bei der Tatsache, dass Dein Papa ja wohl schon alt und auf jeden Fall schwer krank war, und vor allem bei den Symptomen, die ja nicht wirklich direkt auf die Trauer um Deinen Papa in Bezug stehen, liegt die Vermutung schon nahe, dass es eine Depression ist.

Das bedeutet nun aber keinesfalls den Weltuntergang! Depressionen sind in aller Regel in den Griff zu bekommen, sind eine Krankheit wie andere auch. Du brauchst Hilfe von Fachleuten. Sprich Deinen Hausarzt an, bitte um eine Überweisung zum Psychiater. Nur Mut, Depressionen sind nichts, wofür man sich schämen muss, und ein Psychiater ist nicht der "Irrenarzt", sondern der Facharzt/ die Fachärztin für psychische Krankheiten!

Alles Gute, und bleibe uns hier erhalten, es wird Dir gut tun.
Lioness



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tomroerich
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Re: Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von tomroerich »

Liebe Gaby,

tatsächlich ist die Abgrenzung einer Depr. gegen Trauer ganz schön schwierig. Die Trauerzeiten sind bei einzelnen Menschen sehr unterschiedlich, ebenso die Art des Trauerns und das Ausmaß der Einschränkung ihrer Vitalität. Trauer ist eine angemessene Reaktion der Seele auf einen Verlust, nur wo endet die Angemessenheit? Das macht das Problem leider kompliziert zumal es nicht selten vorkommt, dass eine Trauer in eine Depr. übergeht.
Vor allem kann das dann geschehen, wenn der Verlust einer geliebten Person zwar vordergründig der Auslöser für die Trauer ist, sich daran aber ungeklärte Dinge anknüpfen, die ja nun nicht mehr mit dem verstorbenen Menschen geklärt werden können. Das können unbewusste Schuldgefühle sein oder die innere Überzeugung, nicht ohne diesen geliebten Menschen leben zu können. Dann bedeutet der Verlust nicht nur Trennung sondern darüber hinaus Verlust einer wichtigen Lebensgrundlage.

Du hast auch angedeutet, dass es nicht möglich war, richtig zu trauern weil Du in Deinem Wunsch, den Vater erlöst zu sehen offensichtlich ein egoistisches Motiv siehst, das es Dir nicht erlaubt, Dich ganz dem Aspekt Deines persönliches Verlustes hinzugeben und eben auch ganz egoistisch zu trauern und zu beweinen, was Dir da angetan wurde. Darin klingt für mich bereits an, dass Du Dir aus irgendeinem Grunde nicht erlaubst, loszulassen.

Ich würde Dir vorschlagen, Dir eine Therapie zu gönnen und zu beleuchten, was der Verlust deines Vaters wirklich für Dich bedeutet. Es ist nicht gut, dass Du einen zunehmenden Verlust an Lebensenergie spürst und eindeutig depressive Tendenzen hast. Ich würde das als einen Aufruf deines Inneren zur Klärung sehen und dem musst Du folgen.

Herzliche Grüße von

Thomas
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GSCH
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Re: Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von GSCH »

liebe lioness, lieber thomas,

danke für eure antworten ...

es tut schon sehr gut, einfach sich mal alles von der seele schreiben zu können und nicht nur auf unverständnis dabei zu stoßen ...

ich werde auf jeden fall mit meiner hausärztin über meine probleme sprechen, denn wie ihr geschrieben habt ich fühle mich doch zunehmend eingeschränkt und meiner lebensfreude beraubt ... kein außenstehender kann wohl nachvollziehen wie es ist wenn man selbst bei kleinsten entscheidungen passen muss ... ich hätte z.b. nie gedacht dass es mir völlig wurscht ist was wir in unserem - immerhin in 4 wochen beginnenden - urlaub tun werden, ich kann einfach nicht planen weil ich nicht entscheiden kann (nur ein beispiel) ...

ich freue mich hier ganz offen meine probleme ansprechen zu können ...

