Analyse weitermachen?

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Ronja_R
Beiträge: 55
Registriert: 28. Mär 2006, 17:45

Analyse weitermachen?

Beitrag von Ronja_R »

Hallo!
Ich habe vor vier Jahren Depressionen bekommen. Bin seither in Behandlung (ADs und Psychotherapie), und es geht langsam, sehr, sehr langsam bergauf.

Nachdem ich heute einen Termin bei meinem Psychiater hatte (der die Behandlung koordiniert) bin ich etwas ins Zweifeln geraten, ob mir die Psychoanalyse hilft. Ich gehe viermal pro Woche zu meinem Analytiker und habe jetzt etwa 150 Stunden hinter mir. Er ist soweit in Ordnung. Ich fand ihn am Anfang ganz sympatisch und er hat auch recht professionell auf mich gewirkt. Nun ist es aber so, dass mich ständig das Gefühl plagt, dass mir die Stunden nicht viel bringen. Ich erzähle meine Probleme, er hört zu und gibt alles nochmal mit seinen Worten wieder. Viel mehr passiert nicht.

Mein Psychiater meinte, dass bei einer Analyse der Analytiker ein sehr wichtiger Mensch für den Patient sei. Er fragte mich, ob ich nicht manchmal irgendwelche Dinge innerlich mit meinem Analytiker bespreche oder ob ich von ihm träume. Nichts davon ist der Fall. Mich nervt der Zeit- und Geldaufwand, den ich für die Analysstunden habe und geträumt habe ich in zwei Jahren vielleicht ein Mal von ihm. Und erleichtert fühle ich mich nach den Stunden auch meistens nicht.

Ich habe schon häufiger mit meinem Analytiker darüber gesprochen, und zuletzt meinte er, dass es wohl im Moment so sei, dass er mir keine Hilfe ist. Trotzdem findet er, dass ich mit der Analyse weitermachen soll.

Ich fühle mich hin- und hergerissen: Einerseits das Gefühl, dass er es einfach "nicht bringt", andererseits die Angst davor, aufzugeben. Dann würde ich wahrscheinlich wieder in ein schwarzes Loch fallen und alle neu gewonnene Handlungsfähigkeit wäre dahin.

An einen Therapeutenwechsel habe ich auch schon gedacht, aber ich habe bereits zwei Therapeuten "verschlissen". Dem ersten VT habe ich nach 10 Stunden gesagt, dass er mir keine Hilfe ist, und dass ich nicht wiederkommen werde. Dann nach längerer Verschnaufpause neuen VT gefunden (diesmal eine Frau), Wechsel bei Kasse beantragt. Die war nett, meinte aber nachdem mein Budget von 25 Stunden aufgebraucht war, dass ich keine Therapie bräuchte und wunderbar selbst zurechtkäme. Irgendwann wieder ins schwarze Loch gefallen, und dann vom Psychiater zur Analyse geschickt worden.

Und nun? Habt Ihr ähnliche Erfahrungen oder einen Rat für mich?
truth
Beiträge: 55
Registriert: 14. Apr 2005, 11:49

Re: Analyse weitermachen?

Beitrag von truth »

Viel mehr passiert in einer Analyse auch nicht.
Du redest und er hört zu, das wars.


> Nachdem ich heute einen Termin bei meinem Psychiater hatte (der die Behandlung koordiniert) bin ich etwas ins Zweifeln geraten, ob mir die Psychoanalyse hilft. Ich gehe viermal pro Woche zu meinem Analytiker und habe jetzt etwa 150 Stunden hinter mir. Er ist soweit in Ordnung. Ich fand ihn am Anfang ganz sympatisch und er hat auch recht professionell auf mich gewirkt. Nun ist es aber so, dass mich ständig das Gefühl plagt, dass mir die Stunden nicht viel bringen. Ich erzähle meine Probleme, er hört zu und gibt alles nochmal mit seinen Worten wieder. Viel mehr passiert nicht.
>
tomroerich
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Re: Analyse weitermachen?

Beitrag von tomroerich »

Hallo Räubertochter,

ich denke nicht so wie truth. Ich habe auch eine Analyse gemacht, es waren 300 Std., ist schon länger her jetzt. Diese Behandlungsart ist nicht dafür gemacht, schnelle Ergebnisse zu erzielen sondern nachhaltige. Auch ich habe mich nach meinen Stunden nicht besser gefühlt, denn warum sollte man sich auch besser fühlen, wenn man über problematische Dinge spricht, die ungelöst sind und einen belasten? Überhaupt darüber zu sprechen, darin besteht der Fortschritt und die Früchte werden erst sehr viel später geerntet.

Deine Zeit und Dein Geld sollten Dich nicht reuen. Jede Minute, die Du mit Dir selbst verbringst, ist eine gelebte Minute. Ganz im Gegensatz zu dem vielen Geld und der verschwendeten Zeit, die wir sonst aufbringen, um sinnlose Dinge zu tun. Aber schnelle Erfolge gibt es hier nur sehr selten. Ich kann gut verstehen, dass Du Deinen Leidensdruck loswerden möchtest. Aber Du brauchst ihn auch, um Dich überhaupt mit Dir zu befassen. Lass Dich ein auf diese Chance, denn sonst wird Dir kein Therapeut je helfen können.

