Depression und Arbeit - wie umgehen mit "Löchern"

adelgunde
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Registriert: 10. Jan 2006, 11:48

Re: Depression und Arbeit - wie umgehen mit "Löchern"

Beitrag von adelgunde »

Liebe Steppenwolf,

mmh, mit dem "was-passiert-dann" meinte ich nicht, was passiert, wenn Du den Job verlierst, sondern was passiert, wenn Du ihn behältst. Und: was passiert denn, wenn Du eine Aufgabe ERLEDIGST? Womöglich auch noch gut? Und bekommst auch noch Geld dafür. Ist das was Schlechtes?

Ich wollte versuchen, was vom Druck wegzunehmen, indem Du Dich nicht selbst überforderst ("ich muß das schaffen"), sondern, indem Du neugierig darauf zugehst. Hey, was passiert, wenn ich diese Aufgabe einfach mal erledige?

In diesem Sinne hatte ich gedacht. Ich weiß aber aus eigener leidvoller Erfahrung, daß das in einer Depression schwierig ist, die Dinge so zu sehen. Aber mir hat das Bild vom chaotischen Grobi dabei sehr geholfen. Der sieht auch nicht, was am ENDE dabei heraus kommt, sondern an jeder einzelnen Station passiert etwas Unvorhergesehenes. Und das eben mit Neugier angehen.

Liebe Grüße
Inga
steppenwolf1

Re: Depression und Arbeit - wie umgehen mit "Löchern"

Beitrag von steppenwolf1 »

Hallo zusammen,

gerade eben musste ich mich an eine Szene aus einem Buch erinnen, was glaub ich auch hier schon einmal zitiert wurde. Momo von Michael Ende und zwar die Szene als Beppo der Strassenkehrer mit Momo spricht:



Beppo Straßenkehrer
Aus dem Buch "Momo" von Michael Ende

Er fuhr jeden Morgen lange vor Tagesanbruch mit seinem alten, quiet-schenden Fahrrad in die Stadt zu einem großen Gebäude. Dort wartete er in einem Hof zusammen mit seinen Kollegen, bis man ihm einen Besen und einen Karren gab und ihm eine bestimmte Straße zuwies, die er kehren sollte.

Beppo liebte diese Stunden vor Tagesanbruch, wenn die Stadt noch schlief. Und er tat seine Arbeit gern und gründlich. Er wusste, es war eine sehr notwendige Arbeit.
Wenn er so die Straßen kehrte, tat er es langsam, aber stetig:
Bei jedem Schritt einen Atemzug und bei jedem Atemzug einen Besenstrich.
Dazwischen blieb er manchmal ein Weilchen stehen und blickte nachdenklich vor sich hin. Und dann ging es wieder weiter:
Schritt - Atemzug - Besenstrich.

Während er sich so dahinbewegte, vor sich die schmutzige Straße und hinter sich die saubere, kamen ihm oft große Gedanken. Aber es waren Gedanken ohne Worte, Gedanken, die sich so schwer mitteilen ließen wie ein bestimmter Duft, an den man sich nur gerade eben noch erinnert, oder wie eine Farbe, von der man geträumt hat. Nach der Arbeit, wenn er bei Momo saß, erklärte er ihr seine großen Gedanken. Und da sie auf ihre besondere Art zuhörte, löste sich seine Zunge, und er fand die richtigen Worte.
"Siehst du, Momo", sagte er dann zum Beispiel, "es ist so: Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man."

Er blickte eine Weile schweigend vor sich hin, dann fuhr er fort:
"Und dann fängt man an, sich zu beeilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst, und zum Schluss ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen."

Er dachte einige Zeit nach. Dann sprach er weiter:
"Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten."
Wieder hielt er inne und überlegte, ehe er hinzufügte:
"Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein."

Und abermals nach einer langen Pause fuhr er fort:
"Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste."
Er nickte vor sich hin und sagte abschließend:
"Das ist wichtig."


Das ist alles soooooooooooooooooooo schwer umzusetzen. Die Geschichte macht mich nachdenklich. Ich habe Momo gelesen, als ich aus der Klinik kam, und wieviel Wahres darin enthalten ist. *Seufz*
Ich versuche es auch so, aber immer wieder denke ich, Du hast so wenig geschafft. Woran liegt das ? Was mache ich falsch ? Und gerade jetzt, ich arbeite an einer Aufgabe und versuche und versuche, aber sie wird einfach nicht fertig

Ich wünsche Euch einen schönen Abend.

Gruss, steppenwolf
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