danke

gaby
GSCH
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Re: Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von GSCH »

ein kurzer lagebericht:

seit ich mir selber eingestanden habe dass ich vielleicht tatsächlich krank bin oder zumindest die probleme größer sind als ich dachte geht es mir besser ...
habe heute einen termin für freitag bei meinem hausarzt gemacht und habe die hoffnung dass ich dort auf verständnis stoße und eine adresse bekomme von einem guten psychotherapeuten ...

nachdem ICH nun soweit bin meine situation zu akzeptieren, hatte ich gestern auch den mut mit meinem mann darüber zu sprechen - er will mich unterstützen wenn er es denn kann ...

drückt mir bitte die daumen, dass es weiter aufwärts geht

gaby
Lioness
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Re: Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von Lioness »

Hallo Gaby,

machen wir doch gerne! Ich drücke fest beide Daumen! Sich selber einzugestehen, dass man psychisch krank ist und Hilfe braucht, ist fast der schwierigste Schritt.

Ein Tipp: Schreibe Dir vorher auf, wie du dich fühlst, welche Symptome du hast, und nimm es ruhig mit in die Sprechstunde vom Doc. UND sei nicht enttäuscht, falls er dir keine Psychotherapeuten nennen kann - nicht alle Hausärzte sind fit darin..... Dann gibt es andere Wege, das herauszufinden.

Liebe Grüße
Lioness



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Marie14
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Re: Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von Marie14 »

Hallo Gaby,

in fast allen größeren Städten gibt es auch bei den Hospizhilfen sogenannte Trauergruppen, ich werde auch in eine solche gehen und das wäre ja ZUSÄTZLICH eine Möglichkeit, dich mit anderen Menschen auszutauschen
Liebe Grüße Marie
Wer einmal sich selbst gefunden hat, kann nichts auf der Welt mehr verlieren
GSCH
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Re: Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von GSCH »

hallo thomas,

ich hatte gestern ein gespräch mit einer sehr guten freundin die bei einer ärztin für psychiatrie arbeitet und so eine menge mitbekommt ... wir haben einfach mal so geredet, und sie hat mich mit ihren fragen an einen punkt gebracht der mich an dieses zitat von dir erinnert hat

"Das macht das Problem leider kompliziert zumal es nicht selten vorkommt, dass eine Trauer in eine Depr. übergeht.
Vor allem kann das dann geschehen, wenn der Verlust einer geliebten Person zwar vordergründig der Auslöser für die Trauer ist, sich daran aber ungeklärte Dinge anknüpfen, die ja nun nicht mehr mit dem verstorbenen Menschen geklärt werden können. Das können unbewusste Schuldgefühle sein oder die innere Überzeugung, nicht ohne diesen geliebten Menschen leben zu können. Dann bedeutet der Verlust nicht nur Trennung sondern darüber hinaus Verlust einer wichtigen Lebensgrundlage."

könnte es deiner meinung nach auch dann zu dieser eigenartigen leere kommen wenn man im nachhinein von der toten person dinge erfährt die unangenehm sind und die man eigentlich nicht ganz glauben kann, aber natürlich keine möglichkeit der überprüfung mehr hat - normalerweise würde ich in so einem falle ja immer versuchen beide seiten zu hören bevor ich mir eine meinung bilde (ist sicher auch eine frage für meinen potenziellen therapeuten) ??? konkret kann es sein dass dieses zerstörte "held-meiner-jugend-bild" (ist jetzt ein klitzekleines bischen übertrieben) mich nicht richtig trauern lässt und gleichzeitig so unsicher macht dass ich da lieber ein vakuum als die wahrheit zulasse ???

gaby
tomroerich
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Re: Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von tomroerich »