Grüße von

Thomas
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Ronja_R
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Re: Analyse weitermachen?

Beitrag von Ronja_R »

Hallo Thomas,

klar ist es wichtig, dass ich mich mit mir selbst befasse. Dazu gibt mir meine Krankheit ja auch gründlich Gelegenheit :-/

Was ich damit sagen will: Ich war schon immer ein sehr nachdenklicher Mensch, und ich rede auch mit meinem Mann und mit Freunden sehr viel über meine Gefühle. Mir wurde schon häufiger gesagt, dass ich zu viel nachdenke statt zu wenig, und oft gleitet das Nachdenken in fruchtlose Grübeleien ab. Die Frage ist also, was anders daran sein soll, wenn ich all diese Gedanken einem fremden Mensch erzähle, der sich jetzt nicht übermäßig für mich persönlich interessiert...? Kann ich da nicht gleich mit meinem Teddybär reden?!?
tomroerich
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Re: Analyse weitermachen?

Beitrag von tomroerich »

Hallo Ronja,

ja ist denn der Thera so schweigsam wie ein Teddybär? Es soll ja solche Analytiker geben, die "Schweigen ist Gold" zum obersten Behandlungsprinzip erhoben haben. Bei mir war es allerdings nicht so. Meine Analtikerin war zwar mit Kommentaren zurückhaltend aber sie gab mir durchaus das Gefühl einer gewissen "Lenkung" innerhalb all dieser Dinge, die da hochkamen. Und das hat mir auch geholfen. Ohne das Feedback des Analytikers sehe ich allerdings auch keinen Sinn in einer Analyse.
Wie wärs, wenn Du das ansprechen würdest? Deine Gefühle ihm gegenüber sind ebenso Thema wie alle anderen Gefühle und wenn du Dich gar nicht wahrgenommen fühlst, sollte er das wissen. Musst ja nicht gleich sagen, dass Du mit ihm einen Teddybären assoziierst

Thomas
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
Ronja_R
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Re: Analyse weitermachen?

Beitrag von Ronja_R »

Hi Thomas,

naja, ganz so schweigsam wie ein Teddybär ist er zum Glück nicht - dafür auch nicht so niedlich

Wir haben schon häufiger darüber gesprochen, dass ich der Meinung bin, dass von ihm nicht viel "dazu kommt" zu dem was ich sagen. Er sieht das anders. Tatsächlich sagt er auch oft irgendwelche Sachen, denen ich verstandesgemäß auch folgen kann, die aber nichts Gefühlsmäßiges in mir auslösen. Ich denke dann eine Weile darüber nach, dann fällt mir nichts dazu ein und dann erzähle ich weiter, als hätte er gar nichts dazu gesagt.

Irgendetwas scheint hier zu fehlen, mein Analytiker nennt das "Kontakt". Das klingt für mich logisch, aber ich wüsste nicht wie ich das ändern könnte. Und er ist offensichtlich auch nicht in der Lage das zu ändern. Mein Bauch sagt mir aber, dass dieser "Kontakt" sehr wichtig wäre.
zweifler
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Registriert: 14. Jun 2005, 16:07

Re: Analyse weitermachen?

Beitrag von zweifler »

Hallo Ronja!


Ich habe eine Therapie abgebrochen,weil ich von meinem Thera keine Rückmeldungen bekommen habe.Nur dasitzen und reden war mir zu wenig produktiv.Nach einer Weile gingen mir die Themen aus und es machte sich ein Gefühl von Sinnlosikeit in meines tun breit.
Ohne Rückmeldung (Feedback) keine "Aha"-Effekte und ohne diese kann ich keine Probleme aufarbeiten.
Diese Gespräche haben mir nur die ersten Stunden etwas gebracht weil ich mal meinen Druck ablassen konnte.Danach?Ist ungefähr so als wenn man zum Essen eingeladen ist und nach 50 Minuten hungrig nach Hause gehen muß.

Ich gönnte ihm schließlich das Geld nicht mehr das die Kasse für meine unbefriedigende Anwesenheit bezahlen mußte.


Natürlich gibt es auch gute Therapeuten die wissen worauf es bei einem Gespräch ankommt,aber so einen zu finden ist reine Glückssache.
Für einige wird das sich lösen aus einer therapeutischen Arbeitsbeziehung schon dehalb schwer weil der Therapeut für diejenigen unbewußt zum Ersatzpartner für andere fehlende Beziehungen geworden ist.
Auch wegen der finanziellen Seite solltest du dich mal genau und kritisch hinterfragen.
Auch für mich war es nicht einfach,die Thera abzubrechen,aber es war richtig und ich habe es nie bereut.
Viel Kraft noch!

mfg herbert
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