Hallo Gaby,

es ist schwierig zu beurteilen, ob Dein Gefühl der Leere so 1:1 als Ausdruck einer Enttäuschung interpretiert werden kann. Denn wenn es sich um Depression handelt, wäre es gerade eher typisch, dass Deine schlechten , unangenehmen Gefühlszustände sich verselbständigt haben und aus dem Ruder laufen- also nicht mehr eine nachvollziehbare Reaktion darstellen sondern unlogisch und willkürlich erscheinen. Also Angst zu haben ohne zu wissen warum und wovor, müde sein ohne Erschöpfung als Grund, verzweifelt und hoffnungslos obwohl die Umstände das nicht hergeben u.s.w. Wenn Du versuchst, diese Gefühle deinem realen Leben zuzuordnen, kommst Du zwar u.U. auf den einen oder anderen möglichen Grund aber dennoch erscheint einem der Zustand der Depression immer irgendwie überspitzt, unerklärlich, unheimlich und rätselhaft. Ich will sagen, dass die Depr. nicht etwas Bestimmtes wiederspiegelt sondern deshalb eine Krankheit ist, weil sie sich von der ursprünglichen Ursache ihres Entstehens entfernt und abspaltet und sich als eigenständiger Prozess entwickelt, als würde jemand auf der Klaviatur Deiner Gefühle herumhämmern ohne Sinn und Verstand.

Vielleicht hilft zum Verständnis meine eigene Geschichte. Meine Depr. brach etwa 2 Jahre nach dem Tod meiner Mutter aus, ich hätte aber nie gesagt, das sei wegen ihres Todes gewesen. Erst während meiner Analyse erkannte ich nach und nach, dass es doch einen Zusammenhang gab. Als Kind habe ich meine Muttter mehr versorgt als sie mich und ich hatte das als selbstverständliches Selbstbild mit in mein Leben genommen. Als sie starb, fiel meine Lebensberechtigung fort, ich hatte nur für sie gelebt. Durch ihren Tod wurde die Welt für mich ein sinnloser Ort, für sie da sein zu können war eine wichtige Stütze für mich gewesen. Ich vermisste sie nicht einmal sehr, so wie man jemanden vermisst, der einem viel bedeutet hat- aber ich wurde eigenartig leer und und hohl dadurch. Ich hatte keine Stütze in mir selbst sondern nur darin, durch meine Mutter eine Bedeutung zu haben.
Deshalb meinte ich, es kann so sein, dass neben der Trauer ein anderer Prozess auflebt der mit einer solchen ungeklärten Beziehung zum Verstorbenen zu tun hat und sich unklar mit der Trauer vermischt.

Gerade die Trauer kann sehr gut verhindern, dass gegen die/den Toten gerichtete Gefühle wie Ärger, Enttäuschung, Wut gespürt werden, weil sie in der Trauer tabuisiert werden. Genau so war es mir ergangen. ich hatte meine Mutter völlig überhöht und sah in ihr den wunderbarsten Menschen. Dass sie als Mutter versagt hatte, sah ich zu dem Zeitpunkt nicht, weil es nicht zu meinem Bild von ihr und der Bedeutung, die es mir selbst verlieh, passen konnte.
Was Du andeutest, geht ebenfalls in diese Richtung.

Herzliche Grüße von

Thomas
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GSCH
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Re: Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von GSCH »

hallo zusammen,

ich komme grade von meiner hausärztin und fühle mich im mom irgendwo zwischen schrecklich und supergut ...

sie hat sich sehr viel zeit mit mir genommen und mich reden lassen, dann noch ein paar fragen gestellt und zum abschluss ergab sich folgender dialog:

ich: "was meinen sie denn, kann es sein dass ich tatsächlich dabei bin sowas wie eine depression zu entwickeln?"

ärztin: "sie stecken meines erachtens mitten in einer ausgewachsenen depression drin"

ich: "aber medikamente muss ich doch nicht nehmen, oder?"

ärztin: "nein, ich denke es ist bei ihnen jetzt genau die richtige zeit für eine gesprächs-psychotherapie, sie sind jetzt soweit darüber reden zu wollen und ich denke auch dass ihnen das helfen wird"

dann fragte sie mich noch ob ich evtl. schon eine wunsch-therapeutin/therapeuten gefunden hätte und ich antwortete ihr wahrheitsgemäß nur

"nein, aber ich weiss ganz genau zu wem ich nicht will, nämlich frau dr. s." (anm.: die bekannteste ärztin für dieses gebiet bei uns in der stadt, aber ein halbes nervenbündel wenn man sie reden hört)

ärztin lächelt: "nein zu ihr hätte ich sie auch auf keinen fall geschickt, dort gibt es in erster linie medikamente und andere therapien, aber keine vernünftigen gespräche"

ich habe mich sehr gut verstanden gefühlt und gemeinsam haben wir aus dem branchenbuch jetzt erstmal eine adresse rausgesucht wo ich montag anrufen werde zwecks terminabsprache ... und dann hat sie mir noch angeboten, falls es mit einem termin zu lange dauert wäre sie bereit sich noch einmal ausführlich - als überbrückung - mit mir zu unterhalten im anschluss an die sprechstunde ...

eine wirklich tolle hausärztin!!

supergut fühle ich mich, weil sie mich sofort verstanden hat und mich unterstützen wird ...
schrecklich fühle ich mich, weil es was anderes ist von sich zu erkennen (bzw. es zu meinen) oder aus dem i-net zu hören man wäre krank als wenn einem die seit jahren betreuende hausärztin das so deutlich ins gesicht sagt ...

aber alles in allem bin ich glaube ich auf einem guten weg

gaby
tomroerich
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Re: Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von tomroerich »

Hallo Gaby,

na das lief ja supergut- da hast Du wirklich Glück mit dieser Hausärztin. Etwas unwohl ist mir mir bei dem Gedanken zwar, dass Du keine Medis nehmen sollst aber das kann ja als weitere Option erst mal in den Hintergrund treten. Weil der Auslöser für Deine Krise so greifbar ist, scheint mir eine Therapie auch an allererster Stelle zu stehen und dann wirst Du ja sehen, ob die Gespräche zu einer ausreichend schnellen Besserung führen.


Gruß von

Thomas
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Lioness
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Re: Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von Lioness »

Hi Gaby,

Glückwunsch zu dieser Hausärztin, die scheint ja wirklich Ahnung zu haben! Guter Schritt, eine Therapie anzufangen - aber mache dich auf Wartezeiten bis zu einem halben Jahr gefasst... und lehne nicht Medikamente per se ab, Antidepressiva können sehr hilfreich sein und den Prozess der Genesung bzw. Symptomfreiheit beschleunigen. Sie hat es "ausgewachsene" Depression genannt, nicht ohne Grund.....

Alles Gute!
Lioness



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GSCH
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Re: Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von GSCH »

ich mal wieder ...

nach meinem besuch bei meiner ärztin ging es mir so richtig gut, aber inzwischen bin ich wieder ziemlich schlecht drauf ...
am kommenden dienstag habe ich einen sog. ersttermin bei einer psychotherapeutin und ich hoffe inständig, sie ist die richtige für mich ...
in der letzten woche hat mich zum ersten mal meine arbeitskollegin angesprochen was denn mit mir wäre, ich würde so einen traurigen und depressiven eindruck machen - das hat mich böse geschockt, denn bislang war ich der meinung dass man mir nichts anmerkt außer man ist eben sehr nah an mir dran ...
heute hab ich plötzlich sogar mitten im laden angefangen zu weinen weil ich total verpeilt durch die gegend gelaufen bin und nicht gefunden habe was ich suchte ...
mein mann, der dabei war und das beobachtete war auch ziemlich geschockt und hat mich erstmal in den arm genommen, aber ich hab mich so mies gefühlt und fast geschämt, dass ich mich so "albern" benommen habe ...

so, das musste jetzt raus - hoffentlich ist der termin am dienstag erfolgreich ... ich weiss jetzt nämlich sicher dass ich hilfe brauche ...

gaby
tomroerich
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Re: Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von tomroerich »

Hallo Gaby,

schön, dass Du wieder schreibst. Hmm ja, für mich klingt das doch sehr eindeutig nach Depression. Dieses verpeilte Gefühl, alles ist zu viel, plötzliches Weinen, als wenn man unterginge in einem Meer von Traurigkeit und es nichts anderes mehr gibt als sie. Du wirst Dich wohl auch ganz und gar ausgeliefert und hoffnungslos fühlen, als wäre dies das Ende deines Lebens aber das ist eine Illusion, die Dir von der Krankheit aufgezwungen wird.

Ich möchte Dir auch noch einmal eindringlich ans Herz legen, nicht aus falschen Vorstelungen heraus ADs abzulehnen. Eine Therapie kann es nicht leisten, Dir in einer angemessenen Zeit aus dem Elend herauszuhelfen und Du würdest auch in einem zu schlechten Zustand nicht die innere Lebendigkeit haben, die es braucht, um an der Therapie richtig teilzunehmen, dann verpufft sie nahezu wirkungslos. Das AD soll Dich nur auf einen annehmbaren Level heben, es wird keine Probleme wegzaubern oder sonstwie etwas übertünchen. Das sind falsche Vorstellungen, denen leider auch Therapeuten immer noch anhängen. Ein AD ist ein legitimes Hilfsmittel das die körperlichen Bedingungen verbessert und keineswegs in Dein Seelenleben eingreift. Sonst müsste man auch bei einer Tasse Kaffee von einem Eingriff ins Seelenleben reden, weil die ja auch Dein Gefühl verbessert, indem sie deine körperliche Konstitution beeinflusst.

Viele Grüße von

Thomas
Betroffene für Betroffene

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GSCH
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Re: Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von GSCH »

danke thomas für deine antwort ... ich werde dann am dienstag mal ganz offen auch das thema AD ansprechen und sehen was meine potenzielle therapeutin davon hält bzw. ob sie mir ggf. was verschreibt ...
auf der einen seite kann ich es kaum abwarten bis dienstag, auf der anderen seite ist auch so etwas wie "angst" da, denn ich habe keinen blassen schimmer was mich erwartet ...
ich weiss nur eins inzwischen sehr genau, immer dann wenn ich über meine probleme sprechen kann geht es mir besser, nur will/mag/kann ich mich ja nicht jedem gegenüber outen, vor allem bei der arbeit möchte ich mir so wenig wie möglich anmerken lassen - irgendwie eine zwickmühle, denn das bedürfnis zu reden ist da ...

also warte ich jetzt erstmal ab was der dienstag bringt

gaby
zweifler
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Re: Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von zweifler »

Hallo Gabi!


auch erstmal herzlich willkommen im forum.
ich meine auch ,dass bei dir alle symthome einer depression vorliegen.
ein sehr guter freund ist vor ca zwei jahren nach langem kampf gegen den lungenkrebs gestorben.seine frau eine sehr gute freundin von mir hat ihn während dieser neun monate bis an den rand aller psychischen und physischen kräfte gepflegt.es war nicht einfach denn gegen ende bekam er einige schlaganfälle und damit diverse lähmungen dazu.
auch sie bekam nach seinem tod depressionen und mußte in professioneller behandlung.
ich glaube,dass das froh sein über das ende der leidenszeit einer notwendigen trauerarbeit etwas im wege steht.irgendwie meine ich beißt sich da etwas.
den kopf und das herz auf einen nenner zu bringen könnte hilfreich sein.
grau ist alle theorie denn auch ich habe eine ausgeprägte verlustangst,wie wohl viele von uns.
aber meiner freundin hat sich wieder so einigermaßen stabilisieren können.hat aber trotz profihilfe gedauert.

wünsche dir alles erdenklich gute noch.

mfg herbert
Lioness
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Re: Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von Lioness »

Liebe Gabi,

wenn die Psychotherapeutin, bei der Du den Termin hast, eine Psychologin ist, kann sie Dir keine Medikamente aufschreiben, das dürfen nur Ärzte und Ärztinnen. Falls das der Fall ist, solltest Du Dir auch einen Termin bei einem Psychiater geben lassen, um die Frage nach den ADs zu klären. Oder Du sprichst Deine Hausärztin darauf an.

Deine Ängste in Bezug auf dieses Erstgespräch kann ich gut verstehen und nachvollziehen, ich glaube, das geht/ging den Meisten hier genauso. Vielleich wäre es gut und hilfreich, wenn Du Dir aufschreibst, was Dir auf dem Herzen liegt. Oft wird hier auch der Tipp gegeben, das erste bzw. die ersten Postings hier auszudrucken, weil man sich da schon die Kernpunkte von der Seele geschrieben hat.

Ich weiß nicht, welche Therapierichtung diese Therapeutin vertritt, aber bei so einem Erstgespräch geht es ja in erster Linie darum zu sehen, ob man miteinander kann, und was einen zur Therapie bewogen hat. Ich habe unterschiedliche Erfahrungen gemacht - von "Erzählen Sie einfach mal, was Sie hierhergeführt hat" bis hin zu ganz strukturierten Fragen. Nur Mut, es ist ein ganz wichtiger Schritt hin zu einer Genesung, den Du da schon gegangen bist. Und Du sagst ja selber, dass Dir klar ist, dass Du Hilfe brauchst - und dass Du Dich besser fühlst, wenn Du mit jemandem reden kannst. Und genau dazu ist eine Therapeutin unter anderem da! Und es geschieht in einem sicheren, geschützten Rahmen - man kann sicher sein, dass alles, was man sagt, den Raum dort nicht verlässt. Es dauert sicher etwas, bis man sich bei der Therapie öffnen kann. Die erste Therapiephase besteht denn auch im Aufbauen einer Beziehung zwischen KlientIn und TherapeutIn, und gute TherapeutInnen haben entsprechende Techniken drauf bzw. ein Händchen für sowas.

Ich wünsche Dir für Dienstag alles Gute, lass doch von Dir hören, ja?

Liebe Grüße
Lioness



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GSCH
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Re: Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von GSCH »

hallo zusammen,

wie versprochen werde ich kurz von meinem ersten termin berichten ...
ich war vorher ziemlich aufgeregt, aber nachdem ich die ärztin gesehen habe war diese aufregung wie weggewischt - sie ist schon älter und strahlt neben einer wunderbaren ruhe auch etwas sehr vertrauensvolles aus ...
sie hat mich - ähnlich wie schon meine hausärztin - erstmal erzählen lassen und dann durch gezielte fragen das eine oder andere noch vertieft ...
ich fühlte mich vom ersten mom an bei ihr sehr gut aufgehoben ...
AD lehnt sie nicht per se ab, meint aber auch ich könnte es ohne weiteres erst noch eine zeit ohne versuchen bzw. ggf. auf johanniskraut zurückgreifen - nur wenn ich das gefühl hätte es wird schlimmer könnten wir auch über AD nachdenken ...

was mir auch sehr gut gefällt, ich habe schon am 9. juni meinen nächsten termin und nicht erst in ewig langer zeit ...

wir haben noch 2 termine zum kennenlernen bevor es richtig losgeht - aber ich denke ich hatte glück und habe schon beim versuch die für mich richtige person gefunden ...

drückt mir bitte die daumen, dass es so positiv weitergeht, ich werde meine erfahrungen hier mit euch teilen

gaby
Lioness
Beiträge: 1911
Registriert: 29. Mai 2005, 23:21

Re: Trauer oder wirklich Depression?

Beitrag von Lioness »

Liebe Gaby,

mensch, das freut mich so für Dich! Prima! Uff! Gaaanz wichtiger Schritt geschafft. Bei mir war es jeweils auch ein Glücksgriff mit den Therapeutinnen, die ich hatte, das gibt es wirklich!

Alles Gute weiterhin, das wird!

Liebe Grüße
Lioness